TE OGH 1975/11/4 4Ob599/75

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Veröffentlicht am 04.11.1975
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Norm

EO §374
ZPO §226

Kopf

SZ 48/116

Spruch

Hat sich das zunächst nur vorgemerkte Pfandrecht in ein vollstreckbares Pfandrecht im Sinne der §§ 89, 88 EO verwandelt, auf Grund dessen die betreibende Gläubigerin unmittelbar beim Exekutionsgericht die Bewilligung der Verwertung der Pfandsachen verlangen kann, fehlt einer trotzdem gegen den Erwerber der Pfandliegenschaften erhobenen Hypothekarklage das notwendige Rechtsschutzbedürfnis

OGH 4. November 1975, 4 Ob 599/75 (OLG Wien 6 R 81/75; KG Korneuburg 1 Cg 248/74)

Text

Im Lastenblatt der Liegenschaften EZ 185 und EZ 1925 je KG W ist auf den ehemals dem Moritz Sch., nunmehr aber der Beklagten gehörenden Hälfteanteilen auf Grund des Sicherstellungsauftrages des Finanzamtes Mistelbach vom 20. März 1964, StNr. L 547/64 Wei. 204 in COZ 45 (EZ 185) bzw. COZ 33 (EZ 1925) das Pfandrecht zur Sicherstellung der Abgabenforderungen für die Jahre 1961 bis 1964 im voraussichtlichen Betrag von 110.912 S samt Kosten von 510 S für die Republik Österreich vorgemerkt und die Simultanhaftung angemerkt, wobei EZ 185 als Haupteinlage und EZ 1925 als Nebeneinlage bezeichnet ist.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wolkersdorf vom 8. August 1973, E 309/64-8, wurde auf Grund des vollstreckbaren Rückstandsausweises des Finanzamtes Mistelbach vom 14. Mai 1973, StNr. Wei. 201/1, die Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung dieses Simultanpfandrechtes bewilligt; dieser Beschluß ist rechtskräftig geworden.

Mit der vorliegenden Hypothekarklage verlangt die Republik Österreich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 110.912 S samt Anhang bei Exekution auf die gepfändeten Liegenschaftshälften. Als nunmehrige Eigentümerin dieser Pfandliegenschaften hafte die Beklagte für die trotz Mahnung noch offene Steuerschuld ihres Rechtsvorgängers.

Demgegenüber behauptet die Beklagte, daß der eingeklagte Betrag nicht mehr unberichtigt aushafte.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren ohne Aufnahme von Beweisen statt, weil die von der Beklagten geltend gemachte Nachsicht der Steuerschuld des Moritz Sch. schon nach ihrem eigenen Prozeßvorbringen nicht rechtswirksam zustande gekommen sei; allfällige Vereinbarungen mit den Finanzbehörden wären überdies zufolge der mit Beschluß vom 16. September 1970 rechtskräftig ausgesprochenen vollen Entmündigung des Moritz Sch. nicht rechtsverbindlich.

Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht verneinte die gerügten Verfahrensmängel und billigte auch die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhalts durch das Prozeßgericht.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wird der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, wie hier, in einer bestimmten Richtung gesetzmäßig ausgeführt, dann ist der Oberste Gerichtshof nicht auf eine Überprüfung der in der Revision ausdrücklich aufgeworfenen Rechtsfragen beschränkt; er hat vielmehr die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ohne Bindung an die vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Gründe nach jeder Richtung hin zu überprüfen; Fasching IV, 321 § 503 ZPO Anm. 24). Dabei zeigt sich aber diesmal, daß der von der Klägerin erhobene Anspruch schon aus nachstehenden, bisher allerdings weder von den Parteien noch von den Untergerichten beachteten rechtlichen Erwägungen zu verneinen ist:

