TE OGH 1965/4/22 7Ob88/65

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Veröffentlicht am 22.04.1965
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Norm

ABGB §611
ABGB §612

Kopf

SZ 38/65

Spruch

Sind Zeitgenossen des Erblassers und solche Personen, die es nicht sind, vermischt berufen, so sind die Zeitgenossen im Sinne des § 611 ABGB. überhaupt nicht als Grad zu zählen.

Entscheidung vom 22. April 1965, 7 Ob 88/65

I. Instanz: Bezirksgericht Floridsdorf; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien

Text

Der am 21. April 1916 verstorbene Josef B. hat am 5. November 1915 letztwillig verfügt: "In Ansehung des meinem Sohn Franz B. hinterlassenen Vermögens ordne ich die fideikommissarische Substitution zugunsten seines Sohnes Josef B. und im Falle dessen früheren Ablebens zugunsten meiner Kinder Marie W. und Josef B. bzw. deren Nachkommenschaft an. Sollte mein Enkel Josef B. nach Eintritt des Substitutionsfalles jedoch vor Erlangung eigener erbberechtigter Nachkommenschaft versterben, so soll das Vermögen auch in einem solchen Fall der Marie W. und dem Josef B. bzw. deren Nachkommenschaft zufallen." Der Vorerbe Franz B. ist am 4. November 1961 verstorben.

Der Erstrichter hat die Substitutionsabhandlung hinsichtlich des mit dem fideikommissarischen Substitutionsband belasteten 1/4-Anteiles der Liegenschaft EZ. 194 KG. D. eingeleitet und u. a. verfügt, daß das Eigentumsrecht ob dem dem Franz B. gehörigen 1/4-Anteil der genannten Liegenschaft für DDr. Josef B. unter gleichzeitiger Löschung des bisher eingetragenen Substitutionsbandes einverleibt werde.

Diesen Beschluß hat Josef W., ein Enkel des am 21. April 1916 verstorbenen Josef B. (seine Mutter Marie W. geb. B. ist im Jahre 1920 gestorben) mit Rekurs insoweit bekämpft, als die Löschung des Substitutionsbandes verfügt wurde.

Das Rekursgericht hat diesem Rekurs Folge gegeben, den angefochtenen Beschluß in seinem Punkte 7 aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche nach Verfahrensergänzung zu fällende Entscheidung aufgetragen. Sowohl Franz B. (gestorben 1961) als auch dessen Sohn DDr. Josef B. und der Rekurswerber Josef B. seien Zeitgenossen des am 21. April 1916 verstorbenen Erblassers Josef B. gewesen, so daß hinsichtlich dieser Personen die fideikommissarische Substitution nach § 611 ABGB. habe unbeschränkt erfolgen können. Die Tatsache, daß DDr. Josef B. den Eintritt des Substitutionsfalles erlebt habe, löse daher das Substitutionsband noch nicht auf, da die Substitutionsmasse der Marie W. und dem Josef B. bzw. deren Nachkommen zufallen solle, wenn DDr. Josef B. vor Erlangung eigener erbberechtigter Nachkommenschaft versterbe. DDr. Josef B. habe keine leiblichen Kinder; es sei daher zu prüfen, ob die von ihm im Jahre 1963 adopierte mj. Birgitt im Sinne der letztwilligen Verfügung vom 5. November 1915 als eigene erbberechtigte Nachkommenschaft zu werten sei. Zur Prüfung dieser Frage wäre vom Erstrichter im Sinne des § 2 Z. 7 AußStrG. eine Verhandlung anzuberaumen gewesen, nach deren Durchführung entweder über das Erlöschen des Substitutionsbandes zu entscheiden oder die Beteiligten auf den Rechtsweg zu verweisen gewesen wären.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des DDr. Josef B. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

DDr. Josef B. vertritt - unter Berufung auf die Ausführungen Weiss in Klangs Komm.[2] III, 398 - die Ansicht, daß im Falle einer Berufung von Nacherben, die teils Zeitgenossen und teils Nichtzeitgenossen des Erblassers sind, die Bestimmung des § 611 ABGB. nicht zur Anwendung komme, die Zeitgenossen daher nicht als solche anzusehen seien. Es komme im Falle einer derartigen gemischten Berufung auch für Zeitgenossen die Beschränkung nach § 612 ABGB. zum Tragen.

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Weiss führt in der vom Rechtsmittelwerber zitierten Stelle unter Berufung auf Pfaff - Hofmann aus: Sind Zeitgenossen des Erblassers und solche Personen, die es nicht sind, vermischt berufen, so sind die Zeitgenossen nicht etwa - wie Winiwarter meint - als ein Grad, sondern sie sind im Sinne des § 611 ABGB. überhaupt nicht als Grad zu zählen. Nach Pfaff - Hofmann (Komm. S. 240) sind Zeitgenossen bei Zählung der Grade nach § 612 ABGB. nicht mitzurechnen, wenn sie sukzessiv mit Nichtzeitgenossen substituiert werden. Diese beiden Quellen sprechen sohin eindeutig gegen die Ansicht des Rechtsmittelwerbers, der auch der Oberste Gerichtshof nicht zu folgen vermag, da dem Gesetz nicht zu entnehmen ist, daß die Bestimmung des § 612 ABGB. jene des § 611 ABGB. ausschließen soll, falls Zeitgenossen und Nichtzeitgenossen zur Substitution berufen werden.

Das Rekursgericht hat daher richtig erkannt, daß es für die Frage des Erlöschens der Substitution von entscheidender Bedeutung ist, ob nach dem Willen des Erblassers auch ein Adoptivkind unter den Ausdruck "eigene erbberechtigte Nachkommenschaft" zu verstehen ist. Zur Klärung dieser Frage erweist sich die Durchführung einer Verhandlung unter Beiziehung der Beteiligten als erforderlich.

Anmerkung

Z38065

Schlagworte

Fideikommissarische Substitution, vermischte Berufung von Zeitgenossen, und Nichtzeitgenossen des Erblassers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1965:0070OB00088.65.0422.000

Dokumentnummer

JJT_19650422_OGH0002_0070OB00088_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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