TE OGH 1969/6/26 1Ob115/69

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Veröffentlicht am 26.06.1969
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Norm

AO §10 (1)
EO §§87 ff

Kopf

SZ 42/97

Spruch

Hat die Vereinbarung einer allgemeinen schon unter Lebenden wirksamen Gütergemeinschaft durch Eintragung im Grundbuch dingliche Wirkung erhalten, so kann grundsätzlich mit Zustimmung der Gesamtheit auch nur über eine Hälfte der der Gütergemeinschaft unterzogenen Liegenschaften verfügt werden.

Nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen eines Ehegatten, der in Gütergemeinschaft unter Lebenden steht, ist die Begründung eines Zwangspfandes am Gemeinschaftsgut ausgeschlossen.

Entscheidung vom 26. Juni 1969, 1 Ob 115/69.

I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die klagende Partei beantragt die Erlassung eines Urteils, womit 1. ausgesprochen wird, daß ein zugunsten der beklagten Partei auf der Paula A. gehörigen Liegenschaftshälften eingetragenes Pfandrecht über 59.947.71 S samt Anhang nicht zu Recht bestehe und 2. die beklagte Partei verurteilt werde, zu erklären, daß sie in die grundbücherliche Löschung dieses Pfandrechtes einwillige.

Das Erstgericht entschied gemäß dem Klagebegehren, wobei es mit Unrecht annahm, daß die Klage einen Anfechtungstatbestand nach § 30 Z. 1 KO. geltend mache.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Auf Grund eines zwischen Franz A. und seiner Ehegattin Paula A. errichteten Notariatsakts vom 4. April 1956 sei eine schon unter Lebenden wirksame allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart worden. Mit Beschluß des BG. M. vom 3. Juli 1956 sei bei den bis dahin im Alleineigentum des Franz A. gestandenen Liegenschaften EZ. 67 und 333 KG. M. das Hälfteeigentum für Paula A. einverleibt und bei beiden Liegenschaftshälften die Eigentumsbeschränkung eingetragen worden, daß während der Dauer der Gütergemeinschaft kein Teil über die ihm gehörige Hälfte einseitig verfügen könne. Franz A. sei auf Grund mehrerer rechtskräftiger Urteile verpflichtet, der beklagten Partei den Betrag von 59.947.71 S s. A. zu bezahlen. Unter Hinweis auf die bestehende Gütergemeinschaft hätte sodann die beklagte Partei zu 5 Cg .../67 des Kreisgerichtes L. das Versäumungsurteil vom 23. Februar 1967 erwirkt, wonach Paula A. schuldig sei, auf Grund der bestehenden Gütergemeinschaft zur ungeteilten Hand mit ihrem bereits durch andere Erkenntnisse schuldig erkannten Ehegatten Franz A. ebenfalls den Betrag von 59.947.71 S s. A. an die beklagte Partei zu bezahlen. Am 3. April 1967 sei zu Sa .../67 des Kreisgerichtes L. über das Vermögen des Franz A. das Ausgleichsverfahren eröffnet worden. Am 14. Juni 1967 sei dem Bezirksgericht M. ein Antrag der beklagten Partei auf zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf Grund des rechtskräftigen Versäumungsurteils vom 23. Februar 1967 bei den für Paula A. einverleibten Liegenschaftshälften der EZ. 67 und 333 Katastralgemeinde M. eingelangt. Diesem Antrag sei mit Beschluß vom 19. Juni 1967 im wesentlichen stattgegeben worden, worauf das zwangsweise Pfandrecht am 21. Juni 1967 im Grundbuch einverleibt worden sei. Am 28. Juni 1967 sei zu S .../67 des Kreisgerichtes L. über das Vermögen des Franz A. der Anschlußkonkurs eröffnet worden.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.

Seine Begründung läßt sich im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:

Die zwischen den Ehegatten A. errichtete allgemeine schon unter Lebenden wirksame Gütergemeinschaft hätte durch die Eintragung ins Grundbuch dingliche Wirkung erlangt. Durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Franz A. hätte die Gütergemeinschaft zwar aufgehört (§ 1262 ABGB.), doch sei das Vermögen der nicht in Konkurs verfallenen Ehegattin Paula A. in die Konkursmasse einzubeziehen.

