TE OGH 1964/6/18 5Ob159/64

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Veröffentlicht am 18.06.1964
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Norm

Außerstreitgesetz §9
Grundbuchsvorschrift §88 (2)
Grundbuchsvorschrift §165 (1) und (3)
Liegenschaftsteilungsgesetz §§15 ff
Liegenschaftsteilungsgesetz §17 (2)
Liegenschaftsteilungsgesetz §32

Kopf

SZ 37/88

Spruch

1. Der Anmeldungsbogen ist, wenn die Wertermittlung ein Verfahren erfordert, nicht in das Tagebuch, sondern in das Nc-Register einzutragen und steht dem Erwerb von bücherlichen Rechten nicht entgegen.

2. Zur Wertermittlung nach § 17 (2) LiegTeilG.

3. Rekurslegitimation eines Hypothekargläubigers im Verfahren nach §§ 15 ff. LiegTeilG., der erst nach dem Anmeldungsbogen und der Einlösungsverhandlung eine Hypothek erwirbt.

Entscheidung vom 18. Juni 1964, 5 Ob 159/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Vöcklabruck; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Nach dem Anmeldungsbogen Nr. ... des Vermessungsamtes B. wurden im Zuge der Regulierung des X-Baches in der Katastralgemeinde P. Grundstücksteilungen notwendig, wobei Grundstücksteile in das Verzeichnis III (öffentliches Gut) einzutragen und in das Grundstück Nr. 2554 X.-Bach einzubeziehen waren.

Das Erstgericht bewilligte auf Grund des Anmeldungsbogens samt den beiden Mappenpausen und der gepflogenen Erhebungen unter anderen unbekämpft gebliebenen Teilungen, Ab- und Zuschreibungen auch die Abschreibung der Teilfläche grün C im Ausmaß von 1631 m2 vom Grundstück Nr. A. der EZ. O. des Liegenschaftseigentümers Hans L., die Übertragung des Parzellenteiles in das Verzeichnis III (öffentliches Gut) der Katastralgemeinde P. und seine Einbeziehung in das Grundbuch Nr. 2554 X.-Bach.

Das Rekursgericht hob infolge Rekurses der Buchberechtigten, der Ö.- AG., den erstgerichtlichen Beschluß hinsichtlich der Bewilligung der Abschreibung der Teilfläche grün C im Flächenausmaß von 1631 m2 des Grundstückes A. der EZ. O. des Liegenschaftseigentümers Hans L., deren Übertragung in das Verzeichnis III (öffentliches Gut) der Katastralgemeinde P., sowie der Einbeziehung dieser Teilfläche in das Grundstück Nr. 2554 X.-Bach auf und trug dem Erstgericht im Umfang der Aufhebung die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens auf. Nach den Bestimmungen der §§ 17 und 18 LiegTeilG. - so führt das Rekursgericht aus - komme die Regelung der §§ 15 ff. LiegTeilG. nur zur Anwendung, wenn der Wert jedes einzelnen abzutrennenden Grundstücksteiles den Betrag von 6000 S wahrscheinlich nicht übersteige oder bei einem übersteigenden Betrag der Mehrbetrag voraussichtlich durch die Wertsteigerung des bei der Liegenschaft verbleibenden Grundstückes ausgeglichen sei. Davon, daß der Wert des abzutrennenden Grundstücksteiles 6000 S nicht übersteige, sei das Erstgericht, ohne eine diesbezügliche Feststellung zu treffen, ausgegangen, da in einem Aktenvermerk vom 2. Oktober 1963 festgehalten sei, daß der Kaufpreis eines in der Nähe befindlichen Grundstückes laut eines zu TZ ... erliegenden Kaufvertrages vom 25. August 1959 2 S je m2 betrage. Diese Wertermittlung reiche aber bei einem Grundstücksteil im Ausmaß von 1631 m2, der im Industriegebiet P. liege, nicht aus, da § 17 (2) LiegTeilG. neben der Berücksichtigung des Kaufpreises benachbarter Grundstücke auch eine Vernehmung von Vertrauensmännern der Gemeinde vorsehe. Dem stehe auch nicht entgegen, daß das Erstgericht nach Einbringung des Rekurses eine Stellungnahme der Marktgemeinde P. beigeschafft habe, nach der im Zuge der wasserrechtlichen Verhandlung und der Verhandlung zur Gründeinlösung für die Regulierung des X.-Baches ausdrücklich in einer Niederschrift vom 12. November 1954 festgelegt worden sei, daß die zu benützenden Grundflächen mit einem Betrag von 2.50 S je Quadratmeter zu entschädigen seien. Seither seien 9 Jahre vergangen und die Grundstückpreise gestiegen. Das Erstgericht werde daher nach ergänzender Wertermittlung neuerlich zu entscheiden haben. Falls die Voraussetzungen nach den §§ 15 ff. LiegTeilG. nicht vorliegen, sei nach den §§ 21 und 28 LiegTeilG. vorzugehen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem gegen den Beschluß des Rekursgerichtes von der Republik Österreich eingebrachten Revisionsrekurs nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was die von Amts wegen wahrzunehmende Frage der Zulässigkeit des Rekurses anlangt, so ist sie nach § 32 LiegTeilG. zu beurteilen. Nach der angeführten Gesetzesstelle richtet sich nur die Anfechtung von Beschlüssen, die sich auf das Ansuchen einer Partei um Bewilligung einer grundbücherlichen Eintragung beziehen, nach den Bestimmungen der §§ 122 ff. GBG. Für die Anfechtung sonstiger Beschlüsse über die im Liegenschaftsteilungsgesetz geregelten Angelegenheiten gelten die Grundsätze des Verfahrens außer Streitsachen. Im Verfahren nach den §§ 15 ff. LiegTeilG. bildet nicht ein Ansuchen der Partei, sondern der Anmeldungsbogen die Grundlage der Verbücherung, sodaß für das Rechtsmittelverfahren gemäß § 32 LiegTeilG. die Vorschriften des Verfahrens außer Streitsachen zur Anwendung gelangen (Goldschmidt, Die Verbücherung von Straßen- und Wasserbauanlagen, 1937, S. 9 Punkt 3, S. 45; Sattler, Rechtsmittel im Grundbuchsverfahren, NotZtg. 1949 S. 20, Bartsch, Das österreichische allgemeine Grundbuchsgesetz, Manz 1933, S. 602, SZ. XXVII 40, EvBl. 1955 Nr. 316 u. a.). Gemäß § 14 AußStrG. ist aber auch gegen aufhebende Beschlüsse des Rekursgerichtes der Revisionsrekurs zulässig (JB. Nr. 203 u. a.).

Auch die Rekurslegitimation der Republik Österreich ist zu bejahen. Sie ergibt sich daraus, daß, solange nicht eine bestimmte Gebietskörperschaft als Eigentümerin des öffentlichen Gutes eingetragen ist, jede Gebietskörperschaft gemäß § 9 AußStrG., wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (RiZtg. 1959 S. 177) zur Erhebung des Rekurses gegen Beschlüsse des Grundbuchsgerichtes befugt ist, durch die Verfügungen über das öffentliche Gut getroffen werden.

Nach den Bestimmungen der §§ 17 und 18 LiegTeilG. hängt es von der Wertermittlung der infolge der Wasseranlage abzutrennenden Grundflächen ab, ob das vereinfachte Verfahren nach den §§ 15 ff. LiegTeilG. Platz greift oder ob nach den §§ 21 und 28 LiegTeilG. vorzugehen ist. Nach § 17 LiegTeilG. ist der Wert der im § 15 Z. 1 und 2 LiegTeilG. angeführten Grundstücke ohne förmliche Schätzung durch Bedachtnahme auf Wertermittlungen gelegentlich von Verkäufen oder Schätzungen gleichartiger benachbarter Grundstücke, allenfalls durch Vernehmung von Vertrauensmännern der Gemeinde zu ermitteln. Das Erstgericht hat sich aber darauf beschränkt, in einem Aktenvermerk den Kaufpreis je Quadratmeter einer einzigen benachbarten Liegenschaft festzuhalten. Wie das Rekursgericht zutreffend hervorhebt, ist gemäß § 17 (2) LiegTeilG. auf Wertermittlungen gelegentlich von Verkäufen oder Schätzungen gleichartiger benachbarter Grundstücke, allenfalls durch Vernehmung von Vertrauensmännern der Gemeinde, Bedacht zu nehmen. Das Schrifttum (Goldschmidt, a. a. O. S. 29) führt als Beispiele auch Inventuren und Nachlaßanweisungen im Abhandlungsakte, Genehmigungen von Verkäufen der Güter von Pflegebefohlenen in Pflegschaftsakten sowie Zwangsversteigerungsverfahren an. Nach § 18 (3) LiegTeilG. ist es auch ohne Belang, daß der Wert der zur Anlage verwendeten von einem Grundbuchskörper abzuschreibenden Trennstücke den Betrag von 6000 S übersteigt, wenn der Mehrbetrag voraussichtlich durch die Wertsteigerung der beim Grundbuchskörper verbleibenden Trennstücke ausgeglichen wird. Es kommt also darauf an, daß der Wert des Grundbuchskörpers durch die Abschreibungen nicht um mehr als 6000 S vermindert werden soll (vgl. hiezu Goldschmidt, a. a. O. S. 30). Auch damit hat sich das Erstgericht nicht auseinandergesetzt.

