TE OGH 1970/12/2 6Ob282/70

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Veröffentlicht am 02.12.1970
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Norm

ABGB §1299
ABGB §1300

Kopf

SZ 43/221

Spruch

Der Grundsatz, daß Personen, die bei der Errichtung und Abwicklung von Verträgen für beide Vertragspartner tätig werden, die Interessen beider Teile wahrzunehmen haben, gilt nicht nur für Rechtsanwälte und Notare

OGH 2. Dezember 1970, 6 Ob 282/70 (KG St Pölten R 281/70; BG Neulengbach C 158/69)

Text

Der Beklagte verfaßte den Text eines Vertrages, mit dem die Klägerin eine Liegenschaft gegen Leibrente an die A GmbH verkaufte. In diesem Text fehlt die Beurkundung der Parteienvereinbarung über die Bestellung der Kaufliegenschaft zum Pfand für die Leibrentenforderung der Klägerin und eines gewissen Martin S.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten Zahlung von 5206.50 S s A aus dem Titel des Schadenersatzes. Sie behauptet, sie habe diesen Betrag aufwenden müssen, um die Einverleibung des Pfandrechtes auf der verkauften Liegenschaft für die Leibrentenforderung nachträglich zu erwirken. Es habe eine Nachtragsvereinbarung verfaßt werden müssen. Das habe ihr Kosten von 2038 S verursacht. Dazu seien noch 918.50 S an Kosten für die entsprechende Grundbuchseingabe und 2250 S an Vertragsgebühren gekommen.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Er behauptete, er habe lediglich auf Ersuchen eines Gesellschafters der A GmbH einen Vertragstext konzipiert, eine Haftung hiefür aber ausdrücklich abgelehnt. Sollte es zutreffen, daß die Einverleibung des Pfandrechtes für die Leibrentenforderung wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Verpfändungserklärung im Vertragstext nicht erwirkt werden konnte, dann hätte eine einfache Vertragsergänzung genügt, bei der die zusätzliche Vertragsgebühr von 2250 S nicht aufgelaufen wäre.

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 4321.20 S s A. Das Mehrbegehren wies es ab. Es ging dabei von folgenden Feststellungen aus:

Im Dezember 1965 kam es zu Besprechungen zwischen der Klägerin und Alfred Sch, einem der beiden Gesellschafter der A GmbH, über einen Verkauf der der Klägerin gehörenden Liegenschaft EZ 192 KG. H. Es kam zu einer Einigung, die in der mit "Leibrentenvertrag" überschriebenen Beilage B festgehalten wurde. Zur Errichtung der förmlichen Grundbuchsurkunde wollte die Klägerin einen Rechtsanwalt beiziehen, doch brachte Alfred Sch sie durch den Hinweis auf die hohen Kosten davon ab. Er äußerte, Dr Johann Sch, der zweite Gesellschafter der A GmbH, habe einen Jugendfreund, der die Sache billiger mache. Damit war der Beklagte gemeint. Dr Sch teilte dem Beklagten den geplanten Vertragsabschluß mit und erwähnte, daß er auf der Kaufliegenschaft Eigentumswohnungen errichten wolle.

Am 6. Jänner 1966 kam der Beklagte in das Büro der A GmbH, wo er außer der Klägerin und Alfred Sch auch noch die Eheleute W und den Martin S antraf. Er wurde über den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen in Kenntnis gesetzt. Gegenüber Sch äußerte er sich, er sei unvorbereitet und habe den Buchstand nicht geprüft, er übernehme daher keine Haftung. Sodann zog er sich in einen anderen Raum zurück, um dort einer Sekretärin den Vertragstext zu diktieren. Nach Beendigung des Diktates las der Beklagte den Anwesenden den Vertragstext vor. Dieser hatte den Verkauf der Liegenschaft der Klägerin an die A GmbH gegen eine wertgesicherte monatliche Rente von 2500 S und die unentgeltliche Bereitstellung einer rund 40 m2 großen Wohnung in der auf der Liegenschaft zu errichtenden Wohnhausanlage zum Inhalt. Der Text enthielt ferner die entsprechenden Aufsandungserklärungen und die Bestimmung, daß die Käuferin alle mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrages verbundenen Kosten und Abgaben zu tragen hat. Es fehlte, die schon eingangs erwähnt, die Beurkundung der Vereinbarung über die Bestellung der Kaufliegenschaft zum Pfand für die Leibrentenforderung der Klägerin und des Martin S. Nach Verlesung des Textes entfernte sich der Beklagte.

