TE OGH 1977/2/3 7Ob831/76

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Veröffentlicht am 03.02.1977
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Norm

ABGB §276
Vertragsbedtenstetengesetz §5
Vertragsbedtenstetengesetz §6
Vertragsbedtenstetengesetz §7

Kopf

SZ 50/16

Spruch

Mit der Bestellung eines öffentlichen Verwalters enden die Vermögensverwaltung des Abwesenheitskurators und die Zuständigkeit des Pflegschaftsgerichtes zu deren Überwachung

OGH 3. Feber 1977, 7 Ob 831/76 (LGZ Wien 43 R 1261/76; BG Innere Stadt Wien 10 P 13/76)

Text

Das Erstgericht eröffnete für die in der CSSR nationalisierte Z-Bank eine Abwesenheitspflegschaft. Als Abwesenheitskurator für deren unbekannte Eigentümer bestellte das Erstgericht den Rechtsanwalt Dr. D. Mit Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen vom 10. April 1973, Z. 78 179/1-17 b/73, wurde der Rechtsanwalt Dr. M gemäß §§ 1 und 2 Abs. 1 lit. c des Verwaltergesetzes 1952 (BGBl. Nr. 100/1953) für das in Österreich gelegene Vermögen der ehemaligen Z-Bank zum öffentlichen Verwalter bestellt und hinsichtlich seiner Rechte und Pflichten auf die Bestimmungen des Verwaltergesetzes verwiesen. Sein Antrag, die Abwesenheitspflegschaft und die damit verbundene Sperre des verwalteten Vermögens aufzuheben, wurde abgewiesen. Auf Antrag des öffentlichen Verwalters belastete die Ö-Bank das bei ihr geführte Sperrkonto der Kurandin Nummer 126-125-173/20 am 17. Dezember 1975 mit einem Betrag von 2901.20 S durch Abbuchung einer dem öffentlichen Verwalter vom Bundesministerium für Finanzen in dieser Höhe für die Jahre 1973 und 1974 zuerkannten Entlohnung. Das Erstgericht wies hierauf die Ö-Bank an, diese Belastung rückgängig zu machen und dem Konto der Kurandin den Betrag von 2901.20 S wieder "gutzubringen".

Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses der Ö-Bank den erstgerichtlichen Beschluß als nichtig auf. Es war der Ansicht, daß durch die Bestellung eines öffentlichen Verwalters die Dispositionsbefugnis über das verwaltete Vermögen den bisherigen Verfügungsberechtigten entzogen und dem öffentlichen Verwalter übertragen worden sei. Trotzdem sei eine Abwesenheitspflegschaft nicht in jedem Falle zwingend einzustellen, weil dem Abwesenheitskurator auch noch andere Aufgaben als die Vermögensverwaltung zukommen könnten, die möglicherweise vom öffentlichen Verwalter nicht wahrzunehmen seien. Die Verwaltung des in Österreich gelegenen Vermögens der Z-Bank falle somit ausschließlich in den Aufgabenbereich des öffentlichen Verwalters. Dem Außerstreitrichter fehle in diesem Bereich die Pflegschaftskompetenz, weshalb der erstgerichtliche Beschluß und das vorangegangene Verfahren nichtig seien.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Abwesenheitskurators nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 5 VerwalterG ruhen während der Dauer der öffentlichen Verwaltung die Befugnisse der bisher Berechtigten und bei juristischen Personen - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - die Befugnisse ihrer Organe oder Mitglieder. Nach § 6 VerwalterG übt der öffentliche Verwalter alle Rechte und Pflichten der Verfügungsberechtigten (oder Organe) aus. Er vertritt das Unternehmen (bzw. die Vermögensmasse) nach außen, muß jedoch nach § 7 VerwalterG die Weisungen des ihn bestellenden Ministeriums befolgen. Durch die Bestellung zum öffentlichen Verwalter werden daher, wie der OGH bereits in seiner Entscheidung SZ 39/55 ausgesprochen hat, den bisherigen Berechtigten die Dispositionsbefugnisse über das verwaltete Vermögen entzogen und dem öffentlichen Verwalter übertragen, der sie unter Kontrolle der zuständigen Aufsichtsbehörde auszuüben hat (Knell, Die Kuratoren im österreichischen Recht, 86 f.). Seit der Bestellung des Rechtsanwaltes Dr. M zum öffentlichen Verwalter für das in Österreich gelegene Vermögen der ehemaligen Z-Bank steht daher dem zum Abwesenheitskurator bestellten Rekurswerber hinsichtlich des vorgenannten Vermögens keine Vermögensverwaltung mehr zu (Knell, 87). Damit fallen aber auch die die Verwaltung dieses Vermögens betreffenden Verfügungen nicht mehr in die Entscheidungsgewalt des Pflegschaftsgerichtes, sondern in die Kompetenz der zuständigen Verwaltungsbehörden. Das Erstgericht war daher nicht mehr berechtigt, der Ö-Bank aufzutragen, die Auszahlung der Entlohnung von 2901.20 S an den öffentlichen Verwalter wieder rückgängig zu machen. Trotzdem ist die Abwesenheitspflegschaft aufrecht zu erhalten, weil den unbekannten, über das Vermögen bisher Verfügungsberechtigten, im laufenden Verfahren der öffentlichen Verwaltung Parteistellung zukommt. Der Abwesenheitskurator hat sie daher zu vertreten, wenn dies zur Wahrnehmung ihrer Rechte erforderlich ist (z. B. bei der Bemessung der Belohnung des öffentlichen Verwalters, bei Verfügungen der Aufsichtsbehörde, die ihr Eigentumsrecht selbst berühren oder höchst persönliche Rechte, wie Gewerberechte u. dgl. zum Gegenstand haben). Es entfällt daher eine Rechnungslegungspflicht des Abwesenheitskurators, dessen Berichte sich nur mehr auf die Wahrnehmung der vorgenannten Rechte der bisher Verfügungsberechtigten zu beschränken haben (Knell, 86 f.). Auch die Tätigkeit des Pflegschaftsgerichtes hat sich daher nur noch auf die Wahrnehmung dieser Interessen zu beschränken. Die verfügte Sperre des vorgenannten Vermögens wird daher vom Erstgericht aufzuheben sein.

Mit seinem Beschluß hat somit das Erstgericht über eine den ordentlichen Gerichten entzogenen Rechtssache abgesprochen. Seine Entscheidung wurde daher mit Recht vom Rekursgericht nach § 42 Abs. 1 JN als nichtig aufgehoben. Den ordentlichen Gerichten entzogen sind nämlich auch jene Rechtssachen, die in die Kompetenz der Verwaltungsbehörden fallen (Fasching I, 266).

Anmerkung

Z50016

Schlagworte

Öffentlicher Verwalter, Bestellung bringt Endigung der, Vermögensverwaltung des Abwesenheitskurators

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1977:0070OB00831.76.0203.000

Dokumentnummer

JJT_19770203_OGH0002_0070OB00831_7600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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