TE OGH 1965/11/18 5Ob301/65

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Veröffentlicht am 18.11.1965
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Norm

Handelsgesetzbuch §429
Handelsgesetzbuch §438
4. Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art. 8 Nr. 20

Kopf

SZ 38/201

Spruch

Die Ausstellung einer Empfangsbestätigung bei der Übernahme des Gutes ohne vorherige Besichtigung ist im Speditionsgewerbe branchenüblich und stellt kein Hindernis zur Geltendmachung der Ansprüche dar. Beurteilung konkludenter Handlungen fällt in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung

Entscheidung vom 18. November 1965, 5 Ob 301/65

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz

Text

Der Beklagte handelt mit Fußbodenbelägen, die klagende Partei beschäftigt sich mit deren Verlegung. Am 9. März 1962 schlossen die Streitteile - der Beklagte vertreten durch seinen Reisevertreter St.

-

einen Vertrag demzufolge der Beklagte der klagenden Partei den Vertrieb und die Verlegung seines Bodenbelages übertrug und die Klägerin ein nach den Erfahrungen des Beklagten zusammengestelltes sortiertes Lager von Bodenbelägen im Werte von netto 25.000 S bestellte. Den Kaufpreis hatte die Klägerin in zehn gleichen Monatsraten, die erste 60 Tage nach Warenlieferung, zu bezahlen. Für diese Ratenschuld stellte die klagende Partei zehn Wechsel über je 2500 S aus. Die Ware sollte unter Eigentumsvorbehalt geliefert werden. Während der gesamten Laufzeit der Vereinbarung sollte die Klägerin gemäß Punkt 7 b des Vertrages vom 9. März 1962 das Recht haben, bei Bedarf die lagernde Ware kostenlos und ohne Belastung mit Frachtkosten in solche anderer Farbe und Qualität umzutauschen. Es wurde hiebei aber vom Vertreter ausbedungen, daß die zum Umtausch gelangende Ware mit der Bahn zu übersenden sei. Der Beklagte lieferte wenige Tage nach Abschluß der Vereinbarung der Klägerin mit eigenem Wagen Bodenbeläge im Werte von netto 25.056.50 S, welche die Klägerin anstandslos übernahm. Vier Wochen später teilte sie dem Beklagten mit Schreiben vom 14. April 1962 u. a. mit, daß ein Verkauf zufolge der gestatteten Preise innerhalb der einzelnen Farbgruppen unmöglich sei. Die klagende Partei ersuchte daher, den Belag - und zwar die gesamte Lieferung - gegen Ersatz der Frachtspesen abholen zu lassen und erklärte wörtlich: "Leider ist eine Zusammenarbeit mit diesem Material nicht möglich."

Der Beklagte faßte das Schreiben vom 14. April 1962 als Stornierung des Vertrages auf und antwortete mit Schreiben vom 17. April 1962, daß ein Rücktritt vom Vertrag nicht möglich sei. Er wies die Klägerin auf ihr Recht hin, die Ware in eine bestimmte Qualitätsgruppe, die sie sich wählen könne, umzutauschen; sie brauche dem Beklagten nur das Gewünschte mitzuteilen. Die Klägerin kümmerte sich aber nicht um die Mitteilung des Beklagten, sondern sandte im August 1962 die gesamte Ware dem Beklagten zurück.

Am 21. August 1962 lud die Speditionsfirma M. die von der Klägerin zurückgestellte Ware bei der beklagten Partei ab. Es befand sich dort der Angestellte des Beklagten Horst N. Seine Aufgabe ist es, die ankommenden Waren für den Beklagten zu übernehmen. Er unterschrieb den Gegenschein der Firma M. unter dem ins Auge springenden Vermerk: In Ordnung übernommen. Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte der Beklagte der klagenden Partei aber mit, daß der von der Spedition M. in ihrem Auftrag abgeladene Bodenbelag zum Großteil beschädigt und verschmutzt eingelangt sei. Der Beklagte führte ferner aus: "Ohne jedoch darauf einzugehen, möchten wir auf unsere Fakturaformulare hinweisen, wo ausdrücklich vermerkt ist, daß Warenrücksendungen ohne unsere Genehmigung nicht erfolgen können. Wir müssen deshalb von einer Rücknahme so lange Abstand nehmen, bis eine Klärung der Vertragsangelegenheit durch Ihren persönlichen Besuch erfolgt ist. Sollte dieser ... nicht diese Woche erfolgen, würde die Ware auf Ihre Gefahr und Rechnung eingelagert werden." Im gleichen Brief erklärte sich der Beklagte bereit, gegen Bezahlung einer Stornogebühr von 6840 S zurückzutreten, wenn die Klägerin fehlendes und beschädigtes Material nach gemeinsamer Besichtigung sofort bezahle.