Am 7. Jänner 1966 unterzeichneten die Vertragspartner den Vertrag vor einem Notar. Sie unterschrieben die Ausfertigung, die vom Beklagten diktiert und von der erwähnten Sekretärin geschrieben worden war.

Der Beklagte hat die drei juristischen Staatsprüfungen abgelegt. Zum Erwerb des Doktorgrades fehlt ihm nur die Ablegung des dritten Rigorosums. Er betätigt sich als Baumanager. Als solcher arbeitete er mit Dr Sch öfter zusammen. Für diesen hatte er etwa fünf- oder sechsmal Kaufverträge verfaßt. Er hoffte, auch bei der Errichtung von Eigentumswohnungen auf der Kaufliegenschaft als Baumanager tätig werden zu können. Über Ersuchen des Dr Sch veranlaßte er auch die Einbringung eines Bauansuchens durch einen Baumeister. Dieses Ansuchen wurde abgewiesen, weil die A GmbH noch nicht Eigentümerin der Baufläche war. Hierauf ersuchte Dr Sch den Beklagten, er möge das Grundbuchsgesuch verfassen und bei Gericht einbringen. Dies tat der Beklagte am 18. November 1966, wobei er sowohl die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die Käuferin als auch die Einverleibung des Pfandrechtes für die Leibrentenforderung der Klägerin und des Martin S beantragte. Eine Rechtspflegerin des Bezirksgerichtes Hietzing vermerkte handschriftlich auf dem Gesuch, daß die Verpfändungserklärung fehle und rief, um sich die Arbeit eines abweisenden Beschlusses zu ersparen, bei der A GmbH an. Dr Sch ersuchte hierauf den Beklagten, er möge sich deswegen zum BG Hietzing begeben. Dort erfuhr der Beklagte, daß das Gesuch wegen der fehlenden Verpfändungserklärung nicht bewilligt werden könne. Nach Rückfrage bei Dr Sch und in dessen Auftrag strich er sodann den Antrag auf Einverleibung des Pfandrechtes für die Leibrentenforderung, worauf das Gesuch aufrecht erledigt wurde. Als der Beklagte dem Dr Sch hierüber berichtete und äußerte, es sollte geklärt werden, ob die Parteien die Pfandrechtseintragung jetzt wünschen, nahm dieser das nur zur Kenntnis, unternahm aber nichts.

Der Beklagte kümmerte sich um die Angelegenheit nicht weiter. Er übte seine Tätigkeit für die A GmbH unentgeltlich aus.

Im Jahr 1968 verfaßte Rechtsanwalt Dr D im Auftrag der Klägerin, die inzwischen von der unterbliebenen Pfandrechtseintragung Kenntnis erlangt hatte, eine Nachtragserklärung, in der die Käuferin die Kaufliegenschaft zum Pfand für die Leibrentenforderung für die Klägerin und des Martin S bestellte. Diese Erklärung wurde von sämtlichen Parteien unterschrieben. Auf Grund dieser Nachtragserklärung wurde sodann das Pfandrecht für die Leibrentenforderung einverleibt. Das Grundbuchsgesuch hatte ebenfalls Rechtsanwalt Dr D verfaßt. Für die Nachtragserklärung wurde der Klägerin vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern eine Gebühr von 2250 S vorgeschrieben. Eine gegen den Gebührenbescheid erhobene Berufung blieb erfolglos, weil das zur Sicherung des Hauptgeschäftes abgeschlossene Nebengeschäft in der Urkunde über das Hauptgeschäft nicht enthalten war. Mit Schreiben vom 15. September 1969 gab Rechtsanwalt Dr D der Klägerin seine "tarifmäßigen Kosten" für die Nachtragserklärung mit 2038 S und für die Grundbuchseintragung mit 918.50 S bekannt.

