TE OGH 1975/9/3 1Ob129/75

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Veröffentlicht am 03.09.1975
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Norm

ABGB §47
ABGB §881
AO §41

Kopf

SZ 48/84

Spruch

Die Ungültigkeit einer Sonderbegünstigung gemäß § 47 AO ist von Amts wegen zu berücksichtigen

Eine ungültige Sonderbegünstigung nach § 47 AO liegt auch vor, wenn der Schuldner mit einem Absonderungsgläubiger während des Ausgleichsverfahrens vereinbart, einen Teil der hypothekarisch sichergestellten Forderung im Zwangsversteigerungsverfahren nicht geltend zu machen, so daß ein nachrangiger anderer Gläubiger, der sonst Ausgleichsgläubiger wäre, aus dem Meistbot voll befriedigt werden kann; ob der nachrangige Gläubiger direkter Partner der Vereinbarung ist, ist unerheblich, wenn er die Begünstigung in Anspruch nimmt

OGH 3. September 1975, 1 Ob 129/75 (KG Leoben R 36/75; BG Mürzzuschlag C 291/73)

Text

Am 21. Juli 1966 nahmen die Ehegatten Herbert und Johanna S, die u.

a. mit dem Standort A, den Hotelbetrieb A-Hof führten, von der klagenden Partei der Raiffeisenkasse M ein Darlehen von 100.000 S unter Vereinbarung von 8% Zinsen, 11% Verzugszinsen und einer Nebengebührenkaution von 20.000 S auf, das auf der Liegenschaft der Johanna S EZ 191 KG N, dessen Eigentümer auf Grund eines Kaufvertrages vom 9. September 1969 je zur Hälfte die Beklagten sind, grundbücherlich sichergestellt wurde. Herbert und Johanna S hatten von der klagenden Partei auch noch andere Darlehen aufgenommen, die zum Teil auf der Liegenschaft EZ 179 und 266 KG A, die im Eigentum des Herbert S standen, grundbücherlich sichergestellt waren; es handelte sich bei letzteren um eine Höchstbetragshypothek von 240.000 S und ein Darlehen von 400.000 S samt Anhang.

Über Antrag des Herbert und der Johanna S wurde mit Beschlüssen des Kreisgerichtes Leoben vom 10. Feber 1971, Sa 2, 3/71, über deren Vermögen das Ausgleichsverfahren eröffnet. Zuvor waren mit 19. Jänner 1971 sämtliche Konten bei der klagenden Partei stillgelegt und die Höhe der Forderungen der Klagenden Partei ausdrücklich anerkannt worden. Im Ausgleichsverfahren meldete die klagende Partei Forderungen von 752.480.64 S an; darunter befand sich auch eine Forderung von 106.824.22 S aus dem Darlehen vom 21. Juli 1966. Die Forderungen der klagenden Partei wurden im Ausgleichsverfahren nur bestritten, weil sie als Absonderungsgläubigerin angesehen wurde und eine allfällige Beteiligung an der Abstimmung im Ausgleichsverfahren verhindert werden sollte.

Während des Ausgleichsverfahrens gelang es dem Vertreter der Ehegatten S, Dr. Ernst B, mit der Hauptgläubigerin C-Bank ein Arrangement zu treffen, das in einem Schreiben der C-Bank vom 18. November 1971 seinen Niederschlag fand. In diesem Schreiben ist u.

a. festgehalten, daß die C-Bank nach der Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ 179 und 266 KG A in der Verteilungstagsatzung nur die Kapitalforderungen ihrer der klagenden Partei im Rang vorangehenden Hypotheken geltend machen werde, so daß die beiden Pfandrechte der klagenden Partei im vollen Umfang Deckung erfahren. Die C-Bank stellte den Ehegatten S noch einen Barbetrag von 3.5 Millionen Schilling zur Erfüllung des Ausgleichs, der eine Befriedigungsquote von 50%, zahlbar in spätestens 18 Monaten, vorsah, zur Verfügung.

