TE OGH 1972/12/7 6Ob210/72

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.12.1972
beobachten
merken

Norm

ABGB §833
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §1
Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz §18

Kopf

SZ 45/138

Spruch

Bei rechtskräftiger Scheidung der Ehe der Parteien kann es dem Antragsgegner nicht verwehrt sein, einem auf Benützungsregelung hinsichtlich des gemeinsamen Einfamilienhauses nach den Grundsätzen des Miteigentums gerichteten Antrag einen solchen auf Verfügung über die Ehewohnung iS der 6. DVEheG entgegenzustellen

OGH 7. 12. 1972, 6 Ob 210/72 (LGZ Wien 43 R 557/72; BG Hietzing 3 Nc 81/71)

Text

Die Parteien sind je zur Hälfte Miteigentümer des Hauses mit Garten Wien 13, H-Gasse 28 a. Es handelt sich um frühere Ehegatten, deren jeder nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe eine neue Ehe geschlossen hat. Der Antragsgegner bewohnt das gemeinsame Haus mit den drei Kindern seiner ersten Ehe wobei das jüngste dieser Kinder auch teilweise bei der Mutter lebt.

Ausdrücklich gestützt auf das Miteigentum an der gemeinsamen Liegenschaft und unter Betonung der Rechtsauffassung, daß die Bestimmungen der 6. DVEheG nicht anwendbar seien, beantragte die Antragstellerin eine Benützungsregelung dergestalt, daß ihr und ihren Rechtsnachfolgern die im ersten Stock des Hauses liegenden Räume sowie ein Mansardenraum zur alleinigen Benützung zugewiesen werden, während in der alleinigen Benützung des Antragsgegners und seiner Rechtsnachfolger alle im Parterre gelegenen Räumlichkeiten verbleiben sollen. Die Benützung des Gartens solle in der Weise geregelt werden, daß die südlich liegende Hälfte der Antragstellerin und ihren Rechtsnachfolgern, die nördliche Hälfte dem Antragsgegner und seinen Rechtsnachfolgern überlassen werden.

Unter ausdrücklicher Hervorhebung des Charakters der gesamten Liegenschaft als Ehewohnung und Einfamilienhaus vertrat der Antragsgegner die Auffassung, es könne höchstens eine Regelung nach der 6. DVEheG in Betracht kommen. Er stellte den Antrag auf Abweisung der begehrten Benützungsregelung.

Den Wünschen des Antragsgegners im einzelnen versuchte die Antragstellerin durch die Erklärung entgegenzukommen, sie sei auch damit einverstanden, dem Antragsgegner auch jene Räume zu überlassen, zu denen ein Badezimmer gehöre, falls er dessen Verlust als unbillige Härte ansehen sollte.

Nach einem Zwischenverfahren über die Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes sprach das Erstgericht aus, daß der Antragstellerin die im ersten Stock des Hauses liegenden Räume sowie ein Mansardenraum zur alleinigen Benützung zugewiesen werden, während der Antragsgegner die im Parterre des Hauses gelegenen Räumlichkeiten zur alleinigen Benützung zugewiesen erhält. Die Benützung des Gartens regelte das Erstgericht in der Weise, daß es der Antragstellerin die südliche und dem Antragsgegner die nördliche Hälfte des Gartens zur alleinigen Benützung zuwies. Unter einem trug das Erstgericht vorbehaltlich der baubehördlichen Genehmigung der Antragstellerin auf, binnen Jahresfrist nach Rechtskraft der Entscheidung auf ihre Kosten eine völlige räumliche Trennung der ihr und dem Antragsgegner zugewiesenen Räumlichkeiten herbeizuführen, daß sie den Stiegenabgang vom 1. Stock in das Parterre so verlegen läßt, daß er geradeaus unmittelbar neben dem Eingang in das Haus endet und durch Aufstellen einer Wand und Decke diesen Stiegenabgang von dem im Parterre gelegenen Räumen so abschließen läßt, daß ein Durchblick dahin oder von dort her nicht möglich ist. Das Erstgericht ließ sich bei dieser Entscheidung von der Überzeugung leiten, daß die beantragte Benützungsregelung auf Grund des Miteigentums der Parteien stattzufinden habe und nicht auf Grund der Bestimmungen der

6. DVEheG. Allerdings fügte es bei, daß man auf dem letztgenannten Weg zu demselben Ergebnis kommen würde.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Rekursgericht dem Rekurs des Antragsgegner teilweise Folge; es bestätigte den Beschluß erster Instanz hinsichtlich der Benützungsregelung des Gartens und im übrigen insoweit, als der Antragstellerin das im ersten Stock an der Südwestecke des Hauses gelegene Zimmer und die daran anschließende Küche zur alleinigen Benützung zugewiesen wurden. Hinsichtlich des im ersten Stock an der Nordwestecke gelegenen Zimmers und der westlich anschließenden Veranda (auch Loggia genannt) änderte das Rekursgericht die Entscheidung erster Instanz dahin ab, daß diese beiden Räume dem Antragsgegner zur alleinigen Benützung zugewiesen wurden. Im übrigen hob das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluß auf und verfügte in diesem Umfang die Abgabe an ein vom Erstgericht gesondert zu führendes Verfahren wegen Zuteilung der Ehewohnung.

