TE OGH 1966/9/14 7Ob141/66

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Veröffentlicht am 14.09.1966
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Norm

Versicherungsvertragsgesetz §9

Kopf

SZ 39/145

Spruch

§ 9 VersVG. steht einer Vereinbarung der Vertragsteile nicht entgegen, daß die Versicherungsprämien für einen anderen Zeitpunkt als für den Beginn der Versicherungsperiode abgerechnet werden. Die Versicherungsperiode verschiebt sich hiedurch nicht

Entscheidung vom 14. September 1966, 7 Ob 141/66

I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck

Text

Der Erstrichter wies das auf Zahlung von 47.529.30 S gerichtete Klagebegehren ab. Er stellte fest: Die Beklagte versicherte im Jahre 1959 drei Maschineneinrichtungen gegen Bruch bei der Klägerin. Über diese Versicherungen wurden drei gesonderte Polizzen ausgestellt. In diesen war die Vertragsdauer mit 27. Februar 1959 bis 27. Februar 1964 festgelegt; sie verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn das Versicherungsverhältnis nicht mindestens drei Monate vor Ablauf der Versicherungsperiode mittels eingeschriebenen Briefes gekundigt wurde. Mit Schreiben vom 31. Juli 1959 ersuchte die Beklagte die Klägerin, aus steuerlichen Abgrenzungsgrunden die Prämienberechnung für die drei Versicherungen sowie auch in allen zukünftig abgeschlossenen Versicherungsverträgen, jeweils zum 1. Jänner vorzunehmen. Mit den auf die einzelnen Versicherungsverträge bezogenen Schreiben vom 7. August 1959 teilte die Klägerin unter der Bezeichnung "Skadenzänderung" der Beklagten mit, sie habe versicherungsgültig zur Kenntnis und in Vermerk genommen, daß die Prämienfälligkeit der gegenständlichen Polizzen auf den 1. Jänner zu verlegen ist. Die Prämienscheine gelangen demnach jeweils am 1.

Jänner eines jeden der Jahre 1960 bis 1963 mit... zur Vorschreibung

und Einlösung. Für die Zeit vom 1. Jänner 1960 bis 27. Februar 1960

gelangen... an Prämien und... an Versicherungssteuern zur

Abschreibung. Mit drei gleichlautenden Schreiben vom 28. Oktober 1964 kundigte die Beklagte alle drei Versicherungsverträge zum 27. Februar 1965 auf. Diese Aufkündigungen nahm die Klägerin als verspätet nicht zur Kenntnis. Sie vertrat nämlich den Standpunkt, daß mit der Prämienfälligkeit auch das Versicherungsjahr einverständlich auf den 1. Jänner vorverlegt worden sei. Da die Beklagte auf ihrem Rechtsstandpunkt der rechtzeitigen Vertragsauflösung beharrte, klagte die Klägerin auf Zahlung der am 1. Jänner 1965 fällig gewordenen und vorgeschriebenen Jahresprämien abzüglich einer Gewinnrückverrechnung. Dieses Begehren ist nach Ansicht des Erstrichters nicht gerechtfertigt, weil der Standpunkt der Klägerin, durch die Verlegung der Prämienfälligkeiten vom Februar auf den 1. Jänner sei die Versicherungsdauer vom 27. Februar auf den 1. Jänner verkürzt worden, durch die Korrespondenz nicht gedeckt sei. Die Aufkündigung des Versicherungsvertrages durch die Beklagte sei daher rechtzeitig erfolgt.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß eine Verkürzung der Versicherungsdauer nicht stattgefunden habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin ist der Ansicht, die Verlegung der Prämienfälligkeit vom Februar auf den 1. Jänner habe zwingend eine Verlegung der Versicherungsperiode zur Folge gehabt, weil nach § 9 VersVG. sich die Versicherungsperiode nach der Prämienzahlung richte. Die Versicherungsperiode müsse sohin mit dem prämienbelasteten Zeitraum übereinstimmen. Eine Verschiebung eines dieser beiden Zeiträume durch Vertrag widerspreche dieser zwingenden gesetzlichen Vorschrift.

