TE OGH 1961/3/17 2Ob60/61

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Veröffentlicht am 17.03.1961
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Norm

Genossenschaftsgesetz §30

Kopf

SZ 34/44

Spruch

Der Widerruf der Einberufung einer Generalversammlung (§ 30 GenG.) ist dann wirksam, wenn die Mitteilung hierüber an alle Genossenschafter rechtzeitig abgesendet wurde.

Entscheidung vom 17. März 1961, 2 Ob 60/61.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Im Genossenschaftsregister des Landes- als Handelsgerichtes Linz ist die am 20. Dezember 1950 gegrundete gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgenossenschaft "G.", registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haft eingetragen. Über die Organe der Genossenschaft enthalten die Satzungen nachstehende, für die gegenständliche Entscheidung wichtige Bestimmungen: "Der Vorstand besteht aus mindestens drei Personen, davon ein Obmann und ein Obmannstellvertreter, die persönlich Mitglieder der Genossenschaft sein müssen. Er wird durch die Generalversammlung aus der Zahl der Mitglieder gewählt" (§ 20 Abs. 1 und 2). "Der Aufsichtsrat ist befugt. Mitglieder des Vorstandes vorläufig bis zur Entscheidung der Generalversammlung von ihren Geschäften zu entheben und wegen der einstweiligen Fortführung der Geschäfte das Erforderliche zu veranlassen. Die Generalversammlung ist unverzüglich einzuberufen. Den abberufenen Vorstandsmitgliedern ist Gehör zu geben" (§ 20 Abs. 4). "Der Vorstand ist beschlußfähig bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder. Unter diesen muß jedenfalls der Obmann oder dessen Stellvertreter sein. Mundliche und schriftliche Willenserklärungen des Vorstandes sind für die Genossenschaft verbindlich, wenn sie von zwei Vorstandsmitgliedern abgegeben werden" (§ 21 Abs. 2 und 3). "Die Generalversammlungen werden in der Regel vom Vorstand, allenfalls durch den Aufsichtsrat, einberufen. Die Generalversammlung wird, abgesehen von dem in § 24 GenG. vorgesehenen Fall, vom Vorsitzenden des Vorstandes oder bei seiner Verhinderung vom stellvertretenden Vorsitzenden geführt. Sind beide verhindert, so hat das an Jahren älteste anwesende Mitglied des Aufsichtsrates die Versammlung zu eröffnen und einen Versammlungsleiter wählen zu lassen" (§§ 29 und 30).

Bis zum 15. November 1960 setzte sich der Vorstand aus den Genossenschaftsmitgliedern Robert G., Ing. Josef H., Walter L. und Rupert A. zusammen. Dem Aufsichtsrat gehörten Alois B., Ing. Ernst C., Johann W. und Michael Z. an. Am 15. November 1960 legten der Obmann des Vorstandes, Robert G., und der Obmannstellvertreter, Ing. Josef H., ihre Funktion zurück. Am folgenden Tag enthob der Aufsichtsrat auch die beiden anderen Vorstandsmitglieder von ihrer Funktion. Gleichzeitig verlegte der Aufsichtsrat die für den 17. November 1960 einberufene Generalversammlung auf den 29. November 1960. Hievon setzte der Aufsichtsrat das Registergericht mit der Eingabe vom 18. November 1960 in Kenntnis.

Am 22. November 1960 beantragten Richard K., Johann M., Walter L., Rupert A. und Leopold N. namens der Genossenschaft die Löschung der Vorstandsmitglieder Robert G. und Ing. Josef H. und die Eintragung des Richard K., Johann M. und Leopold N. als Vorstandsmitglieder. In der Eingabe wird ausgeführt, daß am 17. November 1960 eine ordnungsgemäß einberufene Generalversammlung mit Neuwahlen stattgefunden habe und daß bei dieser Neuwahl die Einschreiter in den Vorstand neu- bzw. wiedergewählt worden seien.

Das Erstgericht bewilligte mit, dem Beschluß vom 22. November 1960 die Eintragung folgender Änderungen.

"Als Vorstandsmitglieder ausgeschieden: Robert G. und Ing. Josef H.; neu gewählt: Richard K., Angestellter (Obmann), Johann M., Angestellter (Obmann-Stellvertreter), Leopold N., Fachlehrer."