"Nach Erhalt" dieses Briefes erkundigte sich der Alleininhaber der klagenden Firma bei seinem Frachtführer (Spediteur) und erhielt die Auskunft, daß der Beklagte die Sendung anstandslos übernommen und den Lieferschein unterschrieben habe. Daraufhin bezahlte er die Frachtkosten. In einem mit dem Beklagten geführten Ferngespräch meinte er zwar, es werde von der Ware schon nicht so viel beschädigt sein, der Beklagte möge die Ware doch zurücknehmen. Mit Schreiben vom 6. September 1962 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß mehr als die Hälfte der Ware vollkommen unbrauchbar sei. Wenn die Klägerin nicht bis 15. September 1962 einen anderen Wunsch äußere, würde der Beklagte die Fliesen (Platten) kleiner und die Rollen in der ganzen Länge um die Breite der Einrisse schmäler schneiden und der Klägerin für die verwertbare Menge eine Gutschrift erteilen. Dieses Schreiben beantwortete die Klägerin nicht. Der Beklagte ließ hierauf die beschädigte Ware in der angekundigten Weise zuschneiden und erteilte der Klägerin über die noch brauchbare Ware eine Gutschrift von 9436 S.

Die Klägerin hat sich bei Zurücksendung der Ware nicht auf ihr vertragliches Umtauschrecht berufen. Dem ersten sich meldenden Wechselgläubiger schrieb sie am 4. Juli 1962, die Bodenbeläge werden zurückgesandt, sie stehen noch unangetastet in ihrem Lager zur Verfügung des Beklagten. Dem Rechtsanwalt des Wechselgläubigers gab sie zur Begründung der Nichtzahlung des Wechsels an, daß sie die gesamte gelieferte Ware dem Beklagten zurückschicke. Die Klägerin erwähnte zunächst auch nichts davon, daß sie statt der zurückgestellten Ware eine andere wolle. Erst am 21. September 1962 ersuchte sie den Beklagten um eine Musterkollektion und am 15. Oktober 1962 bestellte sie "als Umtausch" Bodenbeläge zum Bruttopreis von rund 35.000 S, das entspricht einem Nettopreis von etwa 25.000 S, somit dem Nettopreis der zurückgestellten Ware. Ungefähr die Hälfte dieser Ware sollte Type "Export" von 1.5 mm Stärke sein.

Am 22. Oktober 1962 antwortete der Beklagte, daß von der Type "Export" Beläge in der gewünschten Stärke nicht mehr erzeugt werden. Die klagende Partei möge ihre Bestellung entsprechend abändern und ergänzen. Die restlichen Beläge würde sie in etwa 14 Tagen erhalten. Mit Schreiben vom 26. November 1961 widerrief die Klägerin ihre Bestellung und begehrte statt dessen nur Ware der Type "Febolit-Platex" zum Preis von 72 S je m2 und bemerkte dazu, sie hätte erfahren, daß der Beklagte diese Ware zum angeführten Preis anbiete. Dem widersprach der Beklagte sogleich. Der "Preis von "Febolit-Platex" sei 128.50 S. Daraufhin bestellte die Klägerin am 23. März 1963 325 m2 Bodenbeläge mit 6 Bestellnummern, darunter die Nummern 453, 413, 414. Der Beklagte lieferte am 25. März 1963 89 m2 "Febofix" 1 mm stark, 1 m breit und zwar nur von den Bestellnummern 1453, 1413 und 1414; alle zum Bruttopreis von 68 S. Es ergab sich ein gesamter Nettopreis von 4266.66 S. Die Klägerin nahm die Sendung an. Erst mit Schreiben vom 6. Mai 1963 beanstandete sie den Preis von 68 S für die Farbgruppe 1414. Sie meinte, der Preis betrage nach der Preisliste nur 54 S. Aus der Preisliste ergibt sich aber, daß dort zwar ein Artikel Nr. 414 mit einem Preis von 54 S angeboten ist, die Farbgruppe 1414 aber ist in der Liste nicht enthalten. Wohl aber ist "Febofix" 1 mm stark, 1 m breit, darin mit einem Preis von 68 S angeführt.

