TE OGH 1968/4/10 3Ob39/68

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Veröffentlicht am 10.04.1968
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Norm

ABGB §297
EO §252

Kopf

SZ 41/44

Spruch

Wurde ein Betrieb dauernd stillgelegt, so kann die Zubehörseigenschaft der Maschinen, die früher in dem nunmehr stillgelegten Betrieb verwendet wurden, nicht durch die Annahme aufrechterhalten werden, diese Maschinen könnten einem andersgearteten Betrieb dienen.

Entscheidung vom 10. April 1968, 3 Ob 39/68.

I. Instanz: Bezirksgericht Amstetten; II. Instanz: Kreisgericht St. Pölten.

Text

Mit Beschluß vom 23. Dezember 1966 setzte der Erstrichter den Schätzwert der zu versteigernden Liegenschaft EZ. 627 KG. M. ausschließlich des Zubehörs mit dem Betrag von 17.851.600 S und den Wert des Zubehörs mit 3.859.000 S endgültig fest.

Infolge Rekurses des Verpflichteten hob das Rekursgericht diesen Beschluß auf und verwies die Sache zur Ergänzung des Verfahrens und und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Der Erstrichter habe die vom Sachverständigen Ing. B. unter dem Titel "Maschinen" und "Büro" geschätzten Gegenstände in die Kategorie Zubehör eingeordnet und alles übrige zusammen mit der Liegenschaft bewertet, ohne die für die Entscheidung über den Zubehörscharakter erforderlichen Feststellungen zu treffen. Zur Lösung der Zubehörsfrage erweise sich eine Ergänzung des Verfahrens als notwendig.

Im ergänzenden Verfahren erstattete Ing. B. ein Gutachten, in dem er die von ihm geschätzten Maschinen und anlagen in vier Gruppen einteilte. In der Gruppe I faßte er die Maschinen zusammen, "welche nur in einem speziellen holzverarbeitenden Betrieb verwendet werden können und wie sie hauptsächlich in dem gegenständlichen Betrieb aufgestellt sind". In Gruppe II führte er Holzbearbeitungsmaschinen an, "die in jedem Tischlereibetrieb verwendet werden können". In Gruppe III bezeichnete er jene Maschinen, "welche auch in einem nicht holzverarbeitenden Betrieb verwendet werden können". Gruppe IV enthält die elektrischen Anlagen, wie sie im Schätzungsgutachten des Sachverständigen Ing. A. B. vom 11. Oktober 1966 angeführt sind. Gleichzeitig berücksichtigte der Sachverständige mehrere in seinem Vorgutachten nicht aufscheinende Maschinen und Anlagen, stellte den Schätzwert für eine Maschine richtig, berücksichtigte, daß in der Zwischenzeit Maschinen ausgeschieden worden waren und daß die Maschinen infolge des Stillstandes in der Zwischenzeit eine Wertminderung erfahren haben.

Mit Beschluß vom 8. September 1967 setzte nun der Erstrichter den Schätzwert für die Liegenschaft ausschließlich des Zubehörs mit

17.628.600 S, den Wert des Zubehörs mit 435.150 S fest. Er schied die vom Sachverständigen Ing. B. in den Gruppen I und II angeführten Maschinen und Anlagen als Zubehör der zu versteigernden Liegenschaft aus, sodaß lediglich die in den Gruppen III und IV des Sachverständigen Ing. B. zusammengefaßten Maschinen und Anlagen Zubehör der Liegenschaft blieben.

Diesen Beschluß änderte das Rekursgericht dahin ab, daß es im wesentlichen die Ausscheidung der in Gruppe II fallenden Maschinen und Geräte aufhob und entsprechend dieser Erweiterung des Liegenschaftszubehörs den Schätzwert des Zubehörs mit 765.150 S (statt 435.150 S) festsetzte. Im übrigen bestätigte das Rekursgericht den erstrichterlichen Beschluß. Da die ziffernmäßige Höhe der Schätzwerte für Liegenschaft und Maschinen nicht mehr bekämpft wird, erübrigt es sich, auf die diesbezüglichen Ausführungen des Rekursgerichtes einzugehen. Zur Frage der Zubehörsqualität der einzelnen Maschinen und Anlagen billigte das Rekursgericht zwar die Feststellung des Erstrichters, daß der Fabriksbetrieb der "N."-Industrie- und Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG. als dauernd stillgelegt anzusehen sei; dies habe zur Folge, daß die Zubehöreigenschaft jener Maschinen und Anlagen, die speziell auf die bisherige Erzeugungstätigkeit des Unternehmens abgestellt und ihm nur aus diesem Grund gewidmet waren, erloschen sei. Dies bedeute jedoch nicht, daß das gesamte Unternehmenszubehör aus der gegenständlichen Liegenschaftsexekution auszuscheiden sei. Die Liegenschaft bleibe nach wie vor eine Fabriksliegenschaft und sei als solche der auf ihr errichteten Erwerbsgelegenheit, die noch nicht zerschlagen, sondern nur in ihrer bisherigen Form dauernd stillgelegt sei, gewidmet. Die in der Gruppe II angeführten Maschinen seien jedoch keine Spezialmaschinen, sondern könnten in jedem Tischlereibetrieb und sogar in anderen als holzverarbeitenden Betrieben verwendet werden. Es sei daher die Zubehörseigenschaft der in den Gruppen II und III angeführten Maschinen und Anlagen des holzverarbeitenden Betriebes der "N." nicht erloschen. Dazu komme, daß Lage und Beschaffenheit der Fabriksrealität sowie die Ausgestaltung der Fabriksgebäude in erster Linie dazu bestimmt seien, dort eine Erzeugungstätigkeit auf dem Holzsektor auszuüben.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Verpflichteten Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Da die Ausscheidung der in Gruppe I angeführten Maschinen und Anlagen aus dem Liegenschaftszubehör ebenso unbekämpft blieb wie die Zubehörsqualität der unter III und IV angeführten Maschinen und Anlagen, hat sich der Oberste Gerichtshof nur mit der Frage zu befassen, ob die unter II angeführten Maschinen und Geräte Zubehör der zu versteigenden Liegenschaft darstellen. Diese Frage ist aus folgenden Erwägungen zu verneinen:

Fahrnisse sind dann Zubehör einer Betriebsliegenschaft, wenn sie zum dauernden Gebrauch der Hauptsache bestimmt sind und tatsächlich diesem Zweck dienen (SZ. XIV 32, RiZ. 1957 S. 102 u. a.). Bei der Bestimmung, ob Fahrnisse tatsächlich dem wirtschaftlichen Zweck der Betriebsliegenschaft dienen, kommt es nicht allein auf den Willen des Liegenschafts- und Fahrniseigentümers an, sondern auch auf die Auffassung des Verkehrs. Erst dann, wenn ein Unternehmen in einer Weise weggefallen ist, daß die Liegenschaft sowohl unter dem derzeitigen Eigentümer als auch unter einem zukünftigen Eigentümer unter keinen Umständen mehr des Zubehörs bedarf, liegt eine gänzliche und dauernde Betriebseinstellung vor, welche zur Aufhebung der Zubehörseigenschaft führt (EvBl). 1959 Nr. 225, HS. 4060).

Nach den unbedenklichen Feststellungen des Rekursgerichtes ist der Betrieb der "N."-Industrie- und Handelsgesellschaft m.b.H. & Co. KG. zumindest in seiner bisherigen Form als dauernd stillgelegt anzusehen. Dies bedeutet, daß die Möglichkeit einer Wiederaufnahme des von der "N." geführten Betriebes ausscheidet. Damit hat aber auch eine allfällige Organisation dieser Erwerbsangelegenheit, soweit sie überhaupt noch besteht, ihre Bedeutung verloren. Der Wegfall der Organisation des holzverarbeitenden Betriebes der "N."

war ja auch Voraussetzung für ein Ausscheiden der in Gruppe I angeführten Maschinen aus dem Kreise des Zubehörs.

Wurde aber ein Betrieb dauernd stillgelegt, wurde die Organisation seiner Erwerbstätigkeit zerschlagen, so kann die Zubehörseigenschaft der Maschinen, die früher in dem nunmehr stillgelegten Betrieb verwendet wurden, nicht durch die Annahme aufrechterhalten werden, diese Maschinen könnten einem andersgearteten Betrieb dienen. Wenn auch die vom Sachverständigen in Gruppe II angeführten Maschinen in einem holzbearbeitenden Betrieb Verwendung finden können, so hindert dies nicht die Beendigung ihrer Zubehörseigenschaft zu einer ursprünglich der Holzverarbeitung dienenden Betriebsliegenschaft. Es handelt sich hiebei um zwei verschiedene Betriebsarten. Während durch die Verarbeitung eines Stoffes eine Sache anderer Gattung entsteht (Schuh aus Leder, Möbel aus Holz, Brot aus Mehl), wird durch dessen Bearbeitung die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gattung nicht verändert (Schlegelberger, Kommentar[4], I S. 24; HGB. Großkommentar, Staub[3], I S. 123; Pisko, Lehrbuch, S. 30; Staub - Pisko, Kommentar[3] I/1 S. 56). Im vorliegenden Fall war die ursprüngliche Organisation der Erwerbstätigkeit nicht auf die Holzbearbeitung, sondern auf die Holzverarbeitung ausgerichtet. Daran ändert nichts, daß mit der Holzverarbeitung allenfalls auch eine Holzbearbeitung verbunden war, da es sich bei der Umstellung eines Unternehmens von Holzverarbeitung auf Holzbearbeitung jedenfalls nicht um eine Verkleinerung des Unternehmens handelt, sondern um eine anders geartete Erwerbstätigkeit.

Anmerkung

Z41044

Schlagworte

Betrieb, Maschine als Zubehör in stillgelegtem -, Einstellung, Maschine als Zubehör eines Betriebes nach dessen -, Maschine, Zubehör eines stillgelegten Betriebes, Stillegung, Maschine als Zubehör eines Betriebes nach -, Zubehör, Maschine in stillgelegtem Betrieb

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0030OB00039.68.0410.000

Dokumentnummer

JJT_19680410_OGH0002_0030OB00039_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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