Der Rekurswerberin ist beizupflichten, daß bei der Wertermittlung nach § 17 (2) LiegTeilG. von den ortsüblichen Durchschnittspreisen auszugehen ist, wie sie vor der Planung der Wasser- oder Straßenbauanlage bezahlt wurden. Werterhöhungen, die durch die Planung entstanden sind, bleiben außer Betracht (Goldschmidt, a. a. O. S. 30). Es ist aber auch eine Vergütung für Nachteile zu berücksichtigen, die der einzelne Besitzer durch die neue Anlage erleidet. So z. B. kann die Notwendigkeit eintreten, Bäume oder sonstige Anlagen zu entfernen oder zu versetzen oder neue Wege zur Bewirtschaftung anzulegen (Goldschmidt, a. a. O. S. 18). Das Rekursgericht ist aber im Recht darin, daß es zu unbilligen Ergebnissen führt, wenn von einem Jahre zurückliegenden Wert des Grundstückes ausgegangen wird und auf Änderungen der Kaufkraft des Geldes kein Bedacht genommen wird. Der Bewertung ist daher, wie der Oberste Gerichtshof bereits in der bisher unveröffentlichten Entscheidung 2 Ob 521/51 ausgesprochen hat, nicht der seinerzeitige Wert, sondern jener Wert zugrunde zu legen, der dem derzeitigen Wert des Trennstückes in dem Zustand vor der Errichtung der Wasserbauanlage entspricht. Das vereinfachte Verfahren ist erst dann zulässig, wenn feststeht, daß die Wertgrenze entsprechend der angeführten Bewertung nicht überschritten wird.

Die Rekurswerberin erblickt ferner eine unrichtige rechtliche Beurteilung darin, daß der bücherliche Eigentümer des abzuschreibenden Trennstückes den bei der Einlösungsverhandlung ermittelten Entschädigungsbetrag überwiesen erhalten habe und daher nicht mehr befugt gewesen sei, das Trennstück hypothekarisch zu belasten. Er hätte den Pfandgläubiger auf die Einlösung aufmerksam machen müssen und dafür zu sorgen gehabt, daß der Pfandgläubiger, - nämlich die Ö.-AG. - die Abtretung zur Kenntnis nehme.

Dazu ist zu sagen, daß zur Übertragung des Eigentums unbeweglicher Sachen die Einverleibung in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher erforderlich ist, die aber hinsichtlich des in Frage stehenden Trennstückes nicht durchgeführt war. Der bisherige Eigentümer des abzuschreibenden Trennstückes konnte daher auch nach der Einlösungsverhandlung seine Liegenschaft hypothekarisch belasten. Der Anmeldungsbogen vertritt zwar die Stelle eines Eintragungsbegehrens, ist aber, weil im vorliegenden Fall die Wertermittlung ein Verfahren erfordert, nicht in das Tagebuch, sondern in das Nc-Register einzutragen (§§ 88 (2) und 165 (1) und

(3) GV., Goldschmidt, a. a. O. S. 23 VI Punkt 1). Bei der Verfassung des Buchstandberichtes sollte in jeder Grundbuchseinlage im A-Blatt und im Grundstücksverzeichnis II neben der Nummer des von der Wasseranlage berührten Grundstückes mit Bleistift am Rand ein Zeichen (w) gesetzt werden, damit der Grundbuchsführer beim Einlangen eines späteren Grundbuchstückes daran erinnert wird, daß ein Verbücherungsverfahren anhängig ist. Doch hindert dies die Erledigung eines Nachstückes nicht, wie dies etwa bei einer Bleistiftmarke der Fall ist (Goldschmidt, a. a. O. S. 25, Punkt h, S. 26). Daraus folgt, daß auch ein erst nach dem Anmeldungsbogen und der Einlösungsverhandlung erworbenes Pfandrecht den Hypothekargläubiger zum Buchberechtigten macht, dem Parteistellung zukommt und dessen Rekurslegitimation gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom Rekursgericht zutreffend bejaht wurde.

Anmerkung

Z37088

Schlagworte

Anmeldungsbogen, Eintragung des -, Eintragung des Anmeldungsbogens, Rekurslegitimation eines Hypothekargläubigers im Verfahren nach § 15, ff. LiegTeilG., Wertermittlung nach § 17 (2) LiegTeilG., Anmeldungsbogen, Eintragung des -, Eintragung des Anmeldungsbogens, Rekurslegitimation eines Hypothekargläubigers im Verfahren nach § 15, ff. LiegTeilG., Wertermittlung nach § 17 (2) LiegTeilG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0050OB00159.64.0618.000

Dokumentnummer

JJT_19640618_OGH0002_0050OB00159_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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