TE OGH 1968/2/27 4Ob306/68

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Veröffentlicht am 27.02.1968
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Norm

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Weingesetz 1961 §14 (6)

Kopf

SZ 41/26

Spruch

Die Umänderung einer Herkunftsbezeichnung in eine Gattungsbezeichnung ist erst dann abgeschlossen, wenn nur noch ein unbeträchtlicher Teil der beteiligten Verkehrskreise in der Angabe einen Hinweis auf die Herkunft findet (hier auch § 14 (6) WeinG. 1961.)

Ist das Gutachten der Kammer der Gewerblichen Wirtschaft § 6 (2) UWG. schlüssig, bedarf es keines zweiten Gutachtens eines Sachverständigen.

Entscheidung vom 27. Februar 1968, 4 Ob 306/68.

I. Instanz: Handelsgericht Wien: II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Klägerin, ein ungarisches Außenhandelsunternehmen, besitzt das ausschließliche Recht, Wein aus Ungarn zu exportieren. Sie behauptet, den aus Erlau, ungarisch Eger, stammenden Rotwein ausschließlich an die Weingroßhandlung L. & K. zu liefern, die ihn dann in Flaschen fülle und weiter verkaufe. Der Beklagte verkaufe unter der Bezeichnung "Erlauer Rotwein", und "Erlauer Stierblut" einen nicht aus der Gegend von Erlau stammenden Rotwein, wobei er den letztgenannten Wein in Flaschen mit einer Vignette mit der Aufschrift "Ungarn" und den ungarischen Nationalfarben rot-weiß-grün vertreibe. Die Klägerin beantragt das Urteil, der Beklagte sei schuldig, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, die von ihm vertriebenen, nicht aus dem Erlauer Weingebiet in Ungarn stammenden Rotweine als "Erlauer Rotwein" oder als "Erlauer Stierblut" zu bezeichnen. Die klagende Partei werde ermächtigt, das Urteil auf Kosten des Beklagten im Textteil der Wiener Tageszeitungen "Kurier" und "Die Presse" zu veröffentlichen.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er wendet im wesentlichen ein, daß im geschäftlichen Verkehr die Namen Erlauer Rotwein und Erlauer Stierblut nicht mehr als Herkunftsbezeichnungen, sondern als Gattungsbezeichnungen angesehen würden. Es werde nicht bestritten, daß der unter der Bezeichnung "Erlauer Rotwein Blauer Burgunder" herausgebrachte Wein nicht aus dem Weinbaugebiet von Eger in Ungarn stamme.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es führte folgendes aus: Die Klägerin sei ein in Budapest domiziliertes ungarisches Außenhandelsunternehmen, durch das der ungarische Staat sein Monopol für den Export und Import von Wein ausübe. Zufolge des zwischen der Klägerin und der Wiener Firma L. & K. geschlossenen Generalvertretungsvertrages beliefere die Klägerin in Österreich nur die Firma L. & K. mit aus Eger (Erlau) stammenden Weinen, ausgenommen den unter der Bezeichnung "Erlauer Stierblut" nach Österreich gelangenden Wein. Die aus dem Weinbaugebiet Eger (Erlau) stammenden Weine würden von der Klägerin der Firma L & K. unter der Bezeichnung "Erlauer Rotwein", "Erlauer Burgunder" oder aber auch unter anderen Namen, in denen das Wort Erlau vorkomme, geliefert, und sie seien mit einem in Ungarn ausgestellten Ursprungszeugnis versehen. Der Beklagte habe von der Firma L. & K. Erlauer Rotwein bezogen, es habe sich dann aber gezeigt, daß er unter der Bezeichnung "Erlauer" mehr Rotwein verkauft habe, als er bei der Firma L. & K. an Erlauer Rotwein gekauft habe; Probekäufe hätten ergeben, daß der vom Beklagten verkaufte Wein nicht dem von der Firma L. & K. stammenden Rotwein gleiche. Der Beklagte verkaufe seit etwa 15 Jahren Rotwein mit der Bezeichnung "Erlauer Rotwein Blauer Burgunder". Die von ihm seit 8 bis 10 Jahren verwendete Etikette trage auf weißem Untergrund in roten Buchstaben die Worte "Erlauer Rotwein Blauer Burgunder, Johann E., Weingroßkellereien Wien, in Österreich in Flaschen abgefüllt". Dabei seien die Worte "Erlauer Rotwein" in großer Schrift als Blickfang gehalten und die Worte "Blauer Burgunder" in gleicher Schrift als Unterangabe. Der vom Beklagten unter der Bezeichnung "Erlauer Rotwein" verkaufte Rotwein sei ein Verschnitt aus österreichischen, spanischen, französischen, jugoslawischen und portugiesischen Weinen. Unter der Bezeichnung "Erlauer Rotwein" verkaufe der Beklagte keinen Wein, der aus Eger (Erlau) stamme. Nur dann, wenn er zu wenig importierten Wein habe, kaufe er von der Firma L. & K. Wein unter den Bezeichnungen "Erlauer" oder "Rotwein" oder "Kalterer" und verschneide ihn mit seinem Wein. Aus Ungarn direkt habe der Beklagte seit 1945 keinen Wein bezogen. Bis etwa 1965 habe der Beklagte zirka zwei Jahre hindurch Rotwein auch unter der Bezeichnung "Erlauer Stierblut" verkauft. Die dabei in Verwendung gestandene Etikette habe die Farben rot-weiß-grün und die Aufschrift gehabt "Ungarn, Erlauer Stierblut, Weingroßkellereien Johann E., Wien I., in Österreich in Flaschen gefüllt, VUX". Die Flaschen seien überdies mit einer weißen Kapsel verschlossen, deren oberer Rand die Farben rot-weiß-grün und deren unterer Rand die Farbe rot hätten. Der vom Beklagten unter der Bezeichnung "Erlauer Stierblut" verkaufte Rotwein sei ein von ihm bei der Firma L. & K. unter der Bezeichnung "Erlauer" bezogener Wein gewesen, den er mit einem Beaujolais aufgebessert habe. Der Beklagte habe behauptet, dem "Erlauer" etwa 20% des Beaujolais zugesetzt zu haben. Das Zentralinstitut für Weinqualifizierung Budapest habe am 19. Juni 1965 festgestellt, daß der von der Klägerin am 8. Juni 1965 eingelieferte Wein mit der Flaschenbauchetikette "Erlauer Rotwein Blauer Burgunder, Johann E., Weingroßkellereien Wien, in Österreich in Flaschen abgefüllt" einem ungarischen Rotwein nicht entspreche. Der Rotweincharakter sei fremdartig und der Herkunftscharakter überhaupt nicht erkennbar. Bei dem von der Klägerin am 24. Juni 1965 eingesandten Weinmuster, einer Flasche mit der Bezeichnung "Weingroßkellerei Johann E., Wien I., Erlauer Stierblut" sei festzustellen (Zentralinstitut für Weinqualifizierung Budapest vom 7. Juli 1965), daß das Muster in Farbe, Geschmack und Geruch vollkommen vom Charakter ungarischer Rotweine abweiche. Es entbehre den Herkunftscharakter und entspreche als Stierblut nicht. Die Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft sei unter Hinweis auf § 6