Hieraus ziehe die klagende Partei den Schluß, daß die zwangsweise Pfandrechtsbegründung zu Unrecht erfolgt sei. Die beklagte Partei hätte die Exekution nur erwirken dürfen, wenn sie hinsichtlich der ganzen Liegenschaft beantragt und ein einziger Exekutionstitel gegen beide Ehegatten beigebracht worden wäre. Es könne aber, so erwidert hierauf das Berufungsgericht, grundsätzlich ein zwangsweises Pfandrecht auch an Liegenschaftshälften eines in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten begrundet werden, wenn nachgewiesen sei, daß ein gleichartiger Leistungsbefehl auch bereits gegen den anderen Gatten vorliege und gegen ihn vollstreckt werden könnte. Es dürfe aber nicht übersehen werden, daß zur Zeit der Exekutionsführung durch die Beklagte gegen Paula A. über das Vermögen des Franz A. schon das Ausgleichsverfahren eröffnet gewesen sei. Dies hätte nach § 10 (1) AO. zur Folge gehabt, daß an den dem Franz A. gehörigen Sachen ein richterliches Pfandrecht nicht mehr erworben werden konnte. Eine zwangsweise Pfandrechtsbegründung für die Ansprüche der beklagten Partei auf den Liegenschaftshälften des Franz A. sei somit seit 3. April 1967 nicht mehr möglich gewesen. Daraus folge aber, daß die Begründung eines Zwangspfandes seither auch nicht mehr gegen seine Ehegattin Paula A. erwirkt werden konnte. Mit der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens sei der gegen Franz A. erwirkte Leistungsbefehl nicht mehr vollstreckbar geworden. Franz A. hätte auch der beklagten Partei besondere Vorteile wie insbesondere Pfandrechte nicht mehr einräumen können (§ 47 AO.). Daraus folge, daß mit der Ausgleichseröffnung die Rechtslage so zu betrachten sei als hätte überhaupt kein Leistungsbefehl gegen Franz A. bestanden. Damit seien aber die Voraussetzungen für die Begründung eines Zwangspfandes an den Liegenschaftshälften der Paula A. im Zeitpunkt des Exekutionsantrages auch im Sinne der Entscheidung SZ. XXX 65 nicht mehr vorgelegen.

Die klagende Partei hätte wohl auch die Möglichkeit gehabt, ihren Rechtsstandpunkt in einem Rekurse gegen die zwangsweise Pfandrechtsbewilligung vorzutragen, weil sich die Anhängigkeit des Ausgleichsverfahrens gegen Franz A. aus dem Buchstandsbericht ergeben habe und damit aktenkundig gewesen sei. Die Klage stütze sich aber auf eine Verletzung des materiellen Rechts, nämlich die Unzulässigkeit der Exekutionsführung mangels Vorliegens eines auch in das Vermögen des Franz A. noch vollstreckbaren Exekutionstitels. Sei aber durch eine Einverleibung des Pfandrechts auch das materielle Recht verletzt, dann sei neben dem Rekurs auch noch die Löschungsklage zulässig (Klang II[2] S. 386, Ehrenzweig I/2 S. 268, Bartsch Grundbuchsrecht[7] S. 118). Eine auf ein Belastungsverbot und damit auch eine auf das Bestehen einer Gütergemeinschaft gestützte Klage wegen Unzulässigkeit der Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung rechtfertige aber die Löschungsklage (Klang II[2] S. 384).

