TE OGH 1966/7/12 5Ob191/66

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Veröffentlicht am 12.07.1966
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Norm

ABGB §837
ABGB §1012
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII

Kopf

SZ 39/127

Spruch

Der abberufene Hausverwalter hat dem Hauseigentümer und nicht dem nachfolgenden Hausverwalter Rechnung zu legen

Entscheidung vom 12. Juli 1966, 5 Ob 191/66

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz

Text

Das Erstgericht erkannte den beklagten Hausverwalter schuldig, den Klägern über die Verwaltung der Liegenschaft EZ. X. mit dem Haus in Graz, L.-Gasse 30, für die Zeit vom 1. April 1965 bis 23. November 1965 binnen 14 Tagen bei Exekution ordentliche Rechnung zu legen, wies hingegen das Mehrbegehren des Inhaltes, der Beklagte sei darüber hinaus schuldig, einen Eid zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig seien, ab; es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die beiden klagenden Parteien sind je zu einem Viertel Miteigentümer der klagsgegenständlichen Liegenschaft. Eigentümerin des verbleibenden Liegenschaftsanteils ist Maria K. Da unter den Miteigentümern über die Liegenschaftsverwaltung keine einvernehmliche Regelung zustande kam, wurde am 6. Juli 1964 ein gemeinsamer Verwalter in der Person des Beklagten gerichtlich bestellt.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes G. vom 28. September 1965 wurde der Beklagte, der mit der Verwaltung der gegenständlichen Liegenschaft betraut gewesen war, von dieser Verwaltung enthoben. Gleichzeitig wurde ihm aufgetragen, bis zur Namhaftmachung eines neuen Verwalters die Verwaltung weiter auszuüben. Mit dem weiteren Beschluß des Bezirksgerichtes G. vom 23. November 1965 wurde die Hausverwaltung R. & Co. in Graz als Nachfolgerin des Beklagten in der Liegenschaftsverwaltung bestellt.

Am 4. Dezember 1965 richtete der Beklagte das unter Beilage 2 im Akt in Durchschrift erliegende Schreiben mit den dort angeführten Unterlagen an die Hausverwaltung R. & Co. und überwies gleichzeltig einen Saldobetrag von 3252.82 S. Am 7. Jänner 1966 übersandte der Beklagte das Schreiben Beilage 3 an die Hausverwaltung R. & Co.; diese Hausverwaltung überprüfte die dem Schreiben Beilage 2 beigeschlossenen Schriftstücke nicht. Der Erstkläger sah anläßlich einer Vorsprache in der Hausverwaltung R. & Co., daß die in der Beilage 2 angeführten Schriftstücke dort erliegen, nahm jedoch in diese Urkunden weder Einsicht noch überprüfte er sie.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Prozeßgericht erster Instanz dahin, daß § 837 ABGB. dem Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes die Stellung eines Machthabers gebe und damit auf die in den §§ 1002 ff. ABGB. enthaltenen Bestimmungen über die Bevollmächtigung verweise. Die Rechnungslegungspflicht des Hausverwalters gegenüber dem Hauseigentümer sei somit der Ausfluß des zwischen ihnen bestehenden Bevollmächtigungsverhältnisses. Es ergebe sich schon aus der Natur der Sache, daß dieses Rechts- und Pflichtenverhältnis nur die beiden Vertragspartner betreffe, nicht aber auch den zeitlichen Nachfolger des Hausverwalters mitumfasse, zumal dieser nicht als Rechtsnachfolger des früheren Hausverwalters angesehen werden könne. Die Rechnungslegungspflicht sei aber auch eine unbedingte und deshalb davon unabhängig, ob sich die Miteigentümer gegebenenfalls auch auf andere Weise, wie etwa hier durch Einsichtnahme in die bei der derzeitigen Hausverwaltung R. & Co. erliegenden Schriftstücke, in die Gebarung des Verwalters hätten Einblick verschaffen können.

Deshalb gab das Erstgericht dem Rechnungslegungsbegehren statt, wies jedoch das Mehrbegehren auf Eidesleistung mangels einer gesetzlichen Grundlage ab. Denn bei einer Rechnungslegung handle es sich nicht um die Bekanntgabe eines Vermögens, sondern lediglich um die Darstellung der Entwicklung eines Vermögens innerhalb eines bestimmten Zeitraumes. Dies sei aber von der Angabe eines Vermögens zu unterscheiden; die bei einer Rechnungslegung zutage tretenden Einnahme- und Ausgabeposten sowie der sich daraus ergebende Saldo seien kein Vermögen im Sinne des Art. XLII EGZPO.