Das Erstgericht erblickte einen Fehler des Beklagten darin, daß er den von den Parteien geschlossenen Pfandbestellungsvertrag in den Vertragstext nicht aufgenommen hat, sodaß der Bewilligung des Grundbuchsgesuches in der zunächst gestellten Form tatsächlich ein rechtliches Hindernis entgegenstand. Diesen Fehler des Vertragsentwurfes habe er zu verantworten, weil er ohne Not ein Geschäft freiwillig übernommen habe, dessen Ausführung besondere Kenntnisse erfordert hätte. Die Erklärung des Beklagten, keine Haftung zu übernehmen, sei unerheblich, weil sie in einem anderen Zusammenhang abgegeben worden sei. Daß der Beklagte von der Käuferin beauftragt worden sei, schließe seine Haftung gegenüber der Klägerin nicht aus. Aus dem Verhalten der Klägerin sei eindeutig auf ihren Willen zu schließen, den Beklagten mit der Vertragserrichtung zu beauftragen. Desgleichen ergebe sich aus dem Verhalten des Beklagten, daß er auch für die Klägerin tätig werden wollte. Jedenfalls hätte er als Vertragsverfasser die Interessen beider Vertragsteile vertreten müssen. Daß der Beklagte kein Entgelt für seine Tätigkeit erhalten habe, sei unerheblich, denn Entgeltlichkeit sei keine Voraussetzung einer Haftung.

Die Entstehung der Vertragsgebühr von 2250 S sei nur durch das Auseinanderfallen von Haupt- und Sicherungsgeschäft zurückzuführen (§ 19 Abs 2 GebG). Die dem Rechtsanwalt Dr D nach dem Notariatstarif zustehende Gebühr für die Errichtung und Verbücherung der Nachtragserklärung betrage 1347.76 S und 633.44 S, zusammen also 1981.20 S.

Die Abweisung des Mehrbegehrens von 975.30 S blieb unangefochten.

Die gegen den stattgebenden Teil des Urteiles erhobene Berufung des Beklagten hatte Erfolg. Das Berufungsgericht, das von den unbekämpft gebliebenen Feststellungen des Erstgerichtes auszugehen hatte, änderte das Ersturteil im Sinne einer Abweisung des Begehrens ab. Es hielt die vom Erstgericht aus dem Verhalten der Streitteile gezogenen Schlüsse, daß die Klägerin den Beklagten stillschweigend mit der Vertragserrichtung betraut habe, für nicht zutreffend. Die Tätigkeit des Beklagten, nämlich die Formulierung eines zwischen den Parteien abzuschließenden Vertrages, sei nicht anders zu beurteilen, wie wenn sie von einem Angestellten oder Vertrauten der Käuferin ausgeübt worden wäre. Es habe sich hiebei nur um die Erteilung eines Rates gehandelt, in welcher Form der von den Parteien bereits mündlich vorher abgeschlossene Vertrag in Schriftform zu bringen sei. Dieser Rat sei unentgeltlich und außerdem nur der Käuferin erteilt worden. Da der Rat nicht im Rahmen eines gegenüber der Klägerin bestehenden Verpflichtungsverhältnisses gegeben worden sei und eine wissentliche Schadenszufügung auszuschließen sei, könne die Klägerin auch aus einem falschen oder unvollständigen Ratschlag keine Ersatzforderung gegen den Beklagten ableiten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge und hob das Urteil des Berufungsgerichtes auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Klägerin bekämpft die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß aus dem Verhalten der Streitteile noch nicht auf eine Auftragserteilung der Klägerin gegenüber dem Beklagten geschlossen werden könne, mit dem Hinweis darauf, daß der Beklagte das Diktat des Vertragstextes, somit ein Geschäft übernommen habe, dessen Ausführung einige Kunstkenntnisse erfordere, und daß er dadurch zu erkennen gegeben habe, daß er sich die hiezu erforderlichen, nicht gewöhnlichen Kenntnisse zutraue. Die Bestimmung des § 1299 ABGB beziehe sich nicht nur auf bestimmte Berufsgruppen, wie z B Rechtsanwälte, sondern ganz allgemein auf Personen, die zu erkennen geben, daß sie über nicht gewöhnliche Kenntnisse verfügen. Diese Bestimmung sei daher auch auf den Beklagten anzuwenden, der immerhin absolvierter Jurist sei. An seiner Haftung würde sich auch dann nichts ändern, wenn man eine schlüssige Inanspruchnahme der Dienste des Beklagten durch die Klägerin nicht annehmen wollte, weil diese Haftung vom Bestehen eines Auftragsverhältnisses unabhängig sei.

Diesen Ausführungen ist zunächst insoweit beizupflichten, als sie in der Formulierung eines Vertragstextes die Übernahme eines Geschäftes und nicht bloß die Erteilung eines aus Gefälligkeit erteilten Rates erblicken. Abgesehen davon, daß die Herstellung eines Vertragstextes, der die Grundlage für die grundbücherliche Durchführung des von den Parteien bereits geschlossenen Geschäftes bilden soll, über die Erteilung eines bloßen Rates hinausgeht, weil darin die Erstellung eines Werkes liegt, das nach dem dem Beklagten bekannten Willen der Vertragspartner für einen bestimmten, in ihrem beiderseitigen Interesse liegenden Zweck benützt werden soll, kann dem Berufungsgericht auch darin nicht gefolgt werden, daß zwischen der Klägerin und dem Beklagten kein Verpflichtungsverhältnis zustande gekommen sein soll. Es ist zwar richtig, daß eine allgemeine, jedem Dritten unabhängig von einem Auftrags- oder Vertretungsverhältnis oder einer sonstigen unmittelbaren Rechtsbeziehung zustehende Berechtigung, Schadenersatz zu verlangen, durch die Bestimmungen der §§ 1299 und 1300 ABGB nicht begrundet wird. Der Oberste Gerichtshof hat aber in zahlreichen Entscheidungen (SZ 28/57, JBl 1962, 152 und 1958, 122, RZ 1967, 202 und 1966, 101 u v a) ausgesprochen, daß Rechtsanwälte und Notare, wenn und insoweit sie bei der Errichtung und Abwicklung von Verträgen für beide Vertragspartner tätig werden, die Interessen beider Teile wahrzunehmen haben, selbst wenn sie im übrigen nur die Bevollmächtigten eines Teiles sind. Ihre Haftung grundet sich auf §§ 1299 und 1300 ABGB. Was für den Rechtsanwalt oder Notar gilt, muß aber auch für den gelten, der, ohne Rechtsanwalt oder Notar zu sein, in gleicher oder ähnlicher Weise die Besorgung von Geschäften übernimmt, die in der Regel wegen der dazu erforderlichen besonderen Rechtskenntnisse eben nur von Rechtsanwälten oder Notaren besorgt werden. Von einer in dieser Richtung erfahrenen und deswegen zugezogenen Person, mag diese Rechtsanwalt, Notar oder absolvierter Jurist sein, erwarten beide Vertragsteile eine gleichmäßige Wahrung ihrer Interessen. Wer ein solches Geschäft übernimmt, tritt somit auch gegenüber dem Partner des Vertragsteiles, der seine Dienste ausdrücklich erbittet oder in Anspruch nimmt, in ein Verpflichtungsverhältnis, denn er erweckt durch seine Handlungsweise den Anschein und das Vertrauen, daß er bei der Ausführung des Geschäftes bedacht sein werde, beide Teile vor Nachteilen zu schützen und für ihre rechtliche Sicherheit zu sorgen. Die Revisionswerberin weist in Übereinstimmung mit dem Erstgericht zutreffend darauf hin, daß in § 1299 ABGB zwischen den Personen, die sich zu einem Amte, einer Kunst, einem Gewerbe oder Handwerk öffentlich bekennen, und solchen, die ohne Not freiwillig ein Geschäft übernehmen, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß erfordert, nicht unterschieden wird, was die Folgen des Mangels der entsprechenden Kenntnisse betrifft. Der vom Beklagten vermißte Rechtswidrigkeitszusammenhang gegenüber der Klägerin ist daher zu bejahen, denn er war auch ihr gegenüber zu der besonderen Sorgfalt, die sich aus der Natur des übernommenen Geschäftes ergibt, verpflichtet.

