TE OGH 1965/7/13 8Ob173/65

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Veröffentlicht am 13.07.1965
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Norm

Wohnhauswiederaufbaugesetz §15 (8)
Wohnungseigentumsgesetz §8 (1) Wohnungseigentumsgesetz §8 (4)

Kopf

SZ 38/123

Spruch

Die Verwendung von Eigenmitteln bleibt mangels abweichender Vereinbarung bei Berechnung der Rückzahlungsquoten der Miteigentümer eines auf einer im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Wohnhauswiederaufbaudarlehens außer Betracht

Entscheidung vom 13. Juli 1965, 8 Ob 173/65

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien

Text

Mit der vorliegenden Klage begehrte die klagende Partei:

1. die Feststellung, daß den Beklagten als Eigentümer der Wohnung Nr. 5 und Miteigentümer der Liegenschaft EZ. X., KG. L. zu 105/3181- Anteilen im Innenverhältnis zur klagenden Partei als Eigentümer der Kinobetriebsräumlichkeiten top 1-4 und Miteigentümer der gleichen Liegenschaft zu 1405/3181-Anteilen hinsichtlich des zur Errichtung des Hauses vom Wohnhaus-Wiederaufbaufonds gewährten Darlehens eine anteilige Rückzahlungspflicht von 4.5% trifft, und

2. die Zahlung von 2058.65 S s. A. durch den Beklagten, und zwar mit folgender Begründung:

Von ihren Betriebsräumlichkeiten im Ausmaß von 569.63 m2 sei der Großteil nicht aus den Mitteln des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds, sondern mit Eigenmitteln hergestellt worden. Eine gesonderte Mietwertfeststellung für die mit Eigenmitteln und für die aus Fondsmitteln wiederhergestellten Räumlichkeiten habe aber nicht stattgefunden, vielmehr leiste die klagende Partei auf Grund der Feststellung der Friedensmietwerte 44.17% zur Tilgung des Kapitals. Bei Berücksichtigung der mit Eigenmitteln errichteten Räume entfalle aber auf die klagende Partei nur ein Anteil von 23.87%, wogegen sich die Anteile der übrigen Miteigentümer entsprechend erhöhten, für den Beklagten von bisher 3.3% auf 4.5%. Demzufolge hätte die klagende Partei statt bisher monatlich 1377.70 S nur 744.47 S und der Beklagten statt bisher 102.92 S monatlich 140.35 S zu bezahlen. Die klagende Partei sei daher auch berechtigt, die von ihr seit 1. Juli 1958 zu viel geleisteten Beträge zurückzuverlangen, wovon auf den Beklagten 2058.65 S entfielen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil es sich bei der Rückzahlung des auf der ganzen Liegenschaft einverleibten Darlehens um eine Aufwendung auf die Liegenschaft im Sinne des § 8 (1) WEG. handle, zu der mangels einer abweichenden Vereinbarung die einzelnen Wohnungseigentümer im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile verpflichtet seien. Da die Rückzahlung ohnedies in diesem Ausmaß erfolge, sei sowohl das Feststellungs- als auch das Leistungsbegehren nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil und sprach gemäß § 500 (2) ZPO. aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 15.000 S übersteige. Nach der Ansicht der zweiten Instanz ist davon auszugehen, daß das vom Wohnhaus-Wiederaufbaufonds seinerzeit zur Wiederherstellung des Hauses gewährte Darlehen nicht bloß auf einzelne Liegenschaftsanteile, sondern auf der ganzen Liegenschaft sichergestellt worden sei und daß die jährlichen Kapitalstilgungsraten bisher von den einzelnen Wohnungseigentümern im Verhältnis ihrer Anteile an der Liegenschaft entrichtet worden seien. Die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß § 8 (1) WEG. für die Rückzahlung des auf der ganzen Liegenschaft sichergestellten Fondsdarlehens maßgebend sei, sei zu billigen. § 8 WEG. regle zum Teil abweichend von der im 16. Hauptstück des ABGB. für das Miteigentum getroffenen Vorschriften das Verhältnis der Wohnungseigentümer zueinander, nämlich die Verwaltung der Liegenschaft, die Haftung für die auf der Liegenschaft ruhenden Lasten und die Verteilung der Erträgnisse. Nach seinem Abs. 1 seien die Aufwendungen für die Liegenschaft von sämtlichen Miteigentümern im Verhältnis ihrer Anteile zu tragen. Dieser Regelung liege die Erwägung zugrunde, daß trotz der Begründung von Wohnungseigentum das Eigentumsrecht sämtlicher Eigentümer an der ungeteilten gemeinschaftlichen Sache nach Bruchteilen fortbestehe und nicht auf physische Teile der gemeinschaftlichen Sache beschränkt werde. Demnach werde auch durch Aufwendungen für die Liegenschaft deren Wert als ganzes, damit aber auch der Wert des Anteils eines jeden Miteigentümers erhöht. Dies aber rechtfertige, daß jeder Miteigentümer für diese Aufwendungen verhältnismäßig herangezogen werde. Es könne nicht bezweifelt werden, daß es sich bei der Tilgung einer auf der ganzen Liegenschaft lastenden Hypothek, wie im vorliegenden Fall zugunsten des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds, um eine Aufwendung im Sinne des § 8 (1) WEG. handle. Es gehe somit hier allein um die Frage der Rückzahlung des vom Wohnhaus-Wiederaufbaufonds zur Verfügung gestellten, auf der Gesamtliegenschaft hypothekarisch sichergestellten Darlehens, nicht aber um die Frage der Verwendung desselben. Wie das Erstgericht bereits zutreffend dargelegt habe, stehe übrigens mit der im § 8 (1) WEG. getroffenen Regelung die Sonderbestimmung des § 15 (8) WWG. - wonach ein Miteigentümer, dem Wohnungseigentum an einer mit Fondsmitteln wiederhergestellten Wohnung (bzw. an einem Geschäftsraum) eingeräumt sei, wenn er den auf sein Miteigentumsrecht entfallenden Darlehensbetrag zurückgezahlt habe, von seiner persönlichen Haftung für das Darlehen frei werde - im Einklang.