Die Abweisung des Mehrbegehrens auf Eidesleistung blieb unbekämpft und erwuchs daher in Rechtskraft.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei gegen den stattgebenden Teil des Ersturteils insofern teilweise Folge, als es dieses Urteil in seinem stattgebenden Teil nur soweit als Teilurteil bestätigt, als der Beklagte schuldig erkannt wurde, den Klägern für die Zeit vom 1. Oktober 1965 bis zum 23. November 1965 ordentliche Rechnung zu legen; im übrigen, also hinsichtlich der Verpflichtung des Beklagten zur Rechnungslegung für die Zeit vom 1. April 1965 bis zum 30. September 1965 und im Kostenpunkt, wurde das Ersturteil mit Rechtskraftvorbehalt gemäß § 519 Z. 3 ZPO. aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zur Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen.

Nach der Ansicht des Berufungsgerichtes ergibt sich die Rechnungslegungspflicht des Beklagten aus den §§ 837 und 1012 ABGB.; der Verwalter müsse, falls nicht eine abweichende Regelung getroffen worden sei, den Teilhabern der gemeinschaftlichen Sache als den Machtgebern auch dann Rechnung legen, wenn er vom Gericht bestellt worden sei; bei einem bloßen Wechsel in der Person des bestellten Verwalters könne es nicht in den Aufgabenkreis des neuen Verwalters fallen, als nunmehriger Machthaber der Teilhaber von dem vorangegangenen Verwalter ordentliche Rechnungslegung zu verlangen, oder diese Rechnungslegung von seinem Vorgänger für die Teilhaber wirksam entgegenzunehmen. In diesem Zusammenhang müsse auch Beachtung finden, daß durch die Rechnungslegung dem Machtgeber hinreichende Grundlagen geliefert werden sollen, um z. B. seine Ansprüche gegenüber dem Machthaber aus dem Auftragsverhältnis festzustellen und geltend zu machen (Stanzl in Klang[2] IV 840 ff. zu § 1012 ABGB.), wodurch ebenfalls belegt erscheine, daß der Verwalter der gemeinschaftlichen Sache seiner Verpflichtung zur Rechnungslegung gegenüber den Teilhabern bei Fehlen einer abweichenden Regelung nur durch eine ordnungsgemäße Rechnungslegung gegenüber den Teilhabern selbst nachkommen könne.

Es sei also zunächst davon auszugehen, daß der Beklagte den Klägern selbst für die Zeit seiner Verwaltertätigkeit vom 1. Oktober 1965 bis zum 23. November 1965 keine Rechnung gelegt habe, und daß die Kläger die vom Beklagten der Hausverwaltung R. & Co. übermittelten Rechnungsunterlagen auf Grund der unbedenklichen und vom Berufungsgericht daher übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes weder überprüft noch auch nur eingesehen haben.

Der von den Klägern erhobene Anspruch sei damit berechtigt, soweit eine Rechnungslegung für den Zeitraum vom 1. Oktober 1965 bis zum 23. November 1965 begehrt werde, sodaß der Berufung in diesem Umfang ein Erfolg zu versagen gewesen sei. Der Einwand des Beklagten, er sei wegen Ausfolgung der Unterlagen an die Hausverwaltung R. & Co. gar nicht mehr in der Lage, weitere Abrechnungen zu erstellen, sei schon deshalb unbeachtlich, weil der Beklagte nicht einmal behauptet habe, einen Versuch unternommen zu haben, diese Unterlagen für die Bestellung der begehrten Abrechnungen zu erhalten.

Nun habe aber der Beklagte in der Tagsatzung am 17. Februar 1966 vorgebracht, er habe jeweils Quartalsabrechnungen an die Kläger direkt vorgenommen, und zwar die letzte am 30. September 1965, wobei er hiefür als Beweismittel die Vernehmung der Parteien angeboten habe. Das Erstgericht habe diesen Beweis nicht aufgenommen, weil § 1012 ABGB. dem Verwalter die Verpflichtung auferlege, die Rechnungen vorzulegen, sooft es der Auftraggeber verlange, und weil den Verwalter darüber hinaus die Pflicht treffe, bei Beendigung seiner Tätigkeit eine Schlußrechnung zu legen. Bei der Verwaltung eines Miethauses müsse eine solche Schlußrechnung schon im Hinblick auf die Betriebskostenabrechnung zumindest den Zeitraum eines Jahres umfassen.

