TE OGH 1962/5/22 8Ob166/62

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Veröffentlicht am 22.05.1962
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Norm

ZPO §595 Z3

Kopf

SZ 35/56

Spruch

Die Zustellung nicht unterschriebener Ausfertigungen des Schiedsspruches rechtfertigt dessen Unwirksamerklärung.

Entscheidung vom 22. Mai 1962, 8 Ob 166/62.

I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die Klägerin begehrt die Unwirksamkeitserklärung eines Schiedsspruches vom 5. Mai 1961, mit dem ihr ein Ersatz in Höhe von 25.000 S für Wildschäden zuerkannt wurde. Sie stützt ihr Begehren darauf, daß der Schiedsspruch nicht von den Schiedsrichtern unterschrieben worden sei. Der Beklagte wendete dagegen ein, daß ein Schiedsspruch vom 5. Mai 1961, der unwirksam erklärt werden könnte, gar nicht vorliege.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt. Er erachtete den Einwand des Beklagten, daß überhaupt kein Schiedsspruch vorliege, nicht für begrundet. Das vorgelegte Schriftstück vom 5. Mai 1961 stelle einen Schiedsspruch dar. Darauf, wie er zustande gekommen sei, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Daß er von den Schiedsrichtern nicht unterschrieben sei, habe gemäß §§ 592 (2), 595 Z. 3 ZPO. in Verbindung mit § 90 (2) des steiermärkischen Jagdgesetzes 1954 zur Folge, daß auf Feststellung der Unwirksamkeit geklagt werden könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten keine Folge. Es teilte die Ansicht des Erstrichters, daß es sich um einen Schiedsspruch handle, der für unwirksam zu erklären sei. Das Erstgericht habe sich zwar damit begnügt, festzustellen, daß der Schiedsspruch von den Schiedsrichtern nicht unterschrieben sei, ohne zwischen Urschrift und Ausfertigung zu unterscheiden. Darin liege aber kein Verfahrensmangel. Maßgebend sei für die Parteien die ihnen zugestellte Ausfertigung des Schiedsspruches. Die der Klägerin zugestellte Ausfertigung sei jedenfalls von keinem der Schiedsrichter unterschrieben, sondern trage nur die mit Schreibmaschine hergestellten Vermerke "H. Peter e. h.", "Dipl.-Ing. Albert M. e. h." sowie "Ing. Carl A. hat sein Amt zurückgelegt und verweigert daher die Unterschrift". Diese Ausfertigung entspreche inhaltlich allen Erfordernissen eines Schiedsspruches. Es fehle lediglich die Unterschrift der Schiedsrichter. Zumindest der Schiedsrichter Ing. Carl A. habe auch die Urschrift des Schiedsspruches nicht unterfertigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Beklagte fühlt sich dadurch beschwert, daß sein Einwand, es liege überhaupt kein Schiedsspruch vor, nicht als begrundet angesehen wurde. Einem Schiedsspruch müsse ein Antrag und ein schiedsgerichtliches Verfahren vorausgehen, bei dem die Grundsätze des beiderseitigen Gehörs, der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der ordentlichen Parteienvertretung zu beachten seien. Seinem Einwand, daß nach der Schiedsgerichtsverhandlung vom 3. September 1960 kein neuer Antrag mehr gestellt worden sei, daß es zu keiner weiteren Schiedsgerichtsverhandlung mehr gekommen sei und daß auch kein Schiedsspruch gefällt worden sei, hätte daher Rechnung getragen werden müssen. Wenn bloß die Ausfertigung eines Schiedsspruches vorliege, aber eine Urschrift nicht existiere und auch kein Schiedsspruch gefällt worden sei, dann könne nicht auf Aufhebung des Schiedsspruches geklagt werden.

Der Ansicht des Beklagten, daß es sich bei dem vorgelegten Schriftstück vom 5. Mai 1961 nicht um einen Schiedsspruch handle, der für unwirksam erklärt werden könnte, kann nicht beigepflichtet werden. Entspricht es doch, abgesehen von der fehlenden Unterschrift der Schiedsrichter, allen Erfordernissen eines Schiedsspruches. Darauf, ob nach dem 3. September 1960 nochmals ein Antrag an das Schiedsgericht gestellt wurde, ob nachher noch eine Verhandlung durchgeführt wurde und ob außer der den Parteien zugestellten Ausfertigung auch eine Urschrift des Schiedsspruches vorhanden ist, kommt es nicht an. Die Nichtbeachtung von Verfahrensvorschriften sowie die Verletzung gesetzlicher Bestimmungen über die Besetzung des Schiedsgerichtes und die Beschlußfassung haben nicht zur Folge, daß ein Schiedsspruch, der für unwirksam erklärt werden könnte, gar nicht zustande komme. Dies folgt schon daraus, daß bei Vorliegen solcher Mängel gemäß § 595 Z. 2 und 3 ZPO. die Unwirksamkeit des Schiedsspruches geltend gemacht werden kann. Das gleiche gilt auch hinsichtlich des Fehlens der Unterschriften der Schiedsrichter, weil auch dieser Fall im Gesetz (§ 595 Z. 3 ZPO.) als Anfechtungsgrund vorgesehen ist. Dabei reicht es gemäß §§ 592 (2), 595 Z. 3 ZPO. hin, wenn die den Parteien zugestellten Ausfertigungen nicht von allen Schiedsrichtern unterschrieben sind (SZ. XXVI 159).

Ob außer den den Parteien zugestellten Ausfertigungen noch eine Urschrift des Schiedsspruches vorhanden und von den Schiedsrichtern unterschrieben ist, ist bei dieser Sach- und Rechtslage nicht entscheidend. Es liegt daher auch der in diesem Belange geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vor.

Anmerkung

Z35056

Schlagworte

Schiedsspruch, Unwirksamerklärung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1962:0080OB00166.62.0522.000

Dokumentnummer

JJT_19620522_OGH0002_0080OB00166_6200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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