TE OGH 1964/11/26 2Ob335/64

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Veröffentlicht am 26.11.1964
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Norm

Dienstpragmatik §89 (2)

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SZ 37/173

Spruch

Die 30 tägige Frist für die Feststellungsklage nach § 89 (2) Dienstpragmatik ist eine prozessuale Präklusivfrist.

Entscheidung vom 26. November 1964, 2 Ob 335/64. I. Instanz:

Bezirksgericht Baden; II. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt.

Text

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen verschuldete der Kläger während der Zeit der Ableistung seines Präsenzdienstes am 18. März 1960 als Lenker eines heereseigenen Kraftwagens durch Auffahren auf ein anderes Kraftfahrzeug einen Schaden von 7492.46 S. Mit Ersatzerkenntnis des Bundesministeriums vom 9. Jänner 1963, das dem damals bereits zeitverpflichteten Kläger Ende Jänner oder Anfang Februar 1963 zugestellt wurde, wurden ihm 30% des Schadensbetrages, d. s. 2247.74 S, zur ratenweisen Zahlung vorgeschrieben. Gegen das Erkenntnis, das keine Rechtsbelehrung enthielt, unternahm der Kläger nichts. Am 5. August 1963 bat er um Nachsicht der Restschuld von 900 S, die ihm am 1. Oktober 1963 bewilligt wurde.

Mit der am 12. November 1963 bei Gericht eingelangten Klage begehrte der Kläger die urteilsmäßige Feststellung, daß der von der Beklagten ihm gegenüber mit dem erwähnten Ersatzerkenntnis geltend gemachte Schadenersatzanspruch von 2247.74 S nicht zu Recht bestehe.

Das Erstgericht wies die Klage ab.

Das Berufungsgericht erkannte gemäß dem Klagebegehren. Aus Anlaß der Revision hob der Oberste Gerichtshof das bisherige Verfahren auf, sprach dessen Nichtigkeit aus und wies die Klage zurück.

Die Kosten des nichtigen Verfahrens sowie des Revisionsverfahrens wurden gegenseitig aufgehoben.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Beide Vorinstanzen befanden den Einwand der beklagten Partei, daß die Klage verspätet erhoben worden sei, als nicht gerechtfertigt, allerdings mit unterschiedlicher Begründung. Während das Erstgericht der Ansicht war, daß das Erkenntnis vom 9. Jänner 1963 überhaupt nicht als Ersatzerkenntnis nach § 89 (2) DP. anzusehen sei, weil es sich nicht um einen vom Kläger als Beamten verschuldeten Schaden handle, bejahte das Berufungsgericht zwar die Anwendbarkeit dieser Bestimmung und die grundsätzliche Zulässigkeit der Feststellungsklage im Sinn der Rechtsprechung (EvBl. 1963 Nr. 168 S. 242 und Nr. 249 S. 352), folgerte jedoch aus der übereinstimmenden Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes, wonach administrative Ersatzerkenntnisse keine Bescheide, sondern zivilrechtlich zu beurteilende Parteierklärungen im Rechtsverhältnis zwischen dem Dienstgeber und dem Dienstnehmer sind, daß diese Erkenntnisse der Rechtskraft überhaupt nicht fähig seien, sodaß es das für die Berechnung der im § 89 (2) DP. bestimmten 30 tägigen Frist für die Klagseinbringung maßgebliche Anfangsereignis nicht mehr gebe und die Befristung gegenstandslos sei.

Der Oberste Gerichtshof vermag keiner der beiden Begründungen zu folgen. Nach § 89 (2) DP. kann ein Beamter, der auf Grund des Dienstverhältnisses durch administratives Erkenntnis zum Ersatz eines Schadens verurteilt wird, binnen 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft des administrativen Erkenntnisses den Anspruch durch Feststellungsklage gegen den Staat bestreiten.

Daß das Ersatzerkenntnis "auf Grund des Dienstverhältnisses" des Klägers als zeitverpflichteten Soldaten erging, unterliegt keinem Zweifel. Hat doch auch das Bundesministerium für Landesverteidigung sichtlich mit der Geltendmachung des Anspruches auf Ersatz des bereits im März 1960 entstandenen Schadens nahezu drei Jahre zugewartet, bis der Kläger eben zeitverpflichteter Soldat war. Unhaltbar ist es jedoch, die in § 89 (2) DP. verankerte Befristung der Feststellungsklage kurzerhand pro non scripto zu behandeln. Gegenüber der Meinung des Berufungsgerichtes, mangels Bescheidcharakters der Ersatzerkenntnisse sei auf diese der Begriff der Rechtskraft überhaupt nicht anwendbar, hält der Oberste Gerichtshof an der in der Entscheidung vom 6. Februar 1963, 7 Ob 90/62 (EvBl. 1963 Nr. 249 S. 352 = ZVR. 1963 Nr. 126 S. 138), ausgedrückten Bedeutung des Wortes "Rechtskraft" in § 89 (2) DP. fest. Hienach ist der Ausdruck nicht wörtlich in dem Sinn zu nehmen, daß es sich dabei um die Rechtskraft eines Verwaltungsbescheides handelt. Vielmehr wird damit zum Ausdruck gebracht, daß jenes Verfahren, das die Feststellung des Ersatzbetrages zum Gegenstand hat, abgeschlossen sein muß. Im vorliegenden Fall war das Verfahren, das zur Vorschreibung des Ersatzbetrages an den Kläger führte, spätestens mit der Zustellung des Erkenntnisses an ihn beendet. Mit dieser Zustellung wurde die 30 tägige Frist in Lauf gesetzt. Daß das Erkenntnis - als Ausspruch einer Verwaltungsstelle als Partei in eigener Sache (B 422/59 des VerfGH. = ÖVA. 1963 S. 91) - keine Rechtsbelehrung enthielt, konnte den Beginn des Fristenlaufes ebensowenig verhindern wie die Gesetzesunkenntnis des Klägers selbst (§ 2 ABGB.). Jedenfalls war aber auch bereits seit der Novellierung des § 51 WehrG. durch die Wehrgesetz-Novelle 1962 klargestellt, daß zeitverpflichtete Soldaten den übrigen Bundesbeamten gleichzustellen sind und daß § 89 (2) DP. auch auf sie Anwendung zu finden hat (5 Ob 182/62 vom 13. Dezember 1962 = EvBl. 1963 Nr. 168 S. 242 - JBl. 1964 S. 92). Die Frist des § 89 (2) DP. ist eine Präklusivfrist prozessualer (und nicht materiellrechtlicher) Natur. Die nach ihrem Ablauf erhobene Klage war somit verspätet und wäre daher a limine zurückzuweisen gewesen. Daraus folgt die Nichtigkeit des Verfahrens beider Vorinstanzen sowie der von ihnen gefällten Entscheidungen.

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten beruht auf § 51 (3) ZPO.

Anmerkung

Z37173

Schlagworte

Frist, 30tägige - für Feststellungsklage nach § 89 (2) DP ist, prozessuale Präklusivfrist, Präklusivfrist, prozessuale des § 89 (2) DP., Frist, 30tägige - für Feststellungsklage nach § 89 (2) DP ist, prozessuale Präklusivfrist, Präklusivfrist, prozessuale des § 89 (2) DP.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1964:0020OB00335.64.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19641126_OGH0002_0020OB00335_6400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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