In einem weiteren Schreiben erklärte die Klägerin: "Mit dieser Teillieferung haben sie ungefähr 1/6 dessen geliefert, was wir bestellt haben. Wir geben Ihnen nunmehr als letzten Liefertermin den 30. Mai 1963. Sollten wir bis dahin nicht im Besitze der gesamten Lieferung sein, erfolgt Klage". Der Beklagte lieferte nur mehr 42 m2 "Febolit" zum Nettopreis von 2013.48 S, jedoch eine Ware (Nr. 1437 und 1462), welche die Klägerin nicht bestellt hatte. Diese nahm sie dann auch nicht an.

Für die im März 1963 erhaltene Ware mußte die Klägerin Frachtkosten von 143.10 S bezahlen. Die Rücksendung der ihr bei Beginn des Vertragsverhältnisses gelieferten Waren verursachte der Klägerin einen Kostenaufwand von 1260 S.

Weil sich die Klägerin zum Teil weigerte, Wechsel einzulösen, mußte der Beklagte an Kosten von Wechselzahlungsaufträgen und einer Exekutionsbewilligung 622.66 S bezahlen und Wechsel selbst einlösen.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die klagende Partei, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihr den Betrag von 19.938.91 S samt 4% Zinsen seit 9. März 1963 zu bezahlen. Sie stützt sich darauf, daß sie deshalb zur Erklärung des Rücktrittes vom Vertrag vom 9. März 1962 befugt sei, weil weitere Warenlieferungen unterblieben seien und der Vertrag nicht erfüllt worden sei. Aus dem Titel des Schadenersatzes, stunden ihr daher folgende Ansprüche zu:

1. für 9 eingelöste Wechsel (hievon einer zu 2556.50 S, die übrigen

zu je 2500 S).................. 22.556.50 S 2. Transportkosten (für

die Zurücksendung der Erstware) .  1.200.00 S 3. Frachtspesen (für

die Umtauschware)...................    143.10 S -----------

23.899.60 S abzüglich der laut Faktura vom 28. März 1963 erhaltenen

Ware ....................................................  3.960.69

S -----------

insgesamt................................................ 19.938.91

S samt 4% Zinsen seit 9. März 1963.

Der Beklagte belastet die Klägerin mit drei Warenlieferungen im Werte von a) 25.056.50 S, b) 4266.66 S und c) 2013.48 S, mit dem selbst eingelösten Wechsel über 2500 S und mit dem aufrechnungsweise geltend gemachten Betrag von 622.60 S für Wechselprozeß- und Exekutionskosten. Von der rechtswidrig zurückgestellten Erstware sei nur mehr ein Teil im Werte von 9463 S verwendbar gewesen.

Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit dem Teilbetrag von 2839.44 zu Recht, hingegen mit dem weiteren Betrag von 17.099.47 S nicht zu Recht bestehe. Die Gegenforderung des Beklagten im Betrag von 622.66 S bestehe zur Gänze zu Recht. Es erkannte daher den Beklagten schuldig, der Klägerin den Betrag von 2216.78 S samt 4% Zinsen seit 11. November 1964 zu bezahlen. Hingegen wies das Prozeßgericht das Mehrbegehren von 17.722.13 S samt Anhang und das Zinsenbegehren für die Zeit vom 9. März 1963 bis zur Klagszustellung (11. November 1964) ab.

Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß die Retourware völlig unverpackt in stark beschädigtem Zustand beim Beklagten ankam. Was sich nach ihrem Zuschneiden als brauchbar ergeben hätte, sei nicht mehr als 9436 S wert gewesen. Mit der Zurücksendung hätte die Klägerin den Vertrag auflösen wollen und sich nicht auf ihr vertragliches Umtauschrecht berufen. Nach der Verständigung von der Beschädigung der Retourware hätte sich die Klägerin nicht um die Angelegenheit gekümmert.

Rechtlich würdigte das Prozeßgericht den Sachverhalt dahin, daß ein Handelskauf vorliege und die Nichtbeantwortung des Schreibens des Beklagten vom 6. September 1962 (daß die Ware beschädigt sei und gekürzt werden müsse, daß bei Unterbleiben einer gegenteiligen Stellungnahme der klagenden Partei das Zurechtschneiden der Waren erfolge) gemäß den Gepflogenheiten des kaufmännischen Verkehrs als Zustimmung der Klägerin zu werten sei (§ 362 HGB.). Den vom Frachtführer angerichteten Schaden habe die Klägerin zu tragen, weil sie die Ware nicht vereinbarungsgemäß mit der Bahn und außerdem an eine Adresse geschickt hätte, über die sie vorher nie etwas mit dem Beklagten zu tun hatte. Sie habe auch die Ware nicht zum Umtausch, sondern zur Durchführung der von ihr widerrechtlich angestrebten Vertragsauflösung zurückgesendet. Mit der Bestätigung der ordnungsgemäßen Übernahme der Ware habe der Beklagte nicht in die Rechte der Klägerin eingegriffen, weil damals die Fracht noch nicht bezahlt gewesen sei. Die Klägerin habe trotz Verständigung durch den Beklagten, daß die Retourware beschädigt angekommen sei, die Frachtspesen bezahlt und sich dadurch gemäß § 438 HGB. geradezu mutwillig ihrer Rechte gegenüber dem Frachtführer begeben. Der Beklagte habe daher die Klägerin mit Recht nur mit dem Wert der brauchbaren Ware erkannt. Diese sei dagegen verpflichtet gewesen, den vereinbarten Kaufpreis zu bezahlen und dem Beklagten die durch ihre Nichteinlösung der Wechsel verursachten Wechselprozeß- und Exekutionskosten zu ersetzen.