Nach der eingangs wiedergegebenen Aktenlage hatte das Finanzamt Mistelbach auf Grund seines am 20. März 1964 gegen Moritz Sch. im Sinne des § 232 BAO erlassenen Sicherstellungsauftrages gemäß § 233 Abs. 2 BAO, § 38 lit. c GBG die Bewilligung der gerichtlichen Exekution zur Sicherstellung (§§ 370 ff. EO) durch bücherliche Vormerkung des (Simultan)-Pfandrechtes auf den beiden - damals noch im Eigentum des Abgabenpflichtigen stehenden - Liegenschaftshälften erwirkt. Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Wolkersdorf vom 8. August 1973 wurde dann auf Grund des vollstreckbaren Rückstandsausweises des Finanzamtes Mistelbach vom 14. Mai 1973 die Anmerkung der Rechtfertigung dieser Vormerkung bewilligt und im Lastenblatt der beiden Grundbuchskörper bei den - in der Zwischenzeit in das Eigentum der Beklagten übergegangenen - Liegenschaftshälften vollzogen. Damit ist aber das bisher nur vorgemerkte, also bedingte Pfandrecht im Sinne des § 41 lit. b GBG zu einem unbedingten geworden und gleichzeitig die Exekution zur Sicherstellung nach Maßgabe des vollstreckbaren Rückstandsausweises von selbst in eine Befriedigungsexekution übergegangen (Reeger - Stoll, Komm. z. BAO, 771 f. § 233 Anm. 2 und 4; Neumann - Lichtblau, Komm. z. EO[3] II, 1137 f., 1151; Heller - Berger - Stix in Neumann - Lichtblau, Komm, z. EO[4] II, 919; Petschek - Hämmerle - Ludwig,

Das österreichische Zwangsvollstreckungsrecht, 43; Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht, 285). Ein solches Exekutionsverfahren kann aber von der Abgabenbehörde als betreibender Gläubigerin jederzeit durch einen - unmittelbar beim Exekutionsgericht zu stellenden - Antrag auf Bewilligung der Verwertung der gepfändeten Liegenschaften - und zwar durch Zwangsverwaltung (§§ 97 ff. EO) oder Zwangsversteigerung (§§ 133 ff. EO) - fortgesetzt werden (Reeger - Stoll, 772; Neumann - Lichtblau, 1127, 1137), ohne daß es dazu eines neuen, gegen die Beklagte als Erwerberin der gepfändeten Liegenschaftshälften gerichteten Exekutionstitels bedürfte.

Für den gegenteiligen, im übrigen nicht weiter begrundeten Standpunkt der Klägerin ist auch aus der in der Klage angeführten oberstgerichtlichen Entscheidung 3 Ob 105/72 (veröffentlicht in EvBl. 1973/82) nichts zu gewinnen, weil es sich, wie den Gründen dieses Beschlusses zu entnehmen ist, damals um eine im Grundbuchsverfahren bewilligte Vormerkung nach § 38 lit. c GBG, nicht aber, wie hier, um eine im Zuge einer gerichtlichen Sicherstellungsexekution bewilligte Maßnahme nach § 374 Abs. 1 EO, § 38 lit. b GBG gehandelt hatte. Während also in dem der genannten Vorentscheidung zugrunde liegenden Fall die Exekution - durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung mittels bücherlicher Anmerkung der Rechtfertigung und der Vollstreckbarkeit des vorgemerkten Pfandrechtes im Sinne des § 89 EO - überhaupt erst gegen den Erwerber der belasteten Liegenschaft bewilligt werden sollte, liegt diesmal, wie bereits mehrfach betont, eine schon im Jahre 1964 gegen den damaligen Liegenschaftseigentümer Moritz Sch. bewilligte gerichtliche Exekution zur Sicherstellung vor, welche durch den Eintritt der Vollstreckbarkeit der Abgabenforderung im Sinne der obigen Rechtsausführungen von selbst in eine Befriedigungsexekution übergegangen ist. Hat sich das zunächst nur vorgemerkte Pfandrecht auf diese Weise aber durch den rechtskräftigen Beschluß des Bezirksgerichtes Wolkersdorf vom 8. August 1973 - welcher im übrigen auch der Beklagten zugestellt wurde - in ein vollstreckbares Pfandrecht im Sinne der §§ 88, 89 EO verwandelt, auf Grund dessen die betreibende Gläubigerin unmittelbar beim Exekutionsgericht die Bewilligung der Verwertung der Pfandsachen verlangen kann, dann fehlt einer trotzdem gegen den Erwerber der Pfandliegenschaften erhobenen Hypothekarklage das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Dieser - schon aus dem Klagevorbringen abzuleitende - Mangel muß aber im Sinne der neueren Rechtsprechung (EvBl. 1972/20 mit weiteren Zitaten; 1 Ob 162/72; ähnlich bereits SZ 21/124) zur Abweisung des Klagebegehrens führen.

Anmerkung

Z48116

Schlagworte

Hypothekarklage, fehlt Rechtsschutzbedürfnis, wenn sich das vorgemerkte, in ein vollstreckbares Pfandrecht verwandelt hat, Rechtsschutzbedürfnis Hypothekarklage fehlt -, wenn sich das vorgemerkte, in ein vollstreckbares Pfandrecht verwandelt hat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1975:0040OB00599.75.1104.000

Dokumentnummer

JJT_19751104_OGH0002_0040OB00599_7500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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