TE OGH 1975/3/19 1Ob40/75

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Veröffentlicht am 19.03.1975
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Norm

Devisengesetz §22

Kopf

SZ 48/31

Spruch

Das Verpflichtungsgeschäft und die begehrte urteilsmäßige Leistungsverpflichtung sind devisenrechtlich gesondert zu beurteilen, ersteres nach dem Zeitpunkt seines Abschlusses, letztere nach den gegenwärtig geltenden devisenrechtlichen Bestimmungen

War ein Verpflichtungsgeschäft devisenrechtlich generell bewilligt, ist der Schuldner zur Zahlung direkt an den Gläubiger ohne eine den Devisenvorschriften entsprechende Einschränkung zu verurteilen; es ist Sache des Schuldners oder allenfalls des Exekutionsgerichtes, bei der Bewirkung der Zahlung für die Einhaltung der devisenrechtlichen Vorschriften zu sorgen

OGH 19. März 1975, 1 Ob 40/75 (OLG Wien 2 R 184/74; HG Wien 11 Cg 113/72)

Text

Die klagende Partei, eine jugoslawische Handelsfirma, begehrt den Klagsbetrag als verglichenen Schadenersatz aus der Lieferung mangelhafter Ware durch die beklagte Partei, eine österreichische Handelsfirma. Im Revisionsverfahren ist nur noch die devisenrechtliche Beurteilung der Sache strittig.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als zu Recht und eine eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und gab demnach der Klage (bis auf ein Zinsenteilbegehren) statt; das Berufungsgericht bestätigte.

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstrichters lieferte die beklagte Partei der klagenden Partei im Jahre 1970 u. a. Gummibadesandalen, die die klagende Partei an die Firma T in U weitergab. Zur Bereinigung der wegen Mängeln dieser Ware erhobenen Schadenersatzansprüche verpflichtete sich die beklagte Partei am 6. April 1971 in Wien, der klagenden Partei innerhalb von 20 Tagen den Klagsbetrag zu bezahlen. Die klagende Partei verzichtete für den Fall der rechtzeitigen Zahlung auf weitergehende Schadenersatzansprüche und verpflichtete sich, die auf einem Lager in U befindliche Ware sofort nach den Dispositionen der klagenden Partei in die Zollfreizone abzufertigen, sobald die Begleichung im Sinne des Punktes 1 (verglichener Schadenersatz) erfolge.

Das Berufungsgericht warf von Amts wegen die Frage der devisenrechtlichen Zulässigkeit des Klagebegehrens auf und bejahte sie. Rechtsgrundlage des Begehrens sei ein außergerichtlicher Vergleich über strittige Schadenersatzansprüche der klagenden Partei aus einer Warenlieferung. Der Abschluß eines solchen wenn auch außergerichtlichen Vergleiches, sei durch Z. 3 der Kundmachung Nr. 9/59 der Oesterreichischen Nationalbank generell bewilligt. Das gleiche gelte ungeachtet des möglichen Fehlens einer generellen Leistungsbewilligung für das Grundgeschäft - auch für die begehrte Leistung, weil durch Abschnitt I der Kundmachung Nr. 5/59 Inländern u. a. auch die Abdeckung "sonstiger" (nicht aus Warenimporten stammender) eigener Schuldverpflichtungen gegenüber Ausländern mit Wohnsitz (Sitz) in Ländern, die ihren Zahlungsverkehr mit Österreich in frei konvertierbaren Währungen abwickeln (hiezu gehört Jugoslawien) unter gewissen (hier nicht in Betracht kommenden Einschränkungen) generell bewilligt worden sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin beschränkt sich ausdrücklich auf die Bekämpfung der devisenrechtlichen Beurteilung der Rechtssache durch die Untergerichte und läßt die übrige, unbedenkliche rechtliche Beurteilung unbekämpft. Unbestritten ist im Revisionsverfahren auch, daß das Berufungsgericht von Amts wegen auf die devisenrechtliche Zulässigkeit des Klagebegehrens eingehen konnte (EvBl. 1974/211 u. a.) und daß die klagende Partei offenbar Devisenausländer (§ 1 Abs. 1 Z. 10 DevG), die beklagte Partei aber Deviseninländer (§ 1 Abs. 1 Z. 9 DevG) ist. Die Revision geht jedoch teilweise insofern ins Leere, als sie in gleicher Weise wie das Berufungsgericht zur Gänze von den devisenrechtlichen Kundmachungen des Jahres 1959 ausgeht, obwohl mit den in der Wiener Zeitung Nr. 137 vom 17. Juni 1971 verlautbarten Kundmachungen der Oesterreichischen Nationalbank ab 1. Juli 1971 neu verlautbarte und zum Teil geänderte Bestimmungen an die Stellle der bisher in Kraft gestandenen devisenrechtlichen Kundmachungen getreten sind.

Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings erkannt, daß das Verpflichtungsgeschäft und die begehrte urteilsmäßige Leistungsverpflichtung devisenrechtlich gesondert zu beurteilen sind. Einerseits bedarf nach § 14 Abs. 1 DevG die Übernahme von Geldverpflichtungen gegenüber Devisenausländern, die nicht im Zusammenhang mit einer von der zuständigen Stelle genehmigten Wareneinfuhr erfolgt, der Bewilligung der Oesterreichischen Nationalbank und sind Rechtsgeschäfte, die den Vorschriften des Devisengesetzes widersprechen, nach § 22 Abs. 1 DevG nichtig. Andererseits darf ein Inländer nach § 4 Abs. 1 DevG im Inland nur mit Bewilligung Zahlungen an einen Ausländer oder zugunsten eines solchen an einen Inländer leisten; ist zur Leistung des Schuldners eine Bewilligung erforderlich, so ist nach § 22 Abs. 2 DevG die Verurteilung nur zulässig, wenn die Bewilligung erteilt worden ist. Jede dieser Bewilligungen kann allerdings nicht nur im Einzelfall durch schriftlichen Bewilligungsbescheid der Oesterreichischen Nationalbank erteilt werden (§ 1 Z. 13 DevG), sondern nach § 20 Abs. 3 DevG auch generell im Wege der Erlassung einer Kundmachung. Wenn bloß die devisenrechtliche Leistungsbewilligung fehlt, ist das Klagebegehren entgegen der Meinung der Revisionswerberin nicht zur Gänze abzuweisen. Es kann vielmehr gemäß § 4 Abs. 2 DevG jedenfalls auf gerichtlichen Erlag (SZ 24/35 u. a.) und gegebenenfalls (im Sinne der Kundmachung der Oesterreichischen Nationalbank DE 9/71, Z. 2 lit. b) auch auf Erlag auf ein inländisches Interims- oder Sperrkonto erkannt werden (EvBl. 1968/215; 1 Ob 210/74 u. a.).

Was zunächst die den Streitgegenstand bildende Geldverpflichtung (§ 14 Abs. 1 DevG) betrifft, so hat die Revisionswerberin diese in der Vereinbarung vom 6./7. April 1971 übernommen. Entgegen ihrer Meinung stand dieses Verpflichtungsgeschäft in keinem Zusammenhang mit einer Wareneinfuhr, weil das Geschäft die Lieferung der Ware an einen ausländischen Käufer ins Ausland betraf. Das Berufungsgericht hat in diesem Belang auch mit Recht noch die Kundmachung Nr. 9/59 herangezogen, weil die in der Wiener Zeitung Nr. 137/71 neu verlautbarten devisenrechtlichen Bestimmungen erst ab 1. Juli 1971 an die Stelle der bisher in Kraft gestandenen Kundmachungen getreten sind und keine Übergangsbestimmung vorsah, daß generell bereits erteilte Bewilligungen für vorher abgeschlossene Verpflichtungsgeschäfte außer Wirksamkeit träten.

Punkt 3 der genannten Kundmachung enthielt die generelle Bewilligung des Abschlusses eines Vergleiches über ein strittiges Rechtsverhältnis. Nach den Feststellungen der Untergerichte besteht kein rechtlicher Zweifel daran, daß hier ein solcher Vergleich vorlag, nämlich die Bestimmung neuer wechselseitiger Rechte und Pflichten infolge der von der klagenden Partei behaupteten Schadenersatzansprüche aus mangelhafter Warenlieferung. Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, läßt sich eine Beschränkung der generellen Devisenbewilligung auf den Abschluß gerichtlicher Vergleiche nicht entnehmen, so daß auch der Abschluß von außergerichtlichen Vergleichen über strittige Rechtsverhältnisse gedeckt ist, soweit sich eine Partei darin zu einer bewilligungsbedürftigen Leistung verpflichtet (Schwarzer - Csoklich, Währungs- und Devisenrecht[2], 524). Der Meinung der Revisionswerberin, daß die Kleidung der Schuldverpflichtung in einen Vergleich eine Umgehung der zwingenden Vorschriften des Devisengesetzes ermöglichen könnte, kommt hier mit Rücksicht auf die Tatsachenfeststellungen, die ein zur Umgehung der devisenrechtlichen Vorschriften geschlossenes Scheingeschäft (vgl. hiezu Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 198) ausschließen, keine Bedeutung zu. Auf das Grundgeschäft der Warenlieferung ist das Berufungsgericht aber mit Recht nicht eingegangen, weil die alten Kundmachungen eine gleichartige Bestimmung wie jetzt in Abschnitt II Z. 2 der Kdm DE 1/71 noch nicht enthielten und aus der allfälligen Nichtigkeit des Grundgeschäftes nach § 22 Abs. 1 DevG nicht zwingend folgen würde, daß die generell ausdrücklich bewilligte vergleichsweise Bereinigung eines solchen strittigen Rechtsverhältnisses unzulässig oder unwirksam sel. Mit Recht hat demnach das Berufungsgericht eine Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäftes im Sinne des § 22 Abs. 1 DevG auf Grund der erteilten generellen Bewilligung verneint.

Die Frage der devisenbehördlichen Bewilligung der dem Schuldner obliegenden Leistung und in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit der Verurteilung der Revisionswerberin zur unmittelbaren Zahlung ist hingegen nach den derzeit geltenden devisenrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen, weil die Leistung des Geschuldeten erst unter der Wirksamkeit der neuen Vorschriften erfolgen soll. Dabei ist nicht die an Stelle der Kundmachung Nr. 5/59 getretene Kundmachung DE 5/71 betreffend den (sonstigen) Zahlungsverkehr mit dem Ausland anzuwenden, sondern die besonderen devisenrechtlichen Bestimmungen der Z. 2 der Kundmachung DE 9/71 für das Verfahren bei Gerichten und Verwaltungsbehörden. Danach wurde im Sinne des § 22 DevG u. a. (lit. a) die Zahlung auf ein Interims- oder Sperrkonto eines Ausländers bei einer inländischen Kreditunternehmung durch einen inländischen Schuldner auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung generell bewilligt, sofern die in der Kundmachung DE 1/71 Abschnitt II Z. 2 angeführten Voraussetzungen vorliegen. In diesem Fall kann das Gericht nach der ausdrücklichen Erläuterung des Schlußsatzes der lit. a dem Klagebegehren eines Ausländers, welches auf Zahlung eines Inländers lautet, ohne Nachweis einer Bewilligung stattgegeben; die Zahlung der Urteilsschuld darf jedoch nur wie vorstehend angegeben erfolgen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß mit Rücksicht auf diese generelle Bewilligung die Verurteilung des Schuldners zur Zahlung direkt an den Gläubiger ohne eine den Devisenvorschriften entsprechende Einschränkung erfolgen kann und es bloß Sache des Schuldners (oder allenfalls des Exekutionsgerichtes bei der Ausfolgung oder Verteilung) sein wird, bei der Bewirkung der Zahlung für die Einhaltung der devisenrechtlichen Vorschriften zu sorgen (RZ 1971, 159; 6 Ob 99/68 u. a.; ebenso Schwarzer - Csoklich, Währungs- und Devisenrecht[2], 523).

Wie dargestellt müssen allerdings für die Wirksamkeit der generellen Bewilligung der Leistung auf Grund eines gerichtlichen Urteiles jetzt die in der Kundmachung DE 1/71 Abschnitt II Z. 2 angeführten Voraussetzungen vorliegen. Danach sind, sofern in den Kundmachungen von Schuld- oder Eigentumsverhältnissen ausgegangen wird, die bezüglichen Bestimmungen nur unter der Voraussetzung anwendbar, daß dem Zustandekommen dieser Rechtsverhältnisse keine Vorschriften des Devisengesetzes entgegenstanden oder entgegenstehen. Es ergibt sich aber für den vorliegenden Fall aus dem oben Gesagten, daß das Rechtsverhältnis, aus dem die Zahlungspflicht entstanden ist, nämlich der außergerichtliche Vergleich der Parteien über die Schadenersatzforderung der klagenden Partei als Devisenausländer, bereits durch Z. 3 der Kundmachung Nr. 9/59 generell bewilligt war, so daß dem Zustandekommen dieses Rechtsverhältnisses keine Vorschriften des Devisengesetzes entgegenstanden oder entgegenstehen.

Anmerkung

Z48031

Schlagworte

Devisenrechtliche Beurteilung, gesonderte - des Verpflichtungsgeschäftes, von der urteilsmäßig begehrten Leistungsverpflichtung, Leistungsverpflichtung, gesonderte devisenrechtliche Beurteilung des, Verpflichtungsgeschäftes von der urteilsmäßig begehrten -, Verpflichtungsgeschäft, gesonderte devisenrechtliche Beurteilung von der, urteilsmäßigen begehrten Leistungsverpflichtung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00040.75.0319.000

Dokumentnummer

JJT_19750319_OGH0002_0010OB00040_7500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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