Norm
ABGB §1323Kopf
SZ 42/92
Spruch
Ist bei Totalschaden ein Mietfahrzeug nicht erhältlich und die Anschaffung eines anderen Fahrzeuges nicht zumutbar, ist für die Dauer der Reparatur des beschädigten Fahrzeuges Verdienstentgang zu ersetzen.
Entscheidung vom 13. Juni 1969, 2 Ob 153/69.
I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Der Zweitbeklagte verschuldete am 9. August 1966 mit dem von ihm gelenkten PKW, dessen Halterin die Erstbeklagte war, einen Verkehrsunfall, bei dem der LKW des Klägers beschädigt wurde. Die Haftung der Beklagten dem Gründe nach ist nicht bestritten.
Der Kläger begehrt an Verdienstentgang 70.000 S für den Verlust der Ladung und den Arbeitszeitausfall zweier Arbeiter 2875 S und schließlich an Kosten der Abschleppung des LKWs 3050 S, zusammen sohin 75.925 S samt 10% Zinsen, weil er gezwungen gewesen sei, mit Bankkredit zu arbeiten.
Das Erstgericht sprach dem Kläger 58.925 S samt 9 1/2% Zinsen zu und wies das Mehrbegehren von 17.000 S sowie das Zinsenmehrbegehren ab. Es ging davon aus, daß zwar durch die Beschädigungen an dem LKW. Totalschaden eingetreten sei, ein Mietfahrzeug für die Zeit bis zur allfälligen Wiederanschaffung eines anderen Fahrzeuges der speziellen Art (Allradantrieb und Kran) jedoch nicht zu bekommen, die Anschaffung eines neuen LKWs derselben Art dem Kläger aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar und der Ankauf eines Gebrauchtwagens mit zu großen Risken verbunden gewesen sei, sodaß die Reparatur des beschädigten Fahrzeuges in eigener Werkstätte des Klägers die einzig mögliche Lösung gewesen sei. Der Wagen sei dem Kläger durch 53 Tage nicht zur Verfügung gestanden, wodurch ein Verdienstentgang von 53.000 S entstanden sei. Hiezu seien noch die Abschleppkosten und die Kosten für den Verlust der Ladung gekommen, sodaß dem Kläger 58.925 S zuzusprechen gewesen seien.
Auf Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil dahin ab, daß es dem Kläger nur 56.050 S zusprach und das Mehrbegehren abwies. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, führte aber aus, daß dem Kläger die Legitimation zur Geltendmachung des Schadens an der Ladung nicht zustunde, weil der Schade nicht in seinem Vermögen entstanden sei.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Vorinstanzen haben einen Verdienstentgang von 53.000 S für gerechtfertigt erachtet; der Kläger sei wirtschaftlich nicht in der Lage gewesen, anstelle des beim Unfall vom 9. August 1966 beschädigten LKWs. ein fabriksneues Fahrzeug zu erwerben; ein gleichartiges Mietfahrzeug sei nicht zu bekommen, der Ankauf eines gebrauchten Fahrzeuges aber nicht zumutbar gewesen. Der vom Kläger in eigener Werkstätte reparierte Wagen hätte am 14. Oktober 1966 wieder in Betrieb genommen werden können. Das Fahrzeug sei sohin durch 53 Tage ausgefallen, was unter Zugrundelegung eines Verdienstentganges von 1000 S täglich einen Gesamtverdienstentgang von 53.000 S ergebe.
Die Revisionswerber vertreten den Standpunkt, daß der Kläger mit Rücksicht darauf, daß es sich um einen Totalschaden gehandelt habe, überhaupt keinen Verdienstentgang geltend machen könne. Grundsätzlich habe der Schädiger Naturalrestitution zu leisten. Es könne daher der in Geld ausgedrückte Schadenersatzanspruch nur im Rahmen der Kosten der Naturalrestitution geltend gemacht werden. Der Kläger habe nur Anspruch auf ein gleichartiges Fahrzeug und könnten daher Überlegungen über die Wiederinstandsetzung des total beschädigten Fahrzeuges nicht zu Lasten der Beklagten angestellt werden.
Diese Argumentation trifft nicht den Kern der Sache. Nach den Feststellungen der Untergerichte war dem Kläger die Anschaffung eines Neufahrzeuges wegen der damit verbundenen hohen Kosten wirtschaftlich nicht zumutbar. Ein gleichartiges Mietfahrzeug war nicht aufzutreiben, der Ankauf eines Gebrauchtfahrzeuges wegen der damit verbundenen Risken nicht zumutbar. Es blieb daher dem Kläger die Reparatur des beschädigten Fahrzeuges als einziger Ausweg übrig. Während der Zeit der Reparatur des Fahrzeuges steht dem Kläger Ersatz von Verdienstentgang zu. Wenn auch die Reparatur in einer konzessionierten Werkstätte nur vier Wochen gedauert hätte, ist damit für die Beklagten nichts gewonnen. Denn einerseits darf das Interesse des Klägers an der fachgerechten Wiederinstandsetzung seines Spezialfahrzeugs nicht unberücksichtigt bleiben (die Vornahme der Reparatur im eigenen Betriebe bedeutete Sicherheit für deren Qualität) und anderseits hätte die Instandsetzung des Wagens in einer fremden Werkstätte Kosten in der Höhe von 130.000 S erfordert, während die Kosten der Reparatur in eigener Regie nur 80.000 S betragen haben, sodaß die oben erwähnte zeitliche Differenz in der Gesamtschau der Kosten der Schadensbehebung bedeutungslos ist. Unter diesem Gesichtspunkte ist auch der Hinweis der Revisionswerber auf eine Ersparnis des Klägers wegen der Verwendung seines Chauffeurs bei den Reparatursarbeiten nicht zielführend, abgesehen davon, daß den Prozeßakten ein dementsprechendes Vorbringen der beklagten Parteien im erstinstanzlichen Verfahren nicht zu entnehmen ist.
Mit der Behauptung, daß ein gleichartiges Fahrzeug sofort lieferbar gewesen wäre, steht die Rechtsrüge im Widerspruch zu den maßgeblichen Feststellungen.
Das Vorbringen der Revisionswerber, es wäre der Kläger dafür beweispflichtig gewesen, daß die Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges unmöglich war, ist unrichtig. Der Geschädigte hat seinen Schaden bekanntzugeben und es ist Sache des Schädigers, nachzuweisen, daß der Schaden in geringeren Grenzen gehalten werden hätte können.
Anmerkung
Z42092Schlagworte
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ECLI:AT:OGH0002:1969:0020OB00153.69.0613.000Dokumentnummer
JJT_19690613_OGH0002_0020OB00153_6900000_000