TE OGH 1969/5/14 3Ob46/69

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Veröffentlicht am 14.05.1969
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Elsigan als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schopf, Dr. Steinböck, Dr. Neperscheni und Kinzel als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz K*****, vertreten durch Dr. Karl Kuprian, Rechtsanwalt in Bad-Ischl, wider die beklagte Partei Ferdinand L*****, vertreten durch Dr. Erich Bilgeri, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Einwendungen nach § 35 EO infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom 24. Februar 1969, GZ R 47/69-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Bad-Ischl vom 16. Dezember 1968, GZ C 210/68-19, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben; das angefochtene Urteil, das in seinem dem Klagebegehren stattgebenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem das Mehrbegehren abweisenden Teil sowie in seiner Kostenentscheidung aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfange zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses wird auf die Kosten des Revisionsverfahren gleich weitere Kosten des Rechtsmittelverfahrens Bedacht zu nehmen haben.

Text

Begründung:

Der Kläger hatte vom Beklagten folgende Darlehen erhalten:

Am 18. 4. 1958                                  S 39.000,-

am 23. 5. 1959                                   S 80.000,-

am 19. 6. 1969                                   S 50.000,-.

Hinsichtlich des am 23. 5. 1959 zugezählten Darlehens von S 80.000 samt Zinsen und Kosten erwirkte der Beklagte gegen den Kläger den Wechselzahlungsauftrag des Landesgerichtes Feldkirch vom 14. 7. 1960 (6 Cg 1801/60).

Auf Grund des Antrages des Klägers vom 31. 8. 1960 eröffnete das Landesgericht Innsbruck mit Beschluß vom 7. 9. 1960 (Sa 16/60) über das Vermögen des Klägers das Ausgleichsverfahren. In diesem Verfahren meldeten der Beklagte auf Grund des Wechselzahlungsauftrages die Forderung von insgesamt S 83.648,65 (Nr 56 des Anmeldungsverzeichnisses) und dessen Ehefrau Rosina L***** die restliche Darlehenssumme samt Zinsen von S 98.578,04 (Nr 57 des Anmeldungsverzeichnisses) an. Beide Ansprüche blieben unbestritten. Am 19. 5. 1961 wurde der Ausgleich bestätigt, nach dem der Kläger die Forderungen der nichtbevorrechteten Gläubiger mit 80 % zu erfüllen hatte. Zum Sachwalter der Gläubiger wurde der bisherige Ausgleichsverwalter Rechtsanwalt Dr. Gurschler und mit 27. 1. 1964 zu dessen Nachfolger Rechtsanwalt Dr. Kurt Purtscher bestellt. Das Ausgleichsverfahren wurde gemäß § 55 Abs 2 AO am 25. 10. 1961 aufgehoben. Die Sachwalterschaft wurde am 28. 5. 1965 für beendet erklärt.

Zur Berichtigung der vom Beklagten und dessen Ehefrau angemeldeten

Forderungen zahlte der Kläger

am 13. 12. 1962                               S 79.862,40

am 16. 4. 1965                                 S 65.918,32.

Auf Grund des eingangs erwähnten Wechselzahlungsauftrages vom 14. 7. 1960 beantragte der Beklagte zur Hereinbringung seiner Forderung von S 80.000 sA wider den Kläger die Fahrnisexekution. Die Exekution wurde antragsgemäß bewilligt und vollzogen. Am 1. 3. 1968 verwies das Exekutionsgericht den Kläger mit einem gemäß § 40 EO gestellten Einstellungsantrag auf den Rechtsweg.

In seinen Einwendungen gegen den im Exekutionswege geltend gemachten Anspruch behauptet der Kläger, er habe die Forderung des Beklagten nach Maßgabe des Ausgleichs voll befriedigt, der Anspruch aus dem Wechselzahlungsauftrag sei daher erloschen. Diesem Vorbringen hielt der Beklagte entgegen, der Kläger habe sich nach Aufhebung des Ausgleichs verpflichtet, dem Beklagten auch den Ausfall zu vergüten. Zu einer derartigen Verpflichtungserklärung, entgegnete der Kläger, sei er infolge der erst 1965 beendeten Sachwalterschaft nicht berechtigt gewesen.

Der Erstrichter erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Er stellte zusätzlich fest, daß am 18. 6. 1964 der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten im Beisein einer Zeugin, den Kläger an dessen frühere Zusage, die Darlehensschuld kontokorrentmäßig mit 10 % zu verzinsen, die Kosten und Spesen zu übernehmen und die Ansprüche grundbücherlich sicherzustellen, erinnert habe. Nach einigem Sträuben habe der Kläger ausdrücklich erklärt, seinen Verpflichtungen gegenüber dem Beklagten ohne Rücksicht auf den inzwischen abgeschlossenen Ausgleich voll nachzukommen. Eine derartige nach rechtskräftig abgeschlossenem Ausgleich abgegebene Erklärung sei rechtswirksam. Dennoch sei dem Klagebegehren stattzugeben, weil ein nach § 53a AO zustandegekommener Exekutionstitel einen für dieselbe Forderung früher erlangten Titel zur Gänze beseitige.