Nach Durchführung der Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ 179 und 266 KG A, bei der ein Meistbot von 21 Millionen Schilling erzielt worden war, meldete die C-Bank insgesamt Forderungen von 34.661.952.97 S an, gegen die kein Widerspruch erhoben wurde. Dr. Herbert W meldete für die klagende Partei 400.000 S samt 11% Zinsen vom 1. Jänner 1971 bis 25. Mai 1972 und aus der Höchstbeitragshypothek 237.711.46 S an, wogegen ebenfalls kein Widerspruch erhoben wurde. Diesen Forderungen der klagenden Partei gingen rangmäßig so hohe Ansprüche der C-Bank voraus, daß sie keine Aussicht auf Befriedigung bei Aufrechterhaltung der angemeldeten Ansprüche gehabt hätte. Mit Schriftsatz vom 19. April 1973, E 5002/71-62 des Bezirksgerichtes Mürzzuschlag, schränkte die C-Bank ihre Forderungen auf die Kapitalbeträge von 17.525.000 S und - aber nur zur anteilsmäßigen Befriedigung gemeinsam mit dem Erlös der ebenfalls versteigerten EZ 411 KG A - 1.000.000 S ein und verzichtete ausdrücklich auf den Zuspruch der angemeldeten Zinsen und Kosten. Am 8. Mai 1973 erschien der Geschäftsführer der klagenden Partei Dr. Herbert W beim Bezirksgericht Mürzzuschlag und gab nach Kenntnisnahme des Schriftsatzes der C-Bank an, daß er bei der Verteilungstagsatzung vom 5. April 1973 wegen der vorangegangenen Anmeldung der C-Bank nicht die volle der klagenden Partei entstandene Forderung zur Barzahlung angemeldet habe, da dies auf Grund der Anmeldung der C-Bank aussichtlos schien. Auf Grund der nunmehrigen Forderungseinschränkung ergebe sich jedoch die Möglichkeit für die klagende Partei, mit den gegen den Verpflichteten Herbert S entstandenen Forderungen volle Befriedigung zu erlangen. Er meldete nun an Kapital 400.000 S, 11% Zinsen vom 1. Juli 1970 bis 25. Mai 1972 aus 400.000 S und im Rahmen der Nebengebührenkaution 11% Zinsen vom 26. Mai 1972 bis 8. Mai 1973 sowie die volle Höchstbeitragshypothek von 240.000 S an. Mit unangefochtenem Meistbotsverteilungsbeschluß des Bezirksgerichtes Mürzzuschlag vom 11. November 1974, E 5002/71-63, wurden der klagenden Partei die Forderung aus der Höchstbeitragshypothek von 240.000 S sowie die 400.000 S samt 11% Zinsen vom 1. Juli 1970 bis 25. Mai 1972 (84.700 S) und im Rahmen der Nebengebührenkaution 11% vom 26. Mai 1972 bis 8. Mai 1973 (42.411 S), aus beiden Hypotheken zusammen also 767.111 S, zugewiesen. Weitere Zahlungen, insbesondere aus dem auf der Liegenschaft der Beklagten sichergestellten Darlehen, kamen der klagenden Partei nicht zu.

Die klagende Partei begehrte das Urteil, die Beklagten zur ungeteilten Hand zur Bezahlung der 100.000 S samt 11% Zinsen seit 9. November 1970 bei sonstiger Exekution in die verpfändete Liegenschaft EZ 191 KG N zu verurteilen. Die Beklagten wendeten zuletzt lediglich ein, Herbert S habe auch namens ihrer Rechtsvorgängerin Johanna S mit der klagenden Partei vereinbart gehabt, daß diese bei Erhalt der im Ausgleich angemeldeten Gesamtforderung von 752.480.74 S sich mit diesem Betrag als Globalabfindung zufriedengebe und auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche, insbesondere auf die Realisierung des auf der Liegenschaft EZ 191 KG N sichergestellten Pfandrechts, verzichtete.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Nach ausdrücklicher Erklärung, das Klagebegehren außer Streit zu stellen, präzisierten die Beklagten ihren Rechtsstandpunkt in der mündlichen Berufungsverhandlung dahin, daß durch das im Zusammenhang mit dem Ausgleichsverfahren zwischen den Ehegatten S und der C-Bank zustandegekommene Arrangement, das auch für die klagende Partei durch ihren erklärten Beitritt oder zumindest aus dem Gesichtspunkt des Vertrages zugunsten Dritter rechtswirksam und bindend sei, eine vollständige Tilgung der klagsgegenständlichen Forderung eingetreten sei, weil die klagende Partei aus den Meistboten der Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ 179 und 266 KG A sogar mehr als den Betrag von 752.480.74 S, in dem auch die auf der Liegenschaft EZ 191 KG N sichergestellte Forderung inbegriffen gewesen sei, erhalten habe; nach dem Inhalt des Arrangements sollten aus dem Betrag von 752.480.74 S, zumal das Ausgleichsverfahren eröffnet gewesen sei, auch keine weiteren Zinsen und Forderungen mehr entstehen.

