TE OGH 1968/3/27 3Ob30/68

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Veröffentlicht am 27.03.1968
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Norm

Agrarverfahrensgesetz §14
EO §1 Z15

Kopf

SZ 41/35

Spruch

Ein vor der Agrarbehörde selbst geschlossener Vergleich bedarf nicht noch der ausdrücklichen Genehmigung dieser Behörde.

Entscheidung vom 27. März 1968, 3 Ob 30/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Reutte; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.

Text

Am 20. August 1957 schlossen die betreibende Partei und der Verpflichtete vor dem Vertreter des Amtes der Landesregierung X. als Agrarbehörde erster Instanz, Regierungsrat Dr. Albert M., einen Vergleich, worin im Punkt 3 vereinbart wurde: "Heinrich F. als grundbücherlicher Eigentümer des Hauses Nr. 39 verpflichtet sich ausdrücklich und rechtsverbindlich, für sich und seine Rechtsnachfolger im Eigentum des Hauses Nr. 39 in H., innerhalb zehn Jahren, und zwar bis längstens 1. November 1967, das bisher eingeforstete Haus Nr. 39 vollständig und zur Gänze abzureißen und erteilt seine ausdrückliche Einwilligung, daß auf Grund dieses Vergleiches auch auf einseitiges Ersuchen der Gemeinde H. die entsprechende Reallast auf der Liegenschaft, in der das Haus Nr. 39, vorgetragen ist, einverleibt wird". Auf Grund dieses Vergleiches beantragte die betreibende Partei am 2. November 1967 die Exekution nach § 353 EO., nämlich die Ermächtigung, das genannte Haus auf Kosten des Verpflichteten abzureißen. Zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrages beantragte sie die Fahrnisexekution.

Das Erstgericht bewilligte diese Exekutionen.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag ab. Es führte aus, nach § 14 Agrarverfahrensgesetz haben zwar die von der Agrarbehörde genehmigten Vergleiche die Rechtswirkungen gerichtlicher Urteile und Vergleiche, im vorliegenden Fall fehle jedoch die Genehmigung der Agrarbehörde, der Vergleich bilde daher keinen Exekutionstitel.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 1 Z. 15 EO. sind Exekutionstitel Vergleiche, welche vor einem Gemeindevermittlungsamt, vor Polizeibehörden oder vor anderen zur Aufnahme von Vergleichen berufenen öffentlichen Organen geschlossen wurden, falls denselben durch die bestehenden Vorschriften die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches beigelegt ist. Gemäß § 14 Agrarverfahrensgesetz, BGBl. 1950, Nr. 173, haben die Bescheide der Agrarbehörden und die von ihnen genehmigten Vergleiche hinsichtlich der Vollstreckbarkeit die Rechtswirkung gerichtlicher Urteile und Vergleiche. Es ist der betreibenden Partei beizustimmen, daß ein vor der Agrarbehörde selbst geschlossener Vergleich, der Angelegenheiten betrifft, die zum Wirkungskreis der Agrarbehörde gehören, nicht darüber hinaus noch der ausdrücklichen Genehmigung dieser Behörde bedarf. Das Erfordernis der Genehmigung kann sich somit denknotwendig nur auf Vergleiche beziehen, die ohne Mitwirkung der betreffenden Behörde geschlossen wurden. Im gegebenen Fall ist nicht anzunehmen, daß die Agrarbehörde einen Vergleich protokolliert und dessen Ausfertigungen den Parteien zustellt, wenn sie ihn nicht genehmigen will. Der vorliegende Vergleich muß daher als ein Exekutionstitel im Sinne des § 1 Z. 15 EO. angesehen werden.

Die darin enthaltene Verpflichtung des Heinrich F., das Haus bis längstens 1. November 1967 abzureißen, wird von keinerlei Bedingung abhängig gemacht, die etwa im Sinne des § 7 (2) EO. von der betreibenden Partei hätte nachgewiesen werden müssen. Das Erstgericht hat daher mit Recht die beantragte Exekution bewilligt.

Die vom Verpflichteten in seinem Rekurs vorgebrachten Einwendungen, die betreibende Partei sei ihrer Verpflichtung hinsichtlich des Holzbezugsrechtes nicht nachgekommen, er habe eine Baubewilligung noch nicht erhalten und ihm sei keine Frist zum Abreißen des Hauses erteilt worden, sind nicht geeignet, den Exekutionsantrag abzulehnen. Eine neuerliche Frist zum Abreißen des Hauses war dem Verpflichteten nicht zu setzen, weil sie schon im Vergleich eindeutig enthalten ist. Eine Vorauszahlung der Kosten der Demolierung des Hauses wurde von der betreibenden Partei nicht beantragt und dem Verpflichteten auch nicht aufgetragen, daher entfällt auch in diesem Punkt die Setzung einer Leistungsfrist. Der Einwand, das Haus sei noch von einem Mieter bewohnt, ist inzwischen hinfällig geworden, weil dieser Mieter nach dem Vorbringen des Verpflichteten selbst bereits ausgezogen ist.

Anmerkung

Z41035

Schlagworte

Agrarbehörde, Genehmigung eines Vergleiches Exekutionstitel, Vergleich vor der Agrarbehözde Genehmigung, Vergleich vor der Agrarbehörde Vergleich, Vollstreckbarkeit eines - vor der Agrarbehörde Vollstreckbarkeit, Vergleich vor der Agrarbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0030OB00030.68.0327.000

Dokumentnummer

JJT_19680327_OGH0002_0030OB00030_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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