TE OGH 1967/9/28 6Ob177/67

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Veröffentlicht am 28.09.1967
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Norm

ZPO §411
ZPO §530 (1) Z7

Kopf

SZ 40/120

Spruch

Die Rechtskraft eines das Klagebegehren mangels devisenbehördlicher Genehmigung eines Vertrages abweisenden Urteiles steht, wenn die devisenbehördliche Genehmigung nach Schluß der Verhandlung I. Instanz erteilt wurde, der neuerlichen Geltendmachung desselben Begehrens nicht entgegen.

Entscheidung vom 28. September 1967, 6 Ob 177/67.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger beantragte im Verfahren 1 Cg .../61 des Handelsgerichtes Wien Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 32.480 $ (= 844.480

S) s.A. aus dem Titel der Provisionsvereinbarung oder der Bereicherung der Beklagten; eine Klagsänderung dahin, daß der Betrag auch aus dem Titel des Schadenersatzes begehrt werde, wurde nicht zugelassen. Diese Klage wurde, nachdem der Oberste Gerichtshof zunächst mit seinem Beschluß vom 5. April 1961, 6 Ob 133/61, das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichtes und das dieses bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes aufgehoben hatte, schließlich rechtskräftig abgewiesen, da der Provisionsvertrag mangels der erforderlichen devisenbehördlichen Genehmigung nichtig sei, die Beklagte aus der Tätigkeit des Klägers aber auch keinen Nutzen gezogen habe. Nachdem der Kläger am 8. Juli 1965 die nachträgliche devisenbehördliche Bewilligung zur Übernahme der Zahlungspflicht für seine Provisionsforderung erwirkt hatte, beantragte er die Wiederaufnahme des Hauptprozesses. Das Erstgericht wies diese Klage ab, da es an einer neuen Tatsache im Sinne des § 530 (1) Z. 7 ZPO. mangle, welches Urteil das Berufungsgericht bestätigte. Der Oberste Gerichtshof wies die als Rekurs zu behandelnde Revision des Klägers zurück. Da beide Instanzen das vorliegen eines Wiederaufnahmsgrundes verneinen, hätte die Klage richtig mit Beschluß des Erstgerichtes zurückgewiesen werden müssen. Das dem Kläger offenstehende Rechtsmittel wäre damit der Rekurs gewesen, dem das Rekursgericht mit Beschluß den Erfolg zu versagen gehabt hätte. Sei die Entscheidungsform verfehlt und in beiden Instanzen mit Urteil erkannt worden, sei von der richtigen Form der Entscheidung auszugehen und daher die Revision des Klägers als Rekurs zu behandeln. Dieser sei aber gegen die gleichlautenden Beschlüsse unzulässig.

Nunmehr begehrt der Kläger neuerlich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 32.480 $ s. A. als Provision oder Schadenersatz für entgangene Provision sowie weiter von 99.320.06 S samt 5% Zinsen ab Klagstag als Schadenersatz; dabei handle es sich um die ihm im Vorprozeß 1 Cg .../61 des Handelsgerichtes Wien entstandenen Kosten seiner Vertretung von 99.320.06 S zuzüglich der ihm in diesem Verfahren zum Ersatz auferlegten Kosten der Beklagten von 88.529.32 S, zusammen somit 187.849.58 S, gegen welche Schadenersatzforderung er aber die Kostenforderung der Beklagten aufrechne.

Das Erstgericht gab mit dem in sein Urteil aufgenommenen Beschluß der von der Beklagten erhobenen Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache Folge und wies das Klagebegehren, soweit es auf den Klagegrund des Vertretungsvertrages (Provisionsvertrages) gegrundet wurde, zurück. Die nachträglich erlassene Bewilligung der Devisenbehörde berechtige den Kläger nicht, den Anspruch neuerlich geltend zu machen. Mit Teilurteil wies das Erstgericht das Begehren hinsichtlich des Betrages von 99.320.06 S s. A. ab. Habe der Kläger aus einem nichtigen Vertrag geklagt und sei er deswegen abgewiesen worden, habe er dies und die dadurch entstandenen Kostenfolgen selbst zu vertreten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Als Rekursgericht gab es jedoch dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluß des Erstgerichtes über die Prozeßeinrede der Beklagten Folge, hob den Beschluß auf und trug dem Erstgericht die Verhandlung und Entscheidung auch über das Begehren, soweit es auf den Klagegrund des Vertretungsvertrages (Provisionsvertrages) gegrundet wurde, auf. Die nachträgliche Erteilung der devisenbehördlichen Genehmigung bedeute eine Änderung des Sachverhaltes, aus dem das Provisionsbegehren abgeleitet werde, die auch zur neuerlichen Geltendmachung des Anspruches berechtige.

