TE OGH 1970/1/14 3Ob137/69

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Veröffentlicht am 14.01.1970
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Norm

AO §10 Abs4
EO §39 Abs1 Z2
ZPO §411

Kopf

SZ 43/8

Spruch

Die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung hindert nicht, nachträglich vom Bewilligungsgericht unbeachtet gelassene Umstande wahrzunehmen, aus denen sich, etwa wegen eines bestehenden Exekutionsverbotes nach der KO oder AO, die Unzulässigkeit der Exekution ergibt, und dann gemäß § 39 Abs 1 Z 2 EO mit der Einstellung der Exekution vorzugehen

OGH 14. Jänner 1970, 3 Ob 137/69 (LG Linz 13 R 475/69; BG Linz 12 E 5879/69)

Text

Die betreibende Gläubigerin hatte mit ihrer am 15. Mai 1962 beim LG als HG Linz zu 8 Cg../62 eingebrachten Klage die nunmehr verpflichtete Partei auf Bezahlung von aushaftenden Strombezugskosten und verschiedener damit in Zusammenhang stehender Spesen im Gesamtbetrage von 160.258.35 S s A belangt und am 29. Mai 1962 ein der Klage zur Gänze stattgebendes Versäumungsurteil erwirkt. Am 25. Juni 1962 wurde über das Vermögen der Beklagten beim LG Linz zu Sa ../62 das Ausgleichsverfahren eröffnet, welches am 22. Mai 1964 beim selben Gericht zu S ../64 in einen Anschlußkonkurs überging. Mit dem Hinweis, daß es sich bei dem ihr durch das vorerwähnte Versäumnisurteil zuerkannten Zahlungsanspruch um eine Geschäftsführungsforderung i S des § 10 Abs 4 AO handle, beantragte die betreibende Partei am 18. Februar 1964 beim BG Neufelden die Bewilligung der Exekution durch Einverleibung des Simultanpfandrechtes auf im einzelnen angeführten Liegenschaften der Verpflichteten, die in verschiedenen Katastralgemeinden gelegen sind. Das BG Neufelden, welches aus dem eingeholten Buchstandsbericht ersah, daß in allen Einlagen der fraglichen Liegenschaften die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens und, mit Ausnahme einer einzigen Liegenschaft, auch die Einleitung des Versteigerungsverfahrens angemerkt war, bewilligte am 24. Februar 1964 rechtskräftig die beantragte zwangsweise Pfandrechtsbegründung. Mit einem am 14. Jänner 1969 beim BG Neufelden eingebrachten Schriftsatz beantragte der Masseverwalter im Anschlußkonkurs der Verpflichteten die Einstellung der Exekution, wobei er im wesentlichen geltend machte, daß der Wirksamkeit der seinerzeit bewilligten zwangsweisen Pfandrechtsbegründung die Bestimmungen der §§ 10 und 12 AO entgegengestanden seien. Das BG Neufelden wies den Einstellungsantrag ab. Das Rekursgericht hob diesen Beschluß wegen absoluter Unzuständigkeit als nichtig auf und überwies die Exekutionssache an das BG Linz. Die rekursgerichtliche Entscheidung wurde in dritter Instanz bestätigt.

Das BG Linz wies den Einstellungsantrag gleichfalls ab. Seiner Ansicht nach diene die gegenwärtige Exekution der Hereinbringung einer Geschäftsführungsforderung; den Bestand einer solchen habe die betreibende Partei in ihrem Exekutionsbewilligungsantrag bescheinigt; auch habe sie das exekutive Pfandrecht an den Liegenschaften für eine Geschäftsführungsforderung rechtskräftig erworben. Die Verpflichtete ließ den erstgerichtlichen Abweisungsbeschluß nur hinsichtlich der Liegenschaft oö Landtafel EZ 785 KG A, unangefochten, während sie ihn im übrigen mit Rekurs bekämpfte und beantragte, ihn i S der Einstellung der Exekution und der Löschung der eingetragenen Pfandrechte abzuändern.

Die zweite Instanz gab dem Rekurs antragsgemäß Folge.

