TE OGH 1961/9/20 6Ob305/61

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Veröffentlicht am 20.09.1961
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Norm

Reichspachtschutzordnung §2 Abs2
ZPO §595 Z1

Kopf

SZ 34/126

Spruch

Die Schiedsgerichtsklausel in einem Landpachtvertrag ist in den in Art. 2 Z. 1 Abs. 2 EVzRPSchO. angeführten Fällen nur bei Abtretung der Rechtssache an das Pachtamt auf dessen Verlangen unwirksam.

Entscheidung vom 20. September 1961, 6 Ob 305/61.

I. Instanz: Bezirksgericht Laa an der Thaya; II. Instanz:

Kreisgericht Korneuburg.

Text

Das Erstgericht wies das auf § 595 ZPO. gestützte Klagebegehren auf Unwirksamerklärung und Aufhebung des am 27. Jänner 1960 gefällten Schiedsspruches des zwischen den Streitteilen vereinbarten Schiedsgerichtes, mit dem der zwischen ihnen über das Gut M. geschlossene Pachtvertrag aufgehoben wurde, ab.

Der dagegen von der klagenden Partei erhobenen Berufung wurde nicht Folge gegeben, wobei das Berufungsgericht übereinstimmend mit dem Erstgericht das Vorliegen der geltend gemachten Anfechtungsgrunde des § 595 Z. 1 und 2 ZPO. verneinte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Obwohl mit dem Revisionsgrund des § 503 Z. 4 ZPO. im allgemeinen nur materielle Rechtsmängel des Berufungsurteils anfechtbar sind, ist bei Klagen auf Aufhebung eines Schiedsspruches wegen der Besonderheit des Klagegrundes die Beurteilung der prozessualen Klagevoraussetzungen der rechtlichen Beurteilung des materiellen Tatbestandes gleichzuachten (vgl. EvBl. 1951 Nr. 438, JBl. 1950 S. 385). Die vom Kläger in gemeinsamer Ausführung mit der Mängelrüge erhobene Rechtsrüge, welche dahin ausgeführt wird, daß die geltend gemachten Anfechtungsgrunde des § 595 Z. 1 und 2 ZPO. zu Unrecht als nicht vorliegend angenommen wurden, ist jedoch nicht begrundet.

I. Zum Anfechtungsgrund des § 595 Z. 1 ZPO.:

Zutreffend führt das Berufungsgericht aus, daß die Schiedsklausel, welche von Streitigkeiten jeglicher Art zwischen den beiden vertragschließenden Parteien spricht, nicht als selbständiger Vertrag, sondern nur als eine der Bestimmungen des gegenständlichen Pachtvertrages zu werten ist. Sie kann daher keine andere Auslegung erfahren, als daß sie sich eben auf das Pachtvertragsverhältnis und auf die sich aus diesem ergebenden Streitigkeiten jeglicher Art bezieht und daher die im § 577 Abs. 2 ZPO. geforderte Bestimmtheit aufweist. Die Auslegung, die der Kläger nunmehr der Schiedsklausel geben will, wäre nur dann möglich, wenn sie so gefaßt wäre, daß Streitigkeiten aus welchen Gründen immer, daher auch solche, welche mit dem Pachtvertrag in keinem Zusammenhang stehen, vom Schiedsgericht zu entscheiden wären. Nur dann hätten die Streitteile auf die staatliche Gerichtsbarkeit, aus welchem Rechtsverhältnis immer, verzichtet was der Gesetzgeber durch § 577 Abs. 2 ZPO. ausschließen wollte.