Der Oberste Gerichtshof gab weder dem Revisionsrekurs der Beklagten noch der Revision des Klägers Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zum Revisionsrekurs der Beklagten:

Die Entscheidung über die von der Beklagten erhobene Einrede der Rechtskraft, soweit das Begehren auf den Klagegrund des Vertretungsvertrages (Provisionsvertrages) gegrundet wurde, wurde gemäß § 261 (3) ZPO. richtig mit Beschluß getroffen (GlUNF. 3998, ZBl. 1920 Nr. 208). Als Rechtsmittel gegen diesen der Einrede stattgegebenen Beschluß stand dem Kläger der Rekurs offen, den er entgegen den Ausführungen der Beklagten auch gleichzeitig mit seiner Berufung gegen das vom Erstgericht erlassene Teilurteil in seinem Schriftsatz ONr. 10 erhob. Die Ausführungen der Beklagten, das Rekursgericht habe ohne eine Anfechtung durch den Kläger entschieden, sind aktenwidrig. Hob das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß mit dem Auftrage, über das auf den Klagegrund des Vertretungsvertrages (Provisionsvertrages) gegrundete Klagebegehren zu verhandeln und zu entscheiden, auf, so nahm es damit, wie es in seiner Begründung auch ausdrücklich ausführte, im Gegensatz zum Erstgericht eine durch die von der Devisenbehörde nachträglich erteilte Genehmigung des Vertretungsvertrages geschaffene Änderung des im vorausgegangenen Verfahrens gegebenen Sachverhaltes an, dem gegenüber die Rechtskraft des im Vorprozeß ergangenen Urteiles nicht wirke. Ungeachtet seines Spruches auf Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses stellt sich seine Entscheidung als eine Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses dar, indem es, wenn es dies auch nicht ausdrücklich ausführte, die von der Beklagten erhobene Einrede der rechtskräftig entschiedenen Streitsache nicht berechtigt erkannte. Gegen diesen abändernden Beschluß des Rekursgerichtes ist daher der Revisionsrekurs der Beklagten wohl zulässig, er ist aber nicht begrundet.

Es ist davon auszugehen, daß, wie in dem vorausgegangenen Verfahren ausgeführt wurde, der vom Kläger geltend gemachte Provisionsvertrag zu seiner Gültigkeit der Genehmigung der Devisenbehörde bedurfte. Mangels Genehmigung wurde das Geschäft als nichtig erkannt. Erwirkte nunmehr der Kläger am 8. Juli 1965 die Genehmigung der Österreichischen Nationalbank, so stellt sich diese als eine Willenserklärung der Behörde, durch die das ohne deren Genehmigung ungültig gewesene Geschäft erst nachträglich gültig wurde, dar. Diese Genehmigung ist daher eine Tatsache, die zusammen mit der Tatsache des Vertragsabschlusses erst den Tatbestand des gültigen Vertrages schafft. Erfolgte diese Genehmigung nach Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz im Vorprozeß, so ist sie wohl selbst eine neue Tatsache im Sinne des § 530 (1) Z. 7 ZPO., die zusammen mit der Tatsache des Vertragsabschlusses den gültigen Vertrag bewirkt. Sie ist aber eine solche Tatsache, die zur Zeit des Vorprozesses noch nicht vorhanden war. Als solche ist sie auch nicht geeignet für eine Wiederaufnahmsklage (ZBl. 1931 Nr. 297). Der dadurch bedingten nachträglichen Änderung des Tatbestandes gegenüber hält aber die materielle Rechtskraft der im vorausgegangenen Verfahren ergangenen Entscheidung nicht stand (SZ. XXII 167, RiZ. 1957 S. 123, Fasching Komm. zu den ZP-Gesetzen III S. 724). Soweit in der Rechtslehre vereinzelt (Fasching, a. a. O.) die Auffassung vertreten wird, daß in den Fällen nachträglicher Tatbestandsänderungen zu unterscheiden sei zwischen solchen mit Rückwirkung, die allenfalls eine Wiederaufnahme rechtfertigen können, und solchen ohne Rückwirkung erscheint dies nicht gerechtfertigt. Die nachträgliche Tatsache kann vielmehr, auch wenn sie zurückwirkt, nicht zu einer Wiederaufnahme führen, da sie erst nach Beendigung des Vorprozesses eingetreten ist. Wohl aber berechtigt sie zu einer neuen Klage infolge geänderten Tatbestandes. Über den nunmehr behaupteten Sachverhalt einer devisenbehördlich genehmigten Vertretungsvereinbarung wurde bisher noch nicht entschieden.

