TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/20 2003/08/0063

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Veröffentlicht am 20.04.2005
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;

Norm

MRK Art6 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der I GmbH, vertreten durch Dr. Leopold Hirsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Nonntaler Hauptstraße 1a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 6. Februar 2003, Zl. 3/05-V/13.518/5-2003, betreffend Haftung für Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 67 Abs. 4 ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5024 Salzburg, Faberstraße 19-23), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 23. Juli 2002 wurde die Beschwerdeführerin als Betriebsnachfolgerin der I GmbH gemäß § 67 Abs. 4 ASVG verpflichtet, den bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse bestehenden Rückstand der I GmbH in der Höhe von EUR 35.852,65 zu bezahlen. Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse an, dass die in den dem Bescheid angeschlossenen Rückstandsausweis ausgewiesenen Beiträge samt Nebengebühren beim Betriebsvorgänger der Beschwerdeführerin "trotz geführter Zwangsmaßnahmen" nicht hätten eingebracht werden können. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei um eine Stellungnahme ersucht worden und habe bei einer Vorsprache bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse "Angaben zum Veräußerungsakt von Betriebsmitteln" zwischen der I GmbH und der Beschwerdeführerin gemacht. Er sei bis 1. März 2001 zusammen mit seiner Gattin Geschäftsführer der I GmbH gewesen. Von der I GmbH seien an die Beschwerdeführerin einige Fahrzeuge und eine Liegenschaft verkauft worden. Die I GmbH habe sich mit zwei Betriebsgegenständen, nämlich dem Anlagenbau und dem Servicebereich, beschäftigt. Im August bzw. September 2000 sei es zur Trennung dieser beiden Bereiche gekommen und das Unternehmen der Beschwerdeführerin sollte nur mit dem Teilbetrieb im Bereich Service weitergeführt werden. Betriebsgegenstand der I GmbH seien der Lüftungsanlagenbau, der Zentralheizungsbau, Gas- und Wasserleitungsinstallation und Elektrotechnik gewesen. Betriebsgegenstand der Beschwerdeführerin seien Elektro-, Gas-, Wasser- und Heizungsinstallationen, Gebäudetechnik und Klimaanlageninstallationen. Es sei somit davon auszugehen, dass es sich um nahezu den gleichen Betriebsgegenstand wie bei der I GmbH handle. Die Beschwerdeführerin habe mit Rechnung vom 2. Jänner 2001 bestimmte im Bescheid näher bezeichnete Betriebsmittel (insbesondere die gesamte Büroeinrichtung und Werkzeuge) übernommen. Zusätzlich seien acht im Einzelnen angeführte Fahrzeuge, sowie Lagerware und 20 Klimageräte übernommen worden. Darüber hinaus habe die I GmbH an die Beschwerdeführerin eine Ablöse für Wartungsverträge in Rechnung gestellt. Mit dem Erwerb dieser Betriebsmittel stehe der Beschwerdeführerin auch die gesamte Software und damit das gesamte Know-how wie Logistik, Organisation und Rechnungswesen des Betriebsvorgängers zur Verfügung.

Von der Beschwerdeführerin seien auch insgesamt fünf namentlich angeführte Dienstnehmer, darunter insbesondere auch der Geschäftsführer der I GmbH, der nunmehr Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei, übernommen worden. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin eine organisatorische Einheit als Objekt im Rechtsverkehr erworben habe und ihr damit die wesentlichen Bestandteile des Unternehmens des Betriebsvorgängers, wie Kundenstock, Goodwill, Geschäftseinrichtung, Fahrzeuge, Werkzeuge, Lagerbestände und Organisation zu Gute gekommen seien. Die Beschwerdeführerin sei als Betriebsnachfolgerin in die Lage versetzt, den Betrieb in dem Umfang mit dem Betriebsgegenstand und in der Betriebsart wie der Vorgänger fortzuführen. Die Beschwerdeführerin sei daher als Betriebsnachfolgerin im Sinne des § 67 Abs. 4 ASVG anzusehen.

