TE OGH 1976/12/21 3Ob165/76

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Veröffentlicht am 21.12.1976
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Norm

EO §355
EO §359

Kopf

SZ 49/161

Spruch

Mangels einer ausdrücklichen gegenteiligen Regelung im § 359 EO hat der Verpflichtete nur einen Schadenersatzanspruch gegen den betreibenden Gläubiger. Dieser Ersatzanspruch besteht daher nur dann, wenn der betreibende Gläubiger im Exekutionsverfahren schuldhaft einen nicht berechtigten Strafvollzugsantrag gestellt hat

OGH 21. Dezember 1976, 3 Ob 165/76 (LG f. ZRS Wien 46 R 420/76; BG Groß-Enzersdorf E 551/76)

Text

Auf Grund einer einstweiligen Verfügung des Handelsgerichtes Wien wurde, der betreibenden Partei gegen den Verpflichteten vom Titelgericht die Exekution zur Erwirkung der Unterlassung bestimmter wettbewerbsfeindlicher Handlungen bewilligt. In der Folge verhängte das Exekutionsgericht mit Beschluß vom 21. Mai 1976 gegen den Verpflichteten wegen eines vom betreibenden Gläubiger behaupteten Zuwiderhandelns gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluß nach § 355 Abs. 2 EO eine Geldstrafe von 10000 S. Gegen diesen Strafvollzugsbeschluß erhob der Verpflichtete mittels Klage Einwendungen nach § 36 EO, weil er dem Exekutionstitel nach Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses nicht zuwidergehandelt habe. Gleichzeitig beantragte der Verpflichtete die Aufschiebung des Vollzuges des Beschlusses vom 25. Mai 1976 (richtig 21. Mai 1976) mit der Begründung, die sofortige Entrichtung der Geldstrafe und Bezahlung der Kosten würde seinem Unternehmen liquide Mittel entziehen; es seien keine gesetzlichen Bestimmungen vorhanden, die ihn "einen daraus resultierenden Schaden von der beklagten Partei ersiegen ließen"; demgemäß wäre der sofortige Erlag der Geldstrafe und der Kosten für ihn mit der Gefahr eines unwiederbringlichen und ihm unzumutbaren Nachteiles verbunden.

Das Erstgericht schob "die Exekution" bis zur rechtskräftigen Erledigung des Impugnationsstreites gegen Erlag einer Sicherheit von 15 000 S auf.

Diesen Beschluß änderte das Rekursgericht dahin ab, daß der Antrag auf Aufschiebung des Vollzuges des Beschlusses vom 25. Mai 1976 (richtig 21. Mai 1976) "betreffend Verhängung einer Geldstrafe in der Höhe von 10 000 S" abgewiesen wurde. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, der Verpflichtete hätte im Hinblick auf die im § 44 Abs. 1 EO geforderte Voraussetzung für die Exekutionsaufschiebung behaupten und bescheinigen müssen, daß ein Rückersatz der auf Grund des Strafvollzugsbeschlusses geleisteten Beträge unwahrscheinlich sei. Es sei unrichtig, daß ein solcher Rückersatz deshalb ausgeschlossen sei, weil es an gesetzlichen Bestimmungen fehle, nach denen der Verpflichtete den Rückersatzanspruch gegen die betreibende Partei mit Erfolg durchsetzen könne. Wohl kämen die verhängten Geldstrafen gemäß § 359 EO dem Armenfonds des Ortes (richtig Bezirksfürsorgeverband) zu, in welchem der Verpflichtete seinen Wohnsitz habe, doch bleibe dem Verpflichteten die Möglichkeit gewahrt, zu Unrecht erlegte und dem Bezirksfürsorgeverband bereits zugekommene und von diesem vereinnahmte Strafbeträge von der betreibenden Partei aus dem Titel des Schadenersatzes ersetzt zu erhalten. Daß ein derartiger Schadenersatzanspruch bei der betreibenden Partei nicht einbringlich wäre, was Voraussetzung für die Annahme eines unwiederbringlichen Vermögensnachteiles im Sinne des § 44 Abs. 1 EO wäre, habe die verpflichtete Partei weder behauptet noch bescheinigt. Im übrigen hätte das Erstgericht keinesfalls die gesamte Exekution auf Grund der nur gegen den Strafvollzugsbeschluß vom 21. Mai 1976 gerichteten Impugnationsklage aufschieben dürfen, da die verpflichtete Partei nur die Aufschiebung des Vollzuges des Strafvollzugsbeschlusses beantragt habe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 44 Abs. 1 EO darf die Aufschiebung der Exekution nur bewilligt werden, wenn die Fortführung der Exekution für den Aufschiebungswerber mit der Gefahr eines unersetzlichen oder schwer zu ersetzenden Vermögensnachteiles verbunden wäre. Die Auffassung des Rekursgerichtes, daß das Vorliegen einer derartigen Gefährdung vom Aufschiebungswerber konkret zu behaupten und zu bescheinigen ist, falls die Gefährdung nicht offenkundig sein sollte, ist durchaus zutreffend. Bezüglich der Aufschiebung eines Strafvollzugsbeschlusses Abs. 1 EO) mit dem eine Geldstrafe verhängt wurde, hat der OGH wiederholt die Ansicht vertreten, die im § 44 Abs. 1 EO geforderte Voraussetzung für die Aufschiebung des Strafvollzugsbeschlusses sei nur dann gegeben, wenn der Verpflichtete im Fall des Erfolges der den Aufschiebungsgrund bildenden Aktion (z. B. Impugnationsklage) den Ersatz der bezahlten Geldstrafe vom betreibenden Gläubiger nicht erwarten könnte (EvBl. 1966/170; EvBl. 1975/190 u. a.). Dazu ist ergänzend zu bemerken, daß die Voraussetzung für die Aufschiebung der Exekution nach § 44 Abs. 1 EO auch dann gegeben wäre, wenn der Ersatzanspruch nur schwer durchgesetzt werden könnte. Dieser Rückersatzanspruch kann nur gegen den betreibenden Gläubiger geltend gemacht werden. Mangels einer ausdrücklichen gegenteiligen Regelung im § 359 EO muß nämlich davon ausgegangen werden, daß der Verpflichtete keinen Rechtsanspruch auf Rückersatz zu Unrecht im Verfahren nach § 355 EO auf Antrag des betreibenden Gläubigers verhängten und nach deren Bezahlung an den Bezirksfürsorgeverband abgeführten Strafen gegen letzteren besteht. Der Verpflichtete kann sich daher nur am betreibenden Gläubiger schadlos halten. Der Ersatzanspruch ist von Verpflichteten als Schadenersatzanspruch im Rechtsweg geltend zu machen (EvBl. 1974/288; Heller - Berger Stix, 2596), wobei die allgemeinen Grundsätze des Schadenersatzrechtes zur Anwendung zu kommen haben. Der Ersatzanspruch besteht daher nur dann, wenn der betreibende Gläubiger im Exekutionsverfahren schuldhaft einen nicht berechtigten Strafvollzugsantrag gestellt hat (EvBl. 1974/288; vgl. SZ 9/253; EvBl. 1971/41). Ein unersetzlicher oder schwer zu ersetzender Vermögensnachteil kann daher dem Verpflichteten im Fall der Eintreibung und Abführung einer Geldstrafe an den Bezirksfürsorgeverband nicht nur dadurch entstehen, daß der Ersatzanspruch gegen den betreibenden Gläubiger nur schwer oder überhaupt nicht einbringlich ist, sondern auch dadurch, daß ein Verschulden des betreibenden Gläubigers an der Einbringung des sachlich nicht gerechtfertigten Strafantrages nur schwer oder überhaupt nicht erweislich ist. Weder in der einen noch in der anderen Richtung hat der Verpflichtete in seinem Aufschiebungsantrag Behauptungen aufgestellt. Auch mit dem Vorbringen im Aufschiebungsantrag, durch die Bezahlung der Geldstrafe und der Kosten würden dem Unternehmen des Verpflichteten "liquide Mittel" entzogen werden, behauptet der Verpflichtete nicht schlüssig eine Gefährdung im Sinne des § 44 Abs. 1 EO. Für allfällige Ansprüche auf Ersatz der Verfahrenskosten oder Zinsenverluste und dergleichen durch Bezahlung der Geldstrafe gilt nämlich das gleiche wie für den Anspruch auf Ersatz einer zu Unrecht bezahlten Geldstrafe.

Das Rekursgericht hat somit den Aufschiebungsantrag des Verpflichteten in Abänderung des Aufschiebungsbeschlusses des Erstgerichtes mit Recht abgewiesen.

Anmerkung

Z49161

Schlagworte

Ersatzanspruch bei zu Unrecht im Verfahren nach § 355 EO verhängten, Geldstrafen gegen betreibenden Gläubiger, Exekution nach § 353 EO, Ersatzanspruch wegen zu Unrecht bezahlter, Geldstrafen bei, Geldstrafe, Ersatzanspruch bei zu Unrecht im Verfahren nach § 355 EO, verhängten - gegen betreibenden Gläubiger

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1976:0030OB00165.76.1221.000

Dokumentnummer

JJT_19761221_OGH0002_0030OB00165_7600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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