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen haben die Wohnungseigentümer eine von § 8 (1) WEG. abweichende Regelung nicht getroffen. Da von ihnen das hypothekarisch sichergestellte Darlehen des Wohnhaus-Wiederaufbaufonds bisher im Verhältnis ihrer Miteigentumsrechte zurückgezahlt worden sei, habe das Erstgericht mit Recht das Klagebegehren als nicht begrundet angesehen. Bei dieser Sach- und Rechtslage sei auf die Frage der passiven Klagslegitimation sowie des rechtlichen Interesses der klagenden Partei an der von ihr begehrten Feststellung, die das Erstgericht mit Recht bejaht habe, nicht weiter einzugehen gewesen.

Im übrigen lasse die Klägerin völlig unberücksichtigt, daß der überwiegend aus ihren Mitteln vorgenommene Ausbau der Betriebsräumlichkeit ohnedies zur Feststellung eines höheren Mietwertes, damit aber auch für sie zu einer höheren Quote an der Liegenschaft - wenn auch nicht im Verhältnis zu ihrem Aufwand - geführt habe. Da die einzelnen Miteigentümer Aufwendungen auf die ganze Liegenschaft - und um eine solche handle es sich bei der Tilgung eines auf der ganzen Liegenschaft haftenden Darlehens - zufolge § 8 (1) WEG. und § 839 AsGB. im Verhältnis ihrer Anteile zu tragen haben, sei die klagende Partei durch die Zahlung der auf sie nach ihrem Miteigentumsanteil an der Liegenschaft entfallenden Beträge nur ihrer eigenen Verpflichtung nachgekommen. Es lasse sich daher der Klagsanspruch auch nicht auf eine Bereicherung des Beklagten grunden; keiner der Tatbestände der §§ 1431 ff. bzw. 1041 oder 1042 ABGB. liege vor.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 8 (1) WEG. sind die Aufwendungen für die Liegenschaft - wozu auch die Tilgung einer auf der ganzen Liegenschaft haftenden Wohnhauswiederaufbauhypothek gehört - von sämtlichen Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen, soweit nicht gemäß § 8 (4) WEG. eine davon abweichende vertragliche Regelung getroffen wurde, was aber nicht erwiesen ist.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits (7 Ob 190/63 = MietSlg. 15572, abgedruckt unter Nr. 40 des Bandes XV der MietSlg.) ausgesprochen, daß für die Berechnung des Anteiles der einzelnen Miteigentümer an der Tilgung eines Wohnhaus-Wiederaufbaudarlehens die Bestimmungen des § 8 (1) WEG. zu gelten haben, wonach die Aufwendungen für diese Liegenschaft von sämtlichen Miteigentümern nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu tragen sind. Mit dieser Regelung steht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, die Bestimmung des § 15

(8) WWG. im Einklang, wonach ein Miteigentümer, dem Wohnungseigentum an einer mit Fondsmitteln wiederhergestellten Wohnung bzw. einem Geschäftsraum eingeräumt ist, wenn er den auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Darlehensbetrag zurückbezahlt hat, von seiner persönlichen Haftung für das Darlehen frei wird. Daraus ergibt sich, daß der Gesetzgeber es im Falle des Wohnungseigentums eindeutig nur auf die Größe der Miteigentumsanteile abgestellt hat.

Die von der klagenden Partei angestellten Billigkeitserwägungen können nicht durchgreifen, weil sie mit dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes in Widerspruch stehen und weil es im übrigen Sache der Klägerin gewesen wäre, die in Betracht kommenden Bestimmungen des WEG. bei der Verwendung von Eigenmitteln zur Errichtung des Kinos entsprechend in Erwägung zu ziehen und allenfalls eine Vereinbarung im Sinne des § 8 (4) WEG. zu treffen.

Anmerkung

Z38123

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1965:0080OB00173.65.0713.000

Dokumentnummer

JJT_19650713_OGH0002_0080OB00173_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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