TE OGH 1961/11/21 4Ob359/61

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Veröffentlicht am 21.11.1961
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schuster als Vorsitzenden und durch die Räte Dr. Machek, Dr. Bachofner, Dr. Nedjela und Dr. Feistmantel als Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Sepp R*****, vertreten durch Dr. Gotwin Kaspar, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei Hans M*****, vertreten durch Dr. Klaus Reisch, Rechtsanwalt in Kitzbühel, wegen Unterlassung nach dem UWG, infolge Rekurses des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgerichtes vom 26. September 1961, GZ R 280/61-7, womit dem Landesgericht Innsbruck aus Anlass des Rekurses der klagenden (gefährdeten) Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 16. August 1961, GZ 6 Cg 568/61-2, die Zustellung dieses Beschlusses an den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei aufgetragen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts, mit welchem dem Erstgericht aufgetragen wurde, die einstweilige Verfügung vom 16. 8. 1961, ON 2, umgehend auch der beklagten Partei (Gegner der gefährdeten Partei) zuzustellen und den Akt erst nach Ablauf der Rekursfrist auch auf Seiten der letzteren Partei wieder vorzulegen, sowie die in Befolgung dieses Auftrags vom Erstgericht vorgenommene Zustellung des Beschlusses ON 2 an den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei werden aufgehoben.

Auf die Rekurskosten wird gleich Kosten des Zwischenstreits über die einstweilige Verfügung Bedacht zu nehmen sein.

Text

Begründung:

Das Erstgericht erließ über den auf die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gestützten Antrag der klagenden und gefährdeten Partei folgende einstweilige Verfügung:

„Zur Sicherung des Anspruchs der gefährdeten Partei wider ihren Antragsgegner auf Unterlassung aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, den die gefährdete (klagende) Partei aufgrund verschiedener Handlungen ihres Gegners behauptet, wird diesem verboten, Behauptungen, dass sich die gefährdete Partei im Konkurs befinde, aufzustellen und unnötige auffallend langsame Vorbeifahrten mit dem Reklameauto vor dem Geschäftslokal der gefährdeten Partei in *****, durchzuführen.

Der gefährdeten Partei wird aufgetragen, für alle ihrem Gegner dadurch verursachten Nachteile durch gerichtlichen Erlag von 10.000 S Sicherheit zu leisten.

Dieser Beschluss wird dem Gegner der gefährdeten Partei erst nach Erlag der Sicherheit zugestellt werden; zu diesem Zeitpunkt wird das Verbot wirksam.

Hans M***** hat dem Verbot sofort nach Zustellung dieses Beschlusses zu entsprechen; sonst wird gegen ihn im Falle des ersten Zuwiderhandelns auf Antrag der gefährdeten Partei eine Geldstrafe von 1.000 S verhängt werden.

Die einstweilige Verfügung wird für die Zeit bis die gefährdete Partei ihren Anspruch durch Zwangsvollstreckung oder Exekution zur Sicherstellung geltend machen kann, bewilligt."

Das Erstgericht ordnete auch in der Zustellverfügung an, dass dieser Beschluss dem Antragsteller sofort, dem Antragsgegner aber erst nach Nachweis des Erlags der Sicherheit zuzustellen sei. Die Sicherheit wurde bisher nicht erlegt.

Die antragstellende Partei bekämpfte den erstgerichtlichen Beschluss, soweit ihr eine Sicherheit, insbesondere auch in der Höhe von 10.000 S auferlegt wurde, mittels Rekurs. Vor sachlicher Erledigung dieses Rekurses fasste das Rekursgericht den Beschluss vom 26. 9. 1961, GZ R 280/61-7, womit dem Erstgericht aufgetragen wurde, „die einstweilige Verfügung umgehend auch der beklagten Partei (Gegner der gefährdeten Partei) zuzustellen und die Akten erst nach Ablauf der Rekursfrist auch auf Seite der letzteren Partei wieder vorzulegen". Das Erstgericht kam diesem Auftrag nach.