Mit der Rüge der Faktura vom 28. März 1963 sei die Klägerin gleichfalls nicht im Recht, weil sich aus der Preisliste des Beklagten eindeutig ergebe, daß die in der Faktura mit 68 S verrechnete, mit "Febofix" bezeichnete Ware Nr. 1414 mit dem gleichen Quadratmeterpreis angeboten sei. Im übrigen hätte die Klägerin die Faktura ein gutes Monat unbeanstandet gelassen. Das lange Stillschweigen nach Annahme der Ware müsse als Genehmigung der Faktura gelten. Dagegen hätte die Klägerin die Ware laut Faktura zu Recht zurückgehen lassen, weil sie an Stelle der bestellten Artikel Nr. 430, 466, 449, 453, 413 und 414 die Artikel Nr. 1437 und 1462 bekommen habe. Ihr stehe auch der Ersatz der Frachtkosten (143.10 S) der Sendung vom März 1963 zu, weil diese Waren in Erfüllung des Vertrages geliefert worden seien, was gemäß Punkt 7 des Vertrages frei Haus zu erfolgen hatte. Für die vertragswidrige Zurücksendung der Erstware könne die Klägerin umsoweniger Frachtkosten verlangen, als sie sich ausdrücklich zu deren Bezahlung verpflichtet habe. Die Klägerin habe somit vom Beklagten noch 2216.87 S zu bekommen, wogegen das Mehrbegehren nicht zu Recht bestehe. Daraus ergebe sich auch für sie die Berechtigung zum Rücktritt vom Vertrag. Die angemessene Frist für die Nachlieferung sei ergebnislos abgelaufen. Der Beklagte weigere sich aber, ihr noch Ware zu liefern, obwohl er auf Grund des errechneten Guthabens laut Vertrag hiezu verpflichtet sei. Jedoch sei das Mehrbegehren von 17.722.13 S ebensowenig wie das Zinsenbegehren vor der Klagszustellung berechtigt. Da erst die Klage den Rücktritt vom Vertrag erklärt hätte, bestehe erst vom Zeitpunkt der Klagszustellung das Zinsenbegehren zu Recht.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, das im Ausspruch über die Zuerkennung eines Betrages von 2216.78 S samt 4% Zinsen seit 11. November 1964 an den Kläger unangefochten blieb, in seinem abweisenden Teil.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In ihrer Rechtsrüge wendet sich die klagende Partei gegen die Auffassung der Vorinstanzen, daß die Revisionswerberin mit dem Schreiben vom 14. April 1962 und der Rücksendung der Ware ihren Vertrag mit dem Beklagten auflösen wollte. Die klagende Partei hätte nur beabsichtigt, von dem ihr vertraglich zugesicherten Umtauschrecht Gebrauch zu machen.

Dazu ist zu sagen, daß die vom Berufungsgericht übernommene Feststellung des Prozeßgerichtes, die klagende Partei wollte mit der Zurücksendung der Ware den Vertrag auflösen und nicht von ihrem Umtauschrecht Gebrauch machen, nicht nur auf dem Inhalt von Urkunden beruht, sondern auch auf Schlußfolgerungen aus dem Verhalten der Klägerin. Die Beurteilung konkludenter Handlungen fällt aber jedenfalls, wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach dargetan hat (EvBl. 1959 Nr. 218, 6 Ob 272/62, 6 Ob 298/62, 5 Ob 12/63, 5 Ob 349/63 u. a.), in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung. Diesfalls schloß nach den Feststellungen der Vorinstanzen die klagende Partei am 9. März 1962 den Vertrag mit dem Beklagten. Die Lieferung der Ware erfolgte einige Tage später. Mit dem Schreiben vom 14. April 1962 erklärte die Klägerin ihren Rücktritt vom Vertrag. Die Rücksendung der Ware erfolgte jedoch erst am 21. August 1962 und Umtauschware wurde von der klagenden Partei am 15. Oktober 1962 begehrt. Aus der Zeit, die vom Schreiben (14. April 1962) bis zum Wunsch der Klägerin nach Übersendung einer Umtauschware verstrichen ist, kann nach den Gepflogenheiten unter Kaufleuten mit Überlegung aller Umstände nur abgeleitet werden, daß die klagende Partei die Stornierung des Vertrages vom 9. März 1962 im Auge hatte und nicht von der Ausübung ihres Rechtes zum Umtausch der Ware Gebrauch machen wollte.