Das Berufungsgericht bestätigte nach teilweiser Beweiswiederholung (ergänzende Vernehmung des Zeugen Herbert S) die Entscheidung des Erstgerichtes und stellte im wesentlichen fest: Ziel des zwischen den Ehegatten S bzw. ihrem Vertreter Dr. Ernst B und der C-Bank geschlossenen Arrangements sei es auch gewesen, die klagende Partei mit ihren beiden in der KG A sichergestellten Pfandrechten zum Zuge kommen zu lassen. Nicht feststellbar sei jedoch, ob es auch in der Absicht der C-Bank gelegen sei, zum Vorteil der Ehegatten S durch dieses Entgegenkommen zu bewirken, daß die klagende Partei auf die Realisierung ihres bestrangig auf der EZ 191 KG N sichergestellten Pfandrechtes bzw. auf die diesem zugrundeliegende Darlehensforderung und vor allem auf weiterlaufende Zinsen verzichte. Nach der Absicht und dem erklärten Willen des Dr. Ernst B wäre es nun Aufgabe des Herbert S gewesen, durch Verhandlungen mit der klagenden Partei deren Beitritt zum Arrangement mit der C-Bank zu erzielen und von der klagenden Partei die Zusicherung zu bekommen, daß sie sich mit dem Erhalt der im Ausgleichsverfahren angemeldeten Forderung von 752.480.74 S zufriedengeben und keine weiteren Forderungen mehr stellen würde. Zu solchen Gesprächen sei es jedoch nicht gekommen, sondern nur zu relativ unverbindlichen Mitteilungen von Zusagen der C-Bank an (die damalige Direktorin der klagenden Partei) Maria H und an (den Nachfolger der Maria H) Dr. Herbert W. Dr. Ernst B sei jedoch der Meinung gewesen, die von ihm ins Auge gefaßten Verhandlungen hätten stattgefunden. Bei der Ausgleichstagsatzung vom 19. Jänner 1972 habe er den anwesenden Vertreter der klagenden Partei Dr. Hans V gefragt, ob mit dem im Ausgleich angemeldeten Betrag alle Forderungen erfaßt seien, was dieser ausdrücklich bejaht habe. Es könne nicht festgestellt werden, daß Dr. Hans V mit dieser Antwort erklärt habe, auf das klagsgegenständliche Pfandrecht zu verzichten; nur Dr. Ernst B und Herbert S hätten gedacht, die klagende Partei hätte sich voll befriedigt erachtet, wenn sie den von ihr im Ausgleichsverfahren angemeldeten Betrag irgendwann, in irgendeiner Weise und auch ohne weitere Zinsen erhalte.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung erachtete es das Berufungsgericht nur erforderlich, auf den Einwand der Beklagten einzugehen, bei der Vereinbarung der Ehegatten S mit der C-Bank habe es sich um einen Vertrag zugunsten Dritter gehandelt. Gehe man davon aus, das Schreiben der C-Bank vom 18. November 1971 wäre als ernsthaftes Anbot der verbindlichen Verpflichtung zu bestimmten Leistungen zu verstehen und von den Ehegatten S angenommen worden, so hätte tatsächlich die C-Bank den Ehegatten S versprochen, auf einen Teil des aus dem Zwangsversteigerungsverfahren der A-Liegenschaft ihr zustehenden Erlöses zugunsten der klagenden Partei zu verzichten. Insoweit, als die C-Bank die beiden Pfandrechte der klagenden Partei zum Zug kommen ließ, könnte tatsächlich von einem Vertrag zugunsten Dritter gesprochen werden. Daß bei Erhalt dieser Leistung die klagende Partei nicht mehr berechtigt gewesen wäre, weitere Forderungen gegenüber den Ehegatten S und ihren Rechtsnachfolgern zu stellen, könne jedoch dem Schreiben vom 18. November 1971 nicht entnommen werden. Dieses enthalte lediglich eine an keinerlei Bedingungen gebundene Begünstigung der klagenden Partei, lege dieser in keiner Weise irgendwelche Bedingungen auf und beschränke sich auch nicht in ihrem Verfügungsrecht. Auf Grund dieses eng begrenzten Vertragsinhaltes erübrige es sich, auf die Frage einzugehen, ob die klagende Partei zu irgendeinem Zeitpunkt irgend etwas im Sinne des § 882 Abs. 1 ABGB zurückgewiesen hätte müssen.

