TE OGH 1973/4/12 2Ob44/73

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Veröffentlicht am 12.04.1973
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Norm

ABGB §165b Abs1
ABGB §165b Abs2
Rechtspflegergesetz §16 Abs1 Rechtspflegergesetz §16 Abs2

Kopf

SZ 46/41

Spruch

Die Aufzählung der Agenden des Rechtspflegers in § 16 RpflG ist taxativ, die Aufzählung derjenigen des Richters ist demonstrativ

Die Ersetzung der Zustimmung des unehelichen Vaters zu der Erklärung der Mutter, dem Mundel seinen Namen geben zu wollen, bleibt daher dem Richter vorbehalten

OGH 12. April 1973, 2 Ob 44/73 (KG Krems a. d. D. R 379/72; BG Krems a. d. D. 225/71)

Text

Die vom außerehelichen Vater Josef K verweigerte Zustimmung zur Namensgebung des minderjährigen Wolfgang A durch den Ehemann der Mutter wurde auf Antrag der Amtsvormundschaft durch das Gericht ersetzt; der Beschluß wurde vom Rechtspfleger des Vormundschaftsgerichtes gefaßt.

Der außereheliche Vater erhob dagegen Rekurs. Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses den erstgerichtlichen Beschluß als nichtig mit der Begründung auf, daß die angefochtene Entscheidung nicht in den Wirkungskreis des Rechtspflegers falle. Dessen Zuständigkeit sei in § 16 Abs. 1 RpflG erschöpfend geregelt, die Ersetzung der Zustimmung des außerehelichen Vaters zur Namensgebung falle aber nicht darunter. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtspflegergesetzes sei nach § 165 Abs. 2 ABGB in der damals geltenden Fassung diese Zustimmung nicht erforderlich gewesen, weshalb weder Notwendigkeit noch Möglichkeit für deren Ersetzung durch das Gericht bestanden habe. Erst der durch das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes geschaffene § 165a ABGB sehe die Zustimmung des Vaters zur Namensgebung durch den Ehegatten der Mutter vor, doch falle die Beschlußfassung hierüber in die Zuständigkeit des Richters, da es andernfalls einer Änderung des den Wirkungskreis des Rechtspflegers erschöpfend regelnden § 16 Abs. 1 RpflG bedurft hätte.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Amtsvormundschaft nicht Folge und bestätigte den angefochtenen Beschluß des Rekursgerichtes mit der Maßgabe, daß auch das dem Beschluß des Erstgerichtes vorangegangene, vom Rechtspfleger durchgeführte Verfahren als nichtig aufgehoben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie der Oberste Gerichtshof bereits (in der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung EvBl. 1965/241) ausgesprochen hat, ist davon auszugehen, daß auch im Vormundschafts- und Pflegschaftsverfahren die gerichtlichen Entscheidungen grundsätzlich dem Richter zustehen. Der erweiterte Wirkungskreis des Rechtspflegers kann daher nur jene Agenden umfassen, die ihm ausdrücklich zur selbständigen Erledigung zugewiesen sind. Die Aufzählung dieser Agenden in § 16 Abs. 1 RpflG ist eine taxative. Da die gegenständliche Verfügung darunter nicht genannt wird, ist schon aus diesem Gründe nicht bezweifelbar, daß die Ersetzung der Zustimmung des unehelichen Vaters zu der Erklärung des Ehemannes der Mutter, dem Mundel seinen Namen geben zu wollen, dem Richter vorbehalten bleibt.

