TE OGH 1971/4/20 8Ob75/71

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Veröffentlicht am 20.04.1971
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Norm

ABGB §91
EO §382 Z8

Kopf

SZ 44/50

Spruch

Solange die auf Ehescheidung geklagte Ehefrau die von ihr eigenmächtig vollzogene Trennung ohne triftige Gründe aufrechterhält, kann der Ehemann nach § 362 Z 8 EO zu einer vorschußweisen Leistung der Mittel zur Prozeßführung nicht verhalten werden

OGH 20. 4. 1971, 8 Ob 75/71 (OLG Linz 3 R 8/71; LG Linz 7 Cg 31/70)

Text

Der Kläger begehrt die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten.

Die Beklagte hat dem Scheidungsbegehren widersprochen und a) die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes, b) die Leistung eines vorläufigen Unterhaltes von S 2000.- ab 1. 6. 1970 sowie c) die Zuerkennung eines Vorschusses von S 5000.- zur Deckung der Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beantragt.

Der Kläger hat sich gegen die Bewilligung der beantragten einstweiligen Verfügung ausgesprochen und insbesondere eingewendet, die Beklagte verwehre ihm eigenmächtig und grundlos den Zutritt zur Ehewohnung und habe sich damit auch ihres Unterhaltsanspruches begeben.

Das Erstgericht hat die beantragte einstweilige Verfügung zur Gänze abgewiesen.

Das Rekursgericht hat infolge Rekurses der Beklagten den Beschluß des Erstgerichtes hinsichtlich der Abweisung des unter a) und b) angeführten Begehrens bestätigt, in seinem Ausspruch hinsichtlich des Punktes c) jedoch dahin abgeändert, daß der Kläger verpflichtet wurde, der Beklagten einen Betrag von S 5000.- zur vorläufigen Deckung der ihr im Ehescheidungsverfahren erlaufenden Kosten der rechtsfreundlichen Vertretung zu bezahlen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Klägers Folge und stellte in Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses den erstgerichtlichen Beschluß zur Gänze wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist zulässig.

Durch § 14 Abs 2 AußStrG und § 502 Abs 2 ZPO wird eine Anfechtung der Entscheidung der zweiten Instanz lediglich insoweit ausgeschlossen, als Verfahren und Entscheidung die Bemessung gesetzlicher Unterhaltsansprüche zum Gegenstand haben; das Rechtsmittel an die dritte Instanz ist aber dann nicht ausgeschlossen, wenn - wie diesmal - die Anfechtung die abändernde Entscheidung über den Grund des Anspruchs oder über verfahrensrechtliche Voraussetzungen betrifft (JB Nr 60 neu = SZ 27/177). Da dies auch für die Bekämpfung einstweiliger Verfügungen, mit denen ein gesetzlicher Unterhalt vorläufig bestimmt wird, gilt, ist der vorliegende Revisionsrekurs des Klägers zulässig (EvBl 1969/24).

Der Revisionsrekurs ist auch gerechtfertigt.

Es ist davon auszugehen, daß der Antrag der Ehefrau auf Bewilligung des abgesonderten Wohnortes abgewiesen wurde, weil sie im November 1969 ihren Ehegatten ohne zureichende Gründe eigenmächtig aus der Ehewohnung aussperrte und sich hartnäckig weigert, ihn in diese wieder einzulassen. Beide Vorinstanzen folgerten hieraus zutreffend, daß der Beklagten ein Anspruch auf die begehrten Unterhaltsleistungen in Geld nicht zustehe. Dies entspricht der Rechtsprechung und Lehre, wonach die Ehefrau einen Unterhalt nicht beanspruchen kann, wenn sie ohne triftigen Grund die eheliche Gemeinschaft aufhebt oder deren Aufnahme verweigert (SZ 8/234, EFSlg 9428, uva, Wentzel in Klang[2] I/1, 377). Hieraus folgt aber, wie das Erstgericht richtig erkannt hat, weiter, daß nicht nur das Begehren der Klägerin auf Zahlung eines einstweiligen Unterhalts in Form einer monatlichen Rente, sondern auch jenes auf Entrichtung eines Vorschusses zur Deckung der Kosten ihrer rechtsfreundlichen Vertretung in diesem Scheidungsstreit abzuweisen war. Die Verpflichtung des Ehemannes, der Ehefrau einen Vorschuß für die Kosten des Ehescheidungsverfahrens zu leisten, kann nur im Rahmen seiner Unterhaltsverpflichtung geltend gemacht werden (RZ 1968, 177, EvBl 1969/24). Diese der Unterhaltspflicht zuzuordnende Verbindlichkeit des Ehemannes zur Deckung der durch die Prozeßführung erwachsenden besonderen Bedürfnisse seiner Ehefrau kann - entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht - nicht einer von der sonstigen Beurteilung des Anspruches auf einstweiligen Unterhalt abweichenden Sonderlösung zugeführt werden. Auch die Stellungnahme des Klägers in seiner Äußerung zu der beantragten einstweiligen Verfügung führt zu keinem anderen Ergebnis. Dort hat der Kläger seine Unterhaltspflicht nicht vorbehaltslos anerkannt, sondern lediglich seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, seiner Ehefrau im Rahmen der ehelichen Gemeinschaft und bei gemeinsamem Zusammenleben Naturalunterhalt zu gewähren. Solange aber die Ehefrau die eigenmächtig vollzogene Trennung ohne triftige Gründe aufrechterhält, ist der Ehemann nicht verpflichtet, sie zu alimentieren. Daher kann er, solange die Ehefrau an diesem Zustand festhält, auch nicht verhalten werden, ihr einen einstweiligen Unterhalt nach § 382 Z 8 EO durch vorschußweise Leistung der Mittel zur Prozeßführung zu gewähren.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung

Z44050

Schlagworte

Ehescheidungsverfahren, kein Vorschuß für - nach § 382 Z 8 EO, solange, beklagte Ehegattin eigenmächtige Trennung aufrechterhält, Einstweiliger Unterhalt nach § 382 Z 8 EO, kein Vorschuß zur, Prozeßführung für eigenmächtig getrennt lebende Ehegattin, Prozeßkostenvorschuß für Ehescheidungsverfahren nach § 382 Z 8 EO, kein, - für beklagte Ehegattin bei Aufrechterhaltung der eigenmächtigen, Trennung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0080OB00075.71.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19710420_OGH0002_0080OB00075_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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