TE OGH 1966/3/8 4Ob309/66

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Veröffentlicht am 08.03.1966
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Norm

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9

Kopf

SZ 39/45

Spruch

Die registrierte Marke genießt den Schutz des § 9 (1), (3) UWG. schon auf Grund ihrer Registrierung, ohne daß es der Feststellung bedarf, ob sie vom Berechtigten tatsächlich benützt wird

"Inex" verwechselbar ähnlich mit "Index"

Entscheidung vom 8. März 1966, 4 Ob 309/66

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien

Text

Die klagende Partei ist Inhaberin der international geschützten, aufrecht bestehenden Wortmarke "Index" für Maschinen, insbesondere Werkzeugmaschinen, automatische Revolverdrehbänke, automatische Gewindedrehbänke, Schleif-, Schärfmaschinen, Stangenzurichte- und Biegemaschinen, Werkzeuge (ausgenommen solche für die Schuhindustrie und Kautschukwaren) mit einer Priorität vom 4. Juni 1925. Die beklagte Partei hat ihren Firmenwortlaut am 12. April 1960 auf "Inex AG." abgeändert. Der Gegenstand des Unternehmens der beklagten Partei ist seither: "Durchführung von Import- und Exportgeschäften für eigene und fremde Rechnung, soweit Transitgeschäften mit Waren aller Art. Ferner Führung von Fabrikationsbetrieben der Holzbranche, insbesondere von Sägen und Hobelwerken und Tätigung von Handelsgeschäften mit Holzprodukten für eigene oder fremde Rechnung."

Die klagende Partei behauptet, zwischen den Bezeichnungen "Index" und "Inex" bestehe Verwechslungsgefahr, die auch dadurch nicht beseitigt werde, daß das Wort "Aktiengesellschaft" durch die beklagte Partei beigesetzt werde. Die Verwendung der Firmenbezeichnung der beklagten Partei verletze das Markenrecht der Klägerin. Sie begehrt Verurteilung der beklagten Partei, im geschäftlichen Verkehr die Verwendung der Bezeichnung "Inex AG."

beim Handel mit Maschinen aller Art ab sofort zu unterlassen, ferner die Ermächtigung der klagenden Partei, den Urteilsspruch auf Kosten der beklagten Partei binnen drei Monaten je einmal im Textteil einer Samstagausgabe der Zeitung "Die Presse-" und der Zeitung "Kurier" zu veröffentlichen.

Das Erstgericht hat das Unterlassungsbegehren abgewiesen und über das Begehren auf Urteilsveröffentlichung im Spruche - offenbar versehentlich - nicht entschieden. Nach seiner Meinung könne eine Verwechslung der gegenständlichen Marke und Firma wohl nur dann Platz greifen, wenn die beklagte Partei beim Handel mit Waren, die durch die registrierte Firma erfaßt würden, auf eine solche Weise ihren Firmenwortlaut benütze, daß in Käuferkreisen der Eindruck erweckt werden könnte, es handle sich um markengeschützte Erzeugnisse der klagenden Partei. Dies habe die klagende Partei weder behauptet, noch sei es bewiesen worden. Allein aus der Benützung des Firmenwortlautes "Inex AG." durch die beklagte Partei sei ein Eingriff ins Markenrecht der Klägerin nicht erwiesen. Wenn auch die objektive Möglichkeit einer Verwechslung für einen derartigen Eingriff genüge, so sei doch die Benutzung der Firma in einer verwechselbaren Weise Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch.

Das Berufungsgericht hat das erstgerichtliche Urteil mit der Maßgabe bestätigt, daß auch das Begehren auf Urteilsveröffentlichung abgewiesen werde und es hat ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.

