TE OGH 1978/3/15 10Os18/78

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Veröffentlicht am 15.03.1978
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15.März 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Neutzler, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Faseth, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Waldstätten als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1

StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 25. Oktober 1977, GZ. 22 Vr 472/77-50, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten und nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Mai 1951 geborene, zuletzt beschäftigungslos gewesene Johann A des Vergehens des Diebstahls nach dem § 127 Abs. 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes), des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs. 1 StGB (Punkt II des Urteilssatzes), des Vergehens der versuchten Nötigung nach den § 15, 105 Abs. 1 StGB (Punkt III des Urteilssatzes) und des Vergehens der Zuhälterei nach dem § 216 StGB (Punkt IV des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches liegt ihm zur Last, in Linz I.) der Geheimprostituierten Edith B am 25. und am 26.Feber 1977 jeweils einen Bargeldbetrag von etwa 1.000,-- S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;

II.) am 2.März 1977 Johann C - den Stiefvater der Edith B - durch die telefonische öußerung, er komme in Kürze in seine Wohnung, schneide ihm zuerst die Ohren ab und bringe ihn dann um, gefährlich bedroht zu haben, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen; III.) am 2.März 1977 Edith B durch die telefonische Äußerung, wenn sie nicht sofort zu ihm in die Stadt komme und der Geheimprostitution nachgehe, dann schneide er ihr die Ohren ab und bringe sie um, sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Handlung, nämlich zur Ausübung der geheimen Prostitution für ihn, zu nötigen versucht zu haben; IV.) in der Zeit vom 25.Feber 1977 bis zum 2.März 1977 durch die unter Punkt I) und III) angeführten Handlungen sowie durch Empfangnahme von 1.600,-- S Bargeld am 1.März 1977 seinen Unterhalt aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Edith B durch deren Ausbeutung zu gewinnen gesucht zu haben. Mit seiner allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Johann A nur die Schuldsprüche wegen Vergehens der versuchten Nötigung (Punkt III des Urteilssatzes) und wegen Vergehens der Zuhälterei (Punkt IV des Urteilssatzes).

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge erweist sich jedoch als unbegründet:

Soweit der Beschwerdeführer mit Beziehung auf den Schuldspruch wegen versuchter Nötigung in Wiederholung seiner bisherigen Verantwortung bestreitet, versucht zu haben, Edith B zur Ausübung der Prostitution zu nötigen, der die Genannte stets freiwillig und auch schon vor seiner Bekanntschaft mit ihr nachgegangen sei, bringt er den angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, weil er sich bei seinem Vorbringen über die Urteilsfeststellungen hinwegsetzt, denen zufolge er Edith B bei dem Telefonanruf am 2.März 1977 mit dem Abschneiden der Ohren und mit dem Umbringen bedrohte, falls sie nicht sogleich zu ihm in die Stadt kommen und der Geheimprostitution nachgehen würde (S. 249). Im übrigen schließt der Umstand, daß Edith B vorher freiwillig die Prostitution ausgeübt hat (S. 246), den vom Erstgericht angenommenen Nötigungsversuch des Angeklagten am 2.März 1977

keineswegs aus. In seinem weiteren Vorbringen zu diesem Beschwerdepunkt werden Vorfälle vom 1.März 1977 (bei denen das Erstgericht eine gefährliche Drohung oder Gewaltanwendung des Angeklagten gegenüber Edith B nicht feststellte - vgl. S. 248) mit dem allein vom Schuldspruch wegen versuchter Nötigung erfaßten Vorfall vom 2.März 1977 ersichtlich vermengt, sodaß sich ein näheres Eingehen darauf schon aus diesem Grunde erübrigt.

Ebenso versagt der weitere gegen diesen Punkt des Schuldspruches gerichtete Beschwerdeeinwand, dem Telefongespräch mit Edith B, das nach der Behauptung des Beschwerdeführers nur eine Terminvereinbarung beinhaltet haben soll, mangle die objektive Eignung, begründete Besorgnisse einzuflößen, weil der Angeklagte auch in bezug auf den Inhalt dieses Gesprächs von urteilsfremden Annahmen ausgeht.

Die vom Erstgericht festgestellten öußerungen des Beschwerdeführers anläßlich des Telefongesprächs mit Edith B am 2.März 1977 erfüllen die in der Z 5 des § 74 StGB bezeichneten Voraussetzungen einer gefährlichen Drohung.

Denn bei objektiver und unbefangener Beurteilung der Situation konnte die Bedrohte nach dem Wortlaut dieser öußerungen und unter Berücksichtigung ihrer Erlebnisse mit dem Angeklagten in den Tagen zuvor sowie der vom Gericht (vgl. S. 250) festgestellten, auch ihr bekannten charakterlichen Neigung des Angeklagten zu Aggressionshandlungen (vgl. S. 16 und 17) durchaus den Eindruck gewinnen, Johann A sei willens und in der Lage, das angedrohte übel (wenn auch nicht unbedingt genau so wie angekündigt) zu verwirklichen. Zu Recht bejahte sohin das Erstgericht die objektive Eignung dieser öußerungen, begründete Besorgnisse einzuflößen. Des weiteren macht der Angeklgte dem Erstgericht zum Vorwurf, rechtsirrtumlich (auch) den Vergehenstatbestand der Zuhälterei nach dem § 216 StGB angenommen zu haben und vermeint, sein unter Punkt I) des Urteilssatzes angeführtes Verhalten (Gelddiebstähle am 25. und 26. Feber 1977 in der Höhe von insgesamt etwa 2.000,-- S zum Nachteil der Edith B) dürfe ihm nicht gleichzeitig als Diebstahl und als Zuhälterei angelastet werden; im übrigen bewege sich weder der ihm von Edith B am 1.März 1977 freiwillig übergebene Geldbetrag von 1.600,-- S noch der (unter Berücksichtigung der Diebstahlsfakten, Punkt I/ des Urteilssatzes) von ihm in der Zeit vom 25.Feber 1977 bis 1.März 1977 erlangte Gesamtbetrag von 3.600,-- S in einer Größenordnung, die dem Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung entspreche.

Auch diese Einwände schlagen nicht durch:

Der Zuhälterei macht sich schuldig, wer seinen Unterhalt ganz oder zum Teil aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person durch deren Ausbeutung zu gewinnen sucht. Ein Ausbeuten im Sinne des § 216 StGB setzt ein rücksichtsloses, gegen vitale Interessen der Prostituierten gerichtetes Ausnützen durch den Zuhälter voraus (EvBl. 1977/213).

Dem Begriff 'Ausbeutung' sind aber auch Verhaltensweisen zu unterstellen, die für sich den Tatbestand eines anderen Delikts verwirklichen und somit auch selbständig strafbar sind, wie etwa Raub, Erpressung, Nötigung (vgl. Leukauf-Steininger, 970) oder - wie im vorliegenden Fall - Diebstahl. Letzteres allerdings nur dann, wenn der mit Bereicherungsvorsatz handelnde Täter der Prostituierten nicht heimlich, sondern offen, aber ohne Anwendung von Gewalt oder gefährliche Drohung, Geld wegnimmt, da andernfalls das Tatbestandsmerkmal der 'Ausbeutung' nicht verwirklicht wäre.

Daß dem Angeklagten die Wegnahme von je etwa 1.000,-- S am 25. und 26. Feber 1977 gesondert als Diebstahl angelastet wurde, hindert daher im Hinblick darauf, daß diese Diebstähle in Anwesenheit und gegen den erklärten Willen der Bestohlenen stattfanden, nicht, dasselbe Tatverhalten auch als Zuhälterei zu beurteilen. Ob es sich bei der Ausgebeuteten um eine Geheimprostituierten oder um eine unter behördlicher Kontrolle stehende Prostituierte handelt, ist für den Tatbestand nach § 216

StGB ohne Relevanz. Sie muß nur der Unzucht gewerbsmäßig nachgehen, sich also durch wiederkehrende Unzuchtsakte eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen trachten. Nach dem Tatbild stellt sich Zuhälterei als Versuchsdelikt dar (arg. 'zu gewinnen sucht'), das schon in einem frühen Stadium formell vollendet ist und nicht erfordert, daß der Täter aus der gewerbsmäßigen Unzucht einer anderen Person tatsächlich seinen Unterhalt gewonnen hat (Leukauf-Steininger, S. 970). Ein rücksichtsloses Ausnützen auf eine vitale Interessen der Prostituierten berührende Weise und somit ein Ausbeuten im Sinne des § 216 StGB liegt etwa vor, wenn ihr der Zuhälter den aus der gewerbsmäßigen Unzucht erzielten Verdienst zur Gänze oder zum überwiegenden Teil abnimmt oder sie (etwa durch Drohung oder Mißhandlungen) zwingt, ihr Gewerbe überhaupt oder in einem bestimmten Ausmaß oder unter bestimmten Umständen aufzunehmen oder fortzusetzen (RV 362, erneut EvBl. 1977/213). Hingegen verlangt der Begriff 'Ausbeutung' nicht, daß die Dirne durch das Verhalten des Zuhälters in wirtschaftliche Bedrängnis gerät (Dokumentation zum StGB S. 197).

So gesehen hat das Erstgericht das festgestellte Tatverhalten des Angeklagten rechtlich zutreffend als Ausbeutung der Edith B gewertet. Denn nach den bezüglichen Urteilsfeststellungen nahm ihr der Angeklagte während der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft (zwischen dem 25.Feber 1977

bis zum 1.März 1977) wiederholt das gesamte Geld ab, daß sie jeweils bei sich hatte, verlangte von ihr mehrfach und mit Nachdruck, daß sie ihrem Gewerbe intensiver nachgehen sollte (um ihm dann das hiebei verdiente Geld abzuliefern) und versuchte schließlich am 2. März 1977 sogar, sie durch gefährliche Drohung zur sofortigen Ausübung des Schandgewerbes zu nötigen. Der damals beschäftigungslose Angeklagte - der im übrigen auch zugegeben hat, von seiner zumindest zeitweilig in einem Bordell in der Bundesrepublik Deutschland tätigen Ehefrau finanziell unterstützt worden zu sein (S. 225) - zielte ersichtlich darauf ab, für längere Zeit aus der gewerbsmäßigen Unzucht der Edith B zumindest zum Teil seinen Unterhalt zu gewinnen und wurde daran nur dadurch gehindert, daß er noch am 2.März 1977 von der Polizei festgenommen wurde. Was den Beschwerdeeinwand des Angeklagten anlangt, ein Anrecht auf den ihm von Edith B am 1.März 1977 übergebenen Geldbetrag von 1.600,-- S gehabt zu haben, weil er für sie (mit ihrem Einverständnis) verschiedene Zahlungen leisten sollte, so findet dieses Vorbringen in den Urteilsfeststellungen keine Stütze. Anderseits würde es am Charakter der vom Erstgericht festgestellten Handlungsweise des Angeklagten auch nichts ändern, wenn es sich bei den von ihm am 1.März 1977 ohne jeden Rechtsgrund von der Prostituierten Edith B in Empfang genommenen 1.600,-- S tatsächlich um jenes Geld gehandelt haben sollte, welches der Genannten von ihrem Stiefvater für den Kauf eines Mantels zur Verfügung gestellt worden war.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 107 Abs. 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten (wegen Eigentumsdelikten und Körperverletzungen) und das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen gleicher und verschiedenrt; Milderungsgrund fand es keinen.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung des Strafmaßes und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Auch der Berufung mußte ein Erfolg versagt bleiben. Zuzugeben ist dem Berufungswerber allerdings, daß der Umstand, daß es beim Faktum III beim Versuch geblieben ist, einen im Gesetz (§ 34 Z 13 StGB) vorgesehenen Milderungsgrund darstellt. Aber auch unter Berücksichtigung dieses mildernden Umstandes ist das Ausmaß der über den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe keineswegs überhöht, zumal entgegen seinem weiteren Vorbringen in der Berufung angesichts seiner leugnenden Verantwortung nicht davon gesprochen werden kann, daß er zur Wahrheitsfindung beigetragen hat. Ebensowenig kann wegen der auf massive Einschüchterung der Edith B abzielenden Vorgangsweise des Angeklagten von einem geringen Verschuldensgrad gesprochen werden.

Zu einer Herabsetzung des Ausmaßes der Freiheitsstrafe bestand somit kein Grund; dieses entspricht nach Lage des Falles dem Unrechtsgehalt der Straftaten und wird auch der Täterpersönlichkeit des Angeklagten gerecht.

Der Gewährung der bedingten Strafnachsicht stehen die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten entgegen, die, auch unter Berücksichtigung des sich aus der Aktenlage ergebenden Lebenswandels künftiges Wohlverhalten nicht erwarten lassen.

Der Berufung konnte daher in keiner Richtung Folge gegeben werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E01042

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1978:0100OS00018.78.0315.000

Dokumentnummer

JJT_19780315_OGH0002_0100OS00018_7800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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