Der Oberste Gerichtshof änderte über Revision der Beklagten die Urteile der Untergerichte dahin ab, daß das Klagebegehren abgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Bei der im Vordergrund der Revision stehenden rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Rechtsfalles ist von der weder von der Revision noch von den Untergerichten beachteten Bestimmung des § 47 AO auszugehen, nach der eine Vereinbarung des Schuldners oder anderer Personen mit einem Gläubiger, wodurch diesem vor Abschluß des Ausgleiches Vorteile eingeräumt werden, ungültig sind. Die Ungültigkeit einer Sonderbegünstigung nach § 47 AO ist unteilbar (BankArch. 1956, 323; 5 Ob 32, 33/62; vgl. Jaeger, Konkursordnung[8] II, 547 Anm. 6) und insbesondere im Zivilprozeß des Begünstigenden mit dem Begünstigten von Amts wegen (Bartsch - Pollak[3] II, 409), also auch ohne Einwendung zu berücksichtigen, da es sich nicht um ein dem Schuldner gewährtes Anfechtungsrecht, sondern um eine im öffentlichen Interesse aufgestellte zwingende Rechtsvorschrift handelt (SZ 18/164; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht, 259). Auch formellen Absonderungsgläubigern gegenüber kann eine solche ungültige Sonderbegünstigung stattfinden. Wenn in den §§ 11 Abs. 1, 46 Abs. 1 AO bestimmt wird, daß Absonderungsrechte durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens und durch den Ausgleich nicht berührt werden, bedeutet dies nämlich nur, daß ihr Recht, aus den ihnen gegebenen Sicherheiten volle Deckung zu verlangen, nicht beeinträchtigt werden darf. Versagt aber die Deckung, dann stehen die Absonderungsgläubiger den Ausgleichsgläubigern gleich und können wie diese nur die Ausgleichsquote beanspruchen. Unzulässig ist die Zusicherung von Vorteilen durch ein Sonderabkommen, deren der Absonderungsgläubiger auf jeden Fall, also unabhängig vom Erfolg der Realisierung des Pfandes, teilhaftig werden soll (BankArch. 1956, 323; SZ 11/11; vgl. Bartsch - Pollak, 407 f.).

Die klagende Partei hatte nun zwar ihre gesamten Darlehensforderungen gegen die Ehegatten S grundbücherlich sichergestellt, die auf den Liegenschaften EZ 179 und 266 KG A intabulierten jedoch in einem Rang, daß sie bei voller Ausnützung der vorausgehenden Pfandrechte der C-Bank im Ausgleichsverfahren der Ehegatten S keine Aussicht hatte, ihre Absonderungsrechte realisieren zu können. Dies wurde erst durch das zwischen dem Vertreter der Ehegatten S und der C-Bank während des Ausgleichsverfahrens abgeschlossene Arrangement möglich, wie es im Schreiben der C-Bank vom 18. November 1971 seinen Niederschlag gefunden hat. Ohne diese Vereinbarung hätte die klagende Partei zwar die klagsgegenständliche Forderung aus dem Erlös einer Veräußerung der Liegenschaft der Beklagten zur Gänze, die übrigen Forderungen, insbesondere jene, die auf den Liegenschaften EZ 179 und 266 KG A sichergestellt waren, mangels Deckung im Meistbot oder durch ein sonstiges Absonderungsrecht jedoch nur in der Höhe der 50%igen Ausgleichsquote erhalten. Im Ausgleichsverfahren hatte die klagende Partei ohne die klagsgegenständliche Forderung 645.656.42 S angemeldet und hätte daher als Ausgleichsgläubigerin lediglich einen Betrag von 322.828.21 S erhalten. Als Folge des Arrangements zwischen den Ehegatten S und der C-Bank erhielt die klagende Partei allein aus dem Erlös der Versteigerung der Liegenschaften EZ 179 und 266 KG A 767.111 S zugewiesen und damit wesentlich mehr als ihr ohne das Arrangement je zugekommen wäre. Auf Grund der zu ihren Gunsten vereinbarten Sonderbegünstigung wurden ihr damit Vorteile verschafft, die den anderen Ausgleichsgläubigern nicht zukamen. Es wurde damit die Bestimmung des § 46 Abs. 3 AO, wonach Gläubiger, deren Forderungen kein Vorrecht genießen, im Ausgleich grundsätzlich gleich behandelt werden müssen, verletzt.