(2) UWG. eingeladen worden, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob die Namen "Erlauer Rotwein" und "Erlauer Stierblut" bzw. allgemein "Erlauer" im geschäftlichen Verkehr eine Herkunftsbezeichnung seien oder zur Benennung von Wein dienten, ohne dessen Herkunft bezeichnen zu sollen. Als Ergebnis der Umfrage seien, wie sich aus dem Gutachten vom 3. Oktober 1966 ergebe, 186 verwertbare Äußerungen eingelangt, von denen 89 aus dem Handel, 22 aus dem Gewerbe, 12 aus der Industrie und 63 aus dem Fremdenverkehr stammten. 65 dieser Äußerungen seien aus Wien, der Rest verteile sich auf die übrigen Bundesländer. Zur Frage, ob die Befragten in den Bezeichnungen "Erlauer Rotwein", "Erlauer Stierblut" oder "Erlauer" Angaben erblickten, die auf die örtliche Herkunft der damit bezeichneten Weine hinweisen, oder ob sie darin lediglich Benennungen erblickten, die zur Kennzeichnung der Beschaffenheit oder Eigenart des Weines dienen, ohne daß sie dessen Herkunft bezeichnen sollen, hätten alle 186 verwertbaren Äußerungen Stellung genommen. 54 der Befragten aus dem Handel, 12 aus dem Gewerbe, 8 aus der Industrie und 52 aus dem Fremdenverkehr, insgesamt also 126 (d. s. 67.7%) hätten zum Ausdruck gebracht, daß sie in diesen Bezeichnungen einen Hinweis auf die örtliche Herkunft des so bezeichneten Weines erblickten. 10 der Befragten aus dieser Gruppe hätten allerdings hinzugefügt, daß die Bezeichnung "Erlauer Stierblut" ihrer Auffassung nach als Typenbezeichnung anzusehen sei. 35 der Befragten aus dem Handel, 9 aus dem Gewerbe, 4 aus der Industrie und 11 aus dem Fremdenverkehr, insgesamt also 59 (d. s. 31.8%) hätten angegeben, daß die Bezeichnungen "Erlauer Stierblut", "Erlauer Rotwein" oder "Erlauer" lediglich Bezeichnungen seien, die zur Kennzeichnung der Beschaffenheit oder Eigenart des Weines dienen, ohne daß sie dessen Herkunft bezeichnen sollen. Einer der Befragten aus dem Gewerbe habe angegeben, daß die mit "Erlau" bezeichneten Weine aus dem Betrieb der Weinkellerei L. & K. stammten. Zur Frage, welche Auffassung das kaufende Publikum habe, hätten 134 der Befragten (davon 71 aus dem Handel, 19 aus dem Gewerbe, 9 aus der Industrie und 35 aus dem Fremdenverkehr) geantwortet. 37 der Befragten aus dem Handel, 8 aus dem Gewerbe, 7 aus der Industrie und 24 aus dem Fremdenverkehr, insgesamt also 76 (d. s. 56.7%) hätten zum Ausdruck gebracht, daß das kaufende Publikum überwiegend in der Bezeichnung "Erlauer" einen Hinweis auf die örtliche Herkunft der so bezeichneten Weine erblicke. 3 der Befragten aus dieser Gruppe hätten allerdings darauf hingewiesen, daß die Auffassung des Publikums geteilt sei. 34 der Befragten aus dem Handel, 11 aus dem Gewerbe, 2 aus der Industrie und 11 aus dem Fremdenverkehr, insgesamt also 58 (d. s. 43.3%) hätten angegeben, daß das kaufende Publikum in diesen Bezeichnungen lediglich Benennungen erblicke, die zur Kennzeichnung der Beschaffenheit oder Eigenart des damit bezeichneten Weines dienten.

Aus diesem Gutachten ergebe sich somit, daß die Bezeichnung "Erlau" und die mit ihr zusammengesetzten Benennungen ihre ursprüngliche Bedeutung als geographische Herkunftsangabe nicht verloren hätten.

Soweit der Beklagte zum Gutachten der Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft vom 3. Oktober 1966 anführe, daß die dieser gutächtlichen Äußerung zugrunde liegende Befragung unter der Oberaufsicht des Bundesinnungsmeisters Rudolf Sch., eines Angestellten der Firma L. & K., und vermutlich auch nach seinen Weisungen durchgeführt worden sei, müsse auf die diesbezügliche Äußerung der Bundeswirtschaftskammer vom 5. Dezember 1966, hingewiesen werden. Darnach lägen ihrer Äußerung einzelne von den Landeskammern eingeholte Aussagen von Betrieben zu Gründe, die einen repräsentativen Querschnitt aus dem gesamten Vertretungsbereich der Handelskammerorganisation darstellten. Bei dem Erhebungsverfahren würden aber die verschiedenen Fachorganisationen auf Bundesebene nicht eingeschaltet und die Erhebungen lediglich über die territorialen Organisationen, also über die Landeskammern der Gewerblichen Wirtschaft, durchgeführt. Eine allfällige Einflußnahme eines am Rechtsstreit Interessierten käme, wenn überhaupt, nur für seine Berufsgruppe und deren Organisation (im gegenständlichem Falle also für das Bundesgremium des Weingroßhandels) in Frage. Derartiges sei noch nicht vorgekommen. Überdies wäre bei der weiten Streuung gerade der vorliegenden Umfrage, die neben dem Weingroßhandel auch den Lebensmittel Groß- und Kleinhandel, die einschlägigen Betriebe des Gewerbes, der Industrie und des Gastgewerbes umfasse, selbst eine gesteuerte Stellungnahme durch eine im Gesamtrahmen der Befragung kleine Gruppe praktisch bedeutungslos.