Infolge Berufung des Beklagten bestätigte das Berufungsgericht das dem Klagebegehren stattgebende Ersturteil hinsichtlich eines Teilanspruches von S 64.000 samt 6 % Zinsen seit 4. 6. 1960, S 446,40 Protestspesen, S 351,29 Kosten und der Kosten der Exekutionsbewilligung von S 389,34, wies jedoch hinsichtlich des weiteren Betrages (S 16.000 samt 6 % Zinsen seit 4. 6. 1960, S 111,60 Protestspesen, S 87,82 Kosten und S 346,11 Exekutionskosten) das Klagebegehren in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung ab. Das Berufungsgericht ging hiebei von dem vom Erstrichter festgestellten Sachverhalt aus, da dieser vom Kläger in dessen Berufungsmitteilung weder schlüssig bekämpft noch auch sonst bemängelt worden sei. Das Berufungsgericht sei daher nicht in der Lage die Tatsachenfeststellungen des Erstrichters über die Zusage des Klägers vom 18. 6. 1964 zu überprüfen. Diese Zusage sei für den Kläger rechtsverbindlich. Durch den nach § 53a AO gewonnenen Exekutionstitel sei jedoch der für dieselbe Forderung erlangte ältere Exekutionstitel so weit vernichtet worden, als durch die unbestrittene Eintragung der Forderung in das Anmeldungsverzeichnis gemäß § 53a AO ein Exekutionstitel geschaffen wurde. Die Revision des Klägers bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes insoweit, als das Klagebegehren abgewiesen wurde, aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß der Klage zur Gänze Folge gegeben werde, es allenfalls aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist begründet.

Mit Recht wendet sich der Kläger gegen die Rechtsansicht des

Berufungsgerichtes, es sei mangels einer Beweisrüge des

Berufungsgegners nicht in der Lage gewesen, die Richtigkeit der

Tatsachenfeststellungen des Erstrichters über die Zahlungszusage des

Klägers vom 18. 6. 1964 zu überprüfen, es sei vielmehr an diese

Tatsachenfeststellung gebunden. In wiederholten Entscheidungen hat

der Oberste Gerichtshof die Rechtsansicht vertreten, daß die im

Verfahren I. Instanz siegreiche Partei nicht genötigt ist, in der

Berufungsmitteilung oder in der Berufungsverhandlung die ihr

ungünstigen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils zu

bekämpfen, wenn sie diese Feststellungen im Revisionsverfahren

angreifen will (SZ XXVI 262 = JBl 1954 S 307, 3 Ob 156/65, 5 Ob

332/68). Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, von

dieser Rechtsprechung abzugehen. Im vorliegenden Fall hat der

Erstrichter festgestellt, der Kläger habe ausdrücklich erklärt,

seinen Verpflichtungen gegenüber dem Beklagten ohne Rücksicht auf den

inzwischen abgeschlossenen Ausgleich voll nachzukommen. Trotz dieser

Feststellung hat er aus rechtlichen Erwägungen im Sinne des

Klagebegehrens erkannt. Der Kläger war daher nicht verpflichtet, im

Berufungsverfahren die Richtigkeit dieser Feststellung zu bekämpfen.

Da jedoch das Berufungsgericht in seinem das Ersturteil zum Teil

abändernden Erkenntnis die Tatsachenfeststellung des Erstrichters

über dessen Verpflichtungserklärung seinem Spruche zugrunde gelegt

hat, steht dem Kläger die Möglichkeit offen, die erstrichterliche

Feststellung im Revisionsverfahren zu bekämpfen. Es handelt sich

hiebei um eine für die Entscheidung wesentliche

Tatsachenfeststellung, sodaß das Berufungsverfahren zufolge der

unrichtigen Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, es sei an die

Feststellung des Erstrichters gebunden, mangelhaft geblieben ist.

Schon diese Erwägungen müßten zu einer Aufhebung des Berufungsurteils führen.

Den Rechtsausführungen des Klägers in dessen Revision kann allerdings nicht gefolgt werden.

Die Rechtsansicht des Klägers, die unbestrittene Eintragung einer Forderung in das Anmeldungsverzeichnis beseitige einen vor dem Ausgleichsverfahren ersiegten Exekutionstitel auch hinsichtlich des die Ausgleichsquote übersteigenden Betrages, widerspricht Lehre und Rechtsprechung. Es genügt in diesem Zusammenhang ein Hinweis auf die vom Berufungsgericht zitierten Belegstellen. Daraus, daß auch nach Erfüllung des Ausgleichs die die Ausgleichsquote übersteigende nichtbezahlte Forderung als natürliche Verbindlichkeit fortbesteht, kann nicht geschlossen werden, daß der gemäß § 53a AO neu geschaffene Exekutionstitel einen älteren auch hinsichtlich des die Ausgleichsquote übersteigenden Betrages unwirksam macht. Den Erwägungen des Klägers, daß ein der Wirksamkeit beraubter Exekutionstitel durch ein Anerkenntnis nicht wieder wirksam gemacht werden könnte, kommt im vorliegenden Fall daher keine rechtliche Bedeutung zu.

Der Kostenausspruch stützt sich auf § 52 ZPO.

Anmerkung

E76661 3Ob46.69

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0030OB00046.69.0514.000

Dokumentnummer

JJT_19690514_OGH0002_0030OB00046_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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