Nach § 47 AO ungültig ist allerdings nur eine Vereinbarung mit dem Gläubiger, dem die Sonderbegünstigung eingeräumt wird. Im vorliegenden Fall ist eine direkte Beteiligung der klagenden Partei an dem Arrangement zwischen den Schuldnern und der C-Bank nicht erweislich. Die klagende Partei mußte dieser Vereinbarung deswegen formell nicht zustimmen, weil sie als Pfandgläubigerin ihre Forderungen im Zwangsversteigerungsverfahren der Liegenschaften EZ 179 und 266 KG A nur anzumelden brauchte und sodann den sich aus der Vereinbarung zwischen den Schuldnern und der C-Bank ergebenden Vorteil als Folge, der absprachegemäßen Nichtanmeldung eines Teiles der Forderungen der C-Bank nach dem Rang mit gerichtlichem Meistbotsverteilungsbeschluß zuerkannt erhielt. Mit Recht erblickt das Berufungsgericht jedoch in der inhaltlich unbestrittenen und sodann auch im Meistbotsverteilungsverfahren durch Einschränkung der ursprünglich höher angemeldeten Forderungen eingehaltenen Vereinbarung zwischen den Schuldnern und der C-Bank einen Vertrag zugunsten der klagenden Partei, ließen sich doch die Ehegatten S insofern einen Vorteil für die klagende Partei versprechen, als dieser durch Nichtanmeldung der vollen Forderungen der C-Bank eine Geldleistung zukommen sollte (§ 881 Abs. 1 ABGB). Die klagende Partei hat diese Vorteile, von denen sie wußte, daß sie ihr im Zusammenhang mit dem Ausgleichsverfahren zukamen - siehe insbesondere das Schreiben der klagenden Partei an die C-Bank vom 3. März 1972 aus dem sich deutlich ergibt, daß sie durch Mitteilungen des Vertreters der C-Bank in der Ausgleichstagsatzung vom 19. Jänner 1972, aber auch durch vorherige Mitteilungen des Herbert S von der Erklärung der C-Bank wußte, daß sie für ihre im Grundbuch EZ 179 und 266 KG A eingetragenen Forderungen volle Deckung finden solle -, auch in Anspruch genommen (siehe das spätere Verhalten der klagenden Partei im Meistbotsverteilungsverfahren, wie es sich aus dem Exekutionsakt ergibt) und jedenfalls, obwohl sie wußte, daß ihr damit ein Vorteil zukam, der anderen Ausgleichsgläubigern nicht gewährt wurde, nicht zurückgewiesen. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles muß die Sonderbegünstigung der klagenden Partei, auch wenn sie formell nicht Vertragspartner sein mußte, so behandelt werden, als wäre sie selbst Vertragspartner gewesen. Wirtschaftlich ist es nämlich gleichgültig, ob man einem Ausgleichsgläubiger Vorteile dadurch verschafft, daß man ihm eine höhere Quote zukommen läßt als den anderen Ausgleichsgläubigern, oder ob man durch vereinbarungsgemäße Nichtanmeldung eines Teiles von bücherlich sichergestellten Forderungen dem Gläubiger eine nur auf Grund dieser Vereinbarung mögliche Befriedigung nach dem Pfandrang und damit einen Vorteil verschafft, den er sonst nicht gehabt hätte. Es ist dann aber auch eine auf diese Weise zustandegekommene und vom begünstigten Gläubiger in Anspruch genommene Sonderbegünstigung rechtlich gleich zu behandeln wie die unmittelbare Verschaffung eines die Ausgleichsquote übersteigenden Vorteils. Als Begünstigung ist nämlich jede objektive, mittelbare oder unmittelbare, rechtliche oder wirtschaftliche Besserstellung eines oder mehrerer Gläubiger zu werten, auch wenn sie nicht der Schuldner selbst gewährt oder zusichert (Wegan, 257; Bartsch - Pollak, 407; Lehmann Kommentar zur österr. Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung II, 153). Das Gesetz will Sonderbegünstigungen im größtmöglichen Umfang erfassen; auch ein einseitiger Akt des Schuldners kann durch einen weiteren einseitigen Akt des Gläubigers, der dessen Bevorzugung zur Folge hat, eine gesetzwidrige Vereinbarung sein (vgl. Bley - Mohrbutter, Vergleichsordnung[3], 166 Anm. 35). Es kommt also nicht darauf an, auf welchem Weg der Vorteil vermittelt wird, sondern nur darauf, daß der Vorteil eintritt.