Dieser Beschluss des Rekursgerichts wird vom Beklagten (Gegner der gefährdeten Partei) mit dem vorliegenden Rekurs bekämpft. Es kann zumindest zweifelhaft sein, ob der Gegner der gefährdeten Partei durch die im angefochtenen Beschluss vorgenommene Zustellungsanordnung, die vom Erstgericht vollzogen wurde, nicht schon zur Befolgung der einstweiligen Verfügung verpflichtet wäre, weil es in deren Abs 4 ausdrücklich heißt, dass der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei dem Verbot sofort nach Zustellung der einstweiligen Verfügung zu entsprechen habe. Für den Rekurs gegen die vom Rekursgericht vorgenommene prozessleitende Verfügung ist daher das Rechtsschutzinteresse gegeben. Der Rekurs ist auch im Übrigen (§§ 522 ZPO, 78, 402 EO) zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist auch begründet.

Der Erstrichter hat sich bei der von ihm verwendeten Formulierung des Spruchs der einstweiligen Verfügung, so auch insbesondere hinsichtlich der Absätze 3 und 4 und der Zustellverfügung an das FormNr. 325 des vom Bundesministerium für Justiz herausgegebenen Formbuchs zur Zivilprozessordnung und Exekutionsordnung, 6. Aufl., 1961, gehalten, das in Ansehung der Fassung des Abs 3 und der Zustellverfügung mit dem Gesetz in Einklang steht. In den Fällen, in denen (§ 390 EO) dem Antragsteller eine Sicherheitsleistung auferlegt wurde, wie hier, darf nämlich gemäß zwingender gesetzlicher Bestimmung (§ 390 Abs 3 EO) mit dem Vollzug der einstweiligen Verfügung vor dem Nachweis des gerichtlichen Erlags der Sicherheit nicht begonnen werden. Mit der Zustellung einer einstweiligen Verfügung, die bloß in einem Gebot oder Verbot an den Antragsgegner besteht, an den Antragsgegner ist aber die Vollziehung bereits beendet (EvBl 1958 Nr. 260). Es mag zweckmäßiger sein, in jenen Fällen, in welchen der Vollzug einer einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht worden ist, den Beschluss über die Erlassung einer einstweiligen Verfügung schon vor Erlag der Sicherheit auch an den Gegner der gefährdeten Partei zuzustellen. Dies erforderte aber eine entsprechend andere Fassung des Spruchs der einstweiligen Verfügung. Es müsste darin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Wirksamkeit der Verfügung noch nicht mit der Zustellung an den Antragsgegner verbunden ist, sondern erst mit Erlag der Sicherheitsleistung eintritt, die Vollziehung daher bis zu diesem Erlag hinausgeschoben ist. Dies ist hier nicht der Fall. Denn hier wurde mit Rücksicht auf den Zustellungsvorbehalt in Abs 3 bei der vom Erstrichter gewählten Formulierung des Spruchs in Abs 4 ohne irgendwelche Einschränkung ausgesprochen, dass „Hans M***** dem Verbot sofort nach Zustellung dieses Beschlusses zu entsprechen habe". Die angefochtene prozessleitende Verfügung des Rekursgerichts, zu der eine rechtliche Notwendigkeit nicht bestand, ist daher mit dem bisher keiner Abänderung unterzogenen Inhalt des Spruchs der einstweiligen Verfügung, insbesondere seines Abs 4 nicht in Einklang zu bringen und verwirrt die Rechtslage. Sie ist geeignet, beim Antragsgegner Zweifel in der Richtung aufkommen zu lassen, ob nicht etwa „vorsichtsweise" dem Verbot nach Zustellung des Beschlusses über die einstweilige Verfügung trotz mangelnden Nachweises des Erlags der Sicherheit doch entsprochen werden müsse.

Es war daher dem Rekurs Folge zu geben und im Übrigen wie im Spruch zu entscheiden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 52 ZPO, 78, 402 EO.

Anmerkung

E88127 4Ob359.61

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1961:0040OB00359.61.1121.000

Zuletzt aktualisiert am

26.08.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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