TE OGH 1977/9/8 2Ob558/77

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Veröffentlicht am 08.09.1977
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Norm

ABGB §932
ABGB §932

Kopf

SZ 50/116

Spruch

Wandlung hinsichtlich zweier Gegenstände, von denen nur einer unbrauchbar ist, ist zulässig, wenn es sich vom Standpunkt des Käufers unter Berücksichtigung des den Vertragsparteien bekannten Verwendungszweckes um eine Einheit handelt, die diesem Verwendungszweck nur durch das ordentliche Funktionieren aller ihrer Teile gerecht wird

OGH 8. September 1977, 2 Ob 558/77 (OLG Graz 2 R 24/77; LGZ Graz 8 Cg 659/73)

Text

Mit Kaufvertrag vom 1. Oktober 1972, der in der Folge im Gegenstand und Preis einverständlich abgeändert wurde, kaufte der Kläger von der Beklagten zunächst ein Schwimmbecken der Marke "C Pool" samt dazu gehörender Filteranlage zum Preis von 43 600 S, zuzüglich Lieferungs- und Montagekosten von 3000 S somit um insgesamt 46 600 S. Diese Anlage wurde später gegen eine solche der Marke "H Pool" ausgetauscht die einschließlich Lieferungs- und Montagekosten 49 600 S kostete. Darauf bezahlte der Kläger an die Beklagte 45 000 S.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückzahlung dieses Kaufpreises von 49 600 S samt Anhang mit folgenden Behauptungen: Die Filteranlage habe nicht funktioniert, denn es sei der Antriebsmotor wiederholt durchgebrannt. Verbesserungsversuche seien erfolglos geblieben. Mit Schreiben vom 31. August 1973 habe der Kläger der Beklagten für die Verbesserung eine Nachfrist von 14 Tagen gestellt, widrigenfalls er vom Vertrag zurücktreten würde. Da das Schwimmbecken ohne Motor unbrauchbar sei und die Beklagte den Motor trotz wiederholter Aufforderungen nicht in Ordnung gebracht habe, sei er vom Vertrag zurückgetreten. Schwimmbecken und Filteranlage stellten eine Einheit dar; sie seien genau aufeinander abgestimmt, so daß nur ein Rücktritt vom Vertrag über die gesamte Anlage in Betracht komme.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendete ein, der mitgelieferte Motor der Filteranlage sei geeignet; die aufgetretenen Störungen und Ausfälle des Motors seien auf die nicht von der Beklagten zu vertretenden Spannungsschwankungen im örtlichen Stromnetz beim Kläger zurückzuführen. Davon, daß der Motor bei einem plötzlichen größeren Spannungsabfall durchbrennen könne, sei der Kläger bei Vertragsabschluß informiert worden. Aber selbst wenn der Motor ungeeignet sein sollte, könnte der Kläger nicht vom Vertrag schlechthin zurücktreten, sondern nur hinsichtlich des Motors. Dem Kläger sei noch während dieses Prozesses ein stärkerer Motor angeboten worden, doch habe er dieses Angebot abgelehnt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Lieferung und Aufstellung des Schwimmbeckens der Marke "H-Pool" erfolgte am 20. Juni 1973. Bei der ersten Inbetriebnahme der Filteranlage brannte der Motor der Filterpumpe durch; dies geschah auch nach dreimaliger Reparatur dieses Motors. Da auch ein neuer Motor, den die Beklagte dem Kläger im Juli 1973 geschickt hatte, bei Inbetriebnahme durchbrannte, forderte der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juli 1973 auf, die montierte Swimmingpoolanlage bis 6. Juli 1973 fertigzustellen. Überdies wurde der Beklagten mit Schreiben des Klagevertreters vom 31. August 1973 eine neuerliche Frist von 14 Tagen zur Beseitigung der Mängel am Motor gestellt. Eine Behebung des Mangels erfolgte nicht. Mit dem an den Klagevertreter gerichteten Schreiben vom 19. Mai 1976 bot die Beklagte dem Kläger einen Nachlaß von 6000 S als Kaufpreis für einen geeigneten Motor samt dazugehörender Kreiselpumpe an. Diese Anbot wurde nicht angenommen.

In dem gegenständlichen Schwimmbecken befinden sich zwei Ausschnitte, und zwar ein rechtwinkeliger im Ausmaß 230 mm x 165 mm mit Bohrungen und ein Loch in der Größe 60 mm X 90 mm. Diese sind in die Blechwand des Beckens eingeschnitten. Die gleichen Löcher müssen auch in der innerhalb des Bleches eingelegten Kunststoffwand vorhanden sein. An der Filter- und Umwälzanlage ist als Gegenstück die Absaugöffnung mit einem rechtwinkeligen Flansch vorhanden, und zwar zum Anschluß an die oben genannte rechtwinkelige Öffnung. Dieses Gegenstück ist aus Kunststoff und über ein Rohr mit der Wasserpumpe verbunden. Die Wasserpumpe ist eine Kreiselpumpe und in ihrem Hauptteil aus Kunststoff. Der Antriebsmotor für die Pumpe hat die Bezeichnung "Hersteller B, 0.75 PS, 2850 Umdrehungen pro Minute, 240 Volt ...". An der Pumpe ist das Kieselgurfilter angeschlossen. Auf Grund der beiden oben genannten Ausschnitte, die zur vorhandenen Umwälz- und Filteranlage passen, kann das Becken mit voller Füllung nur verwendet werden, wenn entweder die vorhandene Filteranlage oder eine solche mit gleich geformten Anschlüssen verwendet wird, oder wenn die Öffnungen mit Abdeckplatten verschlossen werden. Schwimmbecken und Umwälzanlage bilden daher ohne Vornahme einer Änderung eine Einheit. Es kann jedoch mit einem Kostenaufwand von etwa 300 S bis 1000 S durch geringfügige Änderungen an jeder Trennstelle zwischen dem Becken und einer anders gearteten Filteranlage ein Übergang geschaffen werden. Es kann daher ohne größeren Aufwand entweder eine andere Filteranlage oder auch die vorhandene mit einem anderen Motor verwendet werden.

Bei Hauszuleitungen wird überlicherweise eine Spannungsänderung von plus bzw. minus 5% nicht überschritten. Der Antriebsmotor der Pumpe müßte Spannungsschwankungen von 10% - unabhängig von der Belastung - ohne Schaden vertragen. Der gegenständliche Motor ist aber für 240 Volt ausgelegt. Er wäre daher für eine Netzspannung von 216 Volt noch zulässig. Ein Spannungsabfall auf 209 Volt, das sind 220 Volt minus 5% könnte den Motor bereits schädigen. Bei einem 220 Volt-Netz liegt der Wert von 209 Volt noch innerhalb der zulässigen Abweichung. Ein verstopftes Filter konnte den Motor nicht schädigen. Der Schaden an der Hilfswicklung kann dadurch aufgetreten sein, daß der Motor beim Anlaufen durch zu geringe Spannung - aber innerhalb des zulässigen Wertes - und zu große Belastung durch leeres Anlaufen zur Erreichung der Betriebsdrehzahl zu lange brauchte.

Der von der Beklagten gelieferte Motor ist für das gegenständliche Schwimmbecken am Aufstellungsort unbrauchbar. Bei Ersatz des Motors durch einen einwandfreien ist die Benützung des Schwimmbeckens nicht beeinträchtigt. Wird der Mangel behoben, ist der ordentliche Gebrauch nicht verhindert. Ein für 220 Volt ausgelegter Motor mit der entsprechenden Leistung für die Pumpe kann als Ersatzmotor einwandfrei verwendet werden. Ein Motor für eine Netzspannung von 240 Volt ist allgemein für Österreich nicht genau passend.

Das Erstgericht ging in rechtlicher Beziehung davon aus, daß der Kläger aus dem Titel der Gewährleistung Vertragsaufhebung (Wandlung) verlange, daß ein solcher Anspruch aber wegen Behebbarkeit des Mangels nicht gegeben sei. Der Mangel bestehe nur in der Unbrauchbarkeit des Motors. Werde dieser durch einen geeigneten Motor ersetzt, sei der ordentliche Gebrauch des Schwimmbeckens gegeben. Nur unter der Voraussetzung, daß Sachen als eine zusammengehörende Einheit gekauft werden, und unter der weiteren Voraussetzung, daß die mangelhafte Sache nicht ohne Nachteil für den Erwerber oder Übergeber von den übrigen Sachen getrennt werden kann, könne verlangt werden, daß sich die Wandlung auf alle Teile erstrecke. Der Kläger könne daher nur angemessene Minderung des Entgeltes oder Verbesserung oder den Nachtrag des Fehlenden fordern. Die Beklagte habe dem Kläger - allerdings erst im Zuge dieses Prozesses - den Kaufpreis für einen anderen, den geforderten Ansprüchen entsprechenden Motor angeboten, welches Anbot vom Kläger jedoch zurückgewiesen worden sei.

Die Berufung des Klägers hatte Erfolg. Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil auf Grund des festgestellten Sachverhaltes aus rechtlichen Erwägungen dahin ab, daß es die Beklagte zur Zahlung von 45 000 S samt Anhang verurteilte und das Mehrbegehren von weiteren 4600 S samt Anhang abwies. Dazu führte das Berufungsgericht aus:

Die festgestellte Unbrauchbarkeit des Motors stelle einen Mangel dar, den die Beklagte zu vertreten habe. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung zur Behebung dieses - bezogen auf die ganze Anlage - noch behebbaren Mangels weder innerhalb der gesetzten Fristen noch später nachgekommen. Das Anbot, einen schwächeren und bei der Beklagten schon in Verwendung stehenden Motor einzubauen, stelle einen untauglichen Verbesserungsversuch dar, weil damit dem Kläger nicht die vereinbarte Leistung erbracht worden wäre. Dasselbe gelte für das Anbot von 6000 S zur Anschaffung eines geeigneten Motors durch den Kläger selbst. Der Kläger habe daher die Rechtsfolgen des Erfüllungsverzuges geltend machen und vom Vertrag zurücktreten bzw. Wandlung begehren können. Der Kläger habe die gesamte Anlage als einheitliche, unteilbare gekauft. Ohne Antriebsmotor sei die Filteranlage nicht komplett. Funktioniere diese nicht, dann könne das Wasser im Schwimmbecken nicht mit Hilfe der Filteranlage rein gehalten werden. Der mitgelieferte unbrauchbare Elektromotor könne somit nicht ohne Nachteil für den Kläger von der Schwimmbeckenanlage mit Filter getrennt werden. Deshalb könne der Kläger nicht nur hinsichtlich des unbrauchbaren Elektromotors, sondern hinsichtlich der ganzen von ihm gekauften Anlage vom Vertrag zurücktreten bzw. Wandlung begehren.

Nicht nur auf Grund der festgestellten Ablehnung des Klägers, einen schwächeren, schon in Gebrauch stehenden Elektromotor oder einen Betrag für die Kosten eines passenden Ersatzmotors anzunehmen, sondern auch aus der Natur der Sache ergebe sich, daß der Kläger bei der Beklagten eine komplette neue Schwimmbeckenanlage samt dazu gehörender Filtervorrichtung einschließlich Lieferungs- und Montagekosten ohne Elektromotor auch zu einem entsprechend geringen Preis nicht gekauft hätte, um selbst einen passenden Motor dazu zu suchen und diesen erst unter Umständen mit Hilfe "von Übergängen" usw. zur Komplettierung der Anlage einzubauen. Der Kläger habe der Beklagten die gesamte Anlage zur Verfügung gestellt. Eine Verpflichtung zur Leistung Zug-um-Zug sei nicht eingewendet worden. Da auf eine solche allfällige Verpflichtung nur auf Einwendung Bedacht zu nehmen gewesen wäre, sei die Beklagte zur Rückstellung der als Kaufpreisteilzahlung empfangenen 45 000 S samt Anhang zu verurteilen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Beklagte bestreitet nicht mehr, daß der von ihr mitgelieferte Motor für den vorgesehenen Verwendungszweck unbrauchbar ist, daß dieser Mangel den ordentlichen, also den bei einem Schwimmbecken mit Umwälz- und Filteranlage vorgesehenen Gebrauch hindert und daß sie ihrer Verpflichtung zur Behebung dieses - bezogen auf die ganze Anlage - behebbaren Mangels weder innerhalb der hiefür gesetzten Fristen noch später nachgekommen ist. Sie wendet sich auch nicht mehr gegen die auf Lehre und Rechtsprechung (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 532 und 539; Bydlinski in Klang[2] IV/2, 153; Koziol, Grundriß

I[3], 191; RSpr. 1933/292; SZ 22/145; SZ 39/8; SZ 39/34 = JBl. 1966,

421; SZ 41/94; EvBl. 1976/78 = JBl. 1975, 600 u. a.) gestützten

Darlegungen des Berufungsgerichtes, daß der Käufer einen an sich behebbaren Mangel wie einen unbehebbaren behandeln, also Vertragsaufhebung (Wandlung) verlangen kann, wenn der Verkäufer die Behebung des Mangels trotz Aufforderung unterläßt. Die Beklagte wendet sich vielmehr nur gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß der Kläger die gesamte Anlage, also Schwimmbecken und Filteranlage samt dazugehörendem Motor, als eine einheitliche, unteilbare Sache gekauft, und gegen die daraus gezogene Folgerung, daß ihm deshalb ein Rücktritts- bzw. Wandlungsrecht hinsichtlich der ganzen Anlage und nicht bloß bezüglich des unbrauchbaren Motors der Filteranlage zustehe. Dem ist folgendes entgegenzuhalten:

Es kommt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darauf an, ob Schwimmbecken mit Filteranlage und Motor in dem Sinne eine Einheit darstellen, daß der eine Teil ohne den anderen gänzlich unbenützbar wird, sondern darauf, ob es sich vom Standpunkt des Käufers unter Berücksichtigung des den Vertragsparteien bekannten Verwendungszweckes um eine solche Einheit handelt, die diesem Verwendungszweck und durch das ordentliche Funktionieren aller ihrer Teile gerecht wird. Die hat das Berufungsgericht mit Recht bejaht. Wer ein Schwimmbecken mit Umwälz- und Filteranlage kauft, legt Wert auf jene besondere Bequemlichkeit, die die Umwälz- und Filteranlage bietet. Er will sich gerade die wohl mögliche, aber unbequeme Reinhaltung des Wassers durch chemische Mittel bzw. den Wasserwechsel ersparen. Gegenstand des Kaufes war eben eine komplette und funktionierende Anlage. Es erscheinen daher Erwägungen überflüssig, ob der Kläger sich bei Kenntnis der mangelnden Eignung eines für eine Netzspannung von 240 Volt ausgelegten Motors für die gegenständliche Anlage mit der Zulieferung eines Motors aus einem örtlichen Betrieb einverstanden erklärt hätte. Unerheblich ist auch - was übrigens gar nicht festgestellt wurde -, ob das Schwimmbecken und die Filteranlage von verschiedenen Herstellern bezogen werden können. Verfehlt ist auch der Hinweis der Beklagten auf ihr Anbot eines Preisnachlasses von 6000 S, weil es sich dabei in Wahrheit um ein die Kostenfrage einschließendes Vergleichsanbot gehandelt hat, das übrigens nach Klagseinbringung und damit jedenfalls nach der Erklärung des Klägers über die Vertragsaufhebung gestellt und nicht angenommen wurde.

Anmerkung

Z50116

Schlagworte

Wandlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1977:0020OB00558.77.0908.000

Dokumentnummer

JJT_19770908_OGH0002_0020OB00558_7700000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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