Die in Budapest domizilierte Klägerin genieße gemäß Art. 2 und 3 des Pariser Unionsvertrages Inländerbehandlung, da Ungarn diesem Vertrag in der im Haag revidierten Fassung angehöre (BGBl. Nr. 7/1948). Die Streitteile seien Mitbewerber im geschäftlichen Verkehr. Entscheidend sei, ob die Bezeichnungen "Erlauer Rotwein" und "Erlauer Stierblut" für Rotweine nach der Verkehrsauffassung auf die Herkunft des Weines hinwiesen oder Gattungsbezeichnungen oder etwa Phantasienamen seien. Nach § 14 (6) WeinG. 1961, BGBl. Nr. 187, dürften geographische Bezeichnungen zur Kennzeichnung der Beschaffenheit oder Eigenart des Weines, ohne daß sie dessen Herkunft bezeichnen sollen, nur verwendet werden, wenn sie allgemein in solcher Bedeutung gebraucht würden. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft habe, wenn begrundeterweise angenommen werden könne, daß eine geographische Bezeichnung eine solche Bedeutung erlangt habe, diese Bezeichnung durch Verordnung festzusetzen. Bezüglich Erlauer Weines sei bisher eine solche Verordnung nicht erlassen worden. Nach § 17 WeinG. 1961 dürfe ein Verschnitt inländischen Weines mit ausländischem Wein mit einer örtlichen Herkunftsbezeichnung des Auslandes nur dann bezeichnet werden, wenn der Anteil an Wein der betreffenden Herkunft mindestens zwei Drittel betrage und die Art bestimme. Ein Verschnitt von Weinen, die aus verschiedenen ausländischen Staaten stammten, dürfe nach einer örtlichen Herkunftsbezeichnung des Auslandes allein nur dann benannt werden, wenn der Anteil an Wein der betreffenden örtlichen Herkunft mindestens zwei Drittel der Gesamtmenge betrage und die Art bestimmen. Zwischenstaatliche Vereinbarungen über Herkunftsbezeichnungen von Wein hatten nach § 17 (3) leg. cit. unberührt zu bleiben. Zwischen Österreich und Ungarn bestunden solche Vereinbarungen jedoch nicht. Da im Gebiet von Eger (Erlau) Weinbau betrieben und Wein hergestellt werde, seien die Bezeichnungen "Erlauer Rotwein" und "Erlauer Stierblut" für Rotweine in ihrer ursprünglichen Bedeutung zweifellos Ursprungsangaben. Sie wiesen nicht nur auf eine bestimmte geographische Herkunft, sondern auch auf die natürliche Verbundenheit mit dem Ort hin, in dem der Wein hervorgebracht werde. Aus dem Gutachten der Bundeskammer der Gewerblichen Wirtschaft ergebe sich, daß die Bezeichnung "Erlau" und die damit zusammengesetzten Benennungen ihre Ursprungsbedeutung als geographische Herkunftsangabe nicht verloren hätten. Eine Umwandlung zur Gattungsbezeichnung sei nicht eingetreten. Es dürften also die Angaben "Erlauer Rotwein" und "Erlauer Stierblut" zur Bezeichnung von Rotwein nur dann verwendet werden, wenn er wirklich aus dem bestimmenden Weinbaugebiet Eger (Erlau) stamme. Weder der vom Beklagten unter der Bezeichnung "Erlauer Rotwein" jetzt noch verkaufte Wein, noch der von ihm früher unter der Bezeichnung "Erlauer Stierblut" verkaufte Wein erfülle diese Voraussetzungen. Der Beklagte mache daher durch die Verwendung der Bezeichnung "Erlauer Rotwein" und "Erlauer Stierblut" eine unrichtige Angabe über den Ursprung des Weines. Dies sei geeignet, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen (§ 2 UWG.). Es sei auch die Wiederholungsgefahr gegeben, weil der Beklagte derzeit noch immer Weine, die nicht aus dem Weinbaugebiet von Eger stammten, unter der Bezeichnung "Erlauer Rotwein" vertreibe. Die Befugnis, das Urteil zu veröffentlichen, sei der Klägerin nach § 25 (4) UWG. deshalb zuzusprechen, weil die vom Beklagten im geschäftlichen Verkehr verwendeten Bezeichnungen in weiten Kreisen bekannt geworden seien.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es billigte die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes und auch dessen rechtliche Beurteilung. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens beschwert sich der Beklagte darüber, daß die Meinungsumfrage der Handelskammer als "schlüssig und hinreichend" angesehen worden sei, obwohl der größte zu befragende Kundenkreis, nämlich die Letztverbraucher, nicht befragt worden seien. Diese Behauptung ist aber, wie schon das Berufungsgericht dargelegt hat, nicht zutreffend. Es hat dazu ausgeführt, die Bundeskammer habe tatsächlich Konsumenten selbst nicht befragt, wohl aber verschiedene Kaufleute über die ihrer Meinung nach bei den Konsumenten bestehende Auffassung. Dies genüge im vorliegenden Fall, weil Kaufleute, die unmittelbar mit den Verbrauchern zusammenkommen, in der Regel auch wüßten, was sich diese Konsumenten unter einer bestimmten Warenbezeichnung vorstellten. Die Befragung durch die Bundeskammer bilde daher einen repräsentativen Querschnitt durch die Auffassung auch der Konsumentenkreise. Wenn der Beklagte bestreitet, daß Kaufleute in der Regel wüßten, was sich die Konsumenten unter einer bestimmten Warenbezeichnung vorstellten, so bekämpft er in Wahrheit die Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes. Die Ergebnisse eines Sachverständigengutachtens sind Tatsachenfeststellungen, dazu gehört hier auch die Feststellung der Konsumentenmeinung. Die Beweiswürdigung ist jedoch im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfbar.