Sie ging davon aus, daß die vorliegende Entgeltsforderung auf einem Stromlieferungsvertrag, sohin auf einem zweiseitigen Rechtsgeschäft beruhe und ihrer Natur nach teilbar sei. Daher komme § 20a Abs 2 AO zur Anwendung, wonach der Gläubiger mit seiner Entgeltsforderung insoweit am Ausgleichsverfahren beteiligt ist, als diese auf den bei dessen Eröffnung bereits erbrachten Teil der ihm obliegenden Leistung entfällt. Bei der gegebenen Sachlage sei es der betreibenden Gläubigerin unmöglich, die Voraussetzungen für das Vorhandensein einer Geschäftsführungsforderung nach § 10 Abs 4 AO zu beweisen. Daß der Masseverwalter seinerzeit als Ausgleichsverwalter die Entgeltsforderung der betreibenden Partei als Geschäftsführungsforderung anerkannt und ihrer vollständigen Befriedigung zugestimmt habe, sei unerheblich, da die Übernahme von Verbindlichkeiten durch einen Masseverwalter, wenn sie außerhalb seiner Amtsgrenzen erfolge, ohne Rechtsfolgen sei. Allerdings könnten die bereits einverleibten exekutiven Pfandrechte nicht schon mit Rücksicht auf § 10 Abs 1 AO allein als ungültig betrachtet werden, doch biete die beantragte Exekutionseinstellung nach § 39 Abs 2 EO die gesetzliche Handhabe dazu, jene Pfandrechte formell rückgängig zu machen, ohne daß dies durch die Rechtskraft des Exekutionsbewilligungsbeschlusses gehindert werde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die vom Rekursgericht vertretene Auffassung, daß die Leistungen aus Stromlieferungsverträgen für den Bereich des Insolvenzrechtes teilbar sind (§ 20a Abs 2 AO, § 21 Abs 4 KO), entspricht der herrschenden Judikatur (5 Ob 146/65 SZ 38/117, 5 Ob 242, 292/65 JBl 1966 376), von der abzugehen auch im vorliegenden Fall kein Grund besteht, zumal im Revisionsrekurs ein dieser Beziehung keinerlei Gegenargumente vorgebracht werden. Weiters kann es keinen Zweifel unterliegen, daß die beizutreibende Forderung keine Geschäftsführungsforderung nach § 10 Abs 4 AO darstellt, da sie, was übrigens die Rechtsmittelwerberin selbst hervorhebt, zur Gänze noch vor der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens entstanden war. Worauf sich der Revisionsrekurs stützt, ist indes der Umstand, daß am Antrag auf Exekutionsbewilligung die hereinzubringende Forderung ausdrücklich als Geschäftsführungsforderung bezeichnet worden war und die diesem Antrag entsprechende Exekutionsbewilligung in Rechtskraft erwachsen ist, weshalb, wie die Rechtsmittelwerberin meint, die beantragte Exekutionseinstellung unzulässig sei. Dem kann jedoch nicht beigestimmt werden. Das Bewilligungsgericht hat sich nämlich damit, ob es sich um eine Geschäftsführungsforderung handelt, nicht in erkennbarer Weise eigens befaßt, sodaß sich auch nicht sagen läßt, es wäre dies im Zusammenhang mit der Exekutionsbewilligung eine Zweifelsfrage gewesen, die das Gericht in einem bestimmten Sinn entschieden hätte. Die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung hindert daher nicht, nachträglich vom Bewilligungsgericht unbeachtet gelassene Umstände wahrzunehmen, aus denen sich, etwa wegen eines bestehenden Exekutionsverbotes nach der Konkurs- oder Ausgleichsordnung, die Unzulässigkeit der Exekution ergibt (vgl Neumann - Lichtblau[4], 162, 163, 488 Abs 1). Letzteres trifft hier zu. Zu Recht ist daher das Rekursgericht gem § 39 Abs 1 Z 2 EO mit der Einstellung der Exekution vorgegangen. Daß es freilich die bereits in P 2 seines Beschlußtenors enthaltene Anordnung der Löschung der einverleibten Pfandrechte in dessen P 6 wiederholte, war überflüssig, beeinträchtigt aber nicht die Klarheit der Entscheidung, sodaß von einer diesbezüglichen Neufassung des Spruches abgesehen werden kann.

Anmerkung

Z43008

Schlagworte

Ausgleich, Wahrnehmung von Exekutionsverboten trotz Rechtskraft, Bewilligungsgericht, Wahrnehmung von Exekutionsverboten nach KO und AO, trotz Rechtskraft, Einstellung der Exekution, Wahrnehmung von Exekutionsverboten nach KO, und AO trotz Rechtskraft, Exekutionsbewilligung, Wahrnehmung von Exekutionsverboten nach KO und, AO trotz Rechtskraft, Exekutionsverbot, Wahrnehmung von Exekutionsverboten nach KO und AO, trotz Rechtskraft, Konkurs, Wahrnehmung von Exekutionsverboten trotz Rechtskraft, Rechtskraft, Wahrnehmung von Exekutionsverboten nach KO und AO trotz -, der Exekutionsbewilligung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0030OB00137.69.0114.000

Dokumentnummer

JJT_19700114_OGH0002_0030OB00137_6900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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