TE OGH 1976/4/1 7Ob519/76

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Veröffentlicht am 01.04.1976
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Norm

ABGB §358

Kopf

SZ 49/49

Spruch

Nach dem im Treuhandrecht geltenden Surrogationsprinzip fällt alles, was dem Treugut zuwächst oder an seine Stelle tritt, dem Treugeber zu

OGH 1. April 1976, 7 Ob 519/76 (LGZ Wien 45 R 472/75; BG Klosterneuburg 2 C 226/74)

Text

Der Kläger begehrt vom Beklagten, seinem Vater, die Übertragung des Hälfteeigentums an der Liegenschaft EZ X mit den Grundstücken 1/10 Garten und 1/12 Baufläche aus dem Titel einer Treuhandverpflichtung gegen Zahlung des anteiligen Kaufpreises von 14 340 S.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seinen Feststellungen waren die strittigen Grundstücke Gegenstand eines Pachtvertrages zwischen dem Chorherrenstift Klosterneuburg als Eigentümer und dem Landesbund im Zentralverband der Siedler, Weingärtner und Kleintierzüchter Österreichs als Generalpächter. Bis im Jahre 1951 war Anna S Subpächterin der Grundstücke und Eigentümerin des auf der Parzelle 1/12 Baufläche befindlichen Superädifikates. Mit Kaufvertrag vom 23. Juli 1951 erwarben beide Streitteile das Superädifikat, und die Verkäuferin verpflichtete sich, ihre Pachtrechte zugunsten der beiden Streitteile zurückzulegen. Da jedoch jeder Subpächter eines Gartengrundstückes Mitglied des Kleingartenvereines A sein mußte und dieser Verein nur eine physische Person als Mitglied aufnahm, der Kläger aber an der Mitgliedschaft kein Interesse zeigte, trat der Beklagte dem Kleingartenverein als Mitglied bei, so daß nur er vom Verein als offizieller Subpächter anerkannt wurde. Da anderseits beide Streitteile die Absicht hatten, je zur Hälfte Eigentumsrechte an dem Haus und Pachtrechte an den beiden Grundstücken zu erwerben, hatte dies auf das Innenverhältnis zwischen den Streitteilen, nämlich auf den Bestand des Miteigentums und des Mitpachtverhältnisses, keine Auswirkungen. Sie zahlten den vereinbarten Kaufpreis gemeinsam, entrichteten bis 1964 gemeinsam die Pachtzinse an den Kleingartenverein und benützen bis heute gemeinsam die Grundstücke und das Superädifikat. Eine Aussicht, an den Grundstücken Eigentum erwerben zu können, bestand im Jahre 1951 noch nicht, und eine solche Möglichkeit war damals auch noch nicht vorauszusehen. Ab dem Jahre 1965 stellte der Kläger die weitere anteilsmäßige Zahlung des Pachtschillings ein, weil er verschiedene Investitionen durchgeführt hatte, an denen sich aber der Beklagte finanziell nicht beteiligte.

Im Jahre 1971 entschloß sich das Chorherrenstift Klosterneuburg, die Grundstücke in A an die bisherigen Subpächter zu verkaufen. Der Kläger bemühte sich zwar, vom Verein als Käufer vorgeschlagen zu werden, doch blieben diese Bemühungen ohne Erfolg. Der Beklagte gab als einer der ersten die Kauferklärung ab und erlegte bereits am 23. Dezember 1971 den gesamten Kaufpreis von 28 800 S. Im Jahre 1974 schloß das Stift mit dem Beklagten den Kaufvertrag, der inzwischen verbüchert wurde.

Nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes sei dem Kläger der Nachweis des Bestehens einer Treuhandschaft nicht gelungen. Im Jahr 1951 sei die Absicht der Parteien nur dahin gegangen, gleichteiliges Eigentum an dem Superädifikat und gleichteilige Pachtrechte an den beiden Grundstücken zu erlangen. Ein Eigentumserwerb an den Grundstücken habe damals schon deswegen nicht Vertragsinhalt sein können, weil weder beim Gründeigentümer Verkaufsabsicht noch eine Aussicht auf einen solchen Verkauf bestanden habe. Wohl sei im Zuge der Besprechungen über Pacht und Hauskauf zwischen den Parteien auch darüber gesprochen worden, ob denn nicht in Zukunft einmal auch der Grund käuflich sein werde; es habe sich dabei aber nur um eine Spekulation ohne Grundlage gehandelt. Dies ergebe sich am deutlichsten aus der vom Kläger in der Parteienvernehmung mitgeteilten Äußerung des Beklagten, ihm werde"kein Bein mehr weh tun", wer die Liegenschaft einmal zu kaufen sein werde.