Sofern die Revisionswerberin in Abrede zu stellen versucht, daß sich die zurückgesandte Ware im beschädigten Zustand befand und sich auf die Bestätigung der ordnungsgemäßen Übernahme der Ware beruft, so enthält der Gegenschein Nr. 13.279 wohl die vom Zeugen Horst N. für den Beklagten mitunterfertigte Klausel "In Ordnung übernommen", doch erscheint der Inhalt der Urkunde, soweit er den Zustand der Ware betrifft, durch die auf Grund anderer Beweismittel vom Prozeßgericht getroffenen und vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen widerlegt. Die Vorinstanzen sind daher zutreffend vom wahren Zustand der Retourware bei der Beurteilung der Ansprüche der klagenden Partei ausgegangen, da die Ausstellung einer Empfangsbestätigung bei der Übernahme des Gutes ohne vorherige Besichtigung im Speditionsgewerbe branchenüblich ist und, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (5 Ob 353/62 = EvBl. 1963 Nr. 316), auch kein Hindernis zur Geltendmachung der Ansprüche darstellt.

Nicht beigetreten werden kann auch dem Standpunkt der Revisionswerberin, daß der Beklagte die Gefahr der Rücksendung der Ware an ihn zu tragen hätte, weil die Ware übernommen worden sei. Der Rücktritt vom Vertrag wurde von der klagenden Partei, da die Ware vereinbarungsgemäß geliefert wurde, unbefugt erklärt. Die Rücksendung des Gutes erfolgte daher vertragswidrig. Gemäß § 429 ABGB. werden in der Regel überschickte Sachen erst dann für übergeben gehalten, wenn sie der Übernehmer erhält; es wäre denn, daß dieser die Überschickungsart selbst bestimmt oder genehmigt hätte. Bezüglich des Gefahrenüberganges bestimmt Art. 8 Nr. 20 der

4. VO. zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich, daß, falls der Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Ware nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort versendet, die Gefahr auf den Käufer übergeht, sobald der Verkäufer die Ware dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person der Anstalt ausgeliefert hat. Hat der Käufer eine besondere Anweisung über die Art der Versendung erteilt und weicht der Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem Käufer für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich. Die in den angeführten Vorschriften aufgestellten Grundsätze finden, aber auch für die Rücksendung von zur Disposition gestellten Waren Anwendung (Klang in Klang Komm.[2] II 326, zu § 429 ABGB. Punkt 3; Kapfer, ABGB., 27. Auflage, S. 300, die unter Nr. 5 zu § 429 ABGB. angeführte Judikatur). Da diesfalls nach den Feststellungen der Untergerichte die klagende Partei die Ware nicht nur, ohne zum Rücktritt vom Vertrag befugt zu sein, sondern auch vereinbarungswidrig nicht mit der Bahn, und überdies an eine Stelle, über die sie mit dem Beklagten nicht im Geschäftsverkehr stand, zurücksandte, muß sie den Zustand der Ware zur Zeit der Übergabe an den Beklagten vertreten und für den entstandenen Schaden einstehen.

Aber auch die Bestimmung des § 438 HGB. führt für die klagende Partei zu keinem günstigeren Ergebnis. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen übernahm der Beklagte zwar die Fracht. Bevor aber die klagende Partei die Frachtspesen bezahlte, erhielt sie den Brief des Beklagten vom 21. August 1962. Wenn sie bei der gegebenen Sach- und Rechtslage trotzdem die Frachtspesen entrichtete, muß der klagenden Partei dies als Verschulden angelastet werden.

Der Revision war somit der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z38201

Schlagworte

Empfangsbestätigung im Speditionsgewerbe, Konkludente Handlungen; Rechtliche Beurteilung, Rücksendung von zur Disposition gestellten Waren, Speditionsgewerbe, Empfangsbestätigung bei Übernahme des Gutes

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1965:0050OB00301.65.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19651118_OGH0002_0050OB00301_6500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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