TE OGH 1972/11/9 3Ob112/72

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Veröffentlicht am 09.11.1972
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Norm

EO §7 Abs2
EO §10a
Lohnpfändungsgesetz §6 Abs3

Kopf

SZ 45/121

Spruch

Der betreibende Gläubiger verliert das Recht, auch zur Hereinbringung künftig fälliger Unterhalts- und Rentenforderungen nach § 6 Abs 3 LPfG Exekution zu führen, auch dann nicht, wenn der im Zeitpunkt des Exekutionsantrages bestandene Rückstand vor der Entscheidung über den Exekutionsantrag bezahlt wurde und daher die Exekution nur noch zur Hereinbringung der künftigen Beträge geführt wird

OGH 9. 11. 1972, 3 Ob 112/72 (LGZ Wien 26 R 392/72; BG Floridsdorf 9 E 6056/72)

Text

Anläßlich der Scheidung ihrer Ehe hatten die Parteien einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, dem zufolge der Verpflichtete der betreibenden Gläubigerin ab 1. 3. 1972 eine bei einem fünftägigen Respiro am Ersten eines jeden Monates im vorhinein fällig werdende Unterhaltszahlung in der Höhe von 25% seines monatlichen Nettoarbeitseinkommens zu leisten hat. Da der Verpflichtete innerhalb des Zeitraumes vom 1. 3. bis 31. 5. 1972 am 10. 3. S 955.-, am 30. 3. S 960.- und am 2. 5. S 965.-, zusammen also lediglich S 2880.- der betreibenden Partei an Unterhalt gezahlt hatte, stellte diese mit der Behauptung, der Verpflichtete habe seiner Unterhaltsverbindlichkeit nicht voll entsprochen, den Antrag, ihr gegen ihn zur Hereinbringung des in dem fraglichen Zeitabschnitt entstandenen Alimentationsrückstandes sowie der ab 1. 6. 1972 jeweils monatlich fällig werdenden Unterhaltsbeträge Gehaltsexekution zu bewilligen. Der Exekutionsantrag langte beim Erstgericht am 31. 5. 1972 ein. An diesem Tag belief sich, wie die dem Erstgericht am 28. 6. 1972 zugegangene Auskunft der Österreichischen Bundesbahnen, des Dienstgebers des Verpflichteten, ergab, der für die Zeit vom 1. 3. bis 31. 5. 1972 noch unberichtigt aushaftende Unterhalt auf S 728.22. Gleichfalls am 31. 5. 1972 hatte der Verpflichtete an die betreibende Gläubigerin einen weiteren Unterhaltsbetrag von S 1160.- abgesendet, den sie am 2. 6. erhielt und um den sie sodann am 6. 6. die Exekution einschränkte.

Mit Beschluß vom 30. 6. 1972 bewilligte das Erstgericht die eingeschränkte Exekution zur Hereinbringung der ab 1. 6. 1972 an jedem Monatsersten fällig werdenden Unterhaltsbeträge im Ausmaß von 25% des jeweiligen Netto(arbeits)einkommens, wobei es aussprach, daß durch die anfangs Juni geleistete Zahlung von S 1 160.- der Unterhaltsrückstand von S 1028.23 (richtig: S 728.22) beglichen und das danach sich erübrigende Guthaben von S 131.77 auf den prozentuell zu berechnenden Unterhaltsbetrag für Juni 1972 anzurechnen sei.

Die zweite Instanz wies über Rekurs des Verpflichteten in Abänderung des erstrichterlichen Beschlusses den Exekutionsantrag, ohne dabei die von der betreibenden Gläubigerin erklärte Einschränkung der Exekution um S 1160.- zu berücksichtigen, ab. Nach den Ausführungen des Rekursgerichtes sei entsprechend der neueren Lehre und Rechtsprechung für die Exekutionsbewilligung nicht die im Zeitpunkt des Ansuchens, sondern die bei dessen Erledigung durch das Erstgericht bestandene Sachlage maßgebend. Da es bei Erlassung des erstrichterlichen Bewilligungsbeschlusses für den geltend gemachten Zeitraum keinen Unterhaltsrückstand gegeben habe, habe es an dem in § 6 Abs 3 LPfG normierten Erfordernis für die Bewilligung der Gehaltsexekution zur Hereinbringung des laufenden Unterhaltes gefehlt.

