TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/21 2004/15/0155

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Veröffentlicht am 21.04.2005
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
EStG 1988 §15 Abs1;
EStG 1988 §29 Z1 idF 1999/I/106;
EStG 1988 §29 Z1 idF 2003/I/071;
VersStG 1953 §1 Abs1;
VersStG 1953 §7 Abs4;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):2003/15/0006 E 21. April 2005 2004/15/0147 E 19. Mai 2005 2006/14/0035 E 17. Mai 2006 2004/15/0059 E 19. Mai 2005 2004/15/0058 E 19. Mai 2005 2004/15/0145 E 19. Mai 2005

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Twardosz, LL.M., über die Beschwerde des F in B, vertreten durch Hasch & Partner Anwaltsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Börsegasse 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Feldkirch, vom 14. Mai 2004, Zl. RV/0064-F/03, betreffend Einkommensteuer 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Strittig ist im gegenständlichen Fall die steuerliche Behandlung der Versicherungssteuer im Rahmen eines Rentenversicherungsmodelles. Es handelt sich dabei um eine Konstruktion, bei welcher ein Anleger ein endfälliges Bankdarlehen aufnimmt und einen Teil des Darlehensbetrages (bzw. den ganzen Darlehensbetrag) als Einmalbetrag in eine Rentenversicherung einzahlt. Diese sagt eine sofort beginnende Rente zu. Ein weiterer Teilbetrag des Darlehens (oder Eigenkapital) wird als Einmalerlag in eine Tilgungsversicherung einbezahlt, die am Ende ihrer Laufzeit das zur Rückzahlung des endfälligen Bankdarlehens erforderliche Kapital erwirtschaftet haben soll.

In der Einkommensteuererklärung 2001 erklärte der Beschwerdeführer neben positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb und aus Kapitalvermögen negative sonstige Einkünfte nach § 29 Z 1 EStG, hinsichtlich welcher in den Beilagen zur Steuererklärung dargelegt wird, dass sich der Beschwerdeführer am "S.-Modell", einem Rentenversicherungsmodell, beteiligt habe. Die Einnahmen aus diesem Modell seien im Streitjahr mit null S anzusetzen, weil die Rente bis zum Überschreiten des kapitalisierten Wertes im Sinne des § 16 Bewertungsgesetz, das heißt für 15 Jahre (bis 2015) steuerlich unbeachtlich sei. Dem gegenüber seien Werbungskosten in Höhe von S 397.596,94 (Gebühren, Zinsen und Spesen für Darlehen, Darlehensvermittlungsgebühr, Versicherungsvermittlungshonorar sowie Versicherungssteuer) steuerlich zu berücksichtigen.

Mit Vorhalt vom 31. Mai 2002 teilte das Finanzamt dem Beschwerdeführer u.a. mit, die einkommensteuerliche Beurteilung habe hinsichtlich der Rentenversicherung einerseits und der Tilgungsversicherung andererseits unterschiedlich zu erfolgen. Da die Versicherungsleistungen aus der Tilgungsversicherung (Kapitalversicherung) nicht steuerbar seien, seien sämtliche damit zusammenhängende Ausgaben nicht abzugsfähig. Dies betreffe Kreditzinsen, Kreditvermittlungs- und Versicherungsvermittlungsgebühren. Hinsichtlich der Rentenversicherung stellten hingegen die Kreditzinsen ebenso wie die Kredit- und Versicherungsvermittlungsgebühren Werbungskosten dar. Es werde um Aufteilung der geltend gemachten Werbungskosten nach diesen Gesichtspunkten ersucht. Die Versicherungssteuer zähle jedenfalls nicht zu den Werbungskosten, weil sie Bestandteil der Versicherungsprämie sei. Gegebenenfalls könne die Versicherungssteuer als Sonderausgabe geltend gemacht werden.

In der Vorhaltsbeantwortung vom 27. Juni 2002 teilte der Beschwerdeführer mit, der Einmalerlag in die Tilgungsversicherung sei "bar" bezahlt worden, weshalb keine Aufteilung der als Werbungskosten geltend gemachten Beträge vorzunehmen sei. Auch die Versicherungssteuer zähle zu den Werbungskosten.

Im Einkommensteuerbescheid vom 19. Juli 2002 berücksichtigte das Finanzamt negative sonstige Einkünfte nach § 29 Z 1 EStG in Höhe von (nur) S 288.483,--. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Versicherungssteuer stelle als Bestandteil der Prämie keinen Teil der Werbungskosten dar.

In der Berufung gegen diesen Bescheid begehrte der Beschwerdeführer die Berücksichtigung der von ihm getragenen Versicherungssteuer als Teil der Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte nach § 29 Z 1 EStG. § 16 Abs. 1 Z 2 EStG anerkenne Abgaben und Versicherungsbeiträge, soweit sie auf Wirtschaftsgüter entfielen, die dem Steuerpflichtigen zur Einnahmenerzielung dienten, als Werbungskosten. Die Versagung des einkünftemindernden Abzuges der Versicherungssteuer würde dazu führen, dass versicherungssteuerpflichtige Rentenversicherungen ertragsteuerlich anders behandelt würden als nicht versicherungssteuerpflichtige Rentenzusagen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer habe im Jahre 2001 bei der X-Versicherung einen fremdfinanzierten Rentenversicherungsvertrag mit einer Einmalprämie von S 2,835.934,40 und einer Rentengarantiezeit von 33 Jahren abgeschlossen. Aus diesem Rentenversicherungsvertrag habe er für das Jahr 2001 einen steuerlichen Verlust berücksichtigt, wobei er im Rahmen der Werbungskosten u.a. Versicherungssteuer in Höhe von S 109.074,-- geltend gemacht habe.

Das Finanzamt sei davon ausgegangen, dass die Betätigung des Beschwerdeführers eine Einkunftsquelle darstelle. Es habe die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen mit Ausnahme der Versicherungssteuer als Werbungskosten anerkannt. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass dieser Beurteilung eine entsprechende Prüfung der Einkunftsquelleneigenschaft anhand der dem Finanzamt vorgelegten Unterlagen (Versicherungspolizze, Nachweis der Überschusserzielungsabsicht, Versicherungsbedingungen) vorausgegangen sei, und sehe sich daher nicht veranlasst, die vom Finanzamt festgestellte Einkunftsquelleneigenschaft der Betätigung in Zweifel zu ziehen.

Strittig sei lediglich, ob die Versicherungssteuer im Rahmen der bei den sonstigen Einkünften im Sinn des § 29 Z 1 EStG abzuziehenden Werbungskosten berücksichtigt werden könne.

Der Versicherungssteuer unterliege nach § 1 des VersStG die Zahlung des Versicherungsentgeltes auf Grund eines Versicherungsverhältnisses, wobei gemäß § 7 VersStG Steuerschuldner dieser Steuer der Versicherungsnehmer sei. Der Versicherer hafte jedoch für die Steuer und habe sie für Rechnung des Versicherungsnehmers abzuführen. Gemäß § 3 VersStG sei Versicherungsentgelt im Sinne dieses Gesetzes jede Leistung, die für die Begründung und Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken sei. Nach § 7 Abs. 4 VersStG gelte im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer die Steuer als Teil des Versicherungsentgeltes. Daraus ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde, dass die Versicherungssteuer in der Einmalprämie enthalten sei und sohin als Teil der Prämie zu den Anschaffungskosten der Rentenversicherung zähle.

Der unmittelbare Abzug von Abgaben bzw. Versicherungen als Werbungskosten sei nur möglich, wenn die betreffenden Zahlungen nicht zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes gehörten, wie dies beispielsweise bei der Grunderwerbsteuer, der Börsenumsatzsteuer oder der Gesellschaftssteuer der Fall sei. Falls Abgaben zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes zählten, könnten sie nur mittelbar im Wege der AfA gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG in Abzug gebracht werden (Hinweis auf Hofstätter/Reichel, Tz 2 zu § 16 Abs. 1 Z 2 EStG 1988).

Zu den Anschaffungskosten gehörten grundsätzlich jene Kosten, die aufgewendet werden müssten, um ein Wirtschaftsgut in die eigene wirtschaftliche Verfügungsmacht zu überführen, bzw. alle durch den Erwerb eines Wirtschaftsgutes entstandenen Kosten. Neben dem Kaufpreis gehörten dazu vor allem die Anschaffungsnebenkosten. Es handle sich hiebei um sonstige durch den Erwerbsvorgang unmittelbar verursachte Aufwendungen, wie Kosten der Vertragserrichtung, Zölle, Anwalts- und Notarhonorare und vor allem die auf Grund des Rechtsgeschäftes zu entrichtenden Abgaben und Honorare. Gerade bei der Versicherungssteuer handle es sich um eine solche Abgabe, die auf Grund eines Rechtsgeschäftes, nämlich des Versicherungsgeschäftes, einmalig zu entrichten sei.

Im gegenständlichen Fall sei die Versicherungssteuer durch die Zahlung einer Prämie auf Grund eines Versicherungsvertrages bewirkt worden. Dieser Vertrag sei in Form eines Leibrentenvertrages abgeschlossen worden, wobei eine Prämie bzw. die Einmalprämie gegen Zusage einer Rente überlassen worden sei. Durch die Hingabe des Versicherungsentgeltes, welche die Versicherungssteuerpflicht ausgelöst habe, sei das Rentenstammrecht erworben worden. Bei der Versicherungssteuer handle es sich eindeutig um eine auf Grund des Versicherungsvertrages zu entrichtende Abgabe und sohin um Anschaffungsnebenkosten im Zusammenhang mit der Erlangung des Rentenstammrechtes.

Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut könnten gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG nur im Wege der AfA geltend gemacht werden. Voraussetzung dafür, die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsgutes im Wege der AfA abzusetzen, sei dessen Abnutzbarkeit. Ein Rentenstammrecht stelle jedoch ein nichtabnutzbares Wirtschaftsgut dar und sei daher schon seinem Wesen nach einer AfA nicht zugänglich. Die Versicherungssteuer könne daher als Bestandteil der Anschaffungskosten eines nichtabnutzbaren Wirtschaftsgutes nicht zu Werbungskosten führen.

Der Ansicht des Finanzamtes, dass die Versicherungssteuer als Bestandteil der Prämie nicht im Rahmen der Werbungskosten berücksichtigt werden könne, sei daher beizupflichten. Im Übrigen habe auch der deutsche Bundesfinanzhof mit Urteil vom 1. Februar 1957, BStBl 1957 III 103, zum Ausdruck gebracht, dass die Versicherungssteuer als üblicherweise mit der Versicherung zusammenhängende und vom Versicherungsnehmer zu tragende Nebenleistung wie die eigentliche Prämie selbst zu den als Sonderausgaben berücksichtigungsfähigen Versicherungsbeiträgen gehöre.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 4. Oktober 2004, B 862/04, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen davon aus, dass der Kapitalversicherungsvertrag (Tilgungsversicherung) einerseits und der Rentenversicherungsvertrag andererseits und zudem das Darlehen steuerlich getrennt zu betrachten seien, dass also nicht - dem wirtschaftlichen Gehalt nach - eine (formal aus mehreren Verträgen bestehende) einheitliche Gestaltung (Kapitalinvestition gegen Rentenbezug) der steuerlichen Betrachtung zu unterziehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Beurteilung vor dem Hintergrund des im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes, aus dem sich beispielsweise nicht ergibt, dass für den Beschwerdeführer nur die Möglichkeit bestanden hätte, in ein fix geschnürtes Paket von Verträgen einzusteigen, keine Bedenken.

Gemäß § 29 Z 1 EStG gehören wiederkehrende Bezüge zu den sonstigen Einkünften. § 29 Z 1 in der für das Streitjahr maßgebenden Fassung BGBl. I 106/1999 normiert:

"Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (§ 16 Abs. 2 und 4 des Bewertungsgesetzes 1955) übersteigt; der kapitalisierte Wert ist auf den Zeitpunkt des Beginns der Leistung der wiederkehrenden Bezüge zu ermitteln."

§ 29 Z 1 in der ab der Veranlagung 2004 anzuwendenden Fassung BGBl. I 71/2003 normiert:

"Werden die wiederkehrenden Bezüge als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die wiederkehrenden Bezüge sowie gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sind nur insoweit steuerpflichtig, als die Summe der vereinnahmten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung übersteigt. Besteht die Gegenleistung nicht in Geld, ist als Gegenwert der kapitalisierte Wert der wiederkehrenden Bezüge (§§ 15 und 16 des Bewertungsgesetzes) zuzüglich allfälliger Einmalzahlungen anzusetzen."

Gemäß § 7 Abs. 1 VersStG, BGBl. 133/1953, ist Steuerschuldner der Versicherungssteuer der Versicherungsnehmer. Für die Steuer haftet der Versicherer. Er hat die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten.

§ 7 Abs. 4 Versicherungssteuergesetz lautet:

"Im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer gilt die Steuer als Teil des Versicherungsentgeltes, insbesondere soweit es sich um dessen Einzahlung und Geltendmachung im Rechtsweg handelt. Zahlungen des Versicherungsnehmers auf das Versicherungsentgelt gelten als verhältnismäßig auf die Steuer und die dem Versicherer sonst zustehenden Forderungen (§ 3 Abs. 1) geleistet. ..."

Eine Gegenleistungsrente liegt vor, wenn der Wert der Rente eine angemessene Gegenleistung für das übertragene Wirtschaftsgut darstellt. Renten, die auf Grund eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages gezahlt werden, sind wiederkehrende Bezüge nach § 29 Z 1 EStG (Gegenleistungsrenten), die als Gegenleistung für die Übertragung von Geld geleistet werden.

Werden im Bereich des Privatvermögens Wirtschaftsgüter gegen Leibrente übertragen, so tritt eine Steuerpflicht der zufließenden Renten gemäß § 29 Z 1 EStG nicht sofort ein, sondern erst dann, wenn die Summe der zufließenden Rentenbeträge den kapitalisierten Wert der Rentenverpflichtung (bzw. nach § 29 Z 1 EStG in der ab 2004 geltenden Fassung: den Wert der Geldzahlung) übersteigt.

Da die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes des Privatvermögens grundsätzlich nicht einkommensteuerbar ist, wenn der Kaufpreis in einem festen Betrag oder in Raten zu entrichten ist, darf von Verfassungs wegen (Art. 7 Abs. 1 B-VG) eine Besteuerung der als Rente vereinbarten Gegenleistung nur insoweit erfolgen, als die Rente zu einem Vermögenszuwachs führt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 2002, G 112/02). Es dürfen daher nur die den Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt der Übertragung übersteigenden Bezüge steuerpflichtig sein. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes darf der Gesetzgeber dabei den Wert des übertragenen Wirtschaftsgutes auch mit dem Barwert der Rente festlegen; wenn er die Steuerpflicht nur insoweit vorsieht, als der Betrag der zufließenden Rente den Barwert der Rentenverpflichtung übersteigt, wird damit bei einer Durchschnittsbetrachtung gesichert, dass die zufließenden Renten solange nicht besteuert werden, als es sich um die bloße Umschichtung von Vermögen und nicht um eine Einkommenserzielung handelt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 31. Jänner 1980, B 213/77, VfSlg. 8727/1980).

Festzuhalten ist somit, dass § 29 Z 1 EStG nicht die Vermögensumschichtung, sondern den Vermögenszuwachs besteuert. Bei einem Rentengeschäft tritt an die Stelle des hingegebenen Wirtschaftsgutes in einer Art Tausch ein Rentenstammrecht. Bei Anwendung des § 29 Z 1 EStG ist zu prüfen, was der Steuerpflichtige hingibt, um dieses Rentenstammrecht zu erhalten. Das in diesem Sinn Hingegebene ist Bestandteil des steuerneutralen Tausches.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer auf Grund des Rentenversicherungsvertrages eine einmalige Prämie ("einschließlich allfälliger Gebühren und öffentliche Abgaben") von S 2,835.934,40 geleistet. Im Hinblick auf § 7 Abs. 4 VersStG ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass der gesamte Betrag, also auch eine darin enthaltene Versicherungssteuer, aufzuwenden war, um das Rentenstammrecht zu erhalten, und solcherart in den steuerneutralen Tausch Eingang gefunden hat.

Nicht entscheidend ist im gegenständlichen Fall, dass das VersStG die Steuerschuldnerschaft des Versicherungsnehmers normiert. Der Steuerschuldner hat die Versicherungssteuer nur ausnahmsweise, nämlich im Fall des § 7 Abs. 3 VersStG (wenn der Versicherer weder einen Wohnsitz bzw Sitz noch einen Bevollmächtigten zur Entgegennahme des Versicherungsentgeltes in einem Vertragsstaat des EWR hat) zu entrichten (vgl § 8 Abs. 3 VersStG). Im Übrigen trifft die Entrichtungspflicht den Versicherer. Zudem macht es, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 3. März 2003, B 772/02, zur Wiener Ankündigungsabgabe zum Ausdruck gebracht hat, wirtschaftlich weitgehend keinen Unterschied, ob der Gesetzgeber regelt, dass der Unternehmer formal Steuerschuldner (und Entrichtungspflichtiger) einer Abgabe ist, deren Überwälzung auf seine Kunden (Steuerträger) vom Gesetzgeber vorgesehen ist, oder ob dem Unternehmer bloß die Abgabenhaftung und die Entrichtungspflicht zukommt, während die Steuerschuldnerschaft dem Abgabenträger zugewiesen wird.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Wert des Rentenstammrechtes, das mit der Prämienzahlung (inklusive Versicherungssteuer) erworben wird, nicht hinter dem Wert der Prämienzahlung zurückbleibt; ansonsten würde ein wirtschaftlich denkender Investor eine Alternativveranlagung wählen. Es unterliegt aber ohnedies jeder Erwerb eines Rentenrechts aufgrund eines Versicherungsverhältnisses der Versicherungssteuer (§ 1 Abs 1 VersStG); die Verwertung des Rentenstammrechts am Markt, etwa im Wege der Abtretung, löst hingegen keine weitere Versicherungssteuer aus.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Steuerpflicht nach § 29 Z 1 EStG hänge von der Höhe der Renten und nicht von der Höhe der Versicherungsprämie ab, ist ihm entgegenzuhalten: Nach § 29 Z 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist der Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes nur in einer pauschalen Form (im Wege des Barwertes des Rentenstammrechtes) zu berechnen, sodass nur bei einer Durchschnittsbetrachtung gesichert ist, dass bloß Vermögensmehrungen der Besteuerung unterzogen werden. Ergänzend sei aber bemerkt, dass für den hier zugrundeliegenden Rentenversicherungsvertrag die Steuerpflicht keinesfalls vor dem Jahre 2004 eintritt. Nach der ab 2004 geltenden Rechtslage ist aber die Steuerpflicht nach § 29 Z 1 EStG ohnedies erst gegeben, wenn die Summe der vereinnahmten Renten den Betrag der in Geld hingegebenen Leistungen übersteigt. Die in Geld hingegebenen Leistungen sind die Prämien einschließlich der Versicherungssteuer (vgl. Doralt, EStG8 § 29 Tz 21). Die in der Beschwerde angesprochene Benachteiligung von Versicherungsverträgen im Verhältnis zu nicht versicherungssteuerpflichtigen Rentenvereinbarungen ist daher aus einkommensteuerlicher Sicht nicht gegeben.

Der Beschwerdeführer bringt auch vor, die Abzugsfähigkeit der Versicherungssteuer ergebe sich aus § 16 Abs. 1 Z 2 EStG. Hiezu ist zu sagen, dass diese Bestimmung Werbungskosten regelt, im gegenständlichen Fall sich aber die steuerliche Behandlung der Versicherungssteuer aus der den Einkunftstatbestand regelnden Norm des § 29 Z 1 EStG ergibt, nach welcher die Zahlungen für den Erwerb des Rentenstammrechtes in den steuerneutralen Vermögensaustausch Eingang finden.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II 333/2003.

Wien, am 21. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004150155.X00

Im RIS seit

08.06.2005

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2016
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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