Die ungültige Sonderbegünstigung kann auch noch nach Bestätigung des Ausgleichs durch den Leistenden (Bartsch - Pollak, 410) binnen drei Jahren nach der Leistung zurückverlangt werden (§ 47 Satz 2 AO). Ein zugesicherter Sondervorteil darf nicht geltend gemacht oder eingeklagt werden (BankArch. 1956, 323; Bartsch - Pollak, 409; Lehmann, 156; vgl. Bley - Mohrbutter, 174 Anm. 45). Die Bestätigung des Ausgleichs räumt nämlich die Ungültigkeit der Sonderbegünstigung und deren Folgen keineswegs aus (vgl. Böhle - Stamschräder, Vergleichsordnung[8], 54 Anm. 6). Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei allein aus dem Meistbot der Zwangsversteigerung der Liegenschaften EZ 179 und 266 KG S einen größeren Vorteil in Händen als ihr einschließlich der klagsgegenständlichen Forderung ohne das Arrangement zwischen den Ehegatten S und der C-Bank je zugekommen wäre. Mit der gerichtlichen Geltendmachung der klagsgegenständlichen Forderung will die klagende Partei dann aber über den ihr ohnehin schon ungebührlich hoch zugekommenen Geldbetrag hinaus noch einen zusätzlichen Vorteil erlangen. Diese Möglichkeit zu verschaffen kann nicht dem Zweck des Ausgleichsverfahrens, nicht Vorrecht genießende Gläubiger grundsätzlich gleich zu behandeln, und vor allem nicht dem Zweck des § 47 AO entsprechen. Entgegen der Auffassung der Untergerichte ist dem Klagebegehren auch nicht deswegen stattzugeben, weil die Schuldner eine ausgiebige Information der klagenden Partei über den Inhalt des Arrangements, dessen Vorteile für die klagende Partei immerhin klar erkennbar waren, unterließ. Auch dies kann nämlich nicht zur Folge haben, daß die klagende Partei sowohl die zu ihren Gunsten vereinbarten Sondervorteile als auch weiterhin jeden sonst ihr ohne diese zustehenden Vorteil und damit die Vorteile aus beiden Situationen sozusagen kombiniert für sich in Anspruch nehmen könnte. Die klagende Partei verlangt immerhin faktisch und wirtschaftlich mit der gegenständlichen Klage einen zusätzlichen Vorteil, der über die bereits eingetretene gesetzwidrige Begünstigung noch weiter hinausginge. Dieser zusätzliche Vorteil kann nach Auffassung des OGH ebensowenig eingeklagt werden wie ein sonst zugesicherter Sondervorteil. Mit dem Erhalt dessen, was die klagende Partei ohne die gesetzwidrige Zusage bekommen hätte, waren vielmehr weitere Ansprüche der klagenden Partei nicht mehr klagbar. Daß es sich um aus verschiedenen Darlehensverträgen entspringende Forderungen handelt, ist unerheblich, da mehrere Ausgleichsforderungen desselben Gläubigers zusammengerechnet und gleich behandelt werden. Ohne Bedeutung muß es auch sein, daß die Beklagten mit den Schuldnern nicht ident sind; jene trifft nur die sachenrechtliche Haftung (§ 466 ABGB); diese entfällt aber, wenn der Anspruch zwischen dem Gläubiger und den persönlichen Schuldnern nicht besteht.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes ist es damit aber auch ohne Belang, ob die klagende Partei auf ihre Forderung verzichtete. Auch ohne einen solchen Verzicht darf sie sich eine zusätzliche Begünstigung nicht verschaffen. Auf die Motive, die die C-Bank bewogen hatten, das Arrangement mit den Ehegatten S zu treffen und die klagende Partei zu begünstigen, kommt es nicht an.

Anmerkung

Z48084

Schlagworte

Sonderbegünstigung gemäß § 47 AO, Vertrag zugunsten Dritter, Vertrag zugunsten Dritter, Sonderbegünstigung gemäß § 47 AO

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00129.75.0903.000

Dokumentnummer

JJT_19750903_OGH0002_0010OB00129_7500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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