Der Beklagte kann den Eintritt einer neuen Tatsache auf Grund des bezeichneten Bescheides der Devisenbehörde auch nicht mit dem Hinweis auf die Kundmachung der Österreichischen Nationalbank in Zweifel ziehen. Die Bezugnahme auf die Kundmachung Nr. 100 (Amtsblatt der Wiener Zeitung vom 26. Juni 1955) ist offenbar irrig, da damit nur auf die nunmehr geltende Zusammenfassung der Verlautbarungen und Bewilligungen in den gleichzeitig verlautbarten Kundmachungen Nr. 101 bis 114 verwiesen wurde. In Betracht kommen lediglich die Kundmachungen Nr. 109 und 5/59. Wenn mit diesen auch die Übernahme derartiger Zahlungspflichten generell bewilligt wurde, sofern die Abstattung der Verbindlichkeit im Rahmen des österreichisch-jugoslawischen Zahlungsabkommens vorgesehen war, welche Bedingung mit der Kundmachung Nr. 2/64 wegfiele (Schreiben der Österreichischen Nationalbank vom 15. Juni 1965), so bedeutet dies doch nur, daß die bisher nur für den Fall der Erfüllung dieser Bedingung zulässigen Geschäfte jetzt auch ohne diese vorgenommen werden durften, ohne daß damit aber frühere Geschäfte als nachträglich genehmigt zu gelten hätten. Nur deswegen wurde auch für die nach Behauptung des Klägers bereits im Jahre 1948 geschlossene Vereinbarung nunmehr die Bewilligung der Nationalbank erteilt. Das Rekursgericht hat daher richtig erkannt, daß der Geltendmachung des so begrundeten Begehrens die Rechtskraft des in dem seinerzeitigen Verfahren ergangenen Urteiles nicht entgegensteht.

Zur Revision des Klägers:

Auch diese ist nicht begrundet.

Der Kläger begrundet die geltend gemachte Schadenersatzforderung von 99.920.06 S s. A. damit, daß ihm in dem vorausgegangenen Verfahren Kosten seiner Vertretung in dieser Höhe entstanden seien. Dazu kommen noch die Kosten der Beklagten von 88.529.32 S, zu deren Ersatz er verpflichtet wurde. Unter Aufrechnung ihrer Forderung gegen seinen Gesamtschaden verbleibe daher seine vorbezeichnete Forderung. Der Versuch des Klägers für die ihm entstandenen Vertretungskosten die Haftung der Beklagten daraus abzuleiten, daß es ihre Pflicht gewesen wäre, die devisenbehördliche Genehmigung des Provisionsvertrages, in deren Ermangelung dessen Nichtigkeit angenommen und seine Klage abgewiesen wurde, zu beschaffen, muß scheitern. Es kann vielmehr nur davon ausgegangen werden, daß er es war, der mit der Behauptung, einen Provisionsanspruch zu haben, gegen die Beklagte seine Klage einbrachte. War diese Vereinbarung mangels der zu ihrer Gültigkeit erforderlichen devisenbehördlichen Genehmigung nichtig, so folgte daraus notwendigerweise die Abweisung seiner Klage und damit auch seine Verpflichtung zum Ersatz der Prozeßkosten der Beklagten, während er die ihm entstandenen Vertretungskosten selbst zu tragen hatte. Es war seine Sache, seinen Prozeß entsprechend vorzubereiten, sei es dadurch, daß er, so wie jetzt, schon seinerzeit die Bewilligung der Devisenbehörde erwirkte und damit einer Einwendung der Beklagten der Nichtigkeit des Rechtsgeschäftes den Boden entzog, sei es, daß er, zumal er behauptet, die Beklagte wäre zur Erwirkung verpflichtet gewesen, zunächst ein bezügliches Begehren gegen sie richtete. Hat er das unterlassen und ein nicht gerechtfertigtes Begehren gestellt, so kann er für die Erfolglosigkeit dieser Prozeßführung nicht die Beklagte verantwortlich machen und ihr ein Verschulden anlasten.

Anmerkung

Z40120

Schlagworte

Devisengenehmigung nach Verhandlungsschluß, Rechtskraft, Devisengenehmigung nach Verhandlungsausschluß, Streitverhandlung, Devisengenehmigung nach Schluß der -, Verhandlung, Devisengenehmigung nach Schluß der -, Wiederaufnahmsklage, Devisengenehmigung nach Verhandlungsschluß

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1967:0060OB00177.67.0928.000

Dokumentnummer

JJT_19670928_OGH0002_0060OB00177_6700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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