Wenn der Kläger aus der Bestimmung des § 2 Abs. 2 RPSchO. auch im vorliegenden Fall die Unzulässigkeit der Vereinbarung einer schiedsrichterlichen Entscheidung mit der Begründung ableiten will, daß nach dem Sinn dieser Gesetzesstelle ohne Rücksicht auf die Frage der Zuständigkeit generell verfügt werde, in Pachtschutzsachen sei die Vereinbarung schiedsrichterlicher Entscheidungen ungültig, so kann diesen Ausführungen nach den im gegenständlichen Fall gegebenen Voraussetzungen nicht gefolgt werden. Beizupflichten ist dem Kläger darin, daß die im Pachtvertrag enthaltene Schiedsgerichtsklausel im Hinblick auf die Bestimmung des § 2 Abs. 2 RPSchO. in den im Art. 2 Z. 1 Abs. 2 EVzRPSchO. vorgesehenen Fällen des Pachtschutzes unwirksam wäre. Von einer Pachtschutzsache kann jedoch in den dort angeführten Fällen erst gesprochen werden, wenn ein anhängiges Verfahren über eine Klage auf Aufhebung des Pachtvertrages und Räumung des Pachtgegenstandes nach § 1118 ABGB. oder über rechtzeitig erhobene Einwendungen gegen eine Kündigung oder einen Übergabsauftrag nach den §§ 571 ff. ZPO. zufolge eines nach § 3 Abs. 1 RPSchO. gestellten Antrages auf Verlangen des Pachtamtes diesem abgetreten wird, in welchem Fall das Pachtamt in dem für Pachtschutzsachen vorgesehenen Verfahren zu entscheiden hat. Daß aber ein Antrag nach der vorbezogenen Gesetzesstelle vor Beendigung des schiedsgerichtlichen Verfahrens gestellt und die Abtretung vom Pachtamt während der Anhängigkeit des Verfahrens verlangt worden wäre, wurde weder behauptet, noch ergibt sich dies aus der Aktenlage. Im vorliegenden Fall wird daher die in den Pachtvertrag aufgenommene Schiedsgerichtsklausel durch die Bestimmung des § 2 Abs. 2 RPSchO., welche den Ausschluß schiedsrichterlicher Entscheidungen in Pachtschutzsachen generell anordnet, in keiner Weise berührt. Der nach Beendigung des schiedsgerichtlichen Verfahrens am 29. März 1960 vom Kläger nach § 3 Abs. 1 Z. 3 RPSchO. gestellte Antrag hätte daher lediglich die Wirkung, daß auf Grund des Schiedsspruches die Zwangsvollstreckung auf Übergabe des Pachtgegenstandes bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Pachtamtes nicht bewilligt werden könnte (Art. 2 Z. 1 Abs. 1 EVzRPSchO.).

II. Zum Anfechtungsgrund des § 595 Z. 2 ZPO.:

Daß bei der im vorliegenden Fall unbestrittenen Zulassung von Schriftsätzen beider Parteien durch das Schiedsgericht auch ohne mündliche Verhandlung von einer Verletzung des beiderseitigen Gehörs nicht gesprochen werden kann, entspricht der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur. Mit Recht weist das Berufungsgericht auch darauf hin, daß die Frage, auf welche Weise sich das Schiedsgericht über das Parteienvorbringen hinaus die tatsächlichen Grundlagen für seinen Schiedsspruch beschafft habe, nicht mehr das "rechtliche Gehör", sondern das Verfahren betrifft, für welches mangels einer vertraglichen Festlegung keinerlei Vorschriften bestehen. Hiezu kommt, daß auch allfällige Mängel im Verfahren vor dem Schiedsgericht keine solchen wären, die den Schiedsspruch unwirksam machen könnten, da sie im § 595 ZPO., der eine taxative Aufzählung der Anfechtungsgrunde gibt, nicht erwähnt werden.

Anmerkung

Z34126

Schlagworte

Pachtschutzsache, Schiedsgerichtsklausel, Reichspachtschutzordnung, Schiedsgerichtsklauseln, Schiedsgerichtsklausel, Pachtschutzsache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0060OB00305.61.0920.000

Dokumentnummer

JJT_19610920_OGH0002_0060OB00305_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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