TE OGH 1971/2/11 1Ob255/70

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Veröffentlicht am 11.02.1971
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Norm

ABGB §534
ZPO §226

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SZ 44/12

Spruch

Die Erbrechtsklage des gesetzlichen Erben gegen den Testamentserben ist dann nicht schlüssig, wenn nicht auch die Ungültigkeit des Testamentes gegenüber dem Ersatzerben behauptet und unter Beweis gestellt wird

OGH 11. 2. 1971, 1 Ob 255/70 (OLG Wien 6 R 100/70; LGZ Wien 30 a Cg 146/69)

Text

Im Verlassenschaftsverfahren vor dem Bezirksgericht Mödling nach der am 13. 10. 1967 als Schweizer Staatsbürgerin in der Schweiz unter Hinterlassung eines schriftlichen Testamentes vom 4. 9. 1967 verstorbenen Schwester des Klägers, Elisabeth M, haben beide Streitteile Erbserklärungen abgegeben; der Kläger auf Grund des Gesetzes, die Beklagte auf Grund des genannten Testamentes. Mit Beschluß vom 22. 5. 1969 hat der Verlassenschaftsrichter den Kläger angewiesen, binnen vier Wochen zur Geltendmachung seines Erbrechtes oder zur Entkräftung des Erbrechtstitels der Beklagten die Klage einzubringen.

Mit der nunmehr seit 23. 6. 1969 anhängigen Klage ficht der Kläger das Testament als ungültig an.

Elisabeth M hat in dem Testament den beklagten Verein zum Erben eingesetzt, mit dem Beisatz, ihr Vermögen bestehe aus 2/3 Anteilen der Liegenschaft EZ 329 KG Mödling, einem Haus samt Garten und Hauseinrichtung. In dem Testament wird für den Fall, daß der beklagte Verein die bezeichnete Erbschaft nicht übernehmen sollte, an seiner Stelle der Verein "C S" zum Erben eingesetzt. An jede Übernahme der Liegenschaftsanteile wird die unumstößliche Bedingung geknüpft, daß sie nicht veräußert werden dürfen, sondern ausschließlich jenen Vereinszwecken zu dienen habe, denen die genannten Institutionen dienen. Ein Zusatz zu dem Testament vom 18. 9. 1967 enthält: "Zusätzliche Wünsche und Bedingungen zu dem am 4. 9. 1967 abgefaßten Testament."

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000.- übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist den Unterinstanzen darin beizupflichten, daß auf den vorliegenden Fall österreichisches Recht anzuwenden ist, was vom Kläger auch nicht mehr bestritten wird. Die Erblasserin hat in der Hauptsache der Beklagten ihre in Österreich liegenden Liegenschaftsanteile, sohin unbewegliches Vermögen, hinterlassen. Gemäß § 22 AußStrG sind die Rechte der Parteien aus einer letztwilligen Anordnung, die in Österreich gelegene unbewegliche Güter betrifft, nach österreichischem Recht zu beurteilen (GlUNF 1511), wie überhaupt immer österreichisches Recht anzuwenden ist, wenn eine Verlassenschaft im Inland abgehandelt wird. Dies gilt auch, wenn erbrechtliche Ansprüche im Rechtsweg geltend gemacht werden. Lediglich die Formgültigkeit der letztwilligen Verfügung eines im Ausland verstorbenen Ausländers - die gegenständlich aber nie bestritten wurde - ist nach dem Recht des Errichtungsortes zu beurteilen, auch wenn es sich um inländischen unbeweglichen Nachlaß handelt (siehe hiezu GlU 1511, ÖRSt 1954, H 17, JBl 1956, 17).

Bei Beurteilung der vorliegenden Rechtssache ist davon auszugehen, daß die Erblasserin in ihrem Testament primär den beklagten Verein zum Erben eingesetzt hat. Sie verfügte aber ferner für den Fall, daß der beklagte Verein den gegenständlichen 2/3 Liegenschaftsanteil samt der auf ihn entfallenden Hauseinrichtung nicht übernehmen können sollte oder nicht übernehmen wollte oder nicht imstande sein sollte, die ihm gestellten Bedingungen einzuhalten, daß an seine Stelle der Verein "C S" als Erbe treten soll.

Damit bestellte die Erblasserin für den Fall, daß der beklagte Verein aus den oben genannten Gründen die Erbschaft nicht erlangt, einen Ersatzerben iS des § 604 ABGB. Hat aber der Erblasser eine Ersatzerbschaft angeordnet, so gelangen die gesetzlichen Erben (hier der Kläger) so lange nicht zur Erbschaft, als noch einer der berufenen Ersatzerben übrig ist. Erst wenn die eingesetzten Erben - also auch die Ersatzerben - die Erbschaft nicht antreten können oder wollen, findet die gesetzliche Erbfolge statt (§ 727, 4. Halbsatz ABGB, siehe hiezu aber auch Weiß in Klang[2] III 360).

