TE OGH 1973/6/13 5Ob93/73

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Veröffentlicht am 13.06.1973
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Norm

ABGB §1295
Strafprozeßordnung §390 Abs4

Kopf

SZ 46/65

Spruch

Kommt es infolge Einstellung eines auf Grund einer Anzeige eingeleiteten Strafverfahrens zu keiner Feststellung des Strafgerichtes nach § 390 Abs. 4 StPO, dann kann der Angezeigte den Ersatz jener Aufwendung, die ihm durch die nach seiner Behauptung wissentlich falsche Anzeige entstanden sind, vom Anzeiger aus dem Titel des Schadenersatzes im ordentlichen Rechtsweg verlangen

OGH 13. Juni 1973, 5 Ob 93/73 (LG Salzburg 10 R 579/72; BG Salzburg 12 C 479/72)

Text

Der Kläger wurde von der Beklagten am 3. November 1970 bei der Staatsanwaltschaft Salzburg wegen Verdachtes der Verbrechen der falschen Zeugenaussage und der Erpressung angezeigt. Die Anzeige hatte die Vornahme gerichtlicher Vorerhebungen gegen den Kläger zur Folge. Nach deren Durchführung wurde das Verfahren gemäß § 90 StPO eingestellt. Daraufhin erstattete der Kläger gegen die Beklagte Strafanzeige wegen Verdachtes des Verbrechens der Verleumdung. Auch dieses Verfahren, dem sich der Kläger als Privatbeteiligter angeschlossen hatte, wurde nach Vorerhebungen mit Beschluß vom 18. Juli 1972 gemäß § 90 StPO eingestellt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger Ersatz des Betrages von 3092 S samt Anhang aus dem Titel des Schadenersatzes. Diese Kosten seien notwendig gewesen, um das Vorbringen der Anzeigerin zu entkräften. Da diese ihn wissentlich falsch angezeigt habe, sei sie ersatzpflichtig.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges von Amts wegen zurück und erklärte das diesem Beschluß vorangegangene Verfahren gemäß § 42 JN als nichtig, dies im wesentlichen mit der Begründung, daß zur Entscheidung über den Ersatz von Kosten eines Strafverfahrens, das auf Grund wissentlich falscher Anzeige eingeleitet wurde, ausschließlich das Strafgericht zuständig sei und diese Kosten daher nicht im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden könnten.

Dem gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurs des Klägers gab das Rekursgericht Folge; es hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die meritorische Erledigung der Rechtssache auf. Das Rekursgericht ist der Auffassung, daß ein Schadenersatzanspruch im Zweifel, d. h. soweit er nicht kraft besonderer gesetzlicher Anordnung vor ein anderes Gericht gehöre, unabhängig davon, ob er aus einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis hervorgehe oder nicht, als privatrechtlicher Anspruch vor dem ordentlichen Richter geltend zu machen sei. Die Kosten, hinsichtlich deren eine Vergütung seitens der im Strafverfahren kostenersatzpflichtigen Partei gegebenenfalls stattfinden könne, seien in § 381 StPO erschöpfend aufgezählt. Es handle sich dabei ausschließlich um den Aufwand an Geld für die Strafrechtspflege und den Strafvollzug im Einzelfall, also um reine Strafprozeßkosten. Im vorliegenden Fall sei aber zwischen den Parteien ein Prozeßrechtsverhältnis gar nicht entstanden, weil dieses im Gerichtshofsverfahren erst mit dem Beschluß des Gerichtes auf Einleitung der Voruntersuchung, allenfalls mit der Verfügung, dem Beschuldigten die Anklageschrift oder den Strafantrag zuzustellen, beginne. Vorerhebungen begrundeten hingegen noch kein Prozeßrechtsverhältnis. Bei den klagsgegenständlichen, vom Kläger zur Verhinderung der Einleitung des Strafverfahrens aufgewendeten Kosten handle es sich somit nicht um Prozeßkosten im Sinne der Strafprozeßordnung, für deren Durchsetzung gemäß § 395 StPO das Strafgericht zuständig wäre. Diese Kosten seien vielmehr gemäß § 1338 ABGB im Rechtsweg geltend zu machen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Kläger begeht mit der vorliegenden Klage den Ersatz des Aufwandes, der ihm im Zusammenhang mit einem Strafverfahren erwachsen ist, das auf Grund einer von der Beklagten gegen ihn erstatteten Anzeige eingeleitet, in der Folge aber eingestellt wurde. Der Kläger behauptet, daß die Beklagte die Anzeige wider besseres Wissen, die Beklagte hingegen, daß sie diese gutgläubig erstattet habe. Das Strafgericht hat eine Feststellung, daß es sich um eine Anzeige wider besseres Wissen handle, nicht getroffen. Damit ist klargestellt, daß der Kläger - ungeachtet seiner Behauptung, die Beklagte habe ihn wider besseres Wissen angezeigt - nicht Kosten verlangt, die der Anzeiger auf Grund der Bestimmung des § 390 Abs. 4 StPO zu ersetzen hätte.

