TE OGH 1974/10/22 4Ob67/74

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Veröffentlicht am 22.10.1974
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Norm

ZPO §224 Abs1 Z5

Kopf

SZ 47/113

Spruch

Ein vom Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber erhobener Anspruch auf Rechnungslegung ist eine Ferialsache

Sie bleibt dies auch dann, wenn auf Seite des Arbeitnehmers oder Arbeitgebers Rechtsnachfolge eingetreten ist

OGH 22. Oktober 1974, 4 Ob 67/74 (KG Korneuburg 5 Cg 1002/74. ArbG Korneuburg Cr 28/72)

Text

Der Kläger begehrt als Zessionar von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand Rechnungslegung und Bezahlung des sich daraus ergebenden Gewinnbetrages. Nach den Feststellungen der Untergerichte hatte die Zedentin dieses Anspruches Hermine T, mit dem Erstbeklagten einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Außerdem sollte Hermine T für von ihr dem Erstbeklagten für dessen Betrieb zur Verfügung gestellte Maschinen vereinbarungsgemäß eine Reingewinnbeteiligung von 10% auf der Grundlage der Jahresbilanz erhalten. Der Erstbeklagte grundete in der Folge mit Heinrich G eine Ges m. b. H., die den Betrieb des Erstbeklagten mit allen Arbeitnehmern sowie den erwähnten Maschinen übernahm und welche in die mit Hermine T getroffene Vereinbarung eintrat. Der Erstbeklagte übernahm in der Folge den Geschäftsanteil des Heinrich G und ist seit 29. Oktober 1969 alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei Hermine T zedierte ihren gegenüber den beklagten Parteien bestehenden Gewinnbeteiligungsanspruch an den Kläger.

Das Erstgericht gab dem Rechnungslegungsbegehren mittels Teilurteiles hinsichtlich beider beklagten Parteien für voneinander getrennte Zeiträume statt und wies das Mehrbegehren ab. Gegen das bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes, das den beklagten Parteien am 17. Juli 1974 zugestellt wurde, erhoben diese am 14. August 1974 (Postaufgabe) das Rechtsmittel der Revision mit einem auf Klagsabweisung abzielenden Abänderungsantrag.

Der Oberste Gerichtshof wies die Revision der beklagten Parteien zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Revision ist verspätet.

Für die Rechtzeitigkeit der Revision ist die Beantwortung der Frage entscheidend, ob der vorliegenden Rechtssache der Charakter einer Ferialsache im Sinne des § 224 Abs. 1 Z. 5 ZPO eignet. Wenn sie als Ferialsache anzusehen ist, hätte der am 15. Juli 1974 erfolgte Eintritt der Gerichtsferien (§§ 222 ZPO, 27 Abs. 1 Geo.) auf den Beginn und den Ablauf der Revisionsfrist keinen Einfluß (§ 225 Abs. 2 ZPO). Dies würde bedeuten, daß die I4tägige Revisionsfrist des § 505 Abs. 2 ZPO am 31. Juli 1974 abgelaufen und die am 14. Juli 1974 zur Post gegebene Revision verspätet wäre.