Der von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Einspruch wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid von der belangten Behörde abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der "Erwerb einer Firma durch eine andere Firma" nicht Voraussetzung für die Haftung nach § 67 Abs. 4 ASVG sei, vielmehr sei nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Erwerb der wesentlichen Betriebsmittel des Betriebsvorgängers durch den Betriebsnachfolger Voraussetzung für die Haftung nach § 67 Abs. 4 ASVG. Es müssten keinesfalls alle für die Identität des Vorgänger- mit dem Nachfolgebetrieb maßgeblichen Kriterien vorliegen. Die Beschwerdeführerin habe die wesentlichen Betriebsmittel der I GmbH erworben. Im Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse seien alle Umstände angeführt worden, die nachweisen würden, dass der Beschwerdeführerin alle jene Betriebsmittel zugekommen seien, die die nach Betriebsart und Betriebsgegenstand wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet hätten und die Beschwerdeführerin als Erwerber in die Lage versetzten, den Betrieb fortzuführen. Dabei sei es weder von Bedeutung, ob der Betriebsnachfolger den Betrieb tatsächlich fortführe, noch ob er den Betrieb im Falle der Fortführung mit demselben Betriebsgegenstand betreibe und die Betriebsart gleich bleibe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Wird ein Betrieb übereignet, so haftet gemäß § 67 Abs. 4 ASVG der Erwerber für Beiträge, die sein Vorgänger zu zahlen gehabt hätte, unbeschadet der fortdauernden Haftung des Vorgängers sowie der Haftung des Betriebsnachfolgers nach § 1409 ABGB unter Bedachtnahme auf § 1409a ABGB und der Haftung des Erwerbers nach § 25 des Handelsgesetzbuches für die Zeit von höchstens 12 Monaten vom Tag des Erwerbes zurückgerechnet.

2.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die I GmbH im Jahr 1994 in Salzburg, L-Straße 72a, etabliert worden sei, wobei der Betriebsgegenstand der Lüftungsanlagenbau, der Heizungsanlagenbau, Gas- und Wasserleitungsinstallation und Elektrotechnik, also in erster Linie der Anlagenbau, gewesen sei. Die I GmbH habe rund 90 % des Umsatzes mit Anlagenbau für die L AG erzielt, sodass im Jänner 2000 die Verlegung des Firmensitzes nach Wien beschlossen und mit der Erstellung eines Lagers auch gleich durchgeführt worden sei, weil der Großteil der Filialen der L AG in Ostösterreich situiert gewesen sei. Weiters sei zum gleichen Zeitpunkt Personal eingestellt und auch in Wien die Büroeinrichtung neu angekauft worden, weil ein Übersiedeln der alten Büroeinrichtung - die von der Beschwerdeführerin angekauft worden sei - teurer gewesen wäre, als ein Neuankauf in Wien. Das Unternehmen der Beschwerdeführerin sei am 27. Oktober 2000 mit Geschäftsanschrift L-Straße 76a, also in einem anderen Gebäude als dem ehemaligen Standort der I GmbH, gegründet worden, wobei der Geschäftszweig der Beschwerdeführerin ausschließlich Serviceleistungen - Wartung, Reparatur, Instandhaltung, Planung und Überwachung von haustechnischen Anlagen - beinhaltet habe. Es habe sich sohin um zwei unterschiedliche Unternehmen gehandelt, welche gleichzeitig bestanden hätten, deren Geschäftszweig jedoch "tatsächlich nichts miteinander zu tun" gehabt habe. Es seien nur Teile der Werkzeuge, etliche Maschinenersatzteile und Geräte durch die Beschwerdeführerin von der I GmbH angekauft worden, der Rest sei von der I GmbH nach Wien gebracht worden. Von den ursprünglich acht Fahrzeugen der I GmbH seien drei von der Beschwerdeführerin angekauft worden; lediglich diese drei Fahrzeuge seien im Anlagevermögen der Beschwerdeführerin enthalten. Diese stellten aber keine wesentlichen Betriebsmittel dar. Da der Hauptkunde der I GmbH die zwischenzeitlich insolvente L AG gewesen sei, habe die Beschwerdeführerin diesen Hauptkunden nicht übernommen. Von der Software seien ausschließlich Standardprogramme übernommen worden, keineswegs seien die Buchhaltung und das Rechnungswesen sowie auch die Kundenstammdaten übernommen worden. Es könne auch keine Rede von der Übernahme des Know-hows sein, das für den Anlagenbau ein gänzlich anderes sei als für einen Dienstleistungsbetrieb für Service und Wartung. Auf Grund der Verlegung des Unternehmens der I GmbH nach Wien habe sich für deren Beschäftigte auch die Frage gestellt, ob eine Übersiedlung nach Wien gewünscht werde oder nicht. Es liege in der Natur der Sache, dass die Salzburger Beschäftigten der I GmbH in Salzburg haben verbleiben wollen und ohnedies nur einige Wenige von der Beschwerdeführerin neu eingestellt worden seien. Es seien zwei Arbeitnehmer nach deren ordnungsgemäßer Kündigung bei der I GmbH von der Beschwerdeführerin eingestellt worden; ein Lehrling sei "lediglich aus humanitären Gründen" von der Beschwerdeführerin bis August 2001 beschäftigt worden, damit er seine Lehrabschlussprüfung ablegen könne. Ein weiterer Arbeitnehmer sei erst im Mai 2001 eingestellt worden, die diesbezüglich behauptete Übernahme habe es niemals gegeben.