Diesen Rechtsausführungen kann nicht gefolgt werden. Nach § 9 VersVG. gilt als Versicherungsperiode, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres. Die Versicherungsperiode bestimmt sich sohin allgemein nach dem Zeitraum, für den die Prämie zu zahlen ist, und darf ein Jahr nicht übersteigen. Nur sofern zwingende Bestimmungen des Vertragsversicherungsgesetzes den Begriff der Versicherungsperiode verwenden (§ 8 (2), § 40 (1) und (2), § 69 (2)), ist § 9 VersVG. für diesen Begriff bestimmend und unabdingbar (Bruck - Möller, Komm. zum VersVG.[8] zu § 9 Anm. 7 S. 237 Ehrenzweig, VersVG. S. 104). Es kann also z. B. zu § 8 (2) VersVG, wegen § 15a VersVG. nicht vereinbart werden, die Versicherungsperiode solle jeweils zwei Jahre dauern, sodaß der Versicherungsnehmer nur für das Ende jedes zweiten Jahres kundigen könnte. Auch die Ausführungen Prölss (VersVG.[14] § 9 Anm. 2) sprechen nicht für den Standpunkt der Klägerin. Auch nach ihnen ist nämlich die Bestimmung des § 9 nur insoweit zwingend, als die Periode, wenn der Begriff Versicherungsperiode in einer halbzwingenden Norm verwendet wird, nicht länger als ein Jahr dauern darf und mit dem prämienbelasteten Zeitraum übereinstimmen muß. Einer Vereinbarung, daß eine ein Jahr dauernde Versicherungsperiode am 7. Februar beginnt, die Jahresprämie aber jeweils am 1. Jänner fällig sein soll, steht sohin die Bestimmung des § 9 VersVG. nicht entgegen.

Des weiteren meint die Klägerin, es ergebe sich aus der Korrespondenz, daß das Vertragsende einverständlich auf den 1. Jänner 1964 zurückverlegt worden sei.

Auch hierin kann den Revisionsausführungen nicht beigetreten werden. Das Ersuchen der Beklagten vom 31. Juli 1959 ging klar und eindeutig dahin, aus steuerlichen Abgrenzungsgrunden die Prämienabrechnung jeweils am 1. Jänner vorzunehmen. Davon, daß auch die Dauer der Versicherungsperiode geändert werden sollte, ist in diesem Schreiben nichts erwähnt. An der Bestimmtheit dieses Ersuchens der Beklagten ändert sich auch dadurch nichts, daß die Beklagte die Prämienberechnung zu diesem Stichtag auch "in allen zukünftig abgeschlossenen Versicherungsverträgen" wünschte. Auch bei künftigen Versicherungsverträgen konnte beispielsweise der Tag des Vertragsabschlusses für den Beginn und das Ende der Versicherungsperiode bestimmend sein, während die Prämienabrechnung zum 1. Jänner erfolgen sollte. Mit dem Bestreben der Beklagten, ein Überschneiden der Prämienleistung mit dem Kalenderjahr aus Gründen der steuerlichen Abgrenzung zu verhindern, erklärt sich auch, daß die Rückvergütung der Prämien für die Zeit vom 1. Jänner bis 27. Februar 1960 von der Beklagten nicht so verstanden werden mußte, daß durch die Verlegung der Fälligkeiten auch der Ablauf der Versicherungsperiode berührt werden sollte. Einem Wunsch der Beklagten hat daher eine Verlegung auch des Versicherungszeitraumes nicht entsprochen. Hätte die Klägerin aber dem Ersuchen der Beklagten auf Verlegung der Prämienfälligkeiten nur unter der Bedingung entsprechen wollen, daß auch der Versicherungszeitraum verlegt werde, so hätte sie dies eindeutig in ihrer Antwort zum Ausdruck bringen müssen. Ihre Antwort vom 7. September 1959, die als "Skadenzänderung", sohin als Fälligkeitsänderung, bezeichnet war und in der sie erklärt, versicherungsgültig zur Kenntnis und in Vormerk genommen zu haben, daß die Prämienfälligkeit auf den 1. Jänner zu verlegen ist, kann bei objektiver Beurteilung der Sachlage nur so aufgefaßt werden, daß dem Wunsche der Beklagten auf Vorverlegung der Prämienfälligkeit entsprochen, sonst aber an dem Versicherungsvertrag und sohin auch an der Laufzeit der Versicherung nichts geändert werde.

Daraus folgt, daß die Beklagte die Versicherungsverträge rechtzeitig aufgekundigt hat und daher nicht verpflichtet ist, die vorgeschriebenen und eingeklagten Prämien zu bezahlen.

Anmerkung

Z39145

Schlagworte

Fälligkeit der Versicherungsprämie, Verlegung des Zeitpunktes der -, ändert Versicherungsperiode nicht, Versicherungsperiode, keine Änderung durch Verlegung des Zeitpunktes, der Prämienfälligkeit, Versicherungsprämie, keine Änderung der Versicherungsperiode durch, Verlegung des Zeitpunktes der Fälligkeit der -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1966:0070OB00141.66.0914.000

Dokumentnummer

JJT_19660914_OGH0002_0070OB00141_6600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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