Norm
ABGB §1220Kopf
SZ 37/58
Spruch
Geben Eltern einer Tochter ein größeres Heiratsgut, als sie verpflichtet wären, so erwächst der anderen Tochter daraus kein Anspruch auf entsprechende Erhöhung des ihr gegebenen Heiratsgutes.
Unvermögend zur Gewährung des Heiratsgutes sind Eltern auch dann, wenn sie ohne Gefährdung ihres anständigen Unterhaltes nichts von ihrem Vermögen abgeben können.
Entscheidung vom 15. April 1964, 8 Ob 129/64. I. Instanz:
Bezirksgericht Retz; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.
Text
Die Antragstellerin heiratete am 1. Juni 1952 den Arzt Dr. Herbert W. Sie erhielt an Bargeld 15.000 S, ferner Bettwäsche, ein älteres Kinderzimmer und verschiedene Einrichtungsgegenstände von unerheblichem Wert. Die Antragsgegner haben noch zwei weitere Kinder, nämlich den Sohn Gottfried, der Student der Chemie und Botanik ist und von ihnen erhalten werden muß, sowie die seit 14. Juli 1957 verheiratete Tochter Theodora H. Letztere erhielt von ihren Eltern insgesamt einen Betrag von 68.000 S, wobei jedoch hinsichtlich 53.000 S die Möglichkeit der Rückforderung auf Grund von Schuldscheinen besteht. Der Erstantragsgegner verdiente im Jahre 1952, zur Zeit der Heirat der Antragstellerin, als Bäckermeister rund 40.000 S. Er besaß das Haus in R. mit dem dort befindlichen Bäckereiunternehmen, sowie ein Ackergrundstück in H. im Ausmaß von 17 a. Am 18. Dezember 1958 verkaufte er das Haus samt Betrieb. Im Kaufvertrag scheint ein Preis von 400.000 S auf, doch in Wirklichkeit erhielt er insgesamt 500.000 S. Das Erstgericht trug den Antragsgegnern zur ungeteilten Hand auf, der Antragstellerin einen weiteren Betrag von 25.000 S als Heiratsgut binnen zwei Monaten zu bezahlen. Es kommt zu dem Ergebnis, daß das Vermögen der Antragsgegner zur Zeit der Eheschließung 400.000 S betragen habe. Es sei daher ein Heiratsgut von 10% dieser Summe, also 40.000 S angemessen, so daß die Antragsgegner einen zusätzlichen Betrag von 25.000 S zu zahlen hätten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner nicht statt, erhöhte jedoch den zugesprochenen Betrag um 10.000 S auf 35.000 S. Es schloß sich den Feststellungen des Erstgerichtes zur Gänze an, nahm jedoch an, daß Theodora H. ein Heiratsgut von 68.000 S bekommen habe. Die Antragstellerin habe einen Anspruch auf Gleichbehandlung. Sie müsse sich aber eine gewisse Herabsetzung ihrer Ansprüche gefallen lassen, da sie sie erst jetzt geltend gemacht habe.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Antragsgegners Folge, hob die Beschlüsse der Untergerichte, die hinsichtlich der Abweisung des Antrages auf Zuspruch von 10.000 S als unangefochten unberührt blieben, im übrigen auf und verwies die Sache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rekursgericht meint, die Antragstellerin habe einen Anspruch, mit ihrer Schwester hinsichtlich des Heiratsgutes gleichgestellt zu werden. Diese Meinung vertritt Weiss bei Klang[2], V, S. 732. Als Begründung führt Weiss nur an, daß die Gleichbehandlung ein immanentes Prinzip unserer Rechtsordnung sei, (dagegen Lenhoff bei Klang[1] III, S. 583, Entscheidung des OG. Brünn vom 13. November 1923, Slg. Nr. 3144). Weiss kann für seine Ansicht keine weitere Begründung anführen. Es steht den Eltern frei, das eine Kind nach Belieben zu beschenken und das andere nicht, nur darf hiedurch keine Verkürzung des Pflichtteiles eintreten. Es ist nicht einzusehen, warum es den Eltern verwehrt sein soll, einer Tochter mehr Heiratsgut zu geben, als sie verpflichtet wären, ohne dabei Gefahr zu laufen, von einer anderen Tochter deshalb auf Erhöhung des bereits gewährten Heiratsgutes in Anspruch genommen zu werden. Abgesehen davon, hat sich das Rekursgericht ohne ein Wort der Begründung über die Feststellung des Erstgerichtes hinweggesetzt, daß von den 68.000 S, die Theodora H. bekommen hat, nur 15.000 S als Heiratsgut gegeben wurden, der Betrag von 53.000 S als Darlehen aber jederzeit zurückgefordert werden kann.
Entscheidend sind folgende Umstände:
Die Untergerichte haben nicht im mindesten berücksichtigt, inwieweit die Antragsgegner ihr Vermögen noch für sich selbst benötigen. Im Sinne des § 1221 ABGB. ist auch derjenige unvermögend, ein Heiratsgut zu leisten, der davon ohne Gefährdung seines eigenen anständigen Unterhaltes nichts abgeben kann. Es ist also festzustellen, welches Vermögen und Einkommen den Antragsgegnern für ihren Lebensabend zur Verfügung steht und wieviel sie davon für sich und für ihren noch in Berufsausbildung befindlichen Sohn Gottfried benötigen. Es ist ihnen eine Lebensführung zuzubilligen, die nicht wesentlich schlechter ist, als sie sie hatten.
Ferner ist darauf Bedacht zu nehmen, daß gemäß §§ 1220, 141, 143 ABGB. die Mutter für das Heiratsgut mit dem Vater nicht zur ungeteilten Hand, sondern subsidiär haftet, weshalb geklärt werden muß, wieviel Vermögen jeder einzelne der Antragsgegner besitzt. Da also Verfahren und Feststellungen mangelhaft geblieben sind, war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Sache bei Aufhebung der untergerichtlichen Entscheidungen an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Anmerkung
Z37058Schlagworte
Heiratsgutbestellung, kein Gleichbehandlungsrecht mehrerer Töchter„ Unvermögenheit zur -, Unvermögenheit zur Heiratsgutbestellung, Heiratsgutbestellung, kein Gleichbehandlungsrecht mehrerer Töchter„ Unvermögenheit zur -, Unvermögenheit zur HeiratsgutbestellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1964:0080OB00129.64.0415.000Dokumentnummer
JJT_19640415_OGH0002_0080OB00129_6400000_000