TE OGH 1965/4/21 1Ob69/65

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Veröffentlicht am 21.04.1965
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Norm

Außerstreitgesetz §16
Außerstreitgesetz §126 (1)
Todeserklärungsgesetz §11

Kopf

SZ 38/62

Spruch

Von der Vermutung des § 11 TodErklG. kann im Bereiche des Abhandlungsverfahrens so lange nicht ausgegangen werden, als die Tatsache des Überlebens des Testamentserben behauptet wird und nicht feststeht, daß der Beweis hierüber mißlungen ist

Entscheidung vom 21. April 1965, 1 Ob 69/65

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien

Text

Der Erblasser Karl H. und seine Ehefrau Margarete kamen am 19. Oktober 1963 bei einem Autounfall ums Leben; der von Karl H. gelenkte Kraftwagen stürzte in einen Stauteich. Das bisherige Verfahren ergab keine Feststellungsgrundlage dafür, ob Margarete H. ihren Ehemann überlebt hat. Zum Nachlaß des Karl H. gab die Verlassenschaft nach Margarete H., die von deren Geschwistern Johann E. und Maria K. vertreten wird, auf Grund des Testamentes des Karl H. vom 14. Mai 1962 die bedingte Erbserklärung ab. Die Verwandten des Karl H., und zwar sein Vater Alois H., seine Geschwister Franz, Anton, Johann und Julius H., Ludmilla C., Hedwig H., Maria K. sowie die erblasserischen Geschwisterkinder Alois und Karl H. und Vlasta G. gaben auf Grund des Gesetzes Erbserklärungen ab.

Das Erstgericht wies nach Durchführung des Verfahrens nach §§ 125 ff. AußStrG. die Klägerrolle den sich auf das Gesetz berufenden Erben zu.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Sie entspreche der formalen Regel des § 126 AußStrG., wonach gegen Erben, die sich auf ein in der gehörigen Form errichtetes Testament stützen, die auf Grund des Gesetzes berufenen Erben als Kläger aufzutreten haben. Bezüglich der Echtheit des Testaments bestehe kein Zweifel. Die Vorschrift des § 11 des TodErklG. 1950 sei für sich allein und ohne Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 126 AußStrG. nicht zu handhaben.

Gegen diesen Beschluß erhob der erbl. Bruder Julius H. Revisionsrekurs. Als Anfechtungsgrund wird offenbare Gesetzwidrigkeit geltend gemacht.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurswerber vertritt die Rechtsauffassung, die Regel des § 126 AußStrG. setze voraus, daß derjenige, der eine Erbserklärung abgibt, den betreffenden Erblasser auch überlebt habe. Gegen diese Tatsache aber spreche die Vermutung des § 11 TodErklG., deren Widerlegung ausschließlich Sache der Erben nach Margarete H. sei. Da diese Vermutung bis jetzt unwiderlegt geblieben sei, mangle es an einem Testamentserben, der den Erblasser überlebt habe. Es wäre daher der Verlassenschaft die Klägerrolle nach Margarete H. zuzuweisen gewesen.

Der § 11 des TodErklG. 1950 (BGBl. Nr. 23/1951) lautet: "Kann nicht bewiesen werden, daß von mehreren Verstorbenen oder für tot erklärten Menschen der eine den anderen überlebt hat, so wird vermutet, daß sie gleichzeitig gestorben sind". Diese Gesetzesstelle stellt somit die Vermutung der Gleichzeitigkeit der Todesfälle auf, deren Voraussetzung die Beweislosigkeit des genauen Todeszeitpunktes oder wenigstens des zeitlichen Verhältnisses der mehreren Todesfälle zueinander ist. Von dieser Vermutung kann jedoch im Bereiche des Abhandlungsverfahrens so lange nicht ausgegangen werden, als die Tatsache des Überlebens des Testamentserben behauptet wird und nicht feststeht, ob der Beweis hierüber mißlungen ist oder nicht. Darüber kann im Verfahren Außerstreitsachen nicht entschieden werden (GlU. Nr. 10559). Entgegen der Rechtsmeinung des Rekurses war daher die Verlassenschaft nach Margarete H. in das Abhandlungsverfahren gemäß §§ 125 ff. AußStrG. einzubeziehen. Somit war auch bei der Zuteilung der Klägerrolle von der Vorschrift des § 126 (1) AußStrG. auszugehen, wonach den zur gesetzlichen Erbfolge berufenen Personen gegen jene, die sich auf ein formgültiges Testament berufen, die Klägerrolle zuzuteilen ist. Keinesfalls läßt sich der letztgenannten Vorschrift entnehmen, daß sie dann nicht zur Anwendung zu kommen habe, wenn der Zeitpunkt des Todes des Testamentserben noch nicht feststeht, beziehungsweise der Beweis seines Überlebens noch nicht erbracht wurde. Von einer offenbaren Gesetzwidrigkeit könnte aber nur dann gesprochen werden, wenn ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Das ist aber hier nicht der Fall.

Im Erbrechtsstreit werden sich die Kläger allerdings auf die Vermutung des § 11 TodErklG. berufen können, und es wird Sache der beklagten Verlassenschaft nach Margarete H. sein, durch geeignete Beweisführung diese Vermutung zu widerlegen. Die Frage nach der Beweislast im Erbrechtsstreit vermag aber die Entscheidung im Sinne des § 126 (1) AußStrG. nicht zu beeinflussen.

In der Entscheidung des Rekursgerichtes ist daher keine offenbare Gesetzwidrigkeit zu erkennen.

Der Revisionsrekurs erwies sich demnach als unzulässig.

Anmerkung

Z38062

Schlagworte

Abhandlungsverfahren Vermutung des § 11 TodeserklärungsG., Todesvermutung nach § 11 TodeserklärungsG., Anwendung im, Abhandlungsverfahren, Vermutung des § 11 TodeserklärungsG., Anwendung im Abhandlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1965:0010OB00069.65.0421.000

Dokumentnummer

JJT_19650421_OGH0002_0010OB00069_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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