Die von der Rekurswerberin ins Treffen geführten Erwägungen, daß zwischen den durch § 165 Abs. 2 ABGB alter Fassung und den in § 165b Abs. 1 und 2 ABGB i. d.F BGBl. 342/1970 geregelten Fällen hinsichtlich der Mitwirkung des Gerichtes kein grundsätzlicher Unterschied liege - sind verfehlt. Die Rekurswerberin übersieht, daß - im Gegensatz zur vorher bestehenden Rechtslage - erst durch das Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsstellung des unehelichen Kindes BGBI. 342/1970, die gerichtliche Genehmigung der Namensgebung notwendig geworden ist. Der Gesetzgeber hat dies unter anderem mit der Ausgestaltung der Zustimmungsrechte und der ausdrücklichen Verankerung des Kindeswohls begrundet (siehe die Erl. Bemerkungen der Regierungsvorlage, 6 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XII. GP). Eben wegen der Ausgestaltung der Zustimmungsrechte wurde durch das genannte Bundesgesetz auch die Bestimmung des § 18 Z. 5 JWG aufgehoben (verb. "daher" ebendort), die angeordnet hatte, daß die Einwilligung des Vormundschaftsgerichtes zur Erklärung des Ehemannes der Mutter, daß er dem Mundel gemäß § 165 Abs. 2 ABGB alter Fassung seinen Namen gebe, entfalle. Den Erläuternden Bemerkungen ist überdies zu entnehmen, daß die neu eingeführte Ersetzung der Zustimmung nach dem Vorbild der §§ 179a Abs. 2, 2. Satz und 181 Abs. 3 ABGB geschaffen wurde, welche Bestimmungen die Ersetzung der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters des nicht eigenberechtigten Wahlkindes und der sonst zustimmungsberechtigten Personen zur Annahme an Kindesstatt durch das Gericht regeln.

Richtig ist, daß es Absicht des Gesetzgebers war, das Aufgabengebiet des Rechtspflegers "in mehreren Punkten" zu "erweitern". Die in den Erläuternden Bemerkungen diesbezüglich gegebenen konkreten Erläuterungen lassen jedoch erkennen, daß dabei keineswegs an die Ersetzung eines Zustimmungsrechtes welcher Art immer gedacht war. Daß Entscheidungen in Fällen, bei denen das Gericht Willenserklärungen des gesetzlichen Vertreters, des Sorgeberechtigten oder dergleichen zu ersetzen hat, hingegen dem Richter vorbehalten bleiben sollen, ergibt sich aber auch daraus daß die Aufzählung der richterlichen Agenden in § 16 Abs. 2 RpflG eine bloß demonstrative ist. Diese Gesetzesstelle erwähnt einige Fälle der gerichtlichen Ersetzung eines Zustimmungsrechtes, insbesondere aus dem Gebiete der Annahme an Kindesstatt, nach deren Vorbild, wie erwähnt, der Gesetzgeber die Neuregelung durch Feststellung des Entfalles und Ersetzung der Zustimmung zur Namensgebung durch den Ehemann der Mutter gestaltet hat. Der essentielle Unterschied zwischen dem Fall der Einwilligung zur Namensgebung nach der früheren Rechtslage, welche in den Wirkungskreis des Rechtspflegers fiel, und den in § 165b Abs. 1 und 2 ABGB in der geltenden Fassung geregelten Fällen der Entscheidung über den Entfall der Zustimmung (Abs. 1) und deren Ersetzung (Abs. 2) durch das Gericht liegt darin, daß durch die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung in - erst durch das BG vom 30. Oktober 1970, BGBI. 343 geschaffene - Rechte dritter Personen eingegriffen wird. Um derart unter Umständen schwerwiegende Entscheidungen dem Wirkungskreis des Rechtspflegers zuzuordnen, hätte es einer besonderen gesetzlichen Regelung bedurft. In Ermangelung einer solchen muß eine Entscheidung aber dem Richter vorbehalten bleiben.

Das Rekursgericht hat daher zutreffend die Nichtigkeit des erstgerichtlichen Beschlusses in analoger Anwendung des § 477 Abs. 1 Z. 2 ZPO ausgesprochen. Da allerdings nicht bloß die Entscheidung, sondern auch das dieser vorangegangene Verfahren, soweit es vom Rechtspfleger durchgeführt wurde, mit Nichtigkeit behaftet ist, war der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes mit der beigefügten Maßgabe, daß auch das vom Rechtspfleger durchgeführte Verfahren als nichtig aufgehoben werde, zu bestätigen.

Anmerkung

Z46041

Schlagworte

Aufzählung der Agenden des Rechtspflegers, Aufzählung der Agenden des Richters, Ersetzung, Zustimmung des Vaters, Rechtspfleger, Aufzählung der Agenden, Richter, Aufzählung der Agenden, Zustimmung, Ersetzung der - des ue Vaters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1973:0020OB00044.73.0412.000

Dokumentnummer

JJT_19730412_OGH0002_0020OB00044_7300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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