In der Begründung des Beschlusses wird ausgeführt, daß der Antrag samt Beilagen keinen Anlaß zu einer formellen Beanstandung geboten habe; die Berechtigung zur Abhaltung und Durchführung der ordentlichen Hauptversammlung vom 17. November 1960 sei gegeben, weil die Anberaumung der Versammlung samt Tagesordnung vom Vorstand und Aufsichtsrat in einer gemeinsamen Sitzung beschlossen worden sei. Wenn sich nach der Ausschreibung der Versammlung Veränderungen im Vorstand ergeben hätten und der Aufsichtsrat daraufhin einseitig einen neuen Termin ausgeschrieben habe, sei dies für die Beurteilung der Rechtsgültigkeit der ersten Versammlung unbeachtlich.

Gegen diesen Beschluß erhoben die Aufsichtsratsmitglieder Johann W., Alois B., Michael Z. und Ing. Ernst C. Rekurs. Sie vertraten den Standpunkt, daß sie zur Enthebung der Vorstandsmitglieder Walter L. und Rupert A. gemäß § 20 Abs. 4 der Satzungen berechtigt gewesen seien und daß die in der unbefugt abgehaltenen Generalversammlung am 17. November 1960 durchgeführten Neuwahlen unwirksam seien.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und wies den Antrag der Vorstandsmitglieder ab. Die Generalversammlung sei wohl für den 17. November 1960 ordnungsgemäß einberufen worden, doch habe der Aufsichtsrat die Generalversammlung befugterweise auf einen anderen Termin verlegt. Damit erweise sich die am 17. November 1960 durchgeführte Versammlung der Genossenschafter nicht als eine entsprechend einberufene Generalversammlung; aus diesem Gründe seien auch die bei dieser Versammlung gefaßten Beschlüsse nicht als statutengemäß zuständegekommen anzusehen. Die Versammlung vom 17. November 1960 sei auch deshalb nicht als eine statutengemäß abgehaltene Generalversammlung zu betrachten, weil sie nach § 30 der Satzungen, sofern weder der Vorstand noch sein Stellvertreter anwesend seien, von den an Jahren ältesten Mitglied des Aufsichtsrates zu eröffnen gewesen und, da kein Mitglied des Aufsichtsrates anwesend gewesen sei, auch dieser Formvorschrift nicht entsprochen worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab den Revisionsrekursen der Genossenschaft und der Vorstandsmitglieder Richard K., Johann M. und Rupert A. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Entscheidend ist im vorliegenden Fall allein die Frage, ob die am 17. November 1960 abgehaltene Versammlung ordnungsgemäß einberufen war, weil andernfalls alle in dieser Versammlung gefaßten Beschlüsse unwirksam sind. Wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Generalversammlung zunächst auf Grund des gemeinsamen Beschlusses des Vorstandes und des Aufsichtsrates ordnungsgemäß einberufen. Durch die Verlegung des Termins auf den 29. November 1960, die noch vor dem 17. November 1960 erfolgte, ist die zunächst ordnungsgemäße Einberufung gegenstandslos und damit unwirksam geworden. Zu der Verlegung des Termins war der Aufsichtsrat auf Grund des § 20 Abs. 4 und des § 29 Z. 1 der Satzungen befugt, weil der Aufsichtsrat im Zeitpunkt der Fassung des Verlegungsbeschlusses auch die Funktionen des Vorstandes versah. Die Rechtzeitigkeit des Widerrufes der Generalversammlung stellen die Rekurswerber ebensowenig in Abrede wie den Umstand, daß die Mitteilung hierüber an die Mitglieder abgesendet wurde; sie äußern Bedenken nur in der Richtung, daß sie nicht allen Genossenschaftern rechtzeitig zugekommen sei. Diese Frage ist aber für die Wirksamkeit des Widerrufes ohne Belang.

Da der Registerrichter diesen Mangel der Einberufung, der die Gesetzmäßigkeit der gefaßten Beschlüsse berührt, bei der Prüfung des Registrierungsantrages wahrzunehmen unterlassen hat, ist sein Eintragungsbeschluß vom Rekursgericht mit Recht abgeändert und das Eintragungsbegehren abgewiesen worden.

Die weitere Frage, ob bei Abhaltung der Generalversammlung gesetz- und satzungsgemäß vorgegangen wurde, braucht nicht mehr geprüft zu werden.

Anmerkung

Z34044

Schlagworte

Einberufung einer Genossenschafts-Generalversammlung, Widerruf, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft, Widerruf einer, Generalversammlung, Generalversammlung einer Genossenschaft, Widerruf der Einberufung, Genossenschaft Widerruf einer Generalversammlung, Widerruf der Einberufung einer Genossenschafts- Generalversammlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0020OB00060.61.0317.000

Dokumentnummer

JJT_19610317_OGH0002_0020OB00060_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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