TE OGH 1971/7/22 4Ob340/71

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Veröffentlicht am 22.07.1971
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Norm

EO §388
ZPO §516

Kopf

SZ 44/119

Spruch

Nichtigkeit der Rekursentscheidung über einen vom Vorsitzenden des Senates erster Instanz gefaßten Beschluß, falls nicht früher dessen Abänderung beim Gerichtshof beantragt bzw die Senatsentscheidung eingeholt wurde

OGH 22. 7. 1971, 4 Ob 340/71 (OLG Innsbruck 1 R 79/71; LG Innsbruck 5 Cg

189/71)

Text

Die klagende Partei macht gegen die beklagte Partei einen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung wegen Verstoßes gegen §§ 1 und 3 UrhG und § 1 UWG geltend. Sie bewertet ihr Streitinteresse mit S 200.000.-. Zur Sicherung ihres Unterlassungsanspruches begehrte die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Der Vorsitzende des Senates des Landesgerichtes Innsbruck erließ gemäß § 388 EO die beantragte Verfügung, deren Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wurde.

Gegen diesen Beschluß erhob die beklagte Partei einen an das Oberlandesgericht Innsbruck gerichteten Rekurs, dem dieses dahin Folge gab, daß es die beantragte einstweilige Verfügung abwies.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei, in dem Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses gemäß § 477 Abs 1 Z 3 ZPO geltend gemacht wird, weil gemäß § 516 ZPO vorerst die Abänderung des in Frage stehenden Beschlusses beim Gerichtshof hätte beantragt werden müssen.

Der Oberste Gerichtshof hob die angefochtene Entscheidung als nichtig auf, der Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Erstgerichtes vom 14. 4. 1971, ONr 2, werde zunächst vom Senate des Landesgerichtes Innsbruck als Abänderungsantrag gemäß § 516 ZPO zu behandeln sein.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Maßgebend dafür, in welcher Besetzung das Gericht über den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zu entscheiden hat, ist der Stand des Verfahrens, in dem sich die Sache zur Zeit der Entscheidung befindet. (ÖBl 1970 Seite 126). Da der Streitwert S 100.000.- übersteigt und in diesem Zeitpunkt auch keine Einigung auf den Einzelrichter vorlag, hätte - abgesehen von der Sonderbestimmung des § 388 EO - grundsätzlich der Senat des Erstgerichtes über die einstweilige Verfügung zu entscheiden gehabt. Im vorliegenden Fall hat nach der Aktenlage der Senatsvorsitzende offenbar wegen der Dringlichkeit von der ihm im § 388 EO eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht und nach dieser Gesetzesstelle zulässigerweise eine einstweilige Verfügung erlassen. Gemäß §§ 516 ZPO, 78, 402 EO war daher der Rekurs des Klägers gegen diesen Beschluß nur unter der Voraussetzung zulässig, daß vorher Abhilfe beim Senat beantragt worden wäre (SZ 13/278), was diesfalls nicht geschah. Der dennoch eingebrachte Rekurs war gleichwohl nicht zurückzuweisen, da die Parteien aus der Ausfertigung der erstrichterlichen Entscheidung nicht ersehen konnten, daß der Vorsitzende und nicht der Senat die einstweilige Verfügung erlassen hatte (SZ 26/243). Allerdings wäre er zunächst vom Senat des Landesgerichtes Innsbruck als Abänderungsantrag iS des § 516 ZPO zu behandeln gewesen. Da dies unterlassen wurde, hätte das Rekursgericht über das Rechtsmittel noch nicht meritorisch entscheiden dürfen, sondern den Akt dem Erstgericht zur Entscheidung durch den Senat zurückstellen müssen. Abgesehen davon, daß sich keineswegs beurteilen läßt, ob der Senat des Erstgerichtes die einstweilige Verfügung aufrecht erhielte, darf den Parteien die im Gesetz vorgesehene Einschaltung des erstgerichtlichen Senates im Verfahren über eine einstweilige Verfügung nicht genommen werden (JBl 1962, 211; so auch die Entscheidung vom 31. 3. 1971, 8 Ob 33/71).

Der gegenteiligen Auffassung Novaks (JBl 1962, 211) und Faschings (Komm z d Zivilprozeßgesetzen IV, 397) kann im Ergebnis nicht gefolgt werden, weil das aufsteigende Rechtsmittel überhaupt noch nicht zulässig ist und die Überspringung einer Instanz - mag dies im Gesetz auch nicht ausdrücklich erwähnt sein - Nichtigkeit zur Folge hat.

Anmerkung

Z44119

Schlagworte

Einstweilige Verfügung, Bewilligung durch den Vorsitzenden gemäß § 388, EO, Nichtigkeit der Rekursentscheidung, Nichtigkeit, der Rekursentscheidung, vom Vorsitzenden des Senates, erster Instanz gefaßter Beschluß, Rekursentscheidung, Nichtigkeit der -, vom Vorsitzenden des Senates, erster Instanz gefaßter Beschluß, Vorsitzender des Senates erster Instanz, vom - gefaßter Beschluß„ Nichtigkeit der Rekursentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1971:0040OB00340.71.0722.000

Dokumentnummer

JJT_19710722_OGH0002_0040OB00340_7100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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