Wenn aber der Beklagte den Klägern immer vierteljährlich ordentliche Rechnungen gelegt hätte, die nach dem Vorbringen in der Berufung laufend einen Vor- und Übertrag ausgewiesen haben sollen, sodaß die Zusammenlegung dieser Quartalsabrechnungen in ununterbrochener Kette tatsächlich eine einwandfreie Übersicht bis zum 30. September 1965 ergeben würde, so wäre der Beklagte nicht mehr verpflichtet, über diesen bereits ordentlich abgerechneten Zeitraum im Rahmen der abschließenden Rechnung neuerlich abzurechnen, und es müßte der Übertrag des Vortrages aus der letzten Quartalsabrechnung in die abschließende Rechnung genügen. Dem Begehren der Kläger wäre daher in diesem Fall für den bereits ordnungsgemäß berechneten Zeitraum der Verwaltertätigkeit des Beklagten die Grundlage entzogen.

Der Beklagte sei demnach im Recht, wenn er in seiner Berufung unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens rüge, daß das Erstgericht eine Überprüfung der vom Beklagten behaupteten ordnungsgemäßen Rechnungslegung gegenüber den Klägern bis zum 30. September 1965 unterlassen habe. Es sei daher der Berufung des Beklagten teilweise stattzugeben, das erstgerichtliche Urteil hinsichtlich der Verpflichtung des Beklagten zur Rechnungslegung für die Zeit vom 1. April 1965 bis zum 30. September 1965 und als Folge davon auch in seinem Ausspruch über die Kosten aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückzuverweisen gewesen.

Der aufhebende Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes blieb trotz des ausgesprochenen Rechtskraftvorbehaltes unbekämpft.

Insofern das erstgerichtliche Urteil mit der Entscheidung des Berufungsgerichtes als Teilurteil bestätigt wurde, also hinsichtlich der Verpflichtung des Beklagten zur Rechnungslegung für die Zeit vom 1. Oktober 1965 bis zum 23. November 1965, wurde dieses Teilurteil des Berufungsgerichtes vom Beklagten mit seiner auf § 503 Z. 4 ZPO. gestützten Revision bekämpft.

Der Oberste Gerichtshof gab dieser Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht hat auf die Ausführungen Stanzls in Klang[2] IV 840 ff. zu § 1012 ABGB. verwiesen, wonach der Zweck der Rechnungslegung der ist, daß sie dem Machtgeber ausreichende Grundlagen liefern soll, damit er seine Herausgabe - allenfalls auch Schadenersatz - und andere Ansprüche aus dem Bevollmächtigungsverhältnis feststellen und geltend machen könne. Wird von diesem - gemäß den §§ 837, 1012 ABGB. auf den Hausverwalter anzuwendenden - Zweck der Rechnungslegung ausgegangen, so geht bereits daraus hervor, daß - mangels einer anderen Vereinbarung, die aber diesfalls nicht einmal behauptet wurde - die Rechnungslegung grundsätzlich gegenüber den Teilhabern selbst zu erfolgen hat. Hieran können alle in der Revision angeführten Zweckmäßigkeitserwägungen nichts ändern. Hiebei ist noch zu bemerken, daß die ordnungsgemäße Übergabe der Verwaltung an den neuen Hausverwalter eine Rechnungslegung gegenüber den Teilhabern nicht erschweren oder gar unmöglich machen kann, da in jedem Fall die Grundlagen der Gebarung des bisherigen Verwalters einwandfrei klargestellt werden müssen und anläßlich der Übergabe der Verwaltung ohne weiteres auch bereits die Rechnungslegung gegenüber den Teilhabern zur Ausarbeitung kommen kann.

Auch der Einwand der Revision, daß doch vom bisherigen Hausverwalter nicht verlangt werden könnte, bei mehreren Miteigentümern jedem einzelnen eine Rechnung zu legen, greift nicht durch; denn es wird genügen, wenn jedem einzelnen Teilhaber ein Exemplar der bloß einmal für das gesamte Objekt ordnungsgemäß auszuarbeitenden Rechnungslegung übermittelt wird, worin keine unbillige Belastung des bisherigen Hausverwalters erblickt werden könnte.

Insofern jedoch in der Revision die Ansicht vertreten wird, die Kläger hätten ihr Recht auf Rechnungslegung einem anderen Machthaber übertragen können, so gehen diese Ausführungen ins Leere, weil eine solche Übertragung der Rechte der Kläger auf den neuen Hausverwalter, bzw. eine Vereinbarung zwischen den Streitteilen, laut der die Rechnungslegung an den neuen Hausverwalter hätte erfolgen sollen, weder behauptet noch bewiesen wurde.

Somit war der Revision der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z39127

Schlagworte

Hausverwalter, abberufbarer, Rechnungslegungspflicht, Rechnungslegungspflicht, abberufener Hausverwalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1966:0050OB00191.66.0712.000

Dokumentnummer

JJT_19660712_OGH0002_0050OB00191_6600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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