Das Berufungsgericht gab der vom Kläger erhobenen Berufung Folge und änderte das Ersturteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 1 000 S übersteigt, im Sinne der Klage ab. Er übernahm die Feststellungen des Erstrichters als unbedenkliches Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens, gelangte aber zu einer anderen rechtlichen Beurteilung: Der Beklagte sei nur nach außen hin allein als Subpächter aufgetreten, im Innenverhältnis aber hinsichtlich einer Hälfte zufolge des zumindest schlüssig erteilten Auftrages bloß Treuhänder des Klägers gewesen, in dessen Interesse er die halben Subpachtrechte auszuüben hatte. Wenn sich später für die Subpächter die Gelegenheit zum Eigentumserwerb bot, konnte der Beklagte wohl im Interesse des Klägers hievon Gebrauch machen. Er sei damit aber im Gründe bereits über den ihm erteilten Auftrag hinausgegangen, weil das Subpachtverhältnis durch den Eigentumserwerb beendet wurde. Nach Fortfall des Zwecks des Treuhandverhältnisses sei der Beklagte aber zur Übertragung der bloß treuhändig verwalteten Liegenschaftshälfte verpflichtet. Die durch Verrechnungsstreitigkeiten hervorgerufene Weigerung des Klägers, ab 1965 den halben Pachtschilling zu refundieren, könne nicht als stillschweigender Rechtsverzicht angesehen werden. Der Anspruch des Klägers auf Übertagung des Hälfteeigentums bestehe gegen Ersatz des halben vom Beklagten selbst bezahlten Kaufpreises zu Recht.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Rechtsansicht des Revisionswerbers, daß hinsichtlich der Subpachtrechte keine Treuhand vorlag, kann nicht gefolgt werden. Da feststeht, daß beide Parteien im Jahre 1951 die Absicht hatten, auch das Pachtrecht an den beiden Grundstücken gemeinsam zu erwerben, und dies bloß nach außen hin nicht möglich war, kommt es nicht darauf an, ob der Vertragsverfasser von vornherein wußte, daß nach dem Vereinsstatut nur eine Person die Subpachtrechte übernehmen kann. Es geht vielmehr auch aus dem Verhalten der Parteien in den nächsten Folgejahren klar hervor, daß sie im Innenverhältnis gleichberechtigt bleiben wollten. Die Ausübung der Subpachtrechte nach außen hin durch den Revisionswerber allein entspricht dann aber, wie das Berufungsgericht zutreffenderkannte, einem Treuhandverhältnis, nämlich der Ausübung von Rechten zwar im eigenen Namen, aber (hinsichtlich der zweiten Hälfte) im fremden Interesse (SZ 45/21 u. v. a.). Die Meinung, daß der Kläger bloß Subpächter des Revisionswerbers geworden sei, ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht zu billigen.

Ebenso reicht der Umstand, daß die Weigerung des Revisionswerbers, sich an Investitionskosten zu beteiligen, im Jahr 1965 zur Einstellung der Beteiligung des Klägers an der Bezahlung des Subpachtschillings führte, für die Annahme einer Beendigung der Beteiligung des Klägers an den Subpachtrechten nicht aus. Da das Treuhandverhältnis damals nicht ausdrücklich beendet, aufgekundigt oder vom Kläger freiwillig aufgegeben wurde, kommt nur ein stillschweigender Verzicht im Sinne des § 863 Abs. 1 Satz 2 ABGB in Betracht. Danach kann auch schlüssiges Verhalten oder sogar Stillschweigen als Willenserklärung gelten, wenn mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund bleibt, an einer solchen zu. Das letztere ist jedoch im vorliegenden Fall, der durch eine beiderseitige Weigerung, sich an Auslagen des anderen Teiles für das gemeinsame Gut zu beteiligen, gekennzeichnet ist, durchaus in Frage zu stellen. Da ein Verrechnungsstreit zur Einstellung der Zahlungen des Revisionsgegners führte, durfte der Beklagte nicht nach Treu und Glauben (§ 863 Abs. 2 ABGB) schließen, daß der Kläger die von ihm treuhändig verwalteten Mitpachtrechte aufgeben wolle. Es war vielmehr seine Sache, aus dieser Zahlungswilligkeit des Klägers die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen oder das Treuhandverhältnis aufzukundigen. Statt dessen beließ es aber der Revisionswerber dabei, daß nicht nur das im gemeinsamen Eigentum stehe Superädifikat, sondern auch die nach außen hin von ihm allein gepachteten Grundstücke weiterhin und sogar bis heute in der gemeinsamen Benützung verbleiben. Dieser äußere Sachverhalt hinterläßt begrundete Zweifel an einem zwischenweiligen Willen der Parteien, das Treuhandverhältnis einverständlich oder durch Verzicht des Klägers zu beenden.