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht ist, hierin der Entscheidung SZ. XXX 65 folgend, davon ausgegangen, daß die Exekutionsführung nur in die eine Hälfte der der Gütergemeinschaft unterzogenen Liegenschaften dann die vorliegende Löschungsklage nicht rechtfertigen könnte, wenn die Exekutionsführung mit Zustimmung des Ehegatten, dem die anderen Hälften gehören, erfolgt wäre. Denn so wie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot nach § 364c ABGB., dem durch Eintragung im Grundbuch dringliche Wirkung zukommt, die vertragliche oder zwangsweise Pfandrechtsbegründung dann nicht hindert, wenn der Verbotsberechtigte zustimmt (SZ. XV 17), muß auch von dem durch die Gütergemeinschaft unter Lebenden bestehenden Verfügungsverbot gelten, daß mit Zustimmung der Gesamtheit auch nur über einen Teil des der Gütergemeinschaft unterzogenen Vermögens, hier allerdings über Liegenschaftshälften, durch Eintragung eines Zwangspfandes verfügt werden kann. Denn an Stelle der Zustimmung kann die Verurteilung der Teilnehmer an der Gütergemeinschaft zur selben Leistung treten. Schwierigkeiten entstehen jedoch, wenn - wie hier - nicht gleichzeitig gegen beide Teilnehmer an der Gütergemeinschaft ein Zwangspfand erwirkt werden soll, sondern nach Ausgleichseröffnung ein Zwangspfand nur auf einer Liegenschaftshälfte (der Begründung eines Zwangspfandes auf der Hälfte des Ausgleichsschuldners steht § 10 (1) AO. entgegen) eingetragen werden soll. Hier stellt sich die Frage, ob dann noch der vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens erwirkte Leistungsbefehl gegen den anderen Teilnehmer an der Gemeinschaft seine Zustimmung zur Begründung eines Zwangspfands auf der Liegenschaftshälfte des anderen Teilnehmers ersetzt. Dies ist jedoch mit dem Berufungsgericht zu verneinen. Nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens ist die Begründung eines Zwangspfandes unter Anschluß des vorher gegen den Ausgleichsschuldner erwirkten Leistungsbefehls unstatthaft, weil nach § 10 (1) AO. auf der Liegenschaftshälfte des Ausgleichsschuldners kein richterliches Pfandrecht begrundet werden kann, die Möglichkeit der Belastung der ganzen Liegenschaft jedoch die Voraussetzung dafür ist, daß der gegen Franz A. erwirkte Leistungsbefehl als dessen Zustimmung zur Belastung der seiner Ehefrau gehörigen Liegenschaftshälften gelten kann. Fällt diese Möglichkeit weg, dann kann der gegen den Ausgleichsschuldner erwirkte Leistungsbefehl nicht mehr an Stelle einer Einwilligung zur Belastung treten. Die Schaffung eines Exekutionstitels gegen den einen Teilhaber an der Gütergemeinschaft gibt dem Gläubiger zunächst nur die Möglichkeit, davon zu dem Zweck Gebrauch zu machen, die Begründung eines Zwangspfandes auf der Liegenschaftshälfte des anderen Teilhabers zu erwirken. Erst wenn der Gläubiger von diesem Exekutionstitel Gebrauch macht, kann er unter Umständen auch die Bedeutung einer Zustimmung zur Belastung der Liegenschaftshälfte des anderen Teilhabers gewinnen. Die Zulässigkeit der Begründung des gegenständlichen Zwangspfandes hängt also von den Verhältnissen im Zeitpunkt des Ansuchens ab. Anders als bei einem Vertrag, mit dem die Zustimmung zur Belastung der Liegenschaftshälfte des anderen Teilnehmers erteilt wird, kann nämlich der Leistungsbefehl die fehlende Zustimmung nur unter der weiteren Voraussetzung ersetzen, daß tatsächlich ein Zwangspfand begrundet wird. Erst in Verbindung mit diesem Ansuchen erhält der Leistungsbefehl an den einen Teilnehmer der Gütergemeinschaft auch die Bedeutung einer Zustimmung zur Begründung eines Zwangspfandes auf der Liegenschaftshälfte des anderen Teilnehmers. Kann aber in diesem Zeitpunkt eine vertragliche Zustimmung nicht mehr wirksam erteilt werden, dann kann auch dem - nicht mehr vollstreckbaren (§ 10 (1) AO.) - Leistungsbefehl nicht mehr die Bedeutung einer Zustimmung oder Gestattung eingeräumt werden.

Daß die vorliegende Löschungsklage eine auf der Verletzung materiellen Rechts (Verfügungsbeschränkung für die Teilnehmer an einer Gütergemeinschaft unter Lebenden) beruhende Löschungsklage ist, wurde vom Berufungsgericht überzeugend dargelegt.

Anmerkung

Z42097

Schlagworte

Ausgleichsverfahren eines in Gütergemeinschaft unter Lebenden stehenden Ehegatten, zwangsweise Pfandrechtsbegründung am Gemeinschaftsgut Exekutives Pfandrecht, Ausgleichsverfahren eines in Gütergemeinschaft unter Lebenden stehenden Ehegatten Gütergemeinschaft, allgemeine unter lebenden, Ausgleichsverfahren eines Ehegatten, zwangsweise Pfandrechtsbegründung am Gemeinschaftsgut Zwangsweise Pfandrechtsbegründung, Ausgleichsverfahren einer in Gütergemeinschaft unter Lebenden stehenden Ehegatten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1969:0010OB00115.69.0626.000

Dokumentnummer

JJT_19690626_OGH0002_0010OB00115_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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