TE OGH 1976/8/26 7Ob43/76

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Veröffentlicht am 26.08.1976
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Norm

Versicherungsvertragsgesetz §12

Kopf

SZ 49/100

Spruch

Ein ausdrücklicher Hinweis auf die Gesetzesbestimmung des § 12 Abs. 3 VersVG ist im Ablehnungsschreiben nicht erforderlich, ein allfälliges Fehlzitat ist bedeutungslos

OGH 26. August 1976, 7 Ob 43/76 (OLG Linz 1 R 9/76; KG Steyr 1 b Cg 697/74)

Text

Der Beklagte ist Eigentümer und Halter des bei der Klägerin haftpflichtversicherten PKW Opel Rekord. Am 29. Oktober 1971 verursachte er mit diesem Fahrzeug einen Verkehrsunfall mit Personen- und Sachschaden. Die Klägerin lehnte ihre Deckungspflicht für die Schadenersatzansprüche der bei diesem Unfall geschädigten Josefine W mit Schreiben vom 21. Jänner 1972 (Beilage./B) folgenden Inhaltes ab: "Wir beziehen uns auf den Verkehrsunfall vom 29. Oktober vorigen Jahres und stellen fest, daß im Zeitpunkt des Unfalles die bereits fällig gewesene Folgeprämie nicht bezahlt war, obwohl wir Ihnen am 8. Juli 1971 eine vierzehntägige Nachfrist gesetzt haben. Wir sind daher Ihnen gegenüber gemäß § 39 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) von der Verpflichtung zur Leistung frei. Nach den Bestimmungen des § 158c VVG sind wir jedoch verpflichtet, den geschädigten Dritten schadlos zu halten, soferne dessen Ansprüche gesetzlich begrundet sind. Gemäß § 158f dieses Gesetzes steht uns das Regreßrecht hinsichtlich aller von uns in obiger Angelegenheit an Entschädigung und Kosten aufgewendeten Beträge gegen Sie zu. Wir behalten uns daher vor, die von uns zu erbringenden Leistungen von Ihnen zum gegebenen Zeitpunkt zurückzuverlangen.