Daß dann Ende 1971 sich jeder der Streitteile bemühte, unter Umgehung des anderen Partners die beiden Grundstücke vom Eigentümer zu kaufen, ist rechtlich ohne Bedeutung, weil weder damit noch durch Unterlassung der sofortigen Klage das Recht aus der Treuhand verwirkt wurde.

Nach den untergerichtlichen Feststellungen trifft es allerdings zu, daß im Zeitpunkte der Begründung des Treuhandverhältnisses noch keine Aussicht bestand, das Eigentum an den Grundstücken später zu erwerben. Dennoch kann der Meinung des Beklagten, daß sich das Treuhandverhältnis auf solche ursprünglich nicht existente Rechte nicht beziehen könne, im Ergebnis nicht gefolgt werden. In dem nicht durch das Gesetz geregelten, sondern durch Gewohnheit entstandenen Treuhandrecht gilt nämlich das Surrogationsprinzip (Hämmerle, Verh. DJT 1936, Gutachten I, 694; Kastner in JBl. 1949, 423; derselbe in Hämmerle-FS, 181; Bartsch in Klang[1], 1126; SZ 26/156).

Es bedeutet, daß alles, was am Treugut zuwächst oder an dessen Stelle tritt, dem Treugeber ähnlich wie in den Fällen etwa der §§ 725 und 961 ABGB zufällt, z. B. der Treffer des gezogenen Loses (Hämmerle 694; Kastner, 423). In diesem Sinne unterliegt es keinem Zweifel, daß der Revisionswerber als Treuhänder der Subpachtrechte nicht berechtigt war, das allein aus diesem Recht erflossene Anwartschaftsrecht auf das Eigentum am Pachtgrund, auch wenn es ursprünglich noch nicht in Aussicht genommen war, sondern sich erst später durch ein Anbot des Eigentümers ergab, hinsichtlich der treuhändig verwalteten zweiten Hälfte für sich in Anspruch zu nehmen. Der Revisionswerber war vielmehr verpflichtet, auf Grund der eingeräumten Treuhand auch dieses Anwartschaftsrecht, wenn es nicht sogleich auf den Kläger übertragen werden konnte, ebenfalls noch für ihn auszuüben und das an die Stelle des Subpachtrechtes tretende Hälfteeigentum der Liegenschaft dem Kläger gegen Bezahlung der Aufwendungen herauszugeben.

Hinsichtlich der Höhe dieser Gegenleistung kommt der Revision Berechtigung gleichfalls nicht zu. Da der Revisionswerber auf Grund des bestandenen Treuhandverhältnisses das Anwartschaftsrecht auf Übertragung des Hälfteeigentums für den Kläger auszuüben hatte, kann er nicht mehr als den auf diese Hälfte entfallenden Teil des Kaufpreises begehren. Nicht der Kläger ist bereichert, wenn er für diesen auf ihn entfallenden Teil des damaligen Kaufpreises jetzt einen allenfalls höheren Wert erhält, sondern der Beklagte selbst wäre es, wenn er, obwohl nur Treuhänder, für die Herausgabe des Nutzens des übernommenen Geschäftes (vgl. § 1009 ABGB) mehr als den zur Besorgung des Geschäftes notwendig oder nützlich gemachten Aufwand (vgl. § 1014 ABGB) erhielte. Zwischenweilige Steigerungen des Grundstückswertes können demnach ebenso wie Geldwertverluste nicht dem Beklagten zugute kommen, zumal er zur Herausgabe des an die Stelle des Treugutes getretenen Vermögenswertes längst verpflichtet war, nämlich seit der Ausübung des Anwartschaftsrechtes. Das Verfahren ist daher auch nicht hinsichtlich der Höhe der Gegenleistung mangelhaft geblieben.

Anmerkung

Z49049

Schlagworte

Surrogationsprinzip, Treuhandrecht, Treuhandrecht, Surrogationsprinzip

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1976:0070OB00519.76.0401.000

Dokumentnummer

JJT_19760401_OGH0002_0070OB00519_7600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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