TE OGH 1964/11/18 6Ob306/64

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Veröffentlicht am 18.11.1964
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Norm

JN §1
Wasserrechtsgesetz 1959 §26 (1)
Wasserrechtsgesetz 1959 §111 (3)
Wasserrechtsgesetz 1959 §117 (1)

Kopf

SZ 37/166

Spruch

Über das Begehren auf Zahlung der Gebühren und Abgaben von der Entschädigungssumme hat die Wasserrechtsbehörde unter Ausschluß des Rechtsweges zu entscheiden.

Entscheidung vom 18. November 1964, 6 Ob 306/64. I. Instanz:

Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Das Amt der Kärntner Landesregierung hat als Wasserrechtsbehörde mit Bescheid vom 30. Juni 1961, Zl. Wa-202/XXI/4/1961, die Enteignung von Grundstücken der klagenden Parteien ausgesprochen. In diesem Bescheid wurde auch ein zwischen den Streitteilen am 28. Juni 1961 im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens getroffenes Übereinkommen beurkundet. Es heißt dort u. a.: "1. Für die gesamten in Anspruch genommenen Enteignungsflächen der Ehegatten Ernst und Maria D. wird ein Gesamtentschädigungsbetrag von 450.000 S, in Worten:

vierhundertfünfzigtausend Schilling, vereinbart. Von diesem Entschädigungsbetrag entfallen 285.000 S auf die Gründeinlöse und 165.000 S auf die Restgutentwertung ... 8. Sämtliche, allenfalls aus Anlaß dieses Einlösungsfalles und seiner Durchführung in Vorschreibung kommenden Gebühren und Abgaben trägt die Ö.-AG."

Die Kläger begehren im vorliegenden Rechtsstreit von der beklagten Partei die Zahlung von 2.965 S samt Anhang als Erstattung des von ihnen bereits bezahlten Teiles der ihnen hinsichtlich des Betrages von 165.000 S (Ersatz für Restgutentwertung) vorgeschriebenen Einkommensteuer und weiters die Feststellung, daß ihnen die vorgeschriebene Einkommensteuer in der Gesamthöhe von 19.546 S von der Beklagten zu ersetzen sei. Dabei stützen sie sich auf Punkt 8 des im oben erwähnten Bescheid der Wasserrechtsbehörde beurkundeten Übereinkommens.

Nachdem im Verlauf des Rechtsstreites die beklagte Partei Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet hat, erklärte das Erstgericht das bereits durchgeführte Verfahren für nichtig und wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Es begrundete dies damit, daß der Rechtsstreit über die Auslegung einer, in einem wasserrechtlichen Bescheid beurkundeten Parteienvereinbarung geführt werde. Über die Auslegung habe aber die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, da diese Behörde in Ermangelung eines Übereinkommens auch das in Frage stehende Rechtsverhältnis im Entscheidungswege zu regeln gehabt hätte, zumal sich die Überwälzung der Einkommensteuer auf die Höhe des Entschädigungsbetrages auswirkte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Parteien Folge und änderte den angefochtenen Beschluß dahin ab, daß es die von der beklagten Partei erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges verwarf. Es ging von der Erwägung aus, daß die Wasserrechtsbehörde wohl über die Auslegung und Rechtswirkungen eines im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen und von der Wasserrechtsbehörde beurkundeten Übereinkommens zu entscheiden habe, sofern den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens im Entscheidungswege zuständig gewesen wäre; daß im vorliegenden Falle die Streitteile im Zuge des wasserrechtlichen Verfahrens auch eine Vereinbarung über weitere mögliche Nachteile, nämlich die Entrichtung von Gebühren und Abgaben, getroffen hätten, daß aber diese Nachteile, entgegen der Auffassung des Erstgerichtes nicht die Höhe der Entschädigungssumme betreffen, sondern einen anderen, durch die Leistung der Entschädigungssumme mittelbar entstandenen Schaden darstellen würden, der einen von der gemäß § 365 ABGB. zu leistenden Schadloshaltung losgelösten Schadenersatzanspruch ergebe. Über diesen Schadenersatzanspruch habe daher nicht die Wasserrechtsbehörde, sondern das ordentliche Gericht zu entscheiden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei Folge und stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 111 (3) WRG. 1959 hat über die Auslegung und Rechtswirkungen eines im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommens im Streitfalle die Wasserrechtsbehörde zu entscheiden, sofern den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre. Darüber, daß der Rechtsstreit über die Auslegung eines im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommens geführt werden soll, besteht kein Zweifel. Es ist aber aus den nachstehenden Gründen auch die Frage zu bejahen, ob den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse bilden, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre.