Die klagende Partei führe in der Berufung aus, daß ihre Wortmarke "Index" und das Firmenschlagwort der beklagten Partei "Inex" auch noch dadurch zu verwechseln seien, daß die beklagte Partei die Firma nur mit dem Zusatz "AG." verwende. Der bloße Hinweis auf die Gesellschaftsform könne die verwechselbare Ähnlichkeit des Firmenschlagwortes der beklagten Partei nicht aufheben. Damit habe die klagende Partei wohl recht, es komme aber nicht allein auf die Verwechslungsgefahr an sich an. Die bloße Verwechselbarkeit oder gar Gleichheit zweier Bezeichnungen sei unerheblich, wenn dadurch keine irrige Vorstellung über die damit bezeichneten Waren oder Unternehmungen hervorgerufen werde. Die Wortmarke der Klägerin sei für Maschinen, insbesondere Werkzeugmaschinen, geschützt. Der Betriebsgegenstand der beklagten Partei betreffe die Durchführung aller zu einem allgemeinen Handelsunternehmen gehörigen Geschäfte. Für die von der klagenden Partei mit der registrierten Marke bezeichneten Maschinen, insbesondere Werkzeugmaschinen, interessiere sich naturgemäß nur ein verhältnismäßig kleiner Kreis von Personen, der die Warenbezeichnung von der Bezeichnung des allgemeinen Handelsunternehmens gewiß sehr wohl unterscheiden könne. Es sei nicht zu befürchten, daß nicht ganz unbeachtliche Verkehrskreise annehmen würden, das Maschinenmarkenerzeugnis der Klägerin stamme von der Handelsfirma der Beklagten oder es bestehe zwischen diesen beiden ein geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhang.

Der Oberste Gerichtshof hob die Urteile der Untergerichte auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, daß zwischen der Wortmarke der klagenden Partei "Index" und dem Firmenwortlaut der beklagten Partei "Inex AG." an sich Verwechslungsgefahr besteht, sie aber dennoch verneint, weil sich für die von der klagenden Partei mit der registrierten Marke bezeichneten Maschinen naturgemäß nur ein verhältnismäßig kleiner Kreis von Personen interessiere, der die Warenbezeichnung von der Bezeichnung des allgemeinen Handelsunternehmens sehr wohl unterscheiden könne.

Ob diese Annahme zutrifft, kann jedoch bloß durch Vergleich der Warengattungen, für die das Markenrecht der klagenden Partei erworben worden ist, und des Gegenstandes des Unternehmens der beklagten Partei nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Es besteht gemäß dem Katalog dieser bloß gattungsweise angeführten Waren gewiß teilweise Warengleichheit und es könnte vielleicht auch bei den fraglichen Verkehrskreisen, wenn schon nicht der Anschein, beide Bezeichnungen dienten zur Benennung desselben Unternehmens, so doch der Anschein erweckt werden, daß zwischen diesen Unternehmen besondere Beziehungen oder Zusammenhänge insbesondere wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen (vgl. Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht S. 50). Da die Marke "Index" und der Firmenwortlaut "Inex AG." einander verwechselbar ähnlich sind, kommt es vor allem darauf an, welche Waren von der beklagten Partei tatsächlich vertrieben werden.

