TE OGH 1968/7/9 2Ob220/68

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Veröffentlicht am 09.07.1968
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Norm

ABGB §1326

Kopf

SZ 41/92

Spruch

Der Schadenersatzanspruch für Verhinderung des besseren Fortkommens infolge Verunstaltung ist mit einem Globalbetrag zu bemessen. Keine getrennten Zusprüche für verschlechterte Berufsaussichten einerseits und Heiratsaussichten andererseits.

Entscheidung vom 9. Juli 1968, 2 Ob 220/68.

I. Instanz Kreisgericht Leoben; II. Instanz Oberlandesgericht Graz.

Text

Den Erstbeklagten als den angestellten Lenker eines LKWs, dessen Halter der Zweitbeklagte war, trifft das alleinige Verschulden an einem Verkehrsunfall, bei dem am 17. Oktober 1966 die Klägerin schwer verletzt wurde und Sachschaden erlitt.

Ihren gegenüber beiden Beklagten erhobenen Schadenersatzansprüchen gab das Erstgericht unter Abweisung des Mehrbegehrens von 25.953.08 S mit dem Betrag von 81.412.82 S samt Zinsen statt, desgleichen dem mit dem Leistungsbegehren verbundenen Feststellungsbegehren.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge. Es bestätigte mit Teilurteil das im abweisenden Teil, im Feststellungsausspruch und im Zuspruch von 36.384.82 S samt Zinsen unbekämpft gebliebene Ersturteil hinsichtlich des Zuspruches von 34.000 S samt Zinsen, wies ein weiteres Teilbegehren von 1028 S ab und hob es im Zuspruch eines weiteren Teilbetrages von 10.000 S und im Kostenpunkt ohne Rechtskraftvorbehalt auf.

Die Beklagten bekämpfen das berufungsgerichtliche Teilurteil im Zuspruch von 20.000 S mit Revision.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei dem revisionsverfangenen Betrag handelt es sich um Schadenersatz aus dem Rechtsgrund des § 1326 ABGB. Die Klägerin hatte aus diesem Titel je 25.000 S "für die durch die Verletzungen verminderten Heiratsaussichten" und "für die dauernde Verunstaltung, insbesondere für die Narben im Gesicht" verlangt. Das Erstgericht befand "für verminderte Heiratsaussichten" 20.000 S und weil eine durch Narben im Gesicht verunstaltete Frau schwerer einen Posten finde, weitere 10.000 S für angemessen. Die zweite Instanz billigte den Zuspruch für verminderte Heiratsaussichten, war jedoch der Ansicht, daß das Verfahren in tatsächlicher Hinsicht noch ergänzungsbedürftig sei, soweit es sich um die noch aufrechten Ansprüche der Klägerin aus einer Verhinderung des besseren Fortkommens (gemeint also offensichtlich in beruflicher Hinsicht) handle.

Die Beklagten rügen in bezug auf den Zuspruch von 20.000 S für verminderte Heiratsaussichten, daß es diesfalls an ausreichenden konkreten Tatsachenbehauptungen der Klägerin gefehlt habe und daß sich das Berufungsgericht mit dem diesfälligen Vorbringen der Beklagten als Berufungswerber nicht auseinandergesetzt habe. Sie machen ferner geltend, daß bei vorübergehender Verunstaltung der Ersatz für verminderte Heiratsaussichten den Nachweis einer günstigen Heiratsaussicht gerade in dieser Übergangszeit erfordere, daß die alleinige Feststellung von allenfalls entstellenden Narben den geschehenen Zuspruch nicht rechtfertige, schließlich, daß die vorhandenen Narbenbildungen überhaupt keine Verunstaltung darstellten.

Dieses Vorbringen ist nicht stichhältig.

Nach den Feststellungen der Untergerichte, die auf dem Gutachten des ärztlichen Sachverständigen beruhen, stellen die unfallskausalen Narben der Klägerin im Gesicht, nämlich an der Nasenwurzel, an der Stirn und am Kinn, sowie die Narben am linken Unterschenkel eine Verunstaltung, d. h. eine nicht unwesentliche nachteilige Veränderung des Äußeren, dar. Diese Verunstaltung ist auch nicht bloß vorübergehend, weil, wie gleichfalls feststeht, die Narben im Gesicht zwar im Lauf der Jahre verblassen, nicht aber ganz verschwinden werden. Der Ersatzanspruch gebührt bereits im Fall der bloßen Möglichkeit verminderter Heiratsaussichten. Eines weiteren Beweises bedarf es dafür nicht. Die Klägerin stand zur Unfallszeit kurz vor Vollendung ihres 20. Lebensjahres. Folgt man ihrer Aussage als Partei, so hatte sie knapp drei Wochen vor dem Unfall ihre Berufsausbildung als diplomierte Krankenschwester beendet und ist seit Herbst 1967 als solche berufstätig. Nach der Lebenserfahrung gehen Frauen mit dem Beruf der Klägerin nicht selten eine Ehe mit einem Arzt ein. Von diesem speziellen Fall abgesehen, kann die allgemeine Tendenz zur Eheschließung mit einer berufstätigen Frau nicht übersehen werden. Daß die Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung der Klägerin geeignet ist, ihre Heiratschancen zu verschlechtern, liegt auf der Hand. Solche Chancen werden aber bei einer Frau gemeiniglich im Hinblick auf die wirtschaftliche Geborgenheit in der Ehe als besseres Fortkommen beurteilt.

Der Ersatzanspruch für die Verhinderung des besseren Fortkommens infolge Verunstaltung nach § 1326 ABGB. ist gleich dem Schmerzengeldanspruch mit einem Globalbetrag abzugelten. In der Regel werden daher nicht gesonderte Beträge für verschlechterte Berufsaussichten einerseits und Heiratsaussichten andererseits nebeneinander zuzusprechen sein. Aber auch wenn von der durch das Klagsvorbringen und durch die Entscheidungen der Vorinstanzen geschaffenen Sachlage ausgegangen wird, kann nicht gesagt werden, daß eine Herabsetzung des allein für verminderte Heiratsaussichten zuerkannten Betrages gerechtfertigt wäre.

Anmerkung

Z41092

Schlagworte

Berufsaussichten, Globalentschädigung nach § 1326 ABGB., Globalentschädigung, Verunstaltungsentschädigung, Globalbetrag, Verunstaltungsentschädigung, Heiratsaussichten, Globalentschädigung nach § 1326 ABGB., Schadenersatz, Verunstaltungsentschädigung als Globalbetrag, Verunstaltungsentschädigung, Globalbetrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0020OB00220.68.0709.000

Dokumentnummer

JJT_19680709_OGH0002_0020OB00220_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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