Gemäß § 26 WRG. 1959 entscheiden über Schadenersatzansprüche, die aus dem Bestande oder Betriebe einer Wasserbenützungsanlage entstehen, die ordentlichen Gerichte, soweit das WRG. nichts anderes bestimmt. Eine solche Ausnahmebestimmung stellt die Bestimmung des § 117 WRG. 1959 hinsichtlich der Entschädigung für die Begründung von Zwangsrechten nach § 60 (1) und (2) WRG. 1959 dar (Krzizek, Kommentar zum WRG. S. 123). Als Entschädigung im Sinne des Wasserrechtsgesetzes sind Leistungen zu verstehen, durch die ein vermögensrechtlicher Nachteil ausgeglichen werden soll, den jemand dadurch erleidet, daß ihm ein Recht entzogen oder beschränkt wird (Krzizek a. a. O. S. 469). Über das Begehren auf Zuerkennung solcher Entschädigungen, Beiträge, Ersätze usw., die mit dem wasserrechtlichen Verfahren bzw. mit der wasserrechtlichen Erledigung eng zusammenhängen, spricht die Wasserrechtsbehörde ab (Anm. 1 zu § 117 WRG. 1959 Staatsdruckereiausgabe). Die Frage, ob das Entstehen der Verpflichtung zur Leistung von Abgaben und Gebühren im allgemeinen und von Einkommensteuer im besonderen als mittelbarer oder unmittelbarer Schaden nach den Grundsätzen des ABGB. angesehen werden kann, ist für die Entscheidung der Zuständigkeitsfrage ohne Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, daß die Kläger selbst in Übereinstimmung mit dem Vorbringen der Beklagten in der Klagebeantwortung vorgebracht haben, sie hätten im Rahmen ihres Begehrens auf Zahlung einer Entschädigung verlangt, daß alle Gebühren und Abgaben die Beklagte zu tragen habe und daß ihnen der zu zahlende Entschädigungsbetrag rein zukommen müsse. Das Begehren auf Zahlung der Gebühren und Abgaben war daher ein Teil des Begehrens auf Zahlung einer Entschädigung, denn je nachdem, ob die Beklagte die Leistung der Abgaben übernahm oder nicht, mußte sich der Gesamtbetrag der aus dem Titel der Enteignung zu leistenden Entschädigung erhöhen oder vermindern. Über dieses Begehren hätte daher, wenn es zu einer Einigung nicht gekommen wäre, die Wasserrechtsbehörde meritorisch unter Ausschluß des Rechtsweges (Anm. 1 zu § 117 WRG. 1959 Staatsdruckereiausgabe) entscheiden müssen. Sie hat daher auch gemäß § 111 (1) WRG. 1959 über die Auslegung des Übereinkommens zu entscheiden, in dessen Ermangelung die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung hätte ergehen müssen, nämlich über die Frage, ob unter den im Übereinkommen genannten Gebühren und Abgaben auch die Leistung von Einkommensteuer zu verstehen ist.

Anmerkung

Z37166

Schlagworte

Rechtsweg, Ausschluß des - für Ersatzforderung von Gebühren und Abgaben von der Entschädigungssumme (WRG.) Wasserrechtsbehörde, Zuständigkeit der - für Ersatzforderung von Gebühren und Abgaben von der Entschädigungssumme Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde für Ersatzforderung von Gebühren und Abgaben von der Entschädigungssumme Rechtsweg, Ausschluß des - für Ersatzforderung von Gebühren und Abgaben von der Entschädigungssumme (WRG.) Wasserrechtsbehörde, Zuständigkeit der - für Ersatzforderung von Gebühren und Abgaben von der Entschädigungssumme Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde für Ersatzforderung von Gebühren und Abgaben von der Entschädigungssumme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0060OB00306.64.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19641118_OGH0002_0060OB00306_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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