Mit der vorliegenden Klage strebt nun der Kläger die Feststellung an, daß das Testament der Erblasserin unwirksam und ungültig sei - also auch gegenüber dem am Verfahren gar nicht beteiligten Ersatzerben - und begehrt ferner die Feststellung, daß ihm auf Grund des Gesetzes das Erbrecht zum Nachlaß der Erblasserin zustehe.

Er begrundet sein Begehren damit, daß die in dem Testament für den Erbfall zugunsten des Beklagten enthaltenen Bedingungen nicht erfüllt werden könnten. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhalt auf den Aufsatz zur Ergänzung des Testamentes, in dem die Erblasserin erläuterte, in welcher Weise ihr Nachlaß, insbesondere Haus und Garten zur Unterbringung, Ausbildung und Ertüchtigung gehirngeschädigter Kinder zu verwenden wäre, und welcher Art sohin die Bedingungen seien, unter denen eine Vererbung auf Grund ihres Testamentes stattfinden könne. Die Erfüllung dieser Bedingungen sei aber - so der Kläger - nur mit seiner Zustimmung und seiner Mitwirkung möglich, die er jedoch versage.

Es kann nun dahingestellt bleiben, ob es sich bei den Anordnungen der Erblasserin um Bedingungen, Auflagen oder Wünsche handelt. Denn selbst wenn es sich um echte Bedingungen handelte, von deren Erfüllung der Antritt der Erbschaft abhängig wäre und die der beklagte Verein nicht erfüllen könne, weil hiezu die vom Kläger als Miteigentümer verweigerte Zustimmung oder Mitwirkung erforderlich ist, wäre für den Kläger nichts gewonnen, denn wenn die beklagte Partei die Erbschaft nicht antreten kann oder nicht antreten will, tritt an ihre Stelle noch immer nicht der Kläger, sondern zunächst der eingesetzte Ersatzerbe. Daß sich aber die in der Ergänzung zum Testament enthaltenen "zusätzlichen Wünsche und Bedingungen" auch auf den Ersatzerben beziehen, wurde weder behauptet noch ist solches hervorgekommen. Den Ersatzerben würde lediglich die im Testament selbst festgehaltene "unumstößliche Bedingung" des Veräußerungsverbotes und die ausschließliche Widmung der Liegenschaftsanteile für dessen Vereinszwecke treffen. Daß aber auch der Ersatzerbe diese Bedingungen nicht erfüllen könnte oder nicht wollte, wurde vom Kläger gar nicht behauptet. Zur Erfüllung dieser Bedingungen ist auch die Zustimmung oder Mitwirkung des Klägers nicht erforderlich, denn der Vereinszweck der "C S" ist so weit gespannt, daß eine Widmung der Liegenschaftsanteile für deren Zwecke auch ohne Eingriff in die Rechte des Klägers als Dritteleigentümer der Liegenschaft und ohne Beeinträchtigung der von ihm behaupteten Gebrauchsregelung denkbar erscheint.

Da aber - wie ausgeführt - die Ungültigerklärung des Testamentes und die Feststellung, daß dem Kläger das gesetzliche Erbrecht zum Nachlaß seiner Schwester zusteht, dessen Ungültigkeit auch gegenüber dem Ersatzerben zur Voraussetzung hat, in dieser Richtung vom Kläger aber nichts vorgebracht wurde und sich die Klage auch nur gegen den primär eingesetzten Erben richtet, ist sie nicht schlüssig, weshalb schon aus diesem Gründe, ohne daß es erforderlich war, auf die Ausführungen zur Mängelrüge näher einzugehen, der Revision des Klägers der Erfolg zu versagen war.

Anmerkung

Z44012

Schlagworte

Erbrechtsklage, Schlüssigkeit, Ersatzerbe, Schlüssigkeit der Erbrechtsklage des gesetzlichen Erben, Gesetzlicher Erbe, Schlüssigkeit der Erbrechtsklage, Schlüssigkeit, Erbrechtsklage des gesetzlichen Erben, Testament, Schlüssigkeit der Erbrechtsklage des gesetzlichen Erben, Testamentserbe, Schlüssigkeit der Erbrechtsklage des gesetzlichen Erben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0010OB00255.7.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19710211_OGH0002_0010OB00255_7000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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