Das Rekursgericht hielt den Standpunkt des Antragsgegners für berechtigt, wonach der Antrag der Gegenseite nach der 6. DVEheG zu beurteilen sei, soweit er sich auf die frühere Ehewohnung der Parteien beziehe. Diesen Standpunkt habe der Antragsgegner auch einredeweise geltend machen können, sodaß es nicht nur auf das Begehren im Antrag selbst ankomme. Im vorliegenden Fall umfasse das Begehren der Antragstellerin nicht nur die frühere Ehewohnung, sondern auch früher vermietete 2 Zimmer, Küche und Erker im ersten Stock des Hauses sowie den Garten. Einer Benützungsregelung dieser Liegenschaftsteile stunden die Bestimmungen der 6. DVEheG nicht entgegen. Da nun nach zwei voneinander nicht unerheblich abweichenden Verfahrensnormen des Außerstreitrechtes vorzugehen sei und überdies auch die materiellen Voraussetzungen für eine Benützungsregelung nach dem 16. Hauptstück des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches und der 6. DVEheG wesentlich andere seien, könne über eine Benützungsregelung und einen Anspruch nach der 6. DVEheG nicht im selben Verfahren, sondern es müsse abgesondert verhandelt werden.

Daraus leitet das Rekursgericht ab, daß jener Teil des erstgerichtlichen Beschlusses aufzuheben sei, der sich auf die frühere Ehewohnung beziehe, wogegen das Verfahren insoweit spruchreif sei, als es sich um die nicht als Ehewohnung benützten Teile der gemeinschaftlichen Liegenschaft handle. Die Benützungsteilung des Gartens entspreche der Sach- und Rechtslage. Bezüglich der im ersten Stock des Hauses der Benützungsregelung offenstehenden Räumlichkeiten sei eine billige Verteilung in der im Spruch ersichtlichen Weise vorzunehmen, wobei soweit möglich jeder Partei die Hälfte davon zuzuteilen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs Folge, hob die Beschlüsse erster und zweiter Instanz auf und verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs ist zulässig und gerechtfertigt.

Die Zulässigkeit des Revisionsrekurses ergibt sich daraus, daß das Rekursgericht ausdrücklich eine Entscheidung über eine Benützungsregelung aus dem Miteigentum teilweise abgeändert hat und im übrigen einen Teil des Beschlusses erster Instanz mit der Maßgabe aufgehoben hat, daß über diesen Gegenstand in einem gesondert zu führenden Verfahren wegen Zuteilung der Ehewohnung entschieden werde. Damit hat das Rekursgericht eine Sachentscheidung nach dem Antrag auf Benützungsregelung aus dem Miteigentum insoweit grundsätzlich verweigert.

Der Grundgedanke des angefochtenen Beschlusses liegt darin, daß der gesamte Entscheidungsgegenstand in zwei Teile zu zerlegen ist und das gegenwärtige Verfahren für eine Entscheidung nur insoweit Raum bietet, als die gemeinsame Liegenschaft nicht den Charakter einer früheren Ehewohnung der Parteien hat, während ein weiteres Verfahren erst durchgeführt werden muß, soweit nach dem Antrag des Antragsgegners über eine frühere Ehewohnung verfügt werden soll.

Dieser Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Nach Darstellung beider Parteien handelt es sich um ein Einfamilienhaus mit Garten, das zur Zeit der Ehe der Parteien abgesehen von einigen Räumen im ersten Stock, die vermietet waren, von der damaligen Familie benützt wurden. Dieses Einfamilienhaus stellt trotz der Vermietung einiger Räume eine wohnliche Einheit dar und ist daher als frühere Ehewohnung aufzufassen, wobei das Schicksal der vermieteten Räume keine Sonderstellung erfährt, sondern als Teil der gesamten Wohneinheit zu verstehen ist. Im Hinblick auf die rechtskräftige Scheidung der Ehe der Parteien kann es dem Antragsgegner nicht verwehrt sein, einem auf Benützungsregelung nach den Grundsätzen des Miteigentums gerichteten Antrag einen solchen auf Verfügung über die Ehewohnung iS der 6. DVEheG entgegenzustellen.

Von seiner gegenteiligen Auffassung ausgehend hat das Erstgericht seine Feststellungen nur in der Richtung einer Benützungsregelung nach sachenrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommen. Doch ergibt sich daraus, daß nach familienrechtlichen Gesichtspunkten gemäß den Bestimmungen der 6. DVEheG über die ehemalige Ehewohnung zu verfügen sein wird, eine tiefgreifend andere Ausgangslage, bei welcher nicht das Miteigentum und dessen Quoten im Vordergrund stehen, sondern die Gesichtspunkte des familiären Bedarfs des Antragsgegners und der bei ihm wohnenden Kinder nach Billigkeitsrecht. Es werden deshalb nähere Feststellungen unerläßlich sein, die eine rechtsgestaltende Verfügung des Außerstreitrichters in diesem Sinn ermöglichen. Dabei wird auch der Garten als Teil der Ehewohnung dann aufzufassen sein, wenn er sich im Rahmen eines gewöhnlichen Hausgartens hält, worüber vorläufig Feststellungen fehlen.

Aus diesen Gründen waren die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens aufzutragen.

Anmerkung

Z45138

Schlagworte

Benützungsregelung nach Ehescheidung, Ehescheidung, Benützungsregelung und Antrag auf Verfügung über die, Ehewohnung nach -, Ehewohnung, Benützungsregelung und Antrag auf Verfügung über die -, Miteigentum Abschluß, Benützungsregelung und Antrag auf Verfügung über, die Ehewohnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1972:0060OB00210.72.1207.000

Dokumentnummer

JJT_19721207_OGH0002_0060OB00210_7200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten