TE OGH 1970/11/11 7Ob210/70

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Veröffentlicht am 11.11.1970
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Norm

Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung Art12
Versicherungsvertragsgesetz §68 Abs2

Kopf

SZ 43/201

Spruch

Nach Art 12 AKHB kommt es nicht auf den Wegfall des versicherten Interesses allein an, sondern dies muß dem Versicherer auf die in Abs 1 dieser Bestimmung genannte Art nachgewiesen werden. Bis zum Nachweis braucht der Versicherer den Wegfall des versicherten Interesses nicht gelten lassen und kann daher die Prämie verlangen

OGH 11. November 1970, 7 Ob 210/70 (LGZ Graz 5 R 157/70; BG Hartberg C 325/69)

Text

Folgender Sachverhalt wurde von den Untergerichten festgestellt: Ing Walter S schloß am 8. Oktober 1963 mit der Klägerin einen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherungsvertrag mit einer Versicherungsdauer von zehn Jahren ab, worin eine Jahresprämie von 1995 S vereinbart wurde, die vierteljährlich mit je 564 S zu bezahlen ist. Am 8. April 1968 erwarb der Beklagte das versicherte Fahrzeug von Ing S und verkaufte es am 20. April 1968 an Romuald Z zur Verschrottung. Erst dieser kundigte am 19. Dezember 1968 den Versicherungsvertrag mit Wirkung vom 30. Dezember 1968 auf.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Bezahlung der Prämie für die Zeit vom 8. April 1968 bis 30. Dezember 1968, weil er in den mit Ing S geschlossenen Versicherungsvertrag eingetreten sei.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung der Prämie abzüglich eines Betrages von 129.92 S, den der Beklagte inzwischen bezahlt hatte. Es stellte fest, der Beklagte sei am 20. April 1968 vom Bestehen des Versicherungsverhältnisses in Kenntnis gesetzt worden und habe erst am 29. Juni 1968, also nach Ablauf der festgesetzten Monatsfrist, aufgekundigt, der Versicherungsvertrag sei daher erst durch die Aufkündigung des Z mit 30. Dezember 1968 aufgelöst worden. Der Beklagte hafte gemäß § 6 AKB für die bis dahin fällige Prämie.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Es führte aus, der versicherte PKW sei am 9. April 1968 polizeilich abgemeldet worden, dadurch sei das versicherte Interesse dauernd weggefallen und die Klägerin könne keine Prämie mehr verlangen, wobei es gleichgültig sei, ob sie vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und stellte das Urteil des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Im § 68 Abs 2 VersVG wird bestimmt, daß, falls das versicherte Interesse nach Beginn der Versicherung wegfällt, dem Versicherer die Prämie gebührt, die er bis zu dem Zeitpunkt verlangen hätte können, in welchem er vom Wegfall des Interesses Kenntnis erlangt. Von dieser Bestimmung kann zum Vorteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden. Im § 6 Abs 3 AKB wurde festgelegt, daß in allen sonstigen Fällen (außer dem Fall der Veräußerung) eines dauernden Wegfalles des versicherten Wagnisses der über den Tag des Wagniswegfalles bezahlte Betrag der Prämie auf eine gleichartige Versicherung angerechnet wird, oder bis zum Wagniswegfall der Betrag nach Kurztarif berechnet wird. Hier wird also nicht auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Versicherers vom Wagniswegfall abgestellt, sondern auf die Tatsache des Wagniswegfalles selbst (7 Ob 59/66 = ZVR 1966/338). In dem dieser Bestimmung entsprechenden Abs 3 des Art 12 der nunmehr geltenden Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung wird ebenfalls bestimmt, daß dem Versicherer (falls das versicherte Interesse nach Beginn der Versicherung dauernd wegfällt) die Prämie gebührt, die er hätte einheben können, wenn die Versicherung nur bis zu dem Zeitpunkt beantragt worden wäre, in welchem das Interesse weggefallen ist. In Abs 1 des Art 12 AKHB wird aber nunmehr bestimmt, daß der Versicherer als Nachweis für den dauernden Wegfall des versicherten Interesses nur die Abmeldung des Fahrzeuges und die Überlassung des Typenscheines oder der Einzelgenehmigung an ihn gelten zu lassen braucht. Nach den neuen Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, die gemäß § 60 Abs 3 KFG 1967 für den vorliegenden Versicherungsvertrag gelten, kommt es also nicht auf den Wegfall des versicherten Interesses allein an, sondern dies muß auf die genannte Art dem Versicherer nachgewiesen werden. Bis zum Nachweis braucht der Versicherer den Wegfall des versicherten Interesses nicht gelten lassen und kann daher die Prämie verlangen. Die behördliche Abmeldung des versicherten Kraftfahrzeugs allein, die schon nach der früheren Rechtsprechung nicht für hinreichend gehalten wurde (SZ 33/9), genügt nach der nunmehr ausdrücklichen Bestimmung nicht. Im vorliegenden Fall wurde die Klägerin zwar von der Abmeldung des Fahrzeugs verständigt, der Typenschein wurde ihr aber bisher nicht übergeben. Der Versicherungsvertrag wurde daher erst durch die Aufkündigung seitens des Z mit 30. Dezember 1968 aufgelöst. Der Beklagte, der durch den Kauf des Wagens von Ing S in das Versicherungsverhältnis eingetreten ist und trotz Verkauf des Wagens an Z mit diesem solidarisch für die Prämie haftet, ist also verpflichtet, bis zur Auflösung des Vertrages die Prämie zu bezahlen.

Anmerkung

Z43201

Schlagworte

Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, Prämienanspruch des Versicherers bei, Wegfall des versicherten Interesses, Prämienanspruch des Versicherers bei Wegfall des versicherten Interesses, Versicherer, Prämienanspruch bei Wegfall des versicherten Interesses, Versichertes Interesse, Prämienanspruch des Versicherers bei Wegfall des, Wegfall des versicherten Interesses, Prämienanspruch des Versicherers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0070OB00210.7.1111.000

Dokumentnummer

JJT_19701111_OGH0002_0070OB00210_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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