Auch der Kundenstock der I GmbH sei nicht übernommen worden, da der Kundenstock dieses Unternehmens als Anlagenbauer ein anderer gewesen sei, als jener der Beschwerdeführerin mit dem Hauptbetätigungsfeld Servicearbeiten. Beim Kundenstock der I GmbH habe es sich um Großunternehmen gehandelt, bei welchen Anlagen, insbesondere Klimaanlagen, installiert worden seien. Der Umsatz der I GmbH habe auf Grund dieser Großeinsätze auch zwischen EUR 1,2 Mio. und EUR 1,8 Mio. betragen, demgegenüber liege der Umsatz der Beschwerdeführerin bei lediglich EUR 120.000,--, also nicht einmal einem Zehntel.

Die Beschwerdeführerin sei keinesfalls die Rechtsnachfolgerin der I GmbH, was sich auch aus einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg ergebe, in dem ausgeführt werde, dass die Beschwerdeführerin eine vollkommen selbständige Gesellschaft sei und nicht Rechtsnachfolgerin der I GmbH.

2.2. Mit diesem Vorbringen wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Sachverhaltsfeststellung, die der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofes nur dahingehend unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben wurde, und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. unter vielen anderen das hg. Erkenntnis vom 9. Dezember 2004, Zl. 2000/14/0166).

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin vermag nicht aufzuzeigen, dass die belangte Behörde bei der Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes aktenwidrige Annahmen getroffen oder denkgesetzwidrige Schlussfolgerungen gezogen hätte.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse verweist in ihrer Gegenschrift zu Recht auf die mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin - der auch Geschäftsführer der I GmbH war - aufgenommene Niederschrift vom 28. Jänner 2002, in der dieser angegeben hat, dass die I GmbH zum Zeitpunkt der Erstellung der Niederschrift keine operative Geschäftstätigkeit mehr ausgeübt habe, dass die Betriebsstätte in Salzburg "anlässlich der Neugründung der (Beschwerdeführerin) aufgelassen" worden sei, dass eine Liegenschaft, über welche die I GmbH verfügt habe, an die Beschwerdeführerin veräußert worden sei und die Fahrzeuge der

I GmbH teilweise an die Verkäufer zurückgegeben und teilweise an die Beschwerdeführerin verkauft worden seien. Es kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie im Lichte dieser Angaben davon ausgeht, dass es zu einer Betriebsnachfolge gekommen ist.