Die registrierte Marke der Klägerin genießt den Schutz des § 9 (1),

(3) UWG. schon auf Grund ihrer Registrierung, ohne daß es der Feststellung bedarf, ob sie vom Berechtigten tatsächlich benützt wird (vgl. SZ. XXV 210, SZ. XXVIII 247, ÖBl. 1959 S. 71, ÖBl. 1962 S. 93, ÖBl. 1963 S. 54, Wahle, Nichtbenützte Marken nach österreichischem Recht, Festschrift zum fünfzigjährigen Bestand des österreichischen Patentamtes 1899-1949 S. 96 ff.). Diese Meinung wird auf die Erwägung gestützt, daß der Marke nach § 2 MSchG. absoluter Schutz zukommt und daß der zivilrechtliche Markenschutz (§ 9 (1), (3) UWG.) begrifflich nicht weniger weitgehend sein kann als der Strafrechtsschutz (§§ 23-25 MSchG.). Der Einwand Sonns, Markenrecht und Markenbenutzung, Festschrift 60 Jahre österreichisches Patentamt 1899-1959, S. 146, die Bestimmung des § 2 MSchG. sichere das Alleinrecht nur im Falle des ernstlich und redlich gemeinten Gebrauches einer Marke im Wirtschaftsverkehr, ist durch den Wortlaut der §§ 2 und 6 MSchG. nicht gedeckt. Denn dort ist nur von einem Recht, nicht auch von einer Pflicht zum Gebrauch einer Marke die Rede. Es kann mit Rücksicht auf den Gesetzeswortlaut auch nicht gesagt werden, es verstoße jedenfalls gegen die guten Sitten, eine registrierte Marke nicht zu benützen, wie Zimbler in der Besprechung der Entscheidung des Patentgerichtshofes vom 23. November 1935, JBl. 1936, S. 324, meint. Was den Hinweis Sonns, a. a. O., S. 151, betrifft, der Gesetzgeber habe durch die Schaffung des § 9 (3) UWG. die Marke als geschäftliches Kennzeichnungsrecht in den Rahmen des österreichischen Wettbewerbsrechtes eingebaut, ist es zwar richtig, daß nach § 9 (1) UWG. für den Schutz notwendig ist, daß sich der Berechtigte der Marke befugterweise "bedient". Einer Marke bedient sich der Berechtigte aber schon dann, wenn er sie hat registrieren lassen, um das Alleinrecht an ihr zu erwerben. Dies gilt auch von der vorläufig nicht benützten Marke (Vorratsmarke), von der für einzelne vom Markenschutz umfaßte Warengattungen vorläufig nicht benützte Marke (Vorratswaren) und von der Defensivmarke. Die im § 9 (1) UWG. geforderte Verwechslungsgefahr bezieht sich bei diesen Marken auf den Vergleich zwischen der unbefugten Benützung und dem Inhalt des Markenrechtes.

Im vorliegenden Fall kommt es daher nicht darauf an, ob die klagende Partei die ihr für bestimmte Maschinen eingeräumte Marke "Index" gegenwärtig tatsächlich benützt oder nicht.

Eine Verwechslungsmöglichkeit kann aber erst dann beurteilt werden, wenn die Art der im Handelsunternehmen der beklagten Partei vertriebenen Waren bekannt ist. Denn nur dann kann ein Urteil darüber gefällt werden, welche Verkehrskreise einer Verwechslungsgefahr ausgesetzt sind und ob es sich hier um ein allgemeines Käuferpublikum handelt, bei dem die Verwechslungsgefahr besonders groß ist, oder um Gewerbetreibende oder sonstige beruflich mit dem Gebrauch dieser Waren befaßte Personen, von denen ein höheres Maß an Aufmerksamkeit erwartet werden kann (vgl, ÖBl. 1963 S. 53).

Die beklagte Partei hat in der Klagebeantwortung bestritten, mit Maschinen zu handeln. Dies ist wiederum von der klagenden Partei bestritten worden. Da sich die Übergehung der von beiden Parteien hiezu angebotenen Beweisen aus einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Untergerichte herleitet, nötigt der dadurch begrundete Verfahrensmangel zur Aufhebung ihrer Urteile, obwohl der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht geltend gemacht worden ist.

Anmerkung

Z39045

Schlagworte

Benützung einer Marke, Bedeutung für den Schutz nach § 9 (1), (3) UWG., Defensivmarke, Schutz nach § 9 (1), (3) UWG., Marke, Schutz einer nicht benützten - nach § 9 (1), (3) UWG., Markenschutz auf Grund der Registrierung nach § 9 (1), (3) UWG., Registrierung einer Marke, Schutz nicht benützter Marken nach § 9 (1)„ (3) UWG., Vorratsmarke, Schutz nach § 9 (1), (3) UWG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1966:0040OB00309.66.0308.000

Dokumentnummer

JJT_19660308_OGH0002_0040OB00309_6600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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