Als Verfahrensmangel sieht der Beklagte auch an, daß neben dem Gutachten der Handelskammer nicht auch ein Sachverständigenbeweis durchgeführt und die Durchführung einer modernen Meinungsforschung abgelehnt worden seien. Ob das letztgenannte Beweismittel überhaupt als Sachverständigenbeweis gelten kann (dagegen Fasching III S. 473, dafür Mayer - Maly. Das Verhältnis zwischen Wettbewerbsrecht und Lebensmittelrecht bei der Entwicklung von Herkunftsangaben zu Gattungsbezeichnungen, JBl. 1968, S. 59), kann dahingestellt bleiben, weil die Untergerichte dem im § 6 (2) UWG. zwingend vorgeschriebenen, wenn auch nicht bindenden Kammergutachten folgen konnten. Das Gericht kann dem Sachverständigengutachten immer dann folgen, wenn kein Verstoß gegen die Denkgesetze vorliegt und kein wesentlicher Verhandlungsstoff außer acht gelassen wurde (SZ. XXII 126 und ebenso zahlreiche weitere Entscheidungen). Verstöße gegen die Denkgesetze vermag der Beklagte nicht darzulegen. Die Außerachtlassung wesentlichen Verhandlungsstoffes ist aber nicht bewiesen, weil bei der Meinungsbefragung durch die Kammer auch die Meinung der Konsumenten hinreichend erforscht worden ist. Wenn Mayer - Maly, a.a.O., S. 59 ff., die Meinung zu vertreten scheint, daß neben der Einholung eines Kammergutachtens stets auch die Verkehrsauffassung mit den Mitteln wissenschaftlicher Meinungsforschung zu erheben sei, so kann dem nicht gefolgt werden, weil das Gesetz primär die Einholung des Kammergutachtens als grundlegendes Beweismittel vorschreibt und es der Kammer über, lassen bleiben muß, ihre Methode der Meinungsforschung dem Fortschritte der Wissenschaft anzupassen. Ist dieses Gutachten schlüssig, dann bedarf es keines zweiten Gutachtens eines Sachverständigen. Die Entscheidung, ob trotzdem ein weiteres Gutachten einzuholen sei, ist ein Akt der Beweiswürdigung und damit nicht revisibel.

