TE OGH 1968/10/1 8Ob223/68

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Veröffentlicht am 01.10.1968
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Norm

ABGB §1375
ZPO §530 (1) Z7

Kopf

SZ 41/122

Spruch

Anerkennung des urteilsmäßig zuerkannten Anspruches nach Entstehen des Wiederaufnahmegrundes des § 530 Abs. 1 Z. 7 ZPO. schließt die Wiederaufnahme aus.

Entscheidung vom 1. Oktober 1968, 8 Ob 223/68.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Im Prozeß 7 Cg ../67 des Erstgerichtes wurde der dort beklagte Hans A. mit Versäumungsurteil vom 28. April 1967 zur Zahlung einer Wechselsumme von 94.100 S s. A. an die Sparkasse W. verhalten. Das Urteil wurde ihm am 9. Mai 1967 zugestellt und ist als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen.

Am 20. Juli 1967 brachte Hans A. gegen die Sparkasse W. die gegenständliche Wiederaufnahmsklage aus dem Gründe des § 530 (1) Z. 7 ZPO. mit der Behauptung ein, daß er am 21. Juni 1967 von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang B. ein Schreiben erhalten habe, wonach der Aussteller des strittigen Wechsels, Karl J. G., im Oktober 1965 mit der Sparkasse W. ein Zahlungsübereinkommen getroffen, die Wechselsumme bezahlt und die Sparkasse W. sich zur Ausfolgung des Wechsels an Rechtsanwalt Dr. B. verpflichtet habe; die Sparkasse W., nunmehr beklagte Partei, habe den Wechsel nicht herausgegeben und die Wechselsumme gegen ihn, den nunmehrigen Kläger, trotz Zahlung der Wechselschuld eingeklagt. Das Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. B. habe dem Kläger diese neuen Tatsachen erstmals zur Kenntnis gebracht, welche Tatsachen im Vorprozeß eine für ihn günstigere Entscheidung herbeigeführt hätten.

Die beklagte Sparkasse bestritt diese Behauptungen, insbesondere die Zahlung der Wechselschuld durch Karl J. G., und hielt der Wiederaufnahmsklage noch entgegen, der Kläger habe noch nach Fällung des Versäumungsurteiles und nach Erhalt des Schreibens des Rechtsanwaltes Dr. B. seine Wechselschuld anerkannt.

Das Erstgericht hat mit Urteil das Klagebegehren "auf Bewilligung der Wiederaufnahme zurückgewiesen".

Das Berufungsgericht hat der Berufung des Klägers mit der Maßgabe keine Folge gegeben, daß das Ersturteil zu lauten habe, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu 7 Cg ../67 des Landesgerichtes für ZRS. Graz werde nicht bewilligt.

Es legte seiner Entscheidung im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:

Anfangs April 1967 erklärte der Kläger dem Direktor der Sparkasse W., er schulde zwar die Wechselsumme, könne sie aber nicht sogleich bezahlen. Nach rechtsfreundlicher Mahnung wurde von der Sparkasse der Vorprozeß anhängig gemacht. Noch vor der ersten Tagsatzung vom 28. April 1967, und zwar am 25. April 1967, erklärte der Kläger vor dem Rechtsvertreter der Sparkasse W., Dr. Otto A., ausdrücklich zu Protokoll, die Wechselsumme schuldig zu sein und in bestimmten Teilbeträgen zu bezahlen. Der Kläger (im Vorprozeß Beklagter) ließ die erste Tagsatzung unbesucht. Am 11. Mai 1967, sohin nach Erhalt des Versäumungsurteils, leistete er bei Rechtsanwalt Dr. Otto A. eine Teilzahlung von 15.000 S. Infolge Zahlungsverzuges wurde der Kläger von Rechtsanwalt Dr. Otto A. wiederholt gemahnt, der in seinem Schreiben vom 23. Juni 1967 u. a. auch auf das Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. B. an den Kläger vom 14. Juni 1967 - eine Durchschrift davon war auch der Sparkasse W. zugegangen - Bezug nahm und die Richtigkeit dieses Schreibens in Abrede stellte. Am 5. Juli 1967 besprach Rechtsanwalt Dr. Otto A. mit dem Kläger das Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. B., über den Inhalt welches Schreibens der Kläger bereits unterrichtet war. Der Kläger bezahlte auf die Wechselschuld bei Dr. A. weitere 4000 S und sagte eine Teilzahlung von 30.000 S bis 20. Juli 1967 und die Zahlung von laufenden Monatsraten von 4000 S zu, wobei ausdrücklich auf das Informationsprotokoll vom 25. April 1967 Bezug genommen wurde.

