TE OGH 1967/6/27 8Ob165/67

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Veröffentlicht am 27.06.1967
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Norm

Handelsgesetzbuch §1
Handelsgesetzbuch §348
KO §6

Kopf

SZ 40/92

Spruch

Die Kaufmannseigenschaft des Gemeinschuldners bleibt bis zur Abwicklung des Unternehmens durch den Masseverwalter bestehen.

Entscheidung vom 27. Juni 1967, 8 Ob 165/67.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Am 24. April 1951 wurde die Firma des Beklagten im Handelsregister eingetragen. Diese Eintragung wurde am 15. Mai 1964 gelöscht. Der Beklagte erteilte am 26. Februar 1963 dem Kläger den Alleinvermittlungsauftrag zum Verkauf der Liegenschaft in Linz, S.- Straße 15, zum Mindestkaufpreis von 2.000.000 S. Er verpflichtet sich, falls es zum Kaufabschluß mit einem vom Kläger vermittelten Interessenten kommen sollte oder der Abschluß ohne die Intervention des Klägers zustande komme, eine Provision von 3% des Kaufpreises, mindestens aber 60.000 S an den Kläger zu bezahlen. Der Alleinvermittlungsauftrag wurde auf drei Monate befristet. Der Beklagte verpflichtete sich weiter für den Fall, daß es innerhalb der drei Monate zu keinem Kaufabschluß kommen sollte, einen Spesenbeitrag von 1%, mindestens aber 20.000 S an den Kläger zu bezahlen.

Bei der Auftragserteilung hat der Beklagte nicht erwähnt, daß er sich bereits im Konkurs befinde. Er hat lediglich angeführt, daß die Versteigerung der Liegenschaft im Grundbuch angemerkt sei. Der Kläger hat hierauf innerhalb der dreimonatigen Frist die Liegenschaft des Beklagten sieben Interessenten aus dem In- und Ausland offeriert, zwei- oder dreimal inseriert und sich bemüht, zu einem Vermittlungsabschluß zu kommen. Er hat das Objekt im Beisein des Beklagten besichtigt und Kaufinteressenten gezeigt. Zum Abschluß eines Kaufvertrages innerhalb der Frist des Vermittlungsauftrages ist es aber nicht gekommen. Erst dem Masseverwalter gelang später der Verkauf. Durch das Schreiben des Masseverwalters an den Kläger vom 12. Juni 1963 erhielt dieser Kenntnis davon, daß schon vor Abschluß des Vermittlungsauftrages über das Vermögen des Beklagten das Konkursverfahren eröffnet worden war.

Über das Vermögen der protokollierten Firma wurde am 14. Jänner 1963 der Anschlußkonkurs eröffnet. Der Masseverwalter erhielt vom Konkursgericht den Auftrag, den Betrieb des Beklagten sofort zu schließen und sämtlichen Dienstnehmern zu kundigen. Den sechs Arbeitern des Beklagten wurde am 23. Jänner 1963 und den beiden Angestellten zum 28. Februar 1963, bzw. 31 März 1963 gekundigt. Der Masseverwalter hat dann begonnen, den Betrieb des Beklagten zu liquidieren, wobei er die Außenstände eintrieb, Maschinen und Material veräußerte und aus den Eingängen die Schulden des Beklagten bezahlte. Die Veräußerung von Fahrnissen hat sich auf das vorhandene Holz und einige Maschinen beschränkt. Dem Beklagten ist insbesondere die Wohnungseinrichtung und das Betriebsinventar verblieben. Die Liegenschaft des Beklagten wurde veräußert. Die letzten Eingänge aus den Verkäufen erfolgten Ende Oktober 1963. Die Befriedigung der Konkursgläubiger erfolgte zu 100% der Forderungen, weshalb weitere Veräußerungen nicht durchgeführt wurden.

Das Erstgericht gab der Klage im zweiten Rechtsgang statt und legte in rechtlicher Hinsicht dar, der Kläger habe Anspruch auf das vereinbarte Spesenpauschale von 20.000 S, auf das die Bestimmungen über die Konventionalstrafe analog anzuwenden seien. Der Beklagte sei sowohl zur Zeit der Konkurseröffnung am 14. Jänner 1963 als auch zur Zeit der Erteilung des Alleinvermittlungsauftrages am 26. Februar 1963 Vollkaufmann gewesen, weshalb gemäß § 348 HGB. eine richterliche Mäßigung des Spesenpauschales nicht in Betracht komme.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und stellte in rechtlicher Hinsicht folgende Überlegungen an:

Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Beklagten habe den Auftrag erhalten, den Betrieb des Beklagten sofort zu schließen und das Dienstverhältnis sämtlicher Beschäftigter zu kundigen, und sei diesem Auftrag insofern nachgekommen, als er den sechs Arbeitern des Beklagten zum 27. Jänner 1963, den beiden Angestellten zum 28. Februar, bzw. 31. März 1963 gekundigt und die Liquidierung des Betriebes in der Weise durchgeführt habe, daß er Außenstände eingetrieben, Maschinen, lagerndes Material und die gegenständliche Liegenschaft veräußert und aus diesen Eingängen die Schulden des Beklagten bezahlt habe. Diese Tätigkeit des Masseverwalters habe über den Tag des Vermittlungsauftrages (26. Februar 1963) hinaus bestanden und erst im Oktober 1963 geendet. Die auf die Liquidierung des Betriebes gerichteten Handlungen des Masseverwalters seien als Weiterführung des Betriebes, jede falls noch nach dem 26. Februar 1963 aufzufassen. Der Beklagte hab daher die Eigenschaft eines Vollkaufmannes im Sinne der §§ 1 und 2 HGB. am 26. Februar 1963 nicht verloren gehabt. Das richterliche Mäßigungsrecht könne im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung kommen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Revisionsgericht hat in seinem Aufhebungsbeschluß vom 12. Juli 1966 zum Ausdruck gebracht, daß das Versprechen einer Provision, bzw. eines Spesenpauschales von 20.000 S gemäß § 348 HGB. dann nicht dem richterlichen Mäßigungsrecht unterliege, wenn feststehe, daß der Beklagte dieses Versprechen als Vollkaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes abgegeben habe. Die vom Betrieb abhängige Kaufmannseigenschaft bleibe dann bestehen, wenn der Handelsbetrieb nach Konkurseröffnung, wenn auch durch Liquidation, weitergeführt werde.

Die Revision vermeint nun, die von den Untergerichten festgestellte Tätigkeit des Masseverwalters im Betrieb des Beklagten stelle keine Weiterführung des Betriebes durch Abwicklung dar, weil der Masseverwalter keine laufenden Geschäfte abgewickelt habe, der Betrieb vielmehr völlig stillgelegt worden sei. Zur Zeit des Vermittlungsauftrages habe dem Beklagten die Eigenschaft eines Vollkaufmannes gefehlt.

Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden.

Die Kaufmannseigenschaft des Beklagten war von seinem Betrieb abhängig. Die Konkurseröffnung und der damit verbundene Auftrag an den Masseverwalter, den Betrieb zu schließen, führten zwar nicht dazu, daß der Masseverwalter in Fortführung des Betriebes neue Geschäfte abgeschlossen hätte. Die Abwicklung, bestehend in der Eintreibung von Forderungen und im Verkauf von lagernder Ware und von Maschinen zur Befriedigung der Gläubiger aber dauerte bis Oktober 1963. Bei der Liquidation eines Unternehmens bleibt bis zur Beendigung der Liquidierung die Kaufmannseigenschaft des Inhabers aufrecht bestehen. Die Abwicklungsgeschäfte sind noch Handelsgeschäfte und die Abwicklung selbst ist noch Gewerbebetrieb (RGR.-Komm. zum HGB.[3] Band I § 1 Anm. 22). Das Konkursverfahren ist seinem Wesen nach nur eine besondere Art der Abwicklung. Der Gemeinschuldner bleibt Kaufmann, wenn auch mit Entziehung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis. Eine solche Entziehung kann aber bloß von vorübergehender Dauer sein (RGR.- Komm. a. a. O. § 1 Anm. 23). Der Masseverwalter führt das Geschäft für Rechnung und im Namen des Gemeinschuldners (der Masse). Die Geschäftsabwicklung durch ihn stellt den Schlußabschnitt des Gewerbebetriebes dar und erst die endgültige Einstellung des Betriebes durch den Masseverwalter bringt die von diesem Betrieb abhängige Kaufmannseigenschaft des Schuldners zum Erlöschen (Jäger, KO.[8] zu § 6 Anm. 15 S. 121). Im vorliegenden Fall befand sich zur Zeit des Vermittlungsauftrages durch den Beklagten an den Kläger der Betrieb noch im Stadium der Liquidierung, weshalb der Beklagte damals noch die Kaufmannseigenschaft besaß. Die in Anspruch genommene richterliche Mäßigung des Spesenpauschales kann sohin dem Beklagten gemäß § 348 ABGB. nicht zugute kommen.

Die Revision erweist sich daher als verfehlt.

Anmerkung

Z40092

Schlagworte

Gemeinschuldner, Kaufmannseigenschaft, Kaufmannseigenschaft des Gemeinschuldners, Konkurs, Kaufmannseigenschaft des Gemeinschuldners, Konventionalstrafe, richterliches Mäßigungsrecht, Mäßigungsrecht, richterliches, Konventionalstrafe, Vertragsstrafe, richterliches Mäßigungsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0080OB00165.67.0627.000

Dokumentnummer

JJT_19670627_OGH0002_0080OB00165_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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