Da die Auslassung der von den Vertragsparteien offensichtlich gewollten Verpfändungserklärung zweifellos auf einem Mangel der Rechtskenntnisse des Beklagten oder der bei der Verfassung eines Leibrentenvertrages anzuwendenden Aufmerksamkeit beruht, welchen Mangel der Beklagte nach § 1299 ABGB zu vertreten hat, ist die Schadenersatzpflicht des Beklagten gegenüber der Klägerin grundsätzlich zu bejahen. Von einem die Ersatzpflicht des Beklagten ausschließenden Eigenverschulden der Klägerin kann nicht die Rede sein, da kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, daß die Klägerin den Mangel der Kenntnisse oder der Aufmerksamkeit des Beklagten gekannt hat oder hätte kennen müssen. Auf die Frage eines Mitverschuldens, die in der Berufung aufgeworfen worden war, kann hier nicht eingegangen werden, weil ein Mitverschuldenseinwand im Verfahren erster Instanz nicht erhoben worden war.

Gegen die grundsätzliche Ersatzpflicht des Beklagten hinsichtlich der der Klägerin aus seinem Versehen entstandenen Mehrauslagen kann auch nicht eingewendet werden, daß die Kosten der Errichtung und Durchführung des Vertrages von der Käuferin zu entrichten seien. Das kann nämlich nur auf die üblicher- oder notwendigerweise entstandenen, nicht aber auf die schuldhaft vom Beklagten verursachten Mehrkosten bezogen werden, die die Klägerin tatsächlich getragen hat.

Im übrigen trifft es auch nicht zu, daß der vom Beklagten gemachte Fehler durch Einfügen der Verpfändungserklärung im Wege einer Verbesserung der ursprünglichen Urkunde wieder gutgemacht und so die Entstehung der Gebührenpflicht für die Verpfändungserklärung hätte vermieden werden können. Nach § 21 GebG 1957 kommt eine Einfügung, nämlich ein Zusatz oder Nachtrag, der nach Maßgabe seines Inhaltes nicht eine selbständige Gebührenpflicht auslöst, nur bei einer nicht vollständig ausgefertigten Urkunde in Betracht. Der in Rede stehende Kaufvertrag war aber bereits vollständig ausgefertigt, als die Errichtung eines Nachtrages für die Klägerin in Frage kam. Wie der Verwaltungsgerichtshof in der auch vom Beklagten zitierten, einen völlig gleichgelagerten Fall betreffenden E vom 7. Februar 1966, 375/65, ausgesprochen hat, kommt es hiebei nicht darauf an, aus welchen Gründen der Pfandbestellungsvertrag nicht in die ursprüngliche Urkunde aufgenommen wurde, sondern es ist für die Entstehung einer selbständigen Gebührenpflicht für das Sicherungsgeschäft nur maßgebend, daß der Pfandbestellungsvertrag in dem Kauf- bzw Leibrentenvertrag nicht enthalten ist. Die Auffassung, daß der ursprüngliche Vertrag deshalb als nicht vollständig ausgefertigte Urkunde angesehen werden kann, weil die Aufnahme des Pfandbestellungsvertrages vergessen wurde, ist daher abzulehnen.

Trotzdem ist die Sache aber noch nicht im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteiles spruchreif, weil sich das von einer anderen Rechtsansicht ausgehende Berufungsgericht mit der Mängelrüge nicht befaßt hat, in der der Beklagte sich darüber beschwerte, daß er vom Erstrichter als unvertretene Partei nicht zur Erhebung eines Mitverschuldenseinwandes angeleitet wurde. Da dem Obersten Gerichtshof eine Entscheidung über die Berechtigung dieser Mängelrüge verwehrt ist, mußte das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen werden, dessen Ermessen die allfällige Anberaumung einer neuerlichen Berufungsverhandlung überlassen werden muß. Bemerkt sei, daß der Beklagte in der Revisionsbeantwortung auf die in seiner Berufung seinerzeit erhobene Mängelrüge verwiesen und hilfsweise auch einen Aufhebungsantrag gestellt hat.

Anmerkung

Z43221

Schlagworte

Notar, Errichtung und Abwicklung von Verträgen, Rechtsanwalt, Errichtung und Abwicklung von Verträgen, Sachverständiger, Errichtung und Abwicklung von Verträgen, Vertragserrichter, Haftung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1970:0060OB00282.7.1202.000

Dokumentnummer

JJT_19701202_OGH0002_0060OB00282_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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