Die rechtliche Begründung des Berufungsgerichtes geht dahin, daß die von Rechtsanwalt Dr. Otto A. als Erklärung des Klägers aufgenommene Information vom 5. Juli 1967 ein echtes Anerkenntnis der restlichen Wechselschuld darstelle. Zu dieser Zeit sei dem Kläger das Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. B. vom 14. Juni 1967, wonach Karl J. G. die Wechselschuld schon bezahlt haben sollte, bereits bekannt gewesen, im Zuge der Besprechungen zwischen dem Kläger und Rechtsanwalt Dr. Otto A. am 5. Juli 1967 erörtert und von diesem als inhaltlich unrichtig bezeichnet worden. Das Anerkenntnis verpflichte als neuer, selbständiger Rechtsgrund - unabhängig von der Richtigkeit des Schreibens des Rechtsanwaltes Dr. B. - den Kläger zur Zahlung der Wechselverbindlichkeit. Der Kläger habe zwar Zahlung der Schuld und Vereinbarung der Rückgabe des Wechsels als neue Tatsachen an sich erheblicher Art geltend gemacht, doch seien diese infolge des späteren Anerkenntnisses vom 5. Juli 1967 unerheblich geworden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Wiederaufnahmsklägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Rechtsrüge richtet sich gegen die Beurteilung der in der Information vom 5. Juli 1967 vom Kläger abgegebenen Erklärung als konstitutives Anerkenntnis der gegenständlichen Wechselschuld. Die vorgetragene Meinung, durch das Versäumungsurteil im Vorprozeß sei die Wechselschuld noviert und zu einer "Judikatschuld" geworden, verkennt, daß der Rechtsgrund der Schuld durch dieses Urteil nicht geändert wurde, das Urteil vielmehr nur einen Titel zur Durchsetzung der Wechselforderung darstellt. Hat der Kläger in Kenntnis des Schreibens des Rechtsanwaltes Dr. B. die Wechselverbindlichkeit als seine Schuld anerkannt, dann ist, auch wenn die durch das genannte Schreiben neu hervorgekommene Tatsache der Zahlung der Schuld als Wiederaufnahmsgrund an sich geeignet gewesen wäre, diese Eignung - nämlich die Eignung, eine dem Kläger günstigere Entscheidung der Hauptsache herbeizuführen - in Wegfall gekommen und die Wiederaufnahme des Verfahrens als nicht gerechtfertigt abzulehnen. Ein konstitutives Anerkenntnis kommt schon dann zustande, wenn der Gläubiger seinen Anspruch ernstlich behauptet und der Schuldner diesen sodann, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch deutlich erkennbar als seine Schuld zugibt. Dieses Anerkenntnis hat hilfsweise rechtsgestaltende Wirkung, sodaß der Gläubiger auf den ursprünglichen Rechtsgrund nicht zurückgreifen braucht (SZ. XXXVI 24). Der Kläger hat am 5. Juli 1967 sowohl in der dem Rechtsvertreter der beklagten Partei gegenüber abgegebenen und von diesem schriftlich aufgenommenen Erklärung die Zahlung der strittigen Schuld zugesagt, als auch zugleich 4000 S als weitere Teilzahlung auf diese Schuld geleistet. Damit hat er sich trotz Kenntnis der von Rechtsanwalt Dr. B. gemachten Mitteilung über die angebliche Zahlung der Schuld durch Karl J. G. zu dieser Schuldverpflichtung bekannt und, unabhängig davon, ob die Schuld tatsächlich noch offen war oder nicht, die Forderung der Sparkasse W., als gegen ihn bestehend, anerkannt.

Anmerkung

Z41122

Schlagworte

Anerkenntnis des Anspruches nach Entstehen des Wiederaufnahmsgrundes, nach § 530 (1) Z. 7 ZPO., Wiederaufnahmsgrund nach § 530 (1) Z. 7 ZPO., Anerkenntnis des, Anspruches nach Entstehen des -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1968:0080OB00223.68.1001.000

Dokumentnummer

JJT_19681001_OGH0002_0080OB00223_6800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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