Der Beklagte rügt im Revisionsverfahren neuerlich das Unterbleiben der Vernehmung des Zeugen Sch. Dieser sei Bundesinnungsmeister und gleichzeitig Angestellter der Weingroßhandlung L. & K. Nur durch seine Vernehmung hätte geklärt werden können, ob er auf die Erstattung des Kammergutachtens Einfluß genommen habe. Auf diese Mängelrüge kann aber nicht eingegangen werden, weil ein Verfahrensmangel immer nur in der nächstfolgenden Instanz geltend gemacht werden kann; wenn diese den gerügten Verfahrensmangel nicht für zutreffend hält, wie im vorliegenden Fall, ist eine Überprüfung durch die dritte Instanz ausgeschlossen (SZ. XXII 106).

Die Rechtsrüge ist gleichfalls unbegrundet.

Unrichtig ist die Behauptung des Beklagten, das Erstgericht habe sich an das Kammergutachten gebunden gefühlt. Dies ist den Ausführungen des Erstgerichtes nicht zu entnehmen. Es hat das Kammergutachten aber für schlüssig und ausreichend gehalten, so daß kein Grund vorhanden war, ein zweites Gutachten einzuholen. Wenn der Beklagte davon ausgeht, daß das Kammergutachten unvollständig sei und der Name "Erlau" seit einem halben Jahrhundert nicht mehr gebraucht werde, und wenn behauptet wird, daß der von der klagenden Partei eingeführte "Erlauer" gar nicht aus dem Weingebiet von Erlau stamme, so geht die Revision nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes aus.

Es ist richtig, wenn das Erstgericht die Umänderung einer Herkunftsbezeichnung in eine Gattungsbezeichnung erst dann für abgeschlossen erklärt, wenn nur noch ein unbeträchtlicher Teil der beteiligten Verkehrskreise in der Angabe einen Hinweis auf die Herkunft findet. Dies entspricht der herrschenden Lehre (Hohenecker - Friedl, S. 29 f. Baumbach - Hefermehl[9] I S. 568, v. Gamm, S. 111). Die von Mayer - Maly, a.a.O., vertretene Meinung, die Auffassung der Mehrheit der Verkehrsteilnehmer habe als Verkehrsauffassung zu gelten, kann schon deshalb nicht gebilligt werden, weil dies mit dem hier anzuwendenden § 14 (6) WeinG. 1961 in Widerspruch steht. Geographische Bezeichnungen zur Kennzeichnung der Beschaffenheit oder Eigenart des Weines, ohne daß sie dessen Herkunft bezeichnen sollen, dürfen nach § 14 (6) WeinG. nur verwendet werden, wenn sie allgemein in solcher Bedeutung gebraucht werden. Ein mehrheitlicher Gebrauch ist aber kein allgemeiner Gebrauch. Die im § 2 UWG. verbotene Täuschung des Publikums ist erst dann hinfällig, wenn nur mehr ein unbedeutender und daher zu vernachlässigender Teil des Publikums der Täuschung erliegen kann. Es besteht daher keine Veranlassung, von der bisherigen Praxis abzugehen.

Anmerkung

Z41026

Schlagworte

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European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0040OB00306.68.0227.000

Dokumentnummer

JJT_19680227_OGH0002_0040OB00306_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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