Richtig ist, daß die Kosten des Strafverfahrens, die von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzen sind (§ 381 Abs. 1 StPO) u. a. auch die Kosten der Verteidiger umfassen (Z 8. § 393 StPO) u. a. auch die Kosten der Verteidiger umfassen (Z. 8). § 393 zu ersetzen hat. In den Fällen, wo dem Beschuldigten, dem Privatankläger, dem Privatbeteiliigten (§ 48 StPO) oder dem, der eine wissentlich falsche Anzeige gemacht hat, der Ersatz der Prozeßkosten überhaupt zur Last fällt, haben diese Personen auch alle Kosten der Verteidigung und Vertretung zu ersetzen (Abs. 3). Bei Verweisung des Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg bilden die zur zweckentsprechenden Geltendmachung seiner Ansprüche im Strafverfahren aufgewendeten Kosten seines Vertreters einen Teil der Kosten des zivilgerichtlichen Verfahrens, in dem über den Anspruch erkannt wird (Abs. 4).

Die einschlägigen Bestimmungen der Strafprozeßordnung enthalten somit keine Regelung in bezug auf Kosten, die in Fällen entstanden sind, wo - wie hier - das Strafverfahren zwar durch eine Anzeige veranlaßt, in der Folge aber eingestellt wurde und das Strafgericht aus diesem Gründe zu einer Feststellung im Sinne des § 390 Abs. 4 StPO, daß das Strafverfahren durch eine wissentlich falsche Anzeige veranlaßt worden sei, gar nicht kam. Nur dann, wenn die Erstattung einer solchen Anzeige durch das Straffgericht festgestellt wurde, hätte das Strafgericht gemäß § 390 Abs. 4, § 393 Abs. 3 StPO die Kosten des fälschlich Angezeigten zu bestimmen und dem Anzeiger aufzuerlegen (EvBl. 1956/218; SZ 25/53; 6 Ob 84/70; Fasching I, 119 und die dort zitierte Judikatur).

Da die Bestimmungen der Strafprozeßordnung sonach keinen Raum für eine Durchsetzung des klagsgegenständlichen Aufwandersatzes durch das Strafgericht gewähren, kann der Kläger den bezüglichen Anspruch nur wie jede andere Schadenersatzforderung im Rechtsweg geltend machen. Darauf, ob "zwischen den Parteien" ein Prozeßrechtsverhältnis im Sinne der Strafprozeßordnung zustande gekommen ist, kommt es nicht an.

Der angefochtene Beschluß war daher im Ergebnis zu bestätigen.

Anmerkung

Z46065

Schlagworte

Anzeige, Schadenersatz wegen wissentlich falscher -, Schadenersatz, wissentliche falsche Anzeige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1973:0050OB00093.73.0613.000

Dokumentnummer

JJT_19730613_OGH0002_0050OB00093_7300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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