3. Soweit die Beschwerdeführerin vermeint, dass die bloße Tatsache, dass beide Unternehmen nebeneinander bestanden haben, die Übernahme als Betriebsnachfolger im rechtlichen Sinne ausschließe, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Umstand, dass die juristische Person des Betriebsvorgängers neben jener des Erwerbers bestehen bleibt, die Annahme einer Betriebsübernahme gemäß § 67 Abs. 4 ASVG nicht hindert. Wie sich auch aus der Niederschrift mit dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin (der auch Geschäftsführer der I GmbH war) vom 28. Jänner 2002 ergibt, ist die I GmbH nach der Neugründung der Beschwerdeführerin im Wesentlichen ohne weitere Geschäftstätigkeit geblieben, sodass der Umstand, dass die Gesellschaft erst später - nach Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens - aufgelöst wurde, nicht gegen die Betriebsübernahme durch die Beschwerdeführerin spricht.

4. Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass die von der Beschwerdeführerin gekauften Betriebsmittel der I GmbH keinesfalls wesentliche Grundlagen des Betriebsvorgängers gebildet hätten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es zur Betriebsnachfolge bzw. zum Erwerb eines Betriebes nicht erforderlich, dass alle Betriebsmittel erworben werden; es genügt der Erwerb jener Betriebsmittel, die nach der Betriebsart und dem Betriebsgegenstand die wesentliche Grundlage des Betriebes des Betriebsvorgängers gebildet haben und den Erwerber mit ihrem Erwerb in die Lage versetzen, den Betrieb fortzuführen. Auch ist es weder entscheidend, ob der Betriebsnachfolger den Betrieb auch tatsächlich fortführt, noch dass er den Betrieb im Falle der Fortführung mit dem selben Betriebsgegenstand betreibt (vgl. dazu u. a. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. November 1983, Zl. 82/08/0021, Slg. Nr. 11.241/A).

Die belangte Behörde hat in schlüssiger und vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandender Beweiswürdigung dargelegt, weshalb sie vom Erwerb der wesentlichen Betriebsmittel der I GmbH durch die Beschwerdeführerin ausgegangen ist. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, welches im Wesentlichen darin besteht, dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt einen ganz anderen Sachverhalt gegenüberzustellen, ohne aber die Beweiswürdigung der belangten Behörde substanziiert in Frage zu stellen, vermag keine Zweifel hinsichtlich der Vollständigkeit des festgestellten Sachverhaltes sowie der von der belangten Behörde vorgenommenen Beweiswürdigung zu begründen.

5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der im Beschwerdefall in Rede stehende Anspruch als "civil right" im Sinne der EMRK zu beurteilen ist, weil im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus folgenden Gründen jedenfalls nicht erforderlich war:

Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und wenn Art. 6 Abs. 1 EMRK dem nicht entgegensteht.

Der EGMR hat zuletzt in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung (vgl. insbesondere EGMR 24. Juni 1993, Schuler-Zgraggen/Schweiz, Series A no. 263, S.19, § 58; 25. April 2002, Zl. 64336/01, Varela Assalino/Portugal; 5. September 2002, Zl. 42057/98, Speil/Österreich), dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung (im Originaltext: any hearing at all), erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" (im Originaltext: highly technical) Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtigte.

Solche besonderen Umstände liegen im vorliegenden Fall im Hinblick darauf vor, dass es der Beschwerde weitgehend an einer dem Verwaltungsgerichtshofsgesetz entsprechenden Darstellung der Beschwerdegründe fehlt: Die Beschwerdeführerin beschränkte sich auf Sachverhaltsbehauptungen, mit denen sie sich von den Tatsachenfeststellungen der belangten Behörde entfernt. Sie greift weder die Beweiswürdigung der belangten Behörde substanziiert an, noch legt sie dar, aus welchen Ermittlungsergebnissen die belangte Behörde den erstmals in der Beschwerde behaupteten Sachverhalt hätte entnehmen können. Der in der Beschwerde nur mit untauglichen Mitteln bekämpfte entscheidungsrelevante Sachverhalt ist somit geklärt. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sind durch die zitierte ständige Rechtsprechung vollständig beantwortet. In der vorliegenden Beschwerde wurden somit keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art. 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Die Entscheidung konnte daher im Sinne des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 20. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003080063.X00

Im RIS seit

30.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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