Nach gesetzlicher Vorschrift (§ 12 Abs. 12, III VVG) weisen wir ausdrücklich darauf hin, daß Sie den bestrittenen Versicherungsanspruch zur Vermeidung eines Verlustes nur innerhalb von 6 Monaten - vom Tage der Zustellung dieses Schreibens an - im Wege der Klage beim zuständigen Gericht geltend machen können." Eine Deckungsklage wurde vom Beklagten innerhalb der ihm gesetzten Klagsfrist nach § 12 Abs. 3 VVG nicht erhoben. Mit ihrer beim Erstgericht am 28. Oktober 1974 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten die Bezahlung von 185 298.95 S samt Anhang und beantragt die Feststellung, daß er ihr für ihre künftigen Leistungen aus dem Schadensfall vom 29. Oktober 1971 (Verkehrsunfall) ersatzpflichtig sei. Sie habe als Haftpflichtversicherer des Beklagten Leistungen in der Höhe des Klagsbetrages erbracht. Da der Beklagte trotz qualifizierter Mahnung nach § 39 VersVG vom 8. Juli 1971 im Unfallszeitpunkt mit der Bezahlung der Folgeprämie im Rückstand gewesen sei, sei die Klägerin leistungsfrei geworden. Dem Begehren der Josefine W (im Vorprozeß GZ 12 Cg 150/73 des Erstgerichtes) nach Feststellung der Haftung des Beklagten zu drei Viertel für künftige Unfallsfolgen sei stattgegeben worden. In der Verhandlungstagsatzung am 5. Mai 1975 brachte die Klägerin noch ergänzend vor, daß der Beklagte innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 12 Abs. 3 VersVG, eine Deckungsklage nicht eingebracht habe. Der Beklagte beantragt Klagsabweisung und bestreitet, jemals eine qualifizierte Mahnung der Klägerin nach § 39 VersVG erhalten zu haben. Sofern der Klagsanspruch auf das ungenützte Verstreichen der Frist des § 12 Abs. 3 VersVG gestützt werde, sei er verjährt. Dem Ablehnungsschreiben vom 26. Jänner 1972 fehle außerdem der in der vorgenannten Gesetzesstelle vorgeschriebene Inhalt. Schließlich habe die Klägerin innerhalb der sechsmonatigen Klagsfrist der geschädigten Dritten Josefine W 20 000 S gezahlt und daher ein aufrechtes Deckungsverhältnis angenommen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Nach seinen Feststellungen wurden die Vierteljahresprämien (der Haftpflichtversicherung) der Klägerin jeweils am 23. März, 23. Juni, 23. September und 23. Dezember fällig. Über die am 23. Juni 1971 fällig gewordene Prämie von 735 S wurde dem Beklagten am 8. Juli 1971 ein Erlagschein mit Allonge übersendet. Die nächste Mahnung des Beklagten erfolgte am 10. August 1971 mit Androhung des Entzuges des Kennzeichens. Am 21. Oktober 1971 wurde von der Klägerin der Entzug des Kennzeichens (des PKWs des Beklagten) beim Bundespolizeikommissariat Steyr beantragt und am 23. Oktober 1971 dem Beklagten die Klage angedroht, wenn der fällige Betrag nicht binnen fünf oder zehn Tagen gezahlt werde. Zur zweiräumigen Dienstwohnung des Beklagten und zu weiteren zwei von anderen Personen bewohnten Räumen führte eine Haupteingangstür, an welcher weder ein Briefkasten noch ein Türschlitz angebracht waren. Bei versperrter Haupteingangstüre wurde die Post für den Beklagten und die Bewohner der beiden anderen Räume vom Zusteller vor diese Tür gelegt. War hingegen die Haupteingangstüre nicht versperrt, dann überbrachte der Postzusteller die Post dem Beklagten oder seiner damaligen Ehefrau. War niemand zu Hause, legte der Zusteller die Post vor eine der beiden Türen der Dienstwohnung. Bei eingeschriebenen Sendungen suchte der Zusteller die jeweiligen Adressaten auf oder hinterließ bei deren Abwesenheit eine Verständigung. In der Zeit vom 4. August 1970 bis 8. Juli 1971 übernahmen weder der Beklagte noch seine damalige Ehegattin an ihn adressierte Einschreibebriefe, die Mahnungen enthielten oder sonst mit dem Haftpflichtversicherungsverhältnis des Beklagten zusammenhingen. Der Beklagte erhielt auch keinen Verständigungszettel, der eine solche Sendung betroffen hätte. Er hatte bei der Klägerin noch eine Rechtsschutz- und eine Lebensversicherung abgeschlossen. Bei der Einzahlung von Prämien, die jeweils mit den übersendeten Erlagscheinen erfolgte, schrieb der Beklagte den Aufdruck der Einzahlungsscheine ab, ohne sich darüber im klaren zu sein, ob diese Ziffern den Monat bedeuten, in welchem die Prämie fällig wurde. Am 2. November 1971 überwies der Beklagte der Klägerin den Betrag von 1470 S, womit die am 23. Juni und die am 23. September 1971 fällig gewordenen Prämienraten bezahlt waren. Auf das Ablehnungsschreiben der Klägerin vom 21. Jänner 1972 antwortete der Beklagte mit Schreiben vom 26. Jänner 1972, daß er die laufenden Folgeprämien für die Monate Juni bis August 1971 am 1. Juli 1971 in der Höhe von 740 S entrichtet habe; nicht bezahlt gewesen sei allerdings die Versicherungsprämie für die Monate März bis Mai 1971. Gleichzeitig ersuchte der Beklagte um Übermittlung des Mahnschreibens vom 8. Juli 1971 sowie des Einschreibezettels und verwies darauf, daß die Rückstände der Folgeprämien ordnungsgemäß nachbezahlt worden seien. Ferner ersuchte er die Beklagte um eine Stellungnahme. Am 30. Oktober 1971 brachte der Rechtsvertreter der bei dem Unfall schwer verletzten Josefine W, Dr. Ewald S eine Klage auf Zahlung eines Schmerzengeldbetrages von vorläufig 20 000 S ein. In ihrem Schreiben vom 21. Juni 1972 anerkannte die Klägerin für die bis dahin voraussehbaren Schmerzen der Josefine W der Höhe nach einen Schmerzensgeldbetrag von 60 000 S und gab mit Schreiben vom 24. Juli 1972 bekannt, daß auf das Konto ihres Rechtsfreundes eine Akontozahlung von 20 000 S überwiesen worden sei. Der Sammelauftrag der Klägerin erging am 24. Juli 1972 an die Sparkasse Linz, von wo der vorgenannte Betrag am 27. Juli 1972 an die Sparkasse Steyr überwiesen und von dieser am 28. Juli 1972 dem Konto des Rechtsvertreters der Josefine W gutgeschrieben wurde. Am 7. Feber 1974 überwies die Klägerin dem Rechtsvertreter der Josefine W an Kapital weitere 75 000 S, an Privatbeteiligtenkosten 4540 S und einen Prozeßkostenbeitrag von 7750 S. Der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte (Sozialversicherer der Josefine W) überwies die Klägerin am 11. Jänner 1973 24 000 S und am 22. April 1974 20 620.50 S. Das Erstgericht war der Ansicht, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, daß die von ihr behauptete qualifizierte Mahnung nach § 39 VersVG hinsichtlich der am 23. Juni 1971 fällig gewordenen Folgeprämie dem Beklagten tatsächlich zugegangen sei. Ob dieses Mahnschreiben die strengen Voraussetzungen des § 39 VersVG erfüllt habe, brauche daher nicht untersucht zu werden. Ebenso könne es dahingestellt bleiben, ob das Ablehnungsschreiben der Klägerin vom 21. Jänner 1972 (Beilage./B) den Anforderungen des § 12 Abs. 3 VersVG entsprochen habe und ob die Teilzahlungen an Josefine W als Erfüllung des Versicherungsvertrages oder als Befriedigung geschädigter Dritter nach § 158 lit. c VersVG zu betrachten seien.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Es war der Meinung, daß der Frage, ob dem Beklagten eine qualifizierte Mahnung im Sinne des § 39 VersVG zugegangen sei, keine entscheidende Bedeutung zukomme. Es komme nämlich nur eine Mahnung in der Form der im Akt erliegenden Beilage./D in Betracht, die nicht geeignet sei, die weitreichenden Wirkungen der Leistungsfreiheit des Versicherers im Sinne des § 39 VersVG auszulösen, weil die oberhalb des Erlagscheines angebrachte weitere Mitteilung nicht besonders hervortrete und daher vom Empfänger leicht unbeachtet bleiben könne. Damit sei jedoch für den Beklagten nichts gewonnen, weil die Klägerin nach § 12 Abs. 3 VersVG leistungsfrei geworden sei. Ein Ablehnungsschreiben im Sinne dieser Gesetzesstelle habe nämlich die Leistungsfreiheit des Versicherers unabhängig davon zur Folge, ob es der materiellen Rechtslage entspreche. Ein solches Schreiben nach § 12 Abs. 3 VersVG sei allerdings dann wirkungslos, wenn der Versicherer die Ansprüche des geschädigten Dritten innerhalb der dem Versicherten gesetzten Klagefrist erfüllt habe. Hiebei komme es aber auf den objektiven Ablauf und nicht auf die subjektive Seite (Absicht des Versicherers) an. Die dem Beklagten gesetzte Klagsfrist habe spätestens am 26. Juli 1972 geendet. Der die Teilzahlung an Josefine W von 20 000 S betreffende Sammelauftrag sei von der Klägerin erst am 24. Juli 1972 an ihr Kreditinstitut abgegangen, das erst am 27. Juli 1972 die Überweisung tatsächlich durchgeführt habe. Erst mit diesem bereits außerhalb der sechsmonatigen Frist des § 12 Abs. 3 VersVG liegenden Tag sei daher der Teilanspruch der Geschädigten Josefine W erfüllt worden. Die vom Beklagten erhobene Verjährungseinrede sei nicht berechtigt, weil der von der Klägerin geltend gemachte Regreßanspruch nach § 158f VersVG gleich geblieben sei und die Klägerin am 5. Mai 1975 nur eine Präzisierung ihres bisherigen Klagevorbringens vorgenommen habe. Hinsichtlich der Leistungen an Josefine W und deren Sozialversicherungsträger stehe daher der Klägerin ein Regreßanspruch nach § 158f VersVG zu. Da das Ersturteil ausreichende Feststellungen über die zivilrechtliche Forderung der Josefine W und der eingangs erwähnten Sozialversicherungsträger nicht enthalte, erweise sich die Rechtssache als nicht spruchreif. Hinsichtlich der begehrten Rechtsanwaltskosten für die Abwehr der Schadenersatzansprüche (Regulierungskosten) stehe der Klägerin dann ein Ersatzanspruch zu, wenn deren Aufwendung zum überwiegenden Vorteil des Beklagten erfolgt sein sollte.

Der Oberste Gerichtshof gab beiden Rekursen nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung: a) Rekurs des Beklagten:

Die Rekursausführungen bekämpfen zunächst die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Klägerin schon im Hinblick auf das ungenutzte Verstreichen der dem Rekurswerber gesetzten Klagefrist leistungsreif geworden sei. Das Ablehnungsschreiben der Klägerin vom 21. Feber 1972 (Beilage./B) entspreche entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes nicht den Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 VersVG.

Beizupflichten ist den Darlegungen des Rekurswerbers, daß an Ablehnungsschreiben des Versicherers im Sinne der vorgenannten Gesetzesstelle besonders strenge Anforderungen gestellt werden müssen. Die Fristsetzung nach § 12 Abs. 3 VersVG birgt nämlich für den Versicherten die Gefahr des Verlustes erworbener Rechte in sich, weil die Leistungsfreiheit des Versicherers durch die bloße Versäumung der Klagefrist unabhängig davon eintritt, ob sie materiell berechtigt ist oder nicht (SZ 27/207; VersR 1966/248, 1968/885, 1973/143; ZVR 1969/214; Hüskes "Voraussetzungen und Grenzen der Leistungsfreiheit nach § 12 Abs. 3 VersVG in der KFZ-Haftpflichtversicherung" im VersR 1961/676). Die in einem Ablehnungsschreiben enthaltene Belehrung nach § 12 Abs. 3 VersVG muß daher so klar und deutlich sein, daß ihr auch der einfache Mann aus dem Volke ohne weiteres den ihm 1 drohenden Rechtsverlust entnehmen kann. Sie muß demnach den ausdrücklichen Hinweis enthalten, daß der Versicherte bei Versäumung der Klagefrist nicht nur sein Klagerecht verliert, sondern jeden Anspruch auf Versicherungsschutz einbüßt (Bruck - Möller, Kommentar zum VersVG[8] I, 266; VersR 1967/1062, 1973/143; ZVR 1969/214). Diesen Voraussetzungen entspricht aber das Ablehnungsschreiben der Klägerin vom 21. Jänner 1972 (Beilage./B), in dessen letzten Absatz ausdrücklich darauf verwiesen wird, daß der Rekurswerber zur Vermeidung eines Verlustes den bestrittenen Versicherungsanspruch innerhalb von sechs Monaten ab Zustellung des Ablehnungsschreibens im Wege der Klage beim zuständigen Gericht geltend machen könne. Diese Belehrung konnte vom Rekurswerber nur so verstanden werden, daß er seinen Anspruch auf Versicherungsschutz verliert, wenn er diesen nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist im Klagewege geltend macht. Der Umstand, daß eine Klagserhebung beim zuständigen Gericht verlangt wird - obwohl eine Klagserhebung innerhalb der gesetzten Frist auch beim unzuständigen Gericht ausreichen würde (Prölß - Martin VersVG[20], 140) ist für die Wirksamkeit des Ablehnungsschreibens ebensowenig von Bedeutung wie das unrichtige Zitat des § 12 Abs. 3 VersVG, zumal ein ausdrücklicher Hinweis auf diese Gesetzesbestimmung nicht erforderlich ist (Prölß - Martin, 131). Die vom Rekurswerber zitierte Entscheidung VersR 1968/855 betraf einen anders gelagerten Fall, in dem die Belehrung nach § 12 Abs. 3 VersVG so abgefaßt war, daß sie der Versicherte als bloße Formsache auffassen konnte, der keine weitere Bedeutung beizumessen sei.

Leistet allerdings der Versicherer vor Ablauf der Klagsfrist des § 12 Abs. 3 VersVG Zahlungen an den geschädigten Dritten, so stellen sich diese noch als Erfüllung seiner Verpflichtung zur Gewährung des Versicherungsschutzes dar, weil der Anspruch auf diesen erst mit fruchtlosem Ablauf der Klagefrist untergeht. Nach der mit der herrschenden Lehre (Prölß - Martin, 138; Stiefel - Wussow - Hofmann, Kraftfahrversicherung[9], 387) übereinstimmenden Rechtsprechung des OGH kann daher der Versicherer hinsichtlich solcher innerhalb der gesetzten Frist erbrachten Leistungen oder Teilleistungen seine fehlende Deckungspflicht nicht aus dem Ablauf der Klagefrist des § 12 Abs. 3 VersVG ableiten, sondern muß hiefür materielle Gründe anführen (EvBl. 1968/42; ZVR 1968/97; VersR 1975/1166; 7 Ob 175/75; zuletzt 7 Ob 39/76). Hiebei kommt es auf die objektive Tatsache der Erfüllung des Anspruches des geschädigten Dritten und nicht - wie der Rekurswerber meint - auf die mit der Zahlung verfolgte Absicht des Versicherers an. Es ist daher auch bedeutungslos, wenn der Versicherer erklärt, nur den Haftpflichtanspruch des geschädigten Dritten, nicht aber den Versicherungsanspruch des Versicherten erfüllen zu wollen, weil in der Haftpflichtversicherung durch die Leistung an den geschädigten Dritten sowohl dessen Haftpflichtanspruch als auch der Anspruch des Versicherten auf Versicherungsschutz erfüllt wird (Stiefel - Wussow - Hofmann, 387).

Das Ablehnungsschreiben der Klägerin vom 21. Jänner 1972 muß dem Rekurswerber, wie sich aus seinem Antwortschreiben vom 26. Jänner 1972 (Beilage./B) ergibt, spätestens an diesem Tage zugekommen sein. Die sechsmonatige Klagefrist des § 12 Abs. 3 VersVG endete daher spätestens am 26. Juli 1972. Der auch die Teilzahlung an die geschädigte Josefine W von 20 000 S betreffende Sammelauftrag der Klägerin ging wohl bereits am 24. Juli 1972 an deren Bank ab, die jedoch die Überweisung auf das Konto des Rechtsvertreters der Geschädigten bei der Sparkasse Steyr erst am 27. Juli 1972 durchführte. Erst dadurch wurde aber der Schadenersatzanspruch der Josefine W teilweise erfüllt (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 368; SZ 25/199).

Auch die vom Rekurswerber erhobene Verjährungseinrede ist nicht berechtigt. Bei dem Klagsanspruch handelt es sich nämlich teils um Regreßforderungen der Klägerin nach § 158f VersVG, teils um begehrte Regulierungskosten (hinsichtlich des eingeforderten Ersatzes der Kosten ihres Rechtsvertreters), wobei sich die Klägerin auf die Behauptung stützt, nach § 39 VersVG leistungsfrei geworden zu sein. In der Verhandlungstagsatzung am 5. Mai 1975 (ON 11) brachte die Klägerin ergänzend vor, daß der Beklagte innerhalb der ihm gesetzten Klagefrist eine Deckungsklage nicht eingebracht habe. Damit modifizierte sie aber nur ihr bisheriges Klagevorbringen zu dem unverändert gebliebenen Klagsanspruch, für den, soweit es sich um Regreßforderungen nach § 158f VersVG handelt, die für den übergegangenen Anspruch geltende Verjährungszeit Platz greift (JBl. 1970/527; ZVR 1970/39). Hingegen verjähren die von der Klägerin begehrten Regulierungskosten (Kosten ihres Rechtsvertreters) im Hinblick auf den Gegenstand der erbrachten Leistungen nach § 1486 Z. 1 ABGB innerhalb von drei Jahren nach ihrer Entstehung (VersR 1975/1 166; SZ 16/69; MietSlg. 5518). Im Hinblick auf die Klagserhebung am 28. Oktober 1974 sind daher auch diese Ansprüche noch nicht verjährt. In der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Klägerin schon im Hinblick auf das ungenützte Verstreichenlassen der dem Rekurswerber gesetzten Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VersVG endgültig leistungsfrei geworden sei, kann somit ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden.

Wenn das Berufungsgericht zur Höhe der Klagsforderungen ergänzende Feststellungen für notwendig erachtet, so kann dem der Oberste Gerichtshof nicht entgegentreten, weil er sonst in unzulässiger Weise Tatfragen lösen würde (Fasching IV, 414; SZ 38/29; JBl. 1963/166 u. a. m.). Auch in Ansehung des Feststellungsbegehrens erweist sich die Rechtssache als nicht spruchreif, weil dem angefochtenen Urteil nicht entnommen werden kann, ob noch mit weiteren Schadenersatzansprüchen der geschädigten Dritten zu rechnen ist (SZ 40/54, 42/161; ZVR 1964/59, 1969/269 u. a. m.).

Bei den von der Klägerin begehrten Kosten für die Abwehr der geltend gemachten Ersatzansprüche (Regulierungskosten) handelt es sich, wie der OGH bereits wiederholt ausgesprochen hat, um eine Forderung aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag, deren Ersatz sie dann begehren kann, wenn sie zum klaren und überwiegenden Vorteil des Rekurswerbers (§ 1037 ABGB) aufgewendet wurden (SZ 31/39; VersR 1973/976; zuletzt 1975/1166).

Der Rekurs des Beklagten erweist sich somit als nicht berechtigt. b) Rekurs der Klägerin.

Die Rekurswerberin bekämpft die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die von ihr behauptete qualifizierte Mahnung nicht den Voraussetzungen des § 39 VersVG entsprochen habe und daher nicht geeignet gewesen sei, ihre Leistungsfreiheit zu begrunden. Die Erörterung dieser Frage kann jedoch auf sich beruhen, weil die Rekurswerberin - wie bereits ausgeführt - jedenfalls im Hinblick auf das ungenützte Verstreichen der dem Beklagten gesetzten Frist nach § 12 Abs. 3 VersVG endgültig leistungsfrei geworden ist. Ob diese Leistungsfreiheit auch materiell-rechtlich begrundet ist, braucht daher nicht mehr näher untersucht zu werden.

Der Rekurs der Klägerin erweist sich somit ebenfalls als nicht berechtigt.

Anmerkung

Z49100

Schlagworte

Ablehnungsschreiben gemäß § 12 Abs. 3 VersVG, ein ausdrücklicher Hinweis, auf die Gesetzesbestimmung des § 12 Abs. 3 VersVG ist im, Ablehnungsschreiben nicht erforderlich, ein allfälliges Fehlzitat ist, bedeutungslos

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1976:0070OB00043.76.0826.000

Dokumentnummer

JJT_19760826_OGH0002_0070OB00043_7600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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