Gemäß dem § 224 Abs. 1 Z. 5 ZPO sind als Ferialsachen, soweit es im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung ist, Streitigkeiten aus dem Dienst- und Lohnvertrage zwischen Dienstgeber und Dienstboten oder anderen im Dienstvertrage stehenden Personen anzusehen. Daß ein vom Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber erhobener Anspruch auf Rechnungslegung grundsätzlich eine solche Streitigkeit ist, kann nicht zweifelhaft sein (ZBl. 1930/191). Da der gegenständliche Rechtsstreit zwischen dem Zessionar als Rechtsnachfolger der Arbeitnehmerin Hermine T einerseits und den für zwei verschiedene Zeiträume in Betracht kommenden Arbeitgebern anderseits geführt wird, stellt sich die Frage, ob auch im Falle einer Rechtsnachfolge eine solche Streitigkeit und damit eine Ferialsache vorliegt. Fasching II, 1023, verneint diese Frage mit der Begründung, die Bestimmung des § 224 ZPO entziehe sich als Ausnahmebestimmung einer ausdehnenden Auslegung. Der Oberste Gerichtshof hat das Vorliegen einer Ferialsache einmal ohne nähere Begründung verneint (Arb. 4745) und einmal unter Hinweis auf den durch die Rechtsnachfolge (sie betraf damals den Arbeitgeber) nicht berührten dringlichen Charakter bejaht (ZBl. 1933/65). Der Oberste Gerichtshof hält an der in der letztgenannten Entscheidung vertretenen Auffassung fest, wobei es keinen Unterschied macht, ob die Rechtsnachfolge auf seiten des Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers eintritt. Wie der Oberste Gerichtshof, gestützt auf die Bestimmung des § 1394 ABGB bereits zum Ausdruck gebracht hat, geht das Anfechtungsrecht (GlUNF 2173), der Fakturengerichtsstand (GlUNF 6293; Fasching I, 452), der vereinbarte Gerichtsstand (Rspr. 1930/113; Fasching I, 502), der Gerichtsstand des § 20 EKHG, ZVR 1969/151 (SZ 37/114) und die Schiedsgerichtsvereinbarung (SZ 18/12, 15/43 u. v. a.; Fasching IV,

729) auf den Zessionar über (vgl. dazu auch Wolff in Klang[2] VI, 312). Der Zessionar tritt in diesen Fällen in die Rechtsstellung des Zedenten ein. Es liegt daher nahe, diesen Grundsatz auf den Fall des § 224 Abs 1 Z. 5 ZPO auch anzuwenden. Keinesfalls kann der von Fasching allgemein geäußerten Auffassung gefolgt werden, daß Ausnahmebestimmungen nicht ausdehnend auszulegen seien. Soweit dem Ausnahmesatz ein dem allgemeinen Grundsatz gegenüber engeres Prinzip zugrunde liegt, ist innerhalb dieses Prinzips eine erweiternde Auslegung und auch Analogie gestattet (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft[2], 329; ähnlich Ehrenzweig [2], 1/1, 79 f.; SZ 41/3). Der Vorschrift des § 224 ZPO liegt die erhöhte Dringlichkeit der in dieser Gesetzesstelle angeführten Streitigkeiten als Normzweck zugrunde, der im Falle der Z. 5 durch den die Existenz des Arbeitnehmers meist unmittelbar berührenden Unterhaltscharakter in Erscheinung tritt. Dies trifft aber auch für den Fall der Rechtsnachfolge auf seiten einer der beiden Vertragsparteien zu, weil sich an dem Gegenstand des Rechtsstreites durch die Rechtsnachfolgeschaft nichts ändert.

Im Rahmen einer nach dem § 7 ABGB vorzunehmenden Gesetzesauslegung ist schließlich noch der Umstand von Bedeutung, daß der Gesetzgeber auch im Bereich der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit für die Fälle, in denen der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger geführt wird, die gleichen Folgerungen gezogen hat (§ 1 Abs. 2 ArbGG).

Da somit der gegenständlichen Rechtssache der Charakter einer Ferialsache zukommt, mußte die aus den bereits für diesen Fall dargelegten Gründen verspätete Revision zurückgewiesen werden.

Anmerkung

Z47113

Schlagworte

Ferialsache, auch bei Rechtsnachfolge auf Seite des Arbeitnehmers oder, Arbeitgebers bleibt Klage auf Rechnungslegung -, Rechnungslegung auch bei Rechtsnachfolge auf Seite des Arbeitgebers, bleibt Klage auf - Ferialsache, Rechtsnachfolge, auch bei - auf Seite des Arbeitnehmers oder, Arbeitgebers bleibt Klage auf Rechnungslegung Ferialsache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1974:0040OB00067.74.1022.000

Dokumentnummer

JJT_19741022_OGH0002_0040OB00067_7400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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