TE OGH 1964/2/6 6Ob7/64

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Veröffentlicht am 06.02.1964
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Norm

ABGB §156

Kopf

SZ 37/23

Spruch

Die Verzögerung der Erledigung eines Antrages auf Bewilligung des Armenrechtes und Bestellung eines Armenvertreters kommt einem Hemmungsgrund nach § 156 (3) ABGB. gleich.

Entscheidung vom 6. Februar 1964, 6 Ob 7/64. I. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger bestreitet die Ehelichkeit der von seiner geschiedenen Gattin Renate J. am 29. Mai 1962 geborenen Beklagten.

Das Erstgericht stellte im wesentlichen fest, daß der Kläger und Renate J. vom 14. Oktober 1960 bis 21. Februar 1962 verheiratet waren. Am 29. Mai 1962 hat die geschiedene Gattin des Klägers das beklagte Kind geboren, das demnach als eheliches Kind des Klägers gilt. Dieser wurde von der Geburt des Kindes mit Schreiben des städtischen Bezirksjugendamtes für den 2. Bezirk vom 4. Juli 1962 verständigt, das er vor dem 17. Juli 1962 erhalten hat.

Rechtlich führte das Erstgericht aus: Da der Kläger die Klage erst am 26. Juli 1963 bei Gericht einbrachte, sei im Hinblick auf den Zeitpunkt der erlangten Kenntnis der Geburt des Kindes die einjährige Frist des § 156 ABGB. versäumt. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung des Armenrechts und Beigabe eines Armenvertreters aber genüge nicht zur Wahrung der Frist. Das Erstgericht wies daher die Klage ab.

Infolge Berufung des Klägers stellte das Berufungsgericht aus dem Akt ... Nc. ..... des Landesgerichtes für ZRS. Wien noch fest, daß der Kläger am 21. Juni 1963 unter Vorlage des Armenrechtszeugnisses um die Bewilligung des Armenrechts und die Bestellung eines Armenanwaltes zum Zwecke der Einbringung der Bestreitungsklage ansuchte. Dieses Gesuch wurde auch aufrecht erledigt. Die Namhaftmachung des Armenvertreters durch die Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland erfolgte erst am 9. Juli 1963. Im Sinne der Rechtsprechung zu der gegenständlichen Frage zu § 158 ABGB. a. F. müsse die Frist zur Einbringung der Klage durch diesen Antrag auf Bewilligung des Armenrechtes und Bestellung eines Armenvertreters als gewahrt gelten. Da das Erstgericht von seiner abweichenden Rechtsansicht ausgehend keine Feststellungen darüber getroffen hat, wann der Kläger erstmalig Kenntnis der Umstände erlangt habe, die für die Unehelichkeit des Kindes sprächen, und ob er als Vater dieses Kindes auszuschließen sei, hob es sein Urteil zur allfälligen neuen Verhandlung und Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie das Berufungsgericht zutreffend hervorhob, ging die jüngere Rechtsprechung in der Frage der Prüfung der Frist für die Klage zur Bestreitung der ehelichen Geburt dahin, diese Frist als gewahrt anzuerkennen, wenn der Kläger nur rechtzeitig unter Vorlage des Armenrechtszeugnisses die Bewilligung des Armenrechts und Bestellung eines Armenvertreters beantragte. Abgesehen von der älteren Entscheidung GlUNF. 5467 erschien es später bei Prüfung der Einhaltung der Frist des § 158 ABGB. a. F., an dessen Stelle nunmehr § 156 ABGB. getreten ist, nicht zweifelhaft, daß mit der rechtzeitigen Vorlage des Armenrechtszeugnisses und Stellung der vorbezeichneten Anträge der Kläger alles unternommen hat, was er zur Einleitung des gerichtlichen Bestreitungsverfahrens vorkehren konnte. Der Umstand, daß die Klage erst nach Fristablauf bei Gericht eingebracht wurde, dürfe ihm dann nicht zum Nachteil gereichen, da er auf die Beschleunigung dieser Amtshandlungen keinen Einfluß nehmen könne. Diese Erwägungen zu § 158 ABGB. a. F. müssen aber in gleicher Weise auch für die Bestimmungen des § 156 (1) ABGB. n. F. gelten, mit denen die Frist auf ein Jahr verlängert wurde, im gegebenen Falle umso mehr, als das Erstgericht bisher in Betracht zog, daß der Kläger lediglich vor dem 17. Juli 1962 Kenntnis von der Geburt des Kindes erlangte und immerhin schon am 21. Juni 1963 unter Anschluß eines Armenrechtszeugnisses den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts und Bestellung eines Armenvertreters einbrachte. Im Hinblick auf die danach noch offene Frist durfte erannehmen, daß die Bestellung des Armenvertreters so rechtzeitig erfolgen werde, daß die Klage fristgerecht eingebracht werden könne. Die auffallende Verzögerung der Erledigung seiner Anträge kommt einem Hemmungsgrund im Sinne des § 156 (3) ABGB. gleich. Das Berufungsgericht ist daher zu dem richtigen Ergebnis gekommen, daß die Klage nach den bisherigen Feststellungen des Erstgerichtes nicht als verspätet anzusehen ist. Daraus folgt aber die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles.

Im fortgesetzten Verfahren wird zu beachten sein, daß für den Beginn des Laufes der Frist des § 156 (1) ABGB. auch nicht gerade der Zeitpunkt der Verständigung des Klägers von der Geburt des Kindes durch das Jugendamt maßgebend sein muß. Es wird vielmehr, wie schon das Berufungsgericht hervorgehoben hat, der Erörterung und Feststellung bedürfen, wann der Kläger erstmalig Kenntnis von den Umständen erlangte, die für die Unehelichkeit des Kindes sprechen, wobei die Frist frühestens mit der Geburt des Kindes beginnt (§ 156

(2) ABGB.), sowie ob er als Vater des Kindes auszuschließen ist.

Anmerkung

Z37023

Schlagworte

Armenrecht Verzögerung der Bewilligung des - ist Hemmungsgrund nach, § 156 (3) ABGB, Hemmung nach § 156 (3) ABGB., Armenrecht, Armenrecht Verzögerung der Bewilligung des - ist Hemmungsgrund nach, § 156 (3) ABGB, Hemmung nach § 156 (3) ABGB., Armenrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0060OB00007.64.0206.000

Dokumentnummer

JJT_19640206_OGH0002_0060OB00007_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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