Der Oberste Gerichtshof stellte - mit der Abweichung, daß S 431.78 auf den Unterhalt für Juni 1972 anzurechnen seien - den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zutreffend verweist die Rechtsmittelwerberin darauf, daß, sofern die Zahlung des Verpflichteten vom 2. 6. im Betrage von S 1160.- auch zur Abdeckung der unbeglichenen Restschuld aus der Zeit von März bis Mai 1972 herangezogen wird, bei Erlassung des erstgerichtlichen Beschlusses die damals bereits fällig gewesene Junirate zu einem Teil aushaftete, somit wegen eines schon fälligen Anspruches Exekution geführt werden mußte. Doch kommt es darauf gar nicht an. Denn wenn auch im allgemeinen, wie das Rekursgericht ausführt, auf die Frage des Bestandes der beizutreibenden Forderung zur Zeit der Entscheidung über den Exekutionsantrag abzustellen ist, so muß doch die Zulässigkeit der Exekution iS des § 6 Abs 3 LPfG auch bei Nichtvorhandensein eines bei Antragstellung bestandenen Unterhaltsrückstandes im Zeitpunkt der Exekutionsbewilligung bejaht werden. Nach der früheren Gesetzeslage, als noch § 372 EO in Geltung war, setzte die Bewilligung der Exekution zur Sicherung von Unterhaltsansprüchen lediglich voraus, daß gegen den Verpflichteten zur Hereinbringung verfallener Unterhaltsraten schon einmal hatte Exekution geführt werden müssen. Diese Vorschrift wurde durch § 13 Abs 3 der LPfV 1940, DRGBl I 1451, aufgehoben und durch deren § 6 Abs 3 ersetzt, wobei aber unberücksichtigt blieb, daß eine nur an dessen Wortlaut orientierte Auslegung im Hinblick auf § 10a EO, eine Bestimmung, die allerdings im Bereich der deutschen Gesetzgebung nicht ihresgleichen hat, mitunter zu untragbaren Ergebnissen führen könnte. Darum wird denn auch § 6 Abs 3 LPfG wie schon seinerzeit die gleiche Bestimmung des § 6 Abs 3 LPfV 1940 von der herrschenden Rechtsprechung, von der abzugehen auch hier kein ersichtlicher Grund besteht, dahin verstanden, daß zur Hereinbringung des laufenden Unterhaltes die Exekution auf künftig fällig werdendes Arbeitseinkommen nicht erfordert, daß zugleich wegen fälliger Unterhaltsansprüche die Pfändung des Arbeitseinkommens bewilligt wird, sondern es genügt, daß zugleich wegen schon fälliger Ansprüche die Pfändung in die Wege geleitet, nämlich beantragt wurde (SZ 26/19). Danach ist also Voraussetzung, daß der Verpflichtete zur Zeit des Einlangens des Exekutionsantrages mit der ihm obliegenden Unterhaltszahlung in Verzug war, mag er es auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag nicht mehr sein (3 Ob 119/67 = EFSlg 9015). Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang die Erwägung, daß sonst eine Ermittlung des Unterhaltsrückstandes bis zum Bewilligungszeitpunkt durch Rückfrage bei der betreibenden Partei eine erhebliche Verzögerung der Exekutionsbewilligung bewirken, ja diese unter Umständen sogar unpraktikabel machen könnte, uzw dann, wenn es der Verpflichtete darauf anlegen würde, stets erst knapp vor der jeweils beantragten Exekutionsbewilligung den Unterhaltsrückstand zu bezahlen; dies brächte die betreibende Partei um ihren Anspruch auf pünktliche Einhaltung des Leistungstermins durch den Verpflichteten. Was nun die gegenwärtige Exekutionssache betrifft, so ist festzuhalten, daß der Verpflichtete, wie aus dem bereits wiedergegebenen Sachverhalt hervorgeht, am 31. 5. 1972, dem Tage des Einlangens des Exekutionsantrages beim Erstgericht, mit seinen Unterhaltszahlungen im Ausmaß von S 728.22 in Rückstand war. Die Exekution war daher nach Maßgabe der vorgenommenen Einschränkung um S 1160.- zu bewilligen. Dies führt freilich nicht zu der von der Rechtsmittelwerberin angestrebten völligen Wiederherstellung des erstrichterlichen Bewilligungsbeschlusses, weil das auf die Junirate anzurechnende Guthaben nicht, wie vom Erstgericht irrtümlich errechnet, S 131.77 (= S 1160.- - 1028.23), sondern S 431.78 (= S 1160.- - S 728.22) beträgt.

Anmerkung

Z45121

Schlagworte

Exekutionsantrag, Bezahlung von Unterhaltsforderungen vor Entscheidung, über den - (§ 6 Abs 3 LPfG), Fälligkeit, Bezahlung von Unterhaltsforderungen vor Entscheidung über, den Exekutionsantrag (§ 6 Abs 3 LPfG), Rentenforderung, Bezahlung vor Entscheidung über den Exekutionsantrag, (§ 6 Abs 3 LPfG), Rentenforderung, künftig fällige, Unterhaltsforderung, Bezahlung vor Entscheidung über den, Exekutionsantrag (§ 6 Abs 3 LPfG), Unterhaltsforderung, künftig fällige, Unterhaltsrückstand, Bezahlung vor Entscheidung über den, Exekutionsantrag (§ 6 Abs 3 LPfG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1972:0030OB00112.72.1109.000

Dokumentnummer

JJT_19721109_OGH0002_0030OB00112_7200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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