TE OGH 1961/10/6 2Ob325/61

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.10.1961
beobachten
merken

Norm

Arbeitsgerichtsgesetz §1

Kopf

SZ 34/139

Spruch

Zur Entscheidung über die Klage des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer auf Feststellung der Haftung des Dienstnehmers für alle vom Dienstgeber an die bei einem vom Dienstnehmer verschuldeten Unfall Verunglückten zu leistenden Beträge ist das Arbeitsgericht zuständig.

Entscheidung vom 6. Oktober 1961, 2 Ob 325/61.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Nach dem festgestellten Sachverhalt war der Beklagte im Jahre 1958 beim Kläger als Taglöhner bedienstet. Am 26. März 1958 hatte er im Auftrag des Klägers mit einem Schlitten Schleifholz aus dem Wald zu befördern. Dabei kam es zu einem Unfall, bei dem die damals vierjährige Marianne H. so schwer verletzt wurde, daß ihr der linke Unterarm abgenommen werden mußte. In dem von ihr beim KG. Wels geführten Prozeß wurden der Kläger und der Beklagte zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, der Verletzten einen Schadenersatz von 30.166 S 40 g zu leisten. Außerdem wurde die Feststellung getroffen, daß sie auch für einen allfälligen künftigen Schaden aus diesem Unfall haftbar seien.

Mit der vorliegenden Klage begehrte der Kläger die Feststellung, daß ihm der Beklagte für alle Beträge hafte, die er an die Verunglückte Marianne H. zu leisten habe.

Der Beklagte wendete ein, daß der Kläger wegen seines eigenen Verschuldens nach § 1315 ABGB. verurteilt worden sei. Dieses Verschulden sei überwiegend, weil er es als erfahrener Betriebsunternehmer unterlassen habe, ihn entsprechend zu beaufsichtigen, zumal er damals noch minderjährig und nur als Aushilfslandarbeiter tätig gewesen sei. Sein Verschulden sei höchstens mit 1/4 des Gesamtverschuldens anzunehmen. Der Kläger habe bisher keine Leistungen erbracht und werde auch mit Rücksicht auf die Höhe der Haftpflichtversicherungssumme von 160.000 S in Zukunft keine Leistungen zu erbringen haben. Es fehle ihm auch das Feststellungsinteresse nach § 228 ZPO., weil seine (des Beklagten) Haftung im Vorprozeß rechtskräftig festgestellt worden sei und der Kläger daher eine Verjährung seiner Ansprüche nicht zu befürchten habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es verneinte das rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung, weil der dem Kläger gemäß § 1302 ABGB. gegenüber dem Beklagten allenfalls zustehende Rückersatzanspruch erst in 30 Jahren verjähre und daher eine Verjährung der Ansprüche des Klägers nicht zu befürchten sei. Die Klärung der Ersatzpflicht des Beklagten hätte für den Kläger erst dann praktische Bedeutung, wenn er tatsächlich geleistet hätte. Eine ernste und wirkliche Gefahr für den Kläger, zu Leistungen herangezogen zu werden, bestehe derzeit nicht.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache mit Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück.

Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß des Rekurses der beklagten Partei die Entscheidungen der Untergerichte und das ihnen vorausgegangene Verfahren als nichtig auf, wies die Klage zurück und sprach aus, daß das Arbeitsgericht zuständig sei.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurs ist zwar zulässig, kann aber aus folgenden Erwägungen einer sachlichen Erledigung nicht zugeführt werden: Im vorliegenden Fall will der Kläger sein Rechtsverhältnis zum Beklagten gemäß §§ 1302, 896 ABGB. geklärt haben, das auf Grund eines vom Beklagten als Dienstnehmer des Klägers, verschuldeten Verkehrsunfalles und auf Grund einer Verschuldenshaftung des Klägers gemäß § 1315 ABGB. entstanden ist. Es handelt sich somit um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit aus unerlaubten Handlungen, die mit dem seinerzeit zwischen den Parteien bestandenen Dienstverhältnis im engsten Zusammenhang steht. Für diese Streitigkeit ist gemäß § 1 Abs. 1 Z. 1 ArbGerG. die ausschließliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes gegeben. Das angerufene ordentliche Gericht ist zur Entscheidung dieses Rechtsstreites nicht zuständig (SpR. 47 neu in SZ. XXIX 66). Die Unzuständigkeit des ordentlichen Gerichtes ist gemäß § 42 JN. in jeder Lage des Verfahrens und auch in höherer Instanz, also auch durch den Obersten Gerichtshof, wahrzunehmen, wenn der Mangel erst in diesem Stadium des Verfahrens offenbar wird.

Es waren daher gemäß der zitierten Gesetzesstelle die Entscheidungen der Untergerichte und das vorausgegangene Verfahren als nichtig aufzuheben und die Klage zurückzuweisen. Gemäß § 5 ArbGerG. war die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auszusprechen.

Anmerkung

Z34139

Schlagworte

Arbeitsgericht, Regreßansprüche des Dienstgebers, Dienstgeber, Regreßansprüche gegen den Dienstnehmer, Arbeitsgericht, Regreß des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer, Arbeitsgericht, Rückgriff des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer, Arbeitsgericht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0020OB00325.61.1006.000

Dokumentnummer

JJT_19611006_OGH0002_0020OB00325_6100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten