TE Vwgh Erkenntnis 2005/4/21 2004/20/0399

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Veröffentlicht am 21.04.2005
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/02 Staatsbürgerschaft Staatenlosigkeit;

Norm

AsylG 1997 §23;
AsylG 1997 §5;
AsylG 1997 §7;
AsylG 1997 §8;
AVG §66 Abs2 idF 1998/I/158;
Dubliner Übk 1997 Art11 Abs1;
Dubliner Übk 1997 Art15;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Sulzbacher, Dr. Berger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde der E in W, geboren 1973, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 8. September 2004, Zl. 248.523/4-II/04/04, betreffend Aufhebung eines Bescheides in einer Asylsache gemäß § 66 Abs. 2 AVG (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 905,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Türkei, reiste zu einem nach Ansicht des Bundesasylamtes nicht feststellbaren, von der belangten Behörde nicht erörterten Zeitpunkt in das Bundesgebiet ein und beantragte mit Schriftsatz vom 24. Juni 2003 Asyl. Am 23. Februar 2004 gab sie vor dem Bundesasylamt u.a. an, am 1. Juli 2002 in Deutschland (erfolglos) Asyl beantragt zu haben. Die Frage, ob sie in Italien gewesen sei, verneinte sie mit der Beifügung, nicht zu wissen, auf welcher Route sie nach Deutschland gebracht worden sei.

Anfragen des Bundesasylamtes an italienische und deutsche Behörden blieben - bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides - unbeantwortet.

Mit Bescheid vom 19. März 2004 wies das Bundesasylamt den Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG ab und erklärte gemäß § 8 AsylG die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Türkei für zulässig.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Die belangte Behörde behob in Erledigung dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG den erstinstanzlichen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde - die im angefochtenen Bescheid offenbar selbst die Ansicht vertritt, die Wahrnehmung einer Zuständigkeit Italiens für die Prüfung des Asylantrags der Beschwerdeführerin komme wegen Verstreichens der Frist des Art. 11 Abs. 1 des im vorliegenden Fall noch anzuwendenden Dubliner Übereinkommens nicht mehr in Frage - hat den erstinstanzlichen Bescheid, soweit sich ihre Erwägungen an Hand der Begründung des angefochtenen Bescheides nachvollziehen lassen, allem Anschein nach aufgehoben, weil ihr die Frage einer allfälligen Zuständigkeit Deutschlands unter dem Gesichtspunkt eines dort möglicherweise abgeschlossenen Asylverfahrens nicht ausreichend geklärt erschien. Das Bundesasylamt habe "eine Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen ... in Wahrheit bislang überhaupt nicht auf zweckdienliche Weise - das heißt durch Informationsaustausch im Sinne des Art. 15 DÜ - durchgeführt".

Dem steht entgegen, dass der Versuch des Bundesasylamtes, den Akt über das von der Beschwerdeführerin behauptete deutsche Asylverfahren von den deutschen Behörden anzufordern, erfolglos blieb. Entschließt sich das Bundesasylamt in einem solchen Fall zur inhaltlichen Erledigung des Asylantrages, so entspricht es - wie die Beschwerde im Ergebnis zu Recht geltend macht - nicht dem Gesetz, wenn die belangte Behörde ohne konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sich eine Zuständigkeit Deutschlands dessen ungeachtet noch wahrnehmen ließe, von § 66 Abs. 2 AVG Gebrauch macht, um das Bundesasylamt zu weiteren Nachforschungen und Konsultationen in Bezug auf eine solche "Möglichkeit" zu verhalten. Ein solches Vorgehen findet in der hg. Judikatur zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG in Asylverfahren (vgl. insbesondere die Erkenntnisse vom 21. November 2002, Zl. 2000/20/0084 und Zl. 2002/20/0315) keine Deckung.

Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Ausmaß des begehrten Betrages gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 